FGSV-Nr. FGSV 002/103
Ort Erfurt
Datum 15.04.2013
Titel Erfahrungen mit lärmarmen Asphaltbelägen
Autoren Dipl.-Ing. Rainer Thomas (2005), Dipl.-Ing. Gerhard Glanz
Kategorien Kommunal
Einleitung

Am 30. Juni 2005 trat die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG in Deutschland in Kraft. Mit der Umgebungslärmrichtlinie hat die Europäische Union erstmalig die bislang vom europäischen Recht ausgeklammerten Geräuschimmissionen erfasst. Mit diesem Gesetz sollen auch in Deutschland die Anforderungen an die Qualität der Lärmminderungsplanung verbessert und vereinheitlicht werden. Mit dem Konjunkturpaket II war es ab 2009 möglich, Lärmsanierungen an kommunalen Straßen unter Inanspruchnahme von Fördermitteln durchzuführen. Dabei kam es darauf an, eine Verbesserung der örtlichen Lärmsituation herbeizuführen. In Betracht kamen passive als auch aktive Lärmschutzmaßnahmen. Vor diesen Hintergründen wurden in der Landeshauptstadt Erfurt in den Jahren 2009 bis 2011 mehrere als lärmarm geltende Asphaltbeläge mit gutem Erfolg gebaut. Es kamen Regelbauweisen nach ZTV Asphalt-StB 07, wie Splittmastixasphalt SMA 8 S und SMA 8 N zum Einsatz. In – nicht abgesplitteter Form – dürfen diese als lärmarm betrachtet werden. Ein Vorteil dieser geregelten Bauweisen ist die bewährte Anwendung und das relativ geringe Risiko des Auftraggebers. Dagegen steht das begrenzte Lärmminderungsvermögen. Es wurden auch Sonderbauweisen wie die lärmoptimierte Asphaltdeckschicht LOA 5 D und poröser Gussasphalt PMA 5 angewandt. Hierbei handelt es sich um innovative neue Entwicklungen auf dem Gebiet des Asphaltstraßenbaus. Diese Bauweisen können sehr wirksam zur Lärmminderung beitragen. Dagegen steht die teils geringere Haltbarkeit und das höhere Risiko in der Umsetzung. Das Thema – Lärmschutz in Kommunen – hat zunehmende Bedeutung. Lärmarme Asphaltdeckschichten können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Im Folgenden sollen drei ausgewählte Beispiele von realisierten lärmmindernden Asphaltdeckschichten dargestellt werden. Die Erfahrungen der Landeshauptstadt Erfurt in diesem Zusammenhang werden aufgezeigt.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln. 

1 Lärmarme Deckschichten – Regelbauweise gemäß ZTV Asphalt-StB

1.1 Alfred-Hess-Straße – Einbau Asphaltdeckschicht SMA 8 S

Die Alfred-Hess-Straße befindet sich im Südwesten der Landeshauptstadt Erfurt und hat eine Länge von ca. 1.000 m. Sie ist beidseitig mit Mehrfamilienhäusern bebaut. Die Straße wurde nach der deutschen Wiedervereinigung 1992 grundhaft neu ausgebaut und ist als wichtige innerörtliche Hauptverkehrsstraße anzusehen.

Der Aufbau wurde in Bauklasse I 4 cm Asphaltbetondeckschicht 0/11 S, 8 cm Asphaltbinderschicht 0/16 S und 18 cm Asphalttragschicht 0/32 CS ausgeführt.

Die Deckschicht wurde nach über 15 Jahren Liegezeit schadhaft und wies zahlreiche Risse auf. Die Schäden in der Deckschicht leisteten der weiteren Zerstörung der Substanz durch eindringendes Wasser und Frost Vorschub. Durch die Unebenheiten der schadhaften Fahrbahn erhöhten sich auch die Reifenrollgeräusche, was sich als Anstieg des von den Anwohnern wahrnehmbaren Verkehrslärms deutlich zeigte. Die Stadtverwaltung Erfurt, Tiefbau- und Verkehrsamt entschloss sich zu einer Sanierung der Fahrbahn der Alfred-Hess-Straße.

Bild 1: Baubereich Alfred-Hess-Straße

Bild 2: Alte Deckschicht 2009

Im Ergebnis der Zustandsbewertung wurde festgelegt, dass die Deckschicht erneuert werden muss. Binder- und Tragschicht konnten erhalten werden. In Bereichen, wo die Risse sich in die Binderschicht fortsetzten, wurde eine Riss-Sanierung durch Einbau von Asphaltarmierung nach Abfräsen der alten Deckschicht vorgesehen.

Als neue Deckschicht sollte Splittmastixasphalt 8 S (SMA 8 S) mit polymermodifiziertem Bindemittel 25/55-55 A in einer Schichtdicke von 4,0 cm eingebaut werden.

Der feinkörnige SMA 8 S wurde wegen der günstigen lärmtechnischen Eigenschaften gewählt. Aus diesem Grund wurde die fertige Deckschicht auch nicht abgestreut. Mit diesen Sanierungskonzept wurden die Bedingungen der Lärmsanierung erfüllt. Die Maßnahme konnte mit Fördermitteln des Konjunkturpaketes II finanziert werden.

Nach dem profilgerechten Fräsen wurden diverse Reparaturen und Anpassungen durchgeführt. Bereiche, in denen die Risse sich bis in die Unterlage, die vorhandene Asphaltbinderschicht fortsetzten, wurden mit Asphaltarmierungsgewebe aus hochzugfesten Glasfasern belegt. Auf diese Weise soll ein Durchschlagen der vorhandenen Risse in die neue Deckschicht verhindert werden. Im Anschluss wurde die vorbereitete Unterlage mit Bitumenemulsion angespritzt und die neue Deckschicht eingebaut. Bauausführendes Unternehmen war Thomas Bau GmbH aus Weimar.

Bild 3: Verlegen von Asphaltarmierung                             

Bild 4: Einbau SMA 8 S

Die Sanierungsmaßnahme umfasste die Erneuerung von ca. 5.000 m² Asphaltdeckschicht. Die Nebenanlagen, wie Bordsteine, Gehwege und Entwässerungseinrichtungen wurden nur wo erforderlich, punktuell repariert. Die Bauzeit betrug ca. 6 Wochen. Die Gesamtkosten inklusive Vermessung, Gutachten, Planung, Bauüberwachung und Kontrollprüfung betrugen ca. 165.000 € brutto. Die Fertigstellung erfolgte am 12. Mai 2011.

Die Maßnahme kann als gutes Beispiel für eine kostengünstige und nachhaltige Sanierung einer vielbefahrenen Stadtstraße unter Inanspruchnahme der Fördermöglichkeit des Konjunkturpaketes II gelten. Die Maßnahme erfolgte unter Verwendung des regelwerkskonformen SMA 8 S nach ZTV Asphalt-StB.

Auch seitens der Anlieger, welche zunächst die Unannehmlichkeiten der Baustelle ertragen mussten, gab es Lob. Positiv registriert wurde die deutlich wahrnehmbare Reduzierung des Verkehrslärms durch die relativ feinkörnige Asphaltdeckschicht SMA 8 S.

Bild 5: Fertigstellung Mai 2011

2 Lärmarme Deckschichten – Sonderbauweisen

2.1 Stotternheimer Straße – Einbau Asphaltdeckschicht LOA 5 D

Die Stotternheimer Straße befindet sich im Norden der Landeshauptstadt Erfurt und fungiert als eine der Haupteinfahrtsstraßen. Sie verläuft direkt vor der östlich liegenden alten Sulzer Siedlung. Westlich unterhalb des Roten Berges befindet sich ein in Nachwendezeiten errichtetes Wohngebiet. Mit dem Bau der Bundesautobahn A 71 und der Anschlussstelle Erfurt – Stotterheim ist die Bedeutung der Straße gestiegen.

Der vorhandene Asphaltaufbau war schadhaft sowie durch diverse Aufbrüche und Reparaturen gestört. Die Fahrbahnoberfläche war inhomogen und uneben. Eine sichere Wasserabführung war nicht mehr gewährleistet. Die Bankette lagen zum Teil über der Fahrbahnbefestigung. Die weitere Zerstörung durch eindringendes Wasser und Frost schritt voran. Der Verkehrslärm war infolge der schadhaften Deckschicht hoch. Die Rollgeräusche wurden durch die Unebenheiten verstärkt. Die Anwohner waren entsprechend beeinträchtigt.

Die Stadtverwaltung Erfurt, Tiefbau- und Verkehrsamt entschloss sich im Bereich zwischen „Am Zoopark“ und „Bergrat-Voigt-Straße“ auf einer Länge von ca. 1.200 m eine Sanierung durchzuführen. Dabei sollte auch eine Verbesserung der Situation der Anwohner hinsichtlich des Verkehrslärmes erreicht werden.

Bild 6: Baubereich Stotternheimer Straße

Bild 7: Stotternheimer Straße, Erfurt

Zunächst wurde eine Zustandsbewertung des vorhandenen Fahrbahnoberbaus durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass der Fahrbahnoberbau hinsichtlich Tragfähigkeit die Anforderungen an die Bauklasse I gemäß RStO erfüllt. So konnten die vorhandene ungebundene Tragschicht und Asphalttragschicht weiter genutzt werden.

Der Sanierungsvorschlag sah im Ergebnis Folgendes vor:

  • 9,0 cm des vorhandenen Asphaltoberbaus abfräsen,
  • Sanierung lokaler Schadstellen,
  • Sanierung schadhafter Entwässerungseinrichtungen,
  • Einbau von 9,0 cm Asphalt bestehend aus Asphaltbinder- und Asphaltdeckschicht.

Um mit der Maßnahme eine Verbesserung der Lärmsituation zu erreichen, wurde eine besondere Asphaltdeckschicht LOA 5 D – lärmoptimierte Asphaltdeckschicht mit Größtkorndurchmesser 5 mm vorgesehen.

Hierbei handelt es sich um eine lärmoptimierte Asphaltdeckschicht, welche speziell für den Einsatz in Kommunen geeignet ist. Aus diesem Grund konnte die Maßnahme auch als Lärmsanierung mit Mitteln des Konjunkturpaketes II finanziert werden. Zum damaligen Zeitpunkt war die Erfurter Anwendung dieser Bauweise erstmalig in Thüringen.

Dieser Asphalt wurde entwickelt an der Ruhr-Universität Bochum unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Martin Radenberg, Lehrstuhl für Verkehrswegebau.

Diese Bauweise besteht seit 2007 und fand bis zum damaligen Zeitpunkt 2010 ca. 120 erfolgreiche Umsetzungen in Deutschland. Im Internet finden sich detaillierte Hinweise zur Umsetzung mit genauem Rezept usw. (loa 5 d googeln) Im Folgenden soll nur das Grundsätzliche dargestellt werden.

Was ist LOA 5 D ?

  • eine dichte Asphaltdeckschicht mit relativ viel Hohlraumgehalt,
  • Größtkorn 5,6 mm (Siebgröße),
  • Hohlraum MPK 5,0 – 6,0 %,
  • Schichtdicke 2,0 – 2,5 cm,
  • modifizierte Bitumen,
  • kein AC 5 D oder SMA 5 nach TL Asphalt-StB,
  • Potenzial Verkehrslärmreduzierung = 3 – 5 dB(A) gegenüber Referenzbelag.

Die Besonderheit des LOA 5 D besteht darin, dass er

  • feinkörnig und glatt ist und
  • einen relativ hohen Hohlraumgehalt aufweist – am Marschallprobekörper 5,0 – 6,0 %

aber trotzdem

  • standfest,
  • griffig und
  • so dicht ist, dass er über die Oberfläche entwässert (im Gegensatz zu OPA oder ZWOPA – offenporiger Asphalt – ein- oder zweischichtig).

Die Oberfläche der fertigen Asphaltdeckschicht wirkt der Entstehung von Reifenrollgeräuschen entgegen. Der Preis bzw. Kompromiss für die Summe dieser Eigenschaften ist in Folge des höheren Hohlraumgehaltes eine schnellere Alterung und somit geringere Lebensdauer gegenüber dichteren Asphalten. Allerdings ist die Lebensdauer deutlich höher zu erwarten, als bei dem für Kommunen ungeeigneten OPA und ZWOPA.

Mit zum Konzept dieser dünnen Deckschicht gehört ein besonderer hochstandfester Asphaltbinder AC 16 B-HSF und auch AC 22 B-HSF, welche abweichend von konventionellen Asphaltbindergemischen eine stetigere Kornverteilungslinie aufweisen.

Für die Sanierung der Stotternheimer Straße wurde folgender Aufbau vorgesehen:

  • 2,5 cm LOA 5 D mit Bindemittel 25/55-55 C,
  • 6,5 cm AC 16 B-HSF mit Bindemittel 25/55-55 A.

Im April 2010 startete die Baumaßnahme mit dem Abfräsen der oberen 9,0 cm des vorhandenen Asphaltes. Nach diversen Reparaturen an den Entwässerungseinrichtungen sowie der vorhandenen Unterlage begann im Mai der Einbau des neuen Asphaltes. Aufgrund der erforderlichen Gewährleistung ständiger zumindest halbseitiger Verkehrsführung musste der Einbau in 6 Einzelabschnitten erfolgen.

Der Einbau des Binders gestaltete sich relativ unkompliziert. Die Anforderungen an die Qualitätsparameter wurden ohne Probleme erreicht. Hierauf soll auch nicht weiter eingegangen werden.

Anders gestaltete sich das bei dem ab Mai 2010 beginnenden Einbau der Asphaltdeckschicht LOA 5 D.

Die Erstprüfung für das Asphaltmischgut wurde vom damaligen Zentrallabor Meiningen der Basalt-Actien-Gesellschaft, Hartsteinwerke Bayern-Thüringen erstellt. Das Mischgut wurde produziert und geliefert von der AWE, Asphaltmischwerk Walschleben GmbH & Co.KG. LOA 5 D stellt besondere Ansprüche an den Einbau. Zum einen erfordert das Material gute Einbaubedingungen (Ebenheit der Unterlage, Temperatur, Wind). Zum anderen wirken sich Ansätze, Anschlüsse und Einbauten ungünstig aus. Leider können unter kommunalen Bedingungen solche Dinge selten vermieden werden. Gemäß der obigen „Hinweise zur Umsetzung“ der Ruhr-Universität Bochum sollte die Verdichtung entsprechend der dünnen Schicht nur mit Standardbohle am Fertiger sowie vorzugsweise einer nur statisch verdichtender Tandemwalze mit hohem Betriebsgewicht < = 9,0 t erfolgen. Verdichtung mit Vibration wurde wegen der Gefahr der Kornzertrümmerung bei LOA 5 D nicht empfohlen. Bauausführendes Unternehmen war Heinrich Rohde Tief- und Straßenbau GmbH aus Erfurt.

Die Firma Heinrich Rohde hatte bereits in Nordrhein-Westfalen eine Asphaltdeckschicht LOA 5 D eingebaut. Somit gab es auch eigene Erfahrungen zum Einbau solcher anspruchsvollen Deckschichten. Aber waren diese Erfahrungen auf diese Maßnahme übertragbar? Hier kamen andere regionale Gesteinskörnungen im Asphaltmischgut zum Einsatz. Auch wenn die Erstprüfung der Vorgabe entsprach, musste doch das Produkt ein Unikat sein.

Um gegebenenfalls mit der Verdichtungstechnik reagieren zu können, wurden für jeden einzelnen Einbauabschnitt begleitende Kontrollprüfungen des Auftraggebers in Bezug auf die Parameter Hohlraumgehalt und Verdichtungsgrad vorgesehen.

Von der Firma Rohde wurde ein Asphaltfertiger Vögele 1303 mit Standardbohle und eine 8,5 t schwere allradgelenkte Tandemwalze DV 70 VO mit Vibration und Oszillation eingesetzt. Vibration und Ozillation blieben allerdings ausgeschaltet.

Die auf diese Weise erreichten Einbauergebnisse waren mit einem Verdichtungsgrad von nur 93,8 % unzureichend. Als Konsequenz wurde an der Walze die Oszillation dazugeschaltet. der Verdichtungsgrad erhöhte sich auf 95,7 % und war damit immer noch unzureichend. Erst die Kombination von Standardeinbaubohle des Fertigers, der Tandemwalze Hamm DV 70 und zusätzlich einer schweren statischen Dreiradwalze ergab anforderungsgerechte Ergebnisse 97,0 % und mehr. Bei der Dreiradwalze handelte es sich um eine schon historisch anmutende Hamm HW 90 B mit einem Betriebsgewicht von 12 t.

Bild 8: Asphaltfertiger Vögele 1303                          

Bild 9: Tandemwalze Hamm DV 70

Bild 10: Dreiradwalze Hamm HW 90                        

Bild 11: Troxlersonde

Diese Technik, verbunden mit einer vorbildlichen einbaubegleitenden Eigenüberwachung der Firma Rohde mittels Troxlersonde ergaben schließlich sehr gute Einbauergebnisse.

Die Kontrollprüfergebnisse durchgeführt von Dr. Hutschenreuther Ingenieurgesellschaft für bautechnische Prüfung mbH waren positiv. Anzeichen von Kornzertrümmerung konnten anhand der Sieblinie nicht festgestellt worden. Offenbar war die eingesetzte Verdichtungstechnik, obwohl abweichend von den Umsetzungshinweisen, der hier richtige Weg.

Insgesamt muss die Maßnahme als gelungen bezeichnet werden. Unter Nutzung der Restsubstanz des alten Aufbaus entstand hier kostengünstig mit Inanspruchnahme der Fördermöglichkeit des Konjunkturpaketes II eine neue Haupteinfahrtsstraße mit einer neuartigen innovativen lärmmindernden Asphaltdeckschicht.

Viel Lob gab es auch von den Anliegern, vor allem für die deutlich wahrnehmbare Minderung des Verkehrslärmes.

Die lärmtechnischen Eigenschaften wurden im August 2012 mittels CPX-Messung von der Firma Müller-BBM GmbH aus München ermittelt.

Der Vorteil dieser Messmethode besteht in der schnellen Durchführbarkeit und vor allem darin, dass die Ergebnisse uneingeschränkt vergleichbar sind, weil sie absolut in Dezibel (dB(A)) angegeben werden. Im vorliegenden Fall wird der LOA 5 D mit angrenzendem Altbelag verglichen.

Der LOA 5 D-Belag ergab folgende Pegelminderungen:

  • Pkw-Reifen gegenüber angrenzendem Altbelag 3 dB(A),
  • Lkw-Reifen gegenüber angrenzendem Altbelag 2 dB(A).

Anmerkung: Eine Pegelminderung von 3 dB(A) entspricht ca. der Wahrnehmung bei halbierter Verkehrsmenge.

Die Sanierungsmaßnahme umfasste die Erneuerung von ca. 10.000 m² Asphaltdeck- und Binderschicht. Die Nebenanlagen, wie Bankette, teils Bordsteine und Entwässerungseinrichtungen wurden, wo erforderlich, instandgesetzt. Die Bauzeit betrug ca. 7 Wochen. Die Gesamtkosten inklusive Vermessung, Gutachten, Planung, Bauüberwachung und Kontrollprüfung betrugen ca. 345.000 € brutto. Die Fertigstellung erfolgte am 25. Juni 2010.

Bild 12: Messfahrt Stotternheimer Straße, Fa. BBM Müller

2.2 Moritzwallstraße – Einbau Asphaltdeckschicht PMA 5

Die Moritzwallstraße befindet sich nördlich am Stadtzentrum von Erfurt und stellt als wichtige Hauptverkehrsstraße einen Teil des inneren Stadtringes dar. Die Moritzwallstraße ist ca. 200 m lang und beidseitig dicht mit Mehrfamilienhäusern bebaut.

Bild 13: Baubereich Moritzwallstraße                     

Bild 14: Moritzwallstraße alte Fahrbahndecke

Die Fahrbahn bestand aus Asphalt in sehr inhomogenen Zustand. Die Oberfläche war durch infolge Leitungsarbeiten mehrfach aufgegraben und wieder geschlossen worden. Der Asphalt teils selber und die vielen Nähte und Anschlüsse der Aufgrabungen waren schadhaft. Wasser konnte eindringen und in Verbindung mit Frost sein zerstörerisches Werk verrichten. Durch die Unebenheiten der schadhaften Fahrbahndecke erhöhten sich die Reifenrollgeräusche, was von den Anwohnern als höherer Verkehrslärm wahrgenommen wurde.

Die Stadtverwaltung Erfurt, Tiefbau- und Verkehrsamt plante eine Sanierung der Moritzwallstraße. Gleichzeitig sollte eine Verbesserung der Situation hinsichtlich des Verkehrslärmes erreicht werden. Die Bestandsuntersuchung des vorhandenen Fahrbahnaufbaus ergab, dass die vorhandene Fahrbahndecke zum Teil aus alten mit Asphalt überbautem Großpflaster besteht und nur zum Teil aus Asphalt. Angesicht dieses unterschiedlichen Aufbaus war es nicht möglich, vorhandene gebundene Schichten weiter zu nutzen. Das Sanierungskonzept sah Folgendes vor:

  • Ausbau des Großpflasters und des vorhandenen Asphaltes,
  • Profilierung und Nachverdichtung der anstehenden ungebundenen Tragschicht,
  • Einbau neuer Asphalttragschicht, Asphaltbinderschicht und Asphaltdeckschicht.

Der Aufbau wurde in Anlehnung an die Bauklasse III RStO wie folgt gewählt:

  • 3,0 cm Gussasphaltdeckschicht PMA 5,
  • 5,0 cm Asphaltbinderschicht AC 16 DS mit Bindemittel 25/55-55 A,
  • 14,0 cm Asphalttragschicht AC 32 TS mit Bindemittel B 50/70.

Da mit der Sanierung eine Verbesserung der Verkehrslärmsituation erreicht werden sollte wurde eine besondere Asphaltdeckschicht vorgesehen. PMA 5 ist die Abkürzung für Porous Mastix Asphalt mit Größtkorndurchmesser 5 mm. Es handelt sich hierbei um einen speziellen Gussasphalt mit offenporiger Oberfläche, entwickelt für den Landesbetrieb für Straßenbau NRW von Dipl.-Ing. Bernd Jannike. PMA ist die jüngste Entwicklung auf dem Bereich der lärmarmen Asphaltdeckschichten. PMA wird in Deutschland seit 2009 eingesetzt.

Die Maßnahme Moritzwallstraße in Erfurt mit PMA 5 war ein Novum in Thüringen. Mit diesem Konzept konnte die Finanzierung der Maßnahme unter Inanspruchnahme von Fördermitteln des Konjunkturpaketes II erfolgen.

Wie funktioniert PMA?

  • PMA ist oben hohlraumreich wie OPA und nach unten dicht wie Gussasphalt,
  • es gibt zum PMA ein in Bearbeitung befindliches Arbeitspapier, Bearbeitergruppe aus dem AK 7.3.2 Gussasphalt innerhalb der FGSV, Leiter: Herr Jannike,
  • selbstverdichtendes Mischgut, Einbau wie MA (GA),
  • PMA-Prinzip: Feinkörniger, bindemittelreicher Mörtel (Größtkorn 1,0 mm), setzt sich während des Einbauvorganges im Korngerüst nach unten ab,
  • zum einen hat die maximale Ebenflächigkeit in Verbindung mit den flach ausgerichteten Gesteinskörnern einen wesentlichen Anteil, es gibt keine Gesteinsspitzen, die nach oben aus der Deckschicht herausragen und das Reifenprofil zu Schwingungen anregen,
  • zum anderen trägt dass, im oberen cm verfügbare, untereinander kommunizierende Porenvolumen dazu bei, das ein Teil des Lärms absorbiert wird,
  • Porenvolumen in der oberen Schicht (ca. 1 cm) 3 bis 8 %.

Bild 15: PMA idealer Bohrkern: nach oben hohlraumreich wie PA; nach unten dicht wie Gussasphalt (Quelle: Herr Jannike, Landesbetrieb für Straßenbau, NRW, 2011)

Einbauseitig ist Folgendes zu beachten bzw. ergeben sich folgende Vorteile:

  • minimale Vorverdichtung des Straßenfertigers, ca. 1/3 der ersten Verdichtungseinheit (Tamper), keine weitere Verdichtung notwendig, Einsatz einer leichten Walze, statisch, nur zum „Bügeln“,
  • keine Abdichtung des Binders erforderlich, Anspritzen für den Schichtenverbund ist aber sinnvoll,
  • Temperatur an der Mischanlage 190 bis 200 °C, Einbautemperatur ca. 180 bis 190 °C,
  • Verwendung von niedrigviskosem Bitumen für temperaturabgesenkten Asphalt,
  • Einbau mit Straßenfertiger, gegebenenfalls mit Gussasphaltbohle,
  • Mischguttransport im offenen Lkw, gegebenenfalls mit Rührwerkskessel,
  • keine Abstumpfungsmaßnahmen erforderlich,
  • hohe Standfestigkeit, frühzeitige Verkehrsfreigabe möglich,
  • Einbau auch bei sehr niedrigen Temperaturen der Unterlage und der Außenluft möglich.

Tabelle 1: Rezeptur PMA 5

Als Bindemittel kommen gebrauchsfertige viskositätsveränderte Bindemittel zum Einsatz – verschiedene Varianten sind möglich. Im Fall Erfurt wurde das Sonderbindemittel NT 35 PG von BHV Bitumen eingesetzt.

An die grobe Gesteinskörnung 2/5 mm werden hohe Anforderungen gestellt:

  • SZ 18/LA 18 = hoher Widerstand gegen Zertrümmerung,
  • PSV (angegeben) 54, = hoher Widerstand gegen Polieren,
  • Kategorie SI 15, FI 15 = kubische Kornform,
  • C 100/0, C 95/1, C 90/1, = hoher Anteil gebrochene Kornoberflächen.

Die Erstprüfung wurde erstellt von Dr. Hutschenreuther Ingenieurgesellschaft für bautechnische Prüfung mbH. Das Mischgut wurde geliefert von der zur Deutschen Asphalt GmbH gehörenden Mischanlage Elxleben. Ausführendes Unternehmen war die EUROVIA Verkehrsbau Union GmbH aus Umpferstedt.

Das Gelingen der gewünschten Oberflächenstruktur hängt von der optimalen Zusammensetzung des Mischgutes und auch vom Einbauverhalten ab. Die richtige Fertigereinstellung und der Walzeneinsatz zum Ebnen der Oberfläche sind dabei sehr bedeutsam. Um gegebenenfalls Rezeptur und auch die Einbautechnik zu optimieren, empfiehlt sich die Anlage eines Probefeldes auf ca. 100 m Länge.

Dieses Probefeld wurde in das Leistungsverzeichnis mit aufgenommen. Es wurde in Binderlage auf einem Teil der Maßnahme vorgesehen. Bei schlechten Ergebnissen hätte es wieder ausgebaut werden müssen. Davon war aber nicht auszugehen, da ein auch schlechtes PMA-Probefeld sehr wahrscheinlich die Funktion des Binders gut erfüllen würde.

Ende September begann die Maßnahme unter halbseitiger Sperrung mit dem Ausbau des vorhandenen Asphaltes und Großpflasters. Es wurden diverse Reparaturen an Bordsteinen, Entwässerungseinrichtungen und Gehwegen durchgeführt. Die vorhandene Frostschutzschicht wurde profiliert und nachverdichtet. Im Anschluss wurde die Asphalttragschicht und Asphaltbinderschicht eingebaut.

Am 19. Oktober gegen 18.00 Uhr wurde das PMA 5-Probefeld eingebaut. Während des Einbaus testete EUROVIA unterschiedliche Parameter des Asphaltfertigers. Auf diese Weise sollten die optimalen Fertigerparameter für den späteren Deckschichteinbau ausgetestet werden. Es wurden die Einbaugeschwindigkeit, die Bohlenvorverdichtung (Tamperleistung) und der Anstellwinkel der Bohle unterschiedlich eingestellt.

Bild 16: PMA 5 Probefeld in Binderlage                          

Bild 17: Probefeld (nördliche Fahrbahnhälfte)

Zum Glätten der Oberfläche kam eine leichte statische Walze mit überbreiter Bandage zum Einsatz. Diese Walze ist eine Sonderanfertigung von EUROVIA, welche bisher beim Einbau von Kompaktasphalt zum Einsatz kam. Das optische Bild der PMA-Deckschicht und die Ergebnisse wurden mit Spannung erwartet. Am nächsten Tag bei Tageslicht wurde das Probefeld besichtigt und im Rahmen der Eigenüberwachung Bohrkerne entnommen. Das Probefeld sah überwiegend prinzipiell gut aus.

Allerdings gab es zahlreiche sehr glatt scheinende Stellen – sogenannte „Fettflecken“. An diesen Stellen war der bitumenhaltige Mörtel nicht abgesunken, so dass die grobe Gesteinskörnung nicht die gewünschte hohlraumreiche Oberflächenstruktur bildete. Diese glatten Stellen auf einer Deckschicht, dass ging nicht. Einem Motoradfahrer könnte so etwas gefährlich werden. Das konnte so nicht bleiben.

Herr Jannike, als „Vater“ dieser Bauweise, wurde kontaktiert und ihm das Ergebnis vorgestellt. Überhaupt war Herr Jannike als bedeutendster Erfahrungsträger in Sachen PMA bei der Erstellung der Erstprüfung einbezogen worden. Herr Jannike gab die Empfehlung die Erstprüfung etwas zu verändern, und zwar auf die „fette Seite“ mit etwas mehr Bindemittel und somit mehr Bitumenmörtel.

Auch der Auftragnehmer EUROVIA diskutierte das Ergebnis intensiv. So wurden die gewählten Einstellungen des Asphaltfertigers mit dem Ergebnis verglichen. Schlussfolgernd wurde die Fertigergeschwindigkeit mit 4 m/min und die Tamperleistung mit 40 % für den folgenden Deckschichteinbau festgelegt. Auch die Erstprüfung wurde gemäß der Empfehlung von Herrn Jannike abgeändert.

Beginnend ab zweiter Oktoberhälfte war es dann so weit. Die PMA-Deckschicht wurde in zwei Bauabschnitten (eine je Fahrbahnhälfte) eingebaut. Aufgrund der kühlen Witterung, es gab bereits Nachtfrost, wurde die Unterlage mit einem Flächenheizgerät vorgeheizt. Der anschließende Einbau gestaltete sich problemlos.

Das Ergebnis insgesamt war ein Erfolg. Die Deckschicht sah feinkörnig, gleichmäßig und eben aus und hatte auch nur sehr wenig „fette“ Stellen. Die Veränderung der Erstprüfung war offenbar richtig. Das etwas „Mehr“ an Bitumenmörtel sorgte dafür, dass das Material etwas flüssiger war und der Mörtel im Gesteinsgerüst gut absinken konnte und somit die Gesteinsspitzen die gewünschte offenporige Oberfläche bildeten.

Auch die Kontrollprüfungen ergaben weder mischgutseitig noch einbauseitig Beanstandungen. Hervorzuheben ist bei dieser Maßnahme die gute und konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligen. Jeder hatte das Bestreben, zum guten Gelingen dieses interessanten Referenzobjektes beizutragen.

Bild 18: Flächenheizgerät im Einsatz                           

Bild 19: Einbau unter Anwesenheit vieler interessierter Fachleute

Bild 20: Die leichte statische Walze im Einsatz

Bild 21: PMA – feinkörnig und gleichmäßig

Bild 22: Bohrkerne für die Kontrollprüfungen, die dünne Schicht oben ist der PMA 5

Bild 23: Moritzwallstraße im September 2012

Die Minderung der Reifenrollgeräusche nach Verkehrsfeigabe war deutlich feststellbar.

Durch Müller BBM GmbH wurden die akustischen Eigenschaften festgestellt. Die CPX-Messung des PMA-Belages ergab folgende Pegelminderungen:

  • Pkw-Reifen gegenüber angrenzendem Altbelag 2 dB(A),
  • Lkw-Reifen gegenüber angrenzendem Altbelag 2 dB(A).

Hier ist anzumerken, dass der angrenzende Altbelag sich in relativ gutem Zustand befindet, so dass die Pegelminderung nur relativ geringe 2 dB(A) beträgt.

Die Bauzeit betrug insgesamt ca. 6 Wochen. Es wurden ca. 2.100 m² Fahrbahnfläche erneuert. Nebenanlage wie Borde und angrenzende Gehwegbereiche und Entwässerungseinrichtungen wurden, wo erforderlich, repariert. Die Gesamtkosten einschließlich Gutachten, Planung und Bauüberwachung betrugen ca. 175.000 € brutto. Die Fertigstellung erfolgte am 10.11.2011.

3 Fazit/Zusammenfassung

Die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG, wurde 2005 in nationales Recht überführt und soll bis 2013 umgesetzt werden. Es ist daher zu erwarten, dass dem Lärmschutz an Straßen künftig noch mehr Rechnung getragen werden wird. Lärmmindernde Asphaltbauweisen können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Mit der Sanierung von Straßen kann durch die Wahl einer entsprechenden Deckschicht relativ einfach eine Verringerung der Reifenrollgeräusche erzielt werden.

Beispiel Alfred-Hess-Straße SMA 8 S

Lärmreduzierung geht bereits relativ einfach mit Standardasphalten gemäß ZTV Asphalt-StB, wenn auf die Absplittung zur Erreichung einer angemessenen Anfangsgriffigkeit verzichtet werden kann. Die Alfred-Hess-Straße mit dem nicht abgesplitteten SMA 8 S zeigt das als Beispiel. Eine solche Deckschicht darf offiziell gemäß „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS-90) lärmmindernd in Ansatz gebracht werden. Die durch die fehlende Absplittung möglicherweise geringere Anfangsgriffigkeit ist zu beachten. Gegebenenfalls ist eine Geschwindigkeitsreduzierung in der ersten Zeit nach Verkehrsfreigabe zu prüfen.

Ansonsten ergeben sich durch die Regelbauweise unkomplizierte gängige Lösungen ohne besonderes Risiko.

Beispiel Stotternheimer Straße LOA 5 D

Effiziente Lärmreduzierung ist mit dem relativ offenporigem LOA 5 D zu erreichen. Allerdings sollte der Anwender davon ausgehen, dass solche Deckschichten nicht so lange halten wie herkömmlicher dichterer nicht lärmmindernder Asphaltbeton oder Splittmastix. Der Einbau von LOA 5 D, welcher als dünne Schicht < = 3,0 cm anzusehen ist, erfordert günstige Einbaubedingungen (vergleiche ZTV Asphalt-StB, Tabelle 6). Zu beachten ist außerdem, dass es sich um eine Sonderbauweise handelt, bei der auch höhere Risiken bestehen.

Beispiel Moritzwallstraße PMA 5

PMA ist die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet der lärmarmen Asphaltbauweisen. Trotzdem ist die Annahme nicht unberechtigt, dass mit PMA eine gute Haltbarkeit und auch lange Liegedauer erreicht werden kann, weil PMA aus der Grundbauweise Gussasphalt entwickelt worden ist. PMA ist nur oben offenporig und nach unten hin dicht wie Gussasphalt. Natürlich sind das mangels längerfristiger Erfahrungen zurzeit nur Annahmen.

PMA ist eine Sonderbauweise. Im Fall Erfurt hatte niemand der Beteiligten Erfahrung damit. Das vorhandene Regelwerk ZTV Asphalt-StB ist bei der Abwicklung des Bauvertrages nur bedingt anwendbar. Bei der Durchführung solcher Maßnahmen besteht allgemein ein höheres Risiko.