FGSV-Nr. FGSV 002/140
Ort Stuttgart
Datum 13.03.2024
Titel On-Demand-Verkehre als Teil des ÖPNV – Simulation und Vergleich zweier Netzszenarien in Aachen
Autoren Dr.-Ing. Conny Louen, Tobias Kuhnimhof, Niklas Höing, Carina Böhnen, Pradeep Burla
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Kurzfassung

Dank neuer Technologien bieten On-Demand-Verkehre (OD-Verkehre) eine flexible Alternative zum fahrplangebundenen öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Wie sich unterschiedliche Organisationsformen von OD-Verkehren als Bestandteil des ÖPNV-Angebotes auf das Mobilitätsverhalten und die Verkehrsbelastung in einer mittelgroßen Stadt auswirken, wurde im Rahmen der Studie NAIXTransit untersucht. Hierfür erfolgte eine Simulation zweier ÖPNV-Netzszenarien in einem agentenbasierten Modell (MATSim). Die Ergebnisse zeigen, dass in beiden Szenarien der ÖPNV Anteil steigt. Allerdings generieren beide Netzszenarien im Vergleich zum Status Quo zusätzlichen Fahrzeugverkehr, da OD-Fahrten Fußgänger- und Fahrradfahrten ersetzen und die Reduzierung von Autofahrten dies nicht kompensiert.

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1 Einleitung

In vielen Teilen der Welt stehen städtische ÖPNV-Systeme vor drängenden Herausforderungen, von Finanzierungsproblemen über begrenzte Kapazitäten bis hin zur Notwendigkeit die Servicequalität zu verbessern, um einen Modal Shift weg vom Auto zu motivieren. Die Stadt Aachen bildet dabei keine Ausnahme. Einer der in den letzten Jahren in Aachen diskutierten Ansätze, den öffentlichen Nahverkehr der Stadt attraktiver zu gestalten, war die Idee, konventionelle Stadtbusse (Standard- und Gelenkbusse) teilweise durch kleinere Shuttles zu ersetzen, die als bedarfsgesteuerte Transportmittel (OD-Verkehre) fungieren.

Diese Diskussion beschränkt sich jedoch keineswegs auf Aachen. On-Demand-Dienste gibt es in unzähligen Varianten und viele Städte erwägen oder experimentieren mit solchen neuen Angeboten (z. B. MOIA in Hamburg; diverse On-Demand-Projekte in NRW), in einigen Fällen sogar in Extremen, wie in der Stadt Innisfil in Kanada, wo der öffentliche Nahverkehr durch Uber ersetzt wurde [1]. Verschiedene Studien ( [2–4]) haben gezeigt, dass der Einsatz von OD-Verkehren bzw. RideSharing je nach Organisationsform und Integration in den öffentlichen Verkehr sehr unterschiedliche Wirkungen haben kann. Eine komplette Substitution hochkapazitärer Fahrzeuge durch OD erscheint besonders auf hochbelasteten Strecken und in zentralen Bereichen aus Gründen der Netzkapazität fragwürdig. Gleichzeitig bieten OD-Verkehre den Vorteil, besser auf die tatsächliche Nachfrage reagieren zu können und auch in nachfrageschwachen Bereichen und/oder Zeiten keine unnötigen Fahrten durchzuführen. In vielen Studien und existierenden Systemen verkehren OD-Angebote und konventionelle Linienverkehre mehr oder weniger unabhängig voneinander oder es gibt keinen systematischen Ansatz, um OD-Angebote in ein bestehendes ÖPNV-System zu integrieren [5]. Dadurch entsteht häufig Konkurrenz zwischen diesen Angeboten. Dies führt zur Frage, wie OD-Verkehre und konventioneller Linienverkehr kombiniert werden können, um eine effiziente Abwicklung der Verkehrsnachfrage zu sichern. Unter konventionellem Linienverkehr verstehen wir ein hochkapazitives System mit festgelegten Routen und Fahrplänen. OD-Verkehre hingegen sind ein nachfragebasiertes, öffentliches Verkehrssystem mit flexiblen Routen und Fahrplänen, einer flächenbasierten Abdeckung sowie Abhol- und Absetzpunkten. Es basiert auf dem Pooling von Fahrten (Mitfahrgelegenheiten, bei denen Fahrgäste, die sonst nicht gemeinsam reisen würden, ein Fahrzeug für die gesamte oder einen Teil der Fahrt teilen) [6]. Um zu analysieren welche Wirkung unterschiedliche ÖPNV-Netzkonfigurationen unter Einbezug von OD-Angeboten auf die Verkehrsmittelwahl und die Verkehrsbelastung im Netz haben, wurden in NAIXTransit [7] zwei ÖPNV-Netzkonfigurationen entwickelt und simuliert. Ziel ist, Netzkonfigurationen mit konventionellem Linienverkehr und OD-Verkehren zu identifizieren, die den ÖPNV attraktivieren und gleichzeitig die Verkehrsleistung insgesamt reduzieren. Vor diesem Hintergrund untersucht diese Arbeit potenzielle Rollen für OD-Verkehre in den zukünftigen öffentlichen Verkehrssystemen und trägt damit zur wachsenden Literatur über die Zukunft von bedarfsorientierten Verkehren bei [8].

2 On-Demand-Verkehre und ÖPNV

2.1 Charakteristika und Nutzungspräferenzen

OD-Angebote sind öffentliche Verkehrsangebote, die sich an spezifische Beförderungsbedürfnisse anpassen [9] und für die Nutzende im Voraus Fahrten buchen müssen [10]. Der Begriff "bedarfsgesteuerter Verkehr" wurde seit den 1970er Jahren theoretisch untersucht und experimentell als eine andere Form des öffentlichen Verkehrssystems eingesetzt [10, 11]. Die Hauptmotivation für die Implementierung von OD-Angeboten besteht darin, niedrig nachgefragte Gebiete und Zeiträume effizienter und effektiver zu bedienen [12].

Die wichtigsten Merkmale von OD-Angeboten sind die Vorabbuchung und die bedarfsgesteuerte Betriebsweise [13]. Die aktuelle Nachfrage bestimmt die Route und den Fahrplan und führt so zu einer räumlichen und zeitlichen Flexibilität [13, 14]. Bedarfsgesteuerte Angebote im öffentlichen Verkehr ermöglichen den Einsatz kleinerer Fahrzeuge, die nicht an einen festen Fahrplan gebunden sind, sondern in Echtzeit auf die Nachfrage reagieren können [15]. Darüber hinaus werden die Fahrgäste in der Regel in der Nähe ihres gewünschten Ziels abgeholt und abgesetzt, anstatt an festen Haltestellen. OD-Angebote zielen darauf ab, durch Bündelung der Anfragen die Anzahl der benötigten Fahrzeuge und die Gesamtfahrstrecke zu minimieren, ohne die Reisezeit der Fahrgäste zu beeinträchtigen [14].

Die Fahrgäste bewerten OD-Angebote positiv, da sie mehr Flexibilität und einen höheren Servicestandard als konventionelle Dienste bieten können [16]. Allerdings beeinflussen verschiedene Faktoren die Akzeptanz von OD-Systemen [17]. Diese können als personenbezogene Faktoren auf der Nutzendenseite, wie Alter und Einkommen, oder angebotsbezogene Faktoren, wie Reisekosten und der Bedarf an Umstiegen, klassifiziert werden. Die Auswirkungen von OD-Angeboten auf die Kosten sind noch unklar und hängen von verschiedenen Faktoren wie Fahrzeuggröße, regionalen Bedingungen und davon ab, ob sie automatisiert oder von Menschen gesteuert werden [18]. Sie können deutlich teurer sein als der ÖPNV mit festem Fahrplan [16]. Wenn OD-Systeme jedoch in dünn besiedelten Gebieten oder zu Nebenzeiten eingesetzt werden, können die Betriebskosten niedriger sein [19].

Viele Länder und Regionen - wie Amsterdam [4], Singapur [12] und Kanada [20] - nutzen bereits diese Form des öffentlichen Verkehrs. Studien haben gezeigt, dass der Einsatz von OD-Verkehren in ländlichen Gebieten eine vielversprechende Möglichkeit zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs sein kann [21–23]. Der ÖPNV in deutschen ländlichen Gebieten zeichnet sich durch lange Reisezeiten, niedrige Frequenzen und unregelmäßige Verbindungen aus [18]. Um dieses Problem zu lösen, wurden seit 1970 in Deutschland verschiedene bedarfsgesteuerte Formen des ÖPNV, insbesondere in ländlichen Gebieten und Stadtrandlagen [24], getestet. Doch OD-Angebote kommen nicht nur in ländlichen Gebieten vor - viele deutsche Städte etablieren nun bedarfsorientierte Angebote, wie zum Beispiel Berlin [25], Karlsruhe [26] und Vechta [27].

2.2 Integration in den ÖPNV

Die Integration von OD-Angeboten in ÖPNV-Netze gewinnt durch die zunehmende Anzahl von OD-Angeboten zunehmend an Bedeutung für die Schaffung eines attraktiven und effizienten Gesamtnetzes. OD-Angebote ermöglichen es Planenden, ein flexibles Verkehrsmittel innerhalb bestehender ÖPNV-Netze einzuführen. Die meisten etablierten OD-Systeme bestehen jedoch als neue Systeme parallel zum bestehenden öffentlichen Verkehrsnetz [5]. Die bisherige Forschung zur Integration von OD in öffentliche Verkehrsnetze basiert entweder auf theoretischen Modellen [z. B. 28] oder auf Fallstudien in verschiedenen Regionen [z. B. 29].

Theoretische Modelle umfassen agentenbasierte Verkehrssimulationen, die die Kombination von konventionellem ÖPNV und OD-Systemen bewerten oder Szenarien untersuchen, in denen letztere die ersteren ersetzen. Diese Modelle umfassen in der Regel eine feste Nachfrage und kein Verkehrsmittelwahlmodell. Beispielsweise führten Armellini und Bieker-Walz [14] eine modellbasierte Fallstudie in einem ländlichen Gebiet in Norddeutschland durch, die ein Szenario untersuchte, in dem ein Bus Rapid Transit-System mit einem OD-Angebot als Zubringersystem eine konventionelle Buslinie ersetzte. Dies führte zu kürzeren Reisezeiten, einer höheren maximalen Frequenz und einem erweiterten Bedienungsgebiet, so dass das neue System mit der Qualität und dem Komfort eines privaten Autos konkurrenzfähig wurde. Das Modell von Liu und Ouyang [30] veranschaulicht die Vorteile eines konventionellen ÖPNV-Systems mit OD-Angeboten im Vergleich zu einem konventionellen ÖPNV-System mit normalen Taxis, da die Qualität vergleichbar ist, aber die Kosten niedriger sind. Es wird auch darauf hingewiesen, dass OD-Angebote besonders gut in Gebieten mit disperser Nachfrage funktionieren.

Richter et al. [31] kamen mithilfe eines Verkehrsmodells zu dem Schluss, dass die Verbesserung des ÖPNV-Netzes durch die Einführung von OD-Angeboten zu einer höheren ÖPNV-Nutzung führt. Sie stellten zudem fest, dass das OD-Angebot nicht zu einer Verringerung der gefahrenen Fahrzeugkilometer führt.

Eine Fallstudie aus einem ländlichen Gebiet in Deutschland zeigt, dass ein zusätzliches OD-System dazu führen kann, dass Kunden den bestehenden öffentlichen Verkehr nicht mehr nutzen und stattdessen das neue OD-System nutzen [29]. Ein komfortables OD-System kann zu induziertem Verkehr führen [29], aber auch neue Kunden für sowohl OD-Angebote als auch den öffentlichen Verkehr generieren, wenn beide gut integriert sind [32]. Eine weitere Fallstudie in Amsterdam zeigt dagegen einen Rückgang der Fahrgastzahlen nach dem Ersetzen der Buslinie durch ein OD-Angebot in einem ländlichen Gebiet [12].

2.3 OD-Verkehre und deren Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl

Viele bestehende Studien konzentrieren sich auf ein OD-Angebot oder ein kombiniertes ÖPNV/OD-Angebot und verwenden Modelle, die die Verkehrsmittelwahl nicht berücksichtigen. Stattdessen ersetzen OD-Fahrten Autofahrten, Taxifahrten oder öffentliche Verkehrsmittel [33, 34]. Studien zeigen, dass sich die Reisezeiten erhöhen und die insgesamt zurückgelegten Fahrzeugkilometer verringern, wenn Autofahrten und Taxifahrten durch OD-Fahrten ersetzt werden [34]. Das Ersetzen des ÖPNV durch OD-Angebote führt zu höheren Betriebskosten und einer leichten Reduzierung der Reisezeiten. Die Gehzeiten in Verbindung mit OD-Fahrten sind kürzer als die Gehzeiten in Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln [34].

Ergebnisse von Studien mit fixen Annahmen einer sich zukünftig verändernden Verkehrsmittelwahl legen nahe, dass OD-Angebote die PKW-Nutzung verringern könnten [35]. Eine Umfrage zur potenziellen Nutzung von OD-Angeboten in zwei ländlichen Gebieten in Deutschland zeigen jedoch, dass eine positive Einstellung zum ÖPNV nicht signifikant mit der Absicht zur Nutzung von OD-Angeboten korreliert; es wird jedoch gezeigt, dass eine positive Einstellung zu PKW einen signifikant negativen Einfluss auf die Absicht zur Nutzung von OD-Angeboten hat [36]. In Bezug auf Reisezwecke zeigt ein Stated-Preference-Experiment aus Australien, dass Menschen im Allgemeinen eher bereit sind, für Arbeits- und Pendelfahrten vom PKW auf ÖPNV- und OD-Angebote umzusteigen als für andere Reisezwecke, wobei Menschen private PKW bei Freizeitfahrten bevorzugen [37].

Die vorliegende Studie untersucht die Wirkungen unterschiedlicher ÖPNV-Netze mit On-Demand-Verkehren mithilfe einer MATSim-Simulation. Im Gegensatz zu anderen Forschungen ist die Verkehrsmittelwahl im Modell implementiert. Der Fokus der Studie liegt auf der Verkehrsmittelwahl, um herauszufinden, welches Szenario mehr Menschen dazu bewegen kann, den öffentlichen Verkehr (mit OD) zu nutzen und insgesamt den PKW-Verkehr und die gefahrenen Kilometer im Untersuchungsgebiet zu reduzieren.

3 Methodik

3.1 Aachen als Fallstudie

Für diese Studie wurde die Stadt Aachen zusammen mit ihrer Umgebung als Fallstudiengebiet ausgewählt. Aachen hat eine Bevölkerung von etwa 250.000 Einwohnern, und die umliegenden Gemeinden haben eine zusätzliche Bevölkerung von ungefähr 300.000 Personen [38]. Die mittelalterliche Innenstadt von Aachen ist dicht besiedelt, mit einem hohen Anteil historischer Gebäude und einem Straßennetz, das von engen Straßen und Gassen geprägt ist. Die Stadt Aachen umfasst jedoch auch Vororte und fast ländliche Stadtteile mit überwiegend Einfamilienhäusern und einer geringen Bevölkerungsdichte, insbesondere im Süden der Stadt. Der öffentliche Nahverkehr in Aachen besteht aus einem Bussystem und einer Eisenbahnverbindung, die von Ost nach West durch die Stadt verläuft. Es besteht kein kommunales Schienenverkehrsangebot. Das Bussystem ist ein radiales Ringnetz mit einem Innenring und verschiedenen radialen Linien, die das Stadtzentrum mit den umliegenden Gebieten verbinden. Aachens wichtigste Mobilitätskennziffern wie Autobesitz (375 Autos pro 1.000 Einwohner [39]), Fahrtenhäufigkeit und Modal Split (siehe Abbildung 1) ähneln weitgehend denen anderer deutscher Städte ähnlicher Größe [40]. Eine Ausnahme ist der vergleichsweise hohe Anteil der Fußwege, der wahrscheinlich auf die Kompaktheit des Stadtzentrums zurückzuführen ist. In dieser Studie wurde die Neugestaltung des öffentlichen Nahverkehrs einschließlich des bedarfsgesteuerten Verkehrs nur für die Stadt Aachen simuliert. Das Modell berücksichtigt jedoch auch die Wege von Pendelnden zwischen Aachen und seinen neun Nachbargemeinden.

Abbildung 1: Modal Split der Wege im deutschlandweiten Durchschnitt, von Regiopolen und der Stadt Aachen (Quelle: MiD 2017)

3.2 ÖPNV-Netzszenarien mit On-Demand-Verkehren

Im Rahmen eines strukturierten Szenarioprozesses wurden gemeinsam mit Akteuren des ÖPNV, der Kommune, Wissenschaft und Unternehmen (Automobilbranche, Planungsbüro) zwei Szenarien für ÖPNV-Netze mit OD-Verkehren entwickelt [7].

Die beiden Szenarien - das " Ergänzungsszenario " und das "Austauschszenario " - haben gemeinsam, dass sie Shuttles beinhalten, die „On-Demand“ verkehren. Die Shuttles werden elektrisch betrieben und haben keine Reichweitenbeschränkung, um die Ergebnisse auf andere Antriebsarten übertragbar zu machen. In beiden Szenarien wurde das On-Demand-Angebot nur in der Stadt Aachen implementiert, der ÖPNV in den umliegenden Gemeinden bleibt wie im Status Quo bestehen. Für beide Szenarien besteht die Annahme, dass die Fahrgastwechselzeit für das On-Demand-Angebot 30 Sekunden beträgt. Eine weitere wichtige Eigenschaft von bedarfsgesteuerten Diensten ist die maximale Wartezeit, definiert als die maximale Zeit, die zwischen der Bestellung des Fahrzeugs und der Bedienung verstreichen kann. In einem iterativen Prozess wurde die Wirkung unterschiedlicher Wartezeiten abgeschätzt und für beide Szenarien auf zehn Minuten gesetzt. Abgesehen von diesen gemeinsamen Merkmalen unterscheiden sich die beiden Szenarien in relevanten Aspekten, wie in Tabelle 1 zusammengefasst und unten kurz beschrieben.

Tabelle 1: Charakteristika des Ergänzungs- und Austauschszenarios

Das Ergänzungsszenario zielt darauf ab ein On Demand-Angebot zu implementieren, das als Zubringer zum ÖPNV fungiert. Während der Zugverkehr im Szenario dem Status Quo entspricht, wird der konventionelle Linienbusverkehr auf stark nachgefragten Korridoren konzentriert. Entlang der ausgewählten Strecken fahren Busse von 05:00 Uhr bis Mitternacht alle fünf Minuten. Abseits dieser Korridore verkehren keine regulären Buslinien. Um die Zubringerfunktion des OD-Verkehrs sicherzustellen, wurde eine Entfernungseinschränkung für das On-Demand-Angebot definiert: Die Shuttles bedienen nur Anfragen innerhalb von 3 km. Diese Einschränkung stellt sicher, dass die Shuttles nur kurze oder "letzte Meile"-Fahrten bedienen und den konventionellen ÖPNV auf stark nachgefragten Korridoren nicht kannibalisieren, indem sie für längere Fahrten intermodale Wechsel erzwingen. Die Shuttles haben eine maximale Kapazität von sechs Personen und fahren von Tür zu Tür, wobei Fahrgäste am Ursprungsort abgeholt und am Zielort oder an einer öffentlichen Verkehrshaltestelle abgesetzt werden. Wenn sie nicht benutzt werden, parken die Shuttles auf vorhandenen Straßenflächen.

Im Austauschszenario ersetzen Shuttles mit einer Kapazität von 25 Personen den bestehenden ÖPNV in Aachen nahezu vollständig - nur der Zugverkehr bleibt unverändert bestehen. Es gibt keine Entfernungseinschränkung für den Shuttleservice. In diesem Szenario holen die Shuttles die Fahrgäste an den bestehenden öffentlichen Bushaltestellen in Aachen ab, was bedeutet, dass die Fahrgäste von ihrem Startort aus zur nächstgelegenen Haltestelle gehen, um den Shuttleservice zu nutzen und an der nächstgelegenen Haltestelle zu ihrem Zielort aussteigen. Die bestehenden Park-and-Ride-Standorte in Aachen dienen als dedizierte Parkplätze für die Shuttles.

3.3 Umsetzung der Szenarien in MATSim

Die in dieser Studie durchgeführten Simulationen wurden mit MATSim [41] durchgeführt, einem agentenbasierten Simulationstool, das die Verkehrsnachfrage auf mikroskopischer Ebene simuliert. Grundlage der Simulation bildet eine synthetische Bevölkerung, bestehend aus individuellen Agenten (simulierte Einzelpersonen, denen täglich ein Aktivitätsplan zugewiesen wird), die Verteilungen der realen Bevölkerung widerspiegelt. Die synthetische Bevölkerung basiert auf Mobilitätsdaten der MiD 2017 [42] in Verbindung mit Bevölkerungsdaten aus dem Zensus [43]. Jeder Agent führt eine Reihe von täglichen Aktivitäten aus und nutzt die verfügbaren Verkehrsmittel, um sich von einem Aktivitätsort zum anderen zu bewegen. Die Bewegungsprofile der Agenten werden dann simuliert und anhand ihrer Reisezeit, bestehend aus Wartezeit, Gehzeit, Umstiegszeit und Reisezeit im Fahrzeug, sowie den Kosten für die ausgewählte Route bewertet. MATSim zeichnet sich durch einen Algorithmus aus, der den Plan des Agenten in aufeinanderfolgenden Iterationen optimiert. Komfortkriterien, die zwischen herkömmlichen öffentlichen Verkehrsmitteln und Shuttles variieren können, wurden bei der Simulation nicht berücksichtigt.

Die Optimierung besteht aus zwei Phasen. In der ersten Phase, der "innovation phase", können Agenten zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln wählen, ihre Aktivitätsabfahrtszeiten und ihre Route ändern. Jeder Agent erstellt einen neuen Plan mit einem anderen Verkehrsmittel, einer Abfahrtszeit und einer Route. Dieser Plan wird dann simuliert, bewertet und als Plan gespeichert. Jeder Agent startet mit einem Satz von Plänen und es werden dann in aufeinanderfolgenden Iterationen optimierte neue Pläne mit verschiedenen Verkehrsmitteln erstellt, die dem bestehenden Satz hinzugefügt werden. Jeder Agent speichert am Ende der ersten Phase seine fünf besten Pläne. Nachdem die Agenten alle ihre Optionen ausprobiert haben, beginnt die zweite Phase, die als "Non-innovation phase" bezeichnet wird. In dieser Phase erstellt MATSim keine neuen Pläne, sondern führt stattdessen die fünf vorhandenen Pläne erneut aus und bewertet sie neu (Neuplanung). Die Begründung für diesen Ansatz ist, dass die erste Phase der Simulation ein lokales oder agentenbezogenes Optimum erreicht und die zweite Phase ein modellweites Optimum erreicht. Der zuletzt ausgewählte Plan aus den verfügbaren Plänen für jeden Agenten liefert das beste Verkehrsmittel, die beste Route und die beste Abfahrtszeit für jeden Agenten. Dies wird als "kalibrierter Zustand" (im Rahmen dieses Papers auch Status Quo genannt) bezeichnet, da er mit dem Modal Split der Stadt Aachen kalibriert ist. [41]

MATSim verwendet den intermodalen öffentlichen Routing-Algorithmus "Swiss Rail Raptor", entwickelt von Rieser et al. [44]. Dieser Algorithmus ermöglicht es, Zugangs- und Abgangsarten zu öffentlichen Verkehrseinrichtungen festzulegen. Die Zugangs- und Abgangsart zu jeder Einrichtung ist im Status Quo auf Fußwege beschränkt. Für beide Szenarien wird dem Zugangs- und Abgangs-Auswahlset zusätzlich zum Gehen das On-Demand-Angebot hinzugefügt. Mit dieser Erweiterung sind die folgenden Reiseketten möglich:

Fuß → öffentlicher Verkehr → Fuß;

Shuttle → öffentlicher Verkehr → Fuß; und

Fuß → öffentlicher Verkehr → Shuttle.

Für diese Studie wurde das vorhandene Aachener Verkehrsnachfragemodell angepasst, um die beiden ausgewählten On-Demand-Szenarien umzusetzen. Das Modell wurde mit den GTFS-Daten (General Transit Feed Specification) von April 2021 aktualisiert und auf das Straßen- und Schienennetz mit den OpenStreetMap-Daten von April 2021 abgebildet. Die Plan-Datei der Agenten, die die geplanten Aktivitäten der Agenten im Untersuchungsgebiet enthält, basiert auf MiD-Daten von 2017 [42]. Sie enthält für die synthetische Bevölkerung von Aachen insgesamt 250.000 Agenten, von denen 220.000 an dem Simulationstag außerhäusliche Aktivitäten durchführen, was zu insgesamt 800.000 Wegen führt. Da die Simulation einer so großen Gesamtzahl von Agenten sehr zeitaufwändig ist, werden Stichproben von 5 %, 10 %, 25 % und 50 % der Bevölkerung berechnet, um die Simulationsdauer zu reduzieren. Dies ist ein gängiger Ansatz für große Modelle [45].

Die Simulation des On-Demand-Angebots in dieser Studie basiert auf den Beiträgen anderer Arbeiten zum dynamischen Fahrzeugrouting [46, 47] und On-Demand-Verkehren [34]. Das von Maciejewski et al. entwickelte On-Demand-Modul ermöglicht es, Fahrten zu bündeln und in einem einzigen Fahrzeug zu berücksichtigen, wobei verschiedene Einschränkungen wie Kapazität und maximale Wartezeit beachtet werden. Wie bereits erklärt, erfolgt der Wechsel der Verkehrsmittel, den Agenten zur Maximierung des Nutzens ihres täglichen Plans durchführen, während der „Non-Innovation Phase“. Das On-Demand-Modul interagiert insbesondere mit dem Wechsel der Verkehrsmittel: Sobald ein Agent beschließt, einen Shuttle zu nehmen, überprüft der Dispositionsalgorithmus, ob ein Shuttle in der Flotte die Anfrage annehmen kann. Falls nicht, bedeutet dies, dass der Algorithmus die Anfrage auf Grundlage einer Reihe von Einschränkungen abgelehnt hat. Die Einschränkungen umfassen die Betriebszeit und Kapazität des Shuttles, die maximale Wartezeit des Agenten und die maximal zulässige Reisezeit des Agenten.

4 Ergebnisse

Im Fokus unserer Analysen stehen die verkehrlichen Auswirkungen der verschiedenen Szenarien basierend auf der Verkehrsmittelwahl. Daher konzentriert sich die folgende Darstellung der Ergebnisse insbesondere auf die modale Verkehrsverlagerung und die Auswirkungen auf die Fahrleistung und mögliche Kapazitätsengpässe.

Ein zentraler verkehrlicher Indikator ist der Modal Split, also der Anteil genutzter Verkehrsmittel. Hierbei wird der kalibrierte Stand des Modells als Status Quo mit den Modal-Split-Verteilungen der beiden simulierten Szenarien verglichen. Es zeigt sich (s. Abbildung 2), dass der MIV im Status Quo für etwa die Hälfte der Wege genutzt wird, der ÖPNV-Linienverkehr liegt bei 14 % der Wege, 28 % der Wege sind Fußwege und 7 % der Wege sind Radwege. Im Ergänzungsszenario ist eine Verschiebung des Modal Splits zugunsten des OD-Angebots und der Verkehrsmittelkombination Linienverkehr & OD-Angebot zu beobachten. Die Modal Split-Anteile von MIV, Rad und Fuß dagegen gehen zurück. Es zeigt sich jedoch auch, dass die Kombination OD-Angebot und Linienverkehr nur einen sehr geringen Anteil ausmacht. Nur 2 % der Wege werden mit dieser angestrebten Verkehrsmittelkombination durchgeführt. Das eigentliche Ziel, ein Szenario zu konstruieren, das diese Verkehrsmittelkombination fördert, wird also nicht erreicht.

Abbildung 2: Modal Split der Anzahl der Wege (basierend auf Simulation einer 50 %-Stichprobe, Eigene Darstellung)

Bei Betrachtung des aufkommensbezogenen Modal Splits des Austauschszenarios im Vergleich zum Ergänzungsszenario und dem Status Quo zeigt sich, dass im Austauschszenario mehr Wege von den klassischen Verkehrsmitteln zum OD-Verkehr verlagert werden. Der Anteil des OD-Angebots am Wegeaufkommen liegt im Austauschszenario bei knapp 30 %, der MIV-Anteil dagegen geht auf 36 % zurück. Daneben sinkt auch der Radverkehrsanteil von 7 % im Status Quo auf 3 % im Austauschszenario. Die Verkehrsmittelkombination von Linienverkehr und Shuttle ist im Austauschszenario noch seltener als im Ergänzungsszenario. In diesem Fall ist diese Kombination aber auch auf Wege mit dem Schienenverkehr bzw. den Quell- und Zielverkehr nach und aus der Stadt beschränkt. Die Betrachtung des Modal Split-Anteils zeigt, dass aus Nutzersicht das Austauschszenario ein attraktiveres Szenario für die Wahl des OD-Angebots ist. Deutlich mehr Personen im Modell steigen von den klassischen Verkehrsmitteln auf das OD-Angebot um.

Um herauszufinden ob die modalen Verlagerungen zu einer Reduktion des Kfz-Verkehrs führen, wurde zudem die motorisierte Verkehrsleistung ausgewertet (s. Abbildung 3). Grundlage bilden die gefahrenen Fahrzeugkilometer des Linienverkehrs, MIVs und der OD-Verkehre. Dabei sind die Verkehrsleistungen des klassischen Linienverkehrs unabhängig von der Größe der simulierten Bevölkerungsstichproben, da immer derselbe Fahrplan gilt. Für die Fahrleistungsberechnung des MIV und der OD-Verkehre wurden die Ergebnisse der berechneten Bevölkerungsstichproben auf die 100 %-Stichprobe hochskaliert. Es zeigt sich, dass die motorisierte Fahrleistung sich insgesamt nur geringfügig verändert. Allerdings nehmen die Gesamtfahrleistungen in den Szenarien zu, obwohl MIV-Fahrten durch OD-Fahrten ersetzt werden. Die Zunahme beträgt dabei im Ergänzungsszenario 2,4 %, im Austauschszenario 1,2 %. Die erhoffte Abnahme der Gesamtfahrleistungen durch Bündelung von MIV-Fahrten in OD-Verkehre ist nicht eingetreten. Grund dafür ist die Tatsache, dass die Nutzung der OD-Angebote auch Linienverkehrs-, Fuß- und Radwege ersetzt und so die motorisierte Fahrleistung in Summe zunimmt. Zudem ist der erzielte Besetzungsgrad des OD-Verkehrs gering (mittlerer Besetzungsgrad Ergänzungsszenario: 1,5; mittlerer Besetzungsgrad Austauschszenario: 1,8) und es fallen Leerfahrten an. Eine aus verkehrsplanerischer Sicht sinnvolle Bündelung von Fahrten durch das OD-Angebot und damit eine Reduzierung der Verkehrsmengen kann also in den Szenarien nicht erreicht werden.

Abbildung 3: Gefahrene Kilometer des motorisierten Verkehrs (Hochgerechnet auf 100 %-Stichprobe, eigene Darstellung)

Um die Auswirkungen der Szenarien auf die Verkehrsbelastungen in der Stadt zu untersuchen haben wir die Auslastung des Straßennetzes betrachtet. Abbildung 4 zeigt die Veränderung der Verkehrsmengen (Summe MIV und On-Demand-Verkehr) in der Morgenspitze. Grüne Abschnitte zeigen dabei eine geringe (dünne Linie) oder eine hohe (fette Linie) Reduzierung der Verkehrsmengen in der Spitzenstunde an. Die roten Linien repräsentieren analog eine Zunahme der Verkehrsmengen auf den entsprechenden Abschnitten. Im Ergänzungsszenario erfolgt die Zunahme der Kfz-Fahrleistung sehr flächig im gesamten Netz. Auffällig ist zudem, dass auf fast allen Wohn- und Erschließungsstraßen leichte Zunahmen beobachtbar sind. Ein Grund für die höhere Belastung auf Wohn- und Erschließungsstraßen ist die Tür-zu-Tür-Bedienung. Im Austauschszenario gibt es deutlich mehr Straßenabschnitte, auf denen eine starke Zunahme (mehr als 50 Fahrzeuge pro Stunde) zu beobachten ist (vgl. Abbildung 4). Das betrifft vorwiegend die übergeordneten Hauptverkehrsstraßen. Gleichzeitig werden im Austauschszenario die Wohn- und Erschließungsstraßen weniger stark belastet, da die On-Demand-Shuttles nur an bestehenden Bushaltestellen halten. Dadurch werden Fahrten auf den übergeordneten Straßen gebündelt.

Abbildung 4: Veränderung der Verkehrsmengen in der Morgenspitze (Eigene Darstellung, Grundkarte: OpenStreetMap openstreetmap.org)

Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass in der Morgenspitze beide Szenarien mit einer Zunahme der Verkehrsmengen auf vielen Straßenabschnitten einhergehen. Im Ergänzungsszenario ist diese Zunahme allerding gleichmäßiger über das Stadtgebiet verteilt und betrifft neben übergeordneten Straßen auch Wohn- und Erschließungsstraßen. Nur wenige Straßenabschnitte erfahren eine starke Zunahme der Verkehrsmengen. Im Austauschszenario nehmen die Verkehrsmengen punktuell stärker zu. Hier sind vor allem übergeordnete Straßen betroffen.

5 Fazit

Vor dem Hintergrund der Fahrzeugautomatisierung ermöglichen OD-Verkehre eine völlig neue Organisation des öffentlichen Verkehrs. Die Gestaltung dieser Angebote kann jedoch sehr unterschiedliche Auswirkungen auf das Verkehrsgeschehen haben. Um die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel zu fördern, sind daher ÖPNV-Netze erforderlich, bei denen OD-Verkehre den öffentlichen Verkehr ergänzen, anstatt mit ihm zu konkurrieren. Das Ziel dieser Studie war, solche Organisationsformen für die Integration von OD-Verkehren in den öffentlichen Verkehr zu identifizieren und zu untersuchen. Hierfür haben wir zwei Szenarien entwickelt und die Auswirkungen auf die Verkehrsmittelwahl mit Hilfe von agentenbasierter Verkehrsnachfragesimulationen analysiert. Im Ergänzungsszenario werden Shuttles als Zugangsmittel zum klassischen Linienverkehr eingesetzt. Im Austauschszenario werden alle konventionellen ÖPNV-Linien in der Stadt durch OD-Verkehre ersetzt. Beide Szenarien zeigen eine Verlagerung vom Pkw auf den öffentlichen Verkehr, aber auch eine allgemeine Zunahme des motorisierten Verkehrs. Dies liegt daran, dass die Bereitstellung von OD-Angeboten nicht nur zu einer Verlagerung von Pkw-Fahrten, sondern auch von Fuß-, Rad und klassischen ÖPNV-Fahrten führt. Darüber hinaus zeigt das Ergänzungsszenario, dass die Idee, den ÖPNV als Zubringer zum leistungsfähigen ÖPNV zu nutzen, keine attraktive Alternative für die Nutzenden ist: Zumindest in unserem Fallstudiengebiet Aachen mit seinen allgemein kurzen Entfernungen zwischen Start und Ziel (möglicherweise aufgrund der Anzahl der Umstiege bei einer Reise, die einen ÖPNV-Zubringer einschließt), wählt nur eine relativ kleine Anzahl von Nutzenden diese Option. Die räumliche Verteilung der Verkehrszunahme im Netz unterscheidet sich zwischen den beiden Szenarien - sie hängt hauptsächlich von den Start- und Endpunkten der Shuttles ab (Tür-zu-Tür oder Bushaltestellen). Insgesamt führt das Austauschszenario unter den gegebenen Bedingungen zu einer stärkeren Verlagerung des Verkehrs auf den ÖPNV.

Folgende Faktoren beeinflussen die Ergebnisse und damit die Interpretation der Ergebnisse:

  • Bei der Modal-Choice-Modellierung wurde die Bewertung für die Reisezeiten und -kosten pro Person auf der Grundlage des derzeit verfügbaren Wissens ermittelt. Mögliche Präferenzänderungen, die sich aus einer anderen Bewertung von Wartezeiten und Shuttle-Reisezeiten ergeben, als sie für den öffentlichen Verkehr gelten, konnten mangels empirischer Daten nicht berücksichtigt werden.
  • Der Wert der Wartezeit hat einen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl. Auch hier erwarten wir, dass die Wartezeit auf einen Shuttle an der eigenen Wohnung anders bewertet wird als die Wartezeit an einer Bushaltestelle.
  • Neben den Einstellungen der Szenarien wurden weitere Annahmen in das Modell aufgenommen. Dazu gehören die Routen und Frequenzen der konventionellen ÖPNV-Linien und die Beschränkung auf eine maximale Bedienungsentfernung von 3 km für Shuttles im Ergänzungsszenario.
  • In beiden Szenarien wurden keine zusätzlichen Tarife für die Shuttlenutzung angesetzt. Dies könnte die Verkehrsverlagerung vom Fuß- und Radverkehr zum ÖPNV verstärken.

Unsere Ergebnisse geben einen ersten Einblick in die Wirkungen verschiedener ÖPNV-Netzkonfigurationen mit OD-Verkehren auf die Verkehrsmittelwahl der Nutzer. Unter den betrachteten Bedingungen kommt es zu einer Verkehrsverlagerung vom Pkw zum ÖPNV. Die erhoffte Reduzierung des motorisierten Verkehrs kann jedoch nicht erreicht werden. Die Hauptgründe dafür sind eine geringer Besetzungsgrad und die Anzahl der Leerfahrten. Da die Ergebnisse nur auf zwei Szenarien beruhen, gibt es jedoch weiteres Potenzial zur Optimierung von ÖPNV-Netzen. Insbesondere die Bewertung von Reise- und Wartezeiten sowie die mit den OD-Angeboten verbundenen Kosten müssen weiter erforscht werden, um eine bessere Grundlage für die Modellierung der Effekte zu schaffen. Die Ergebnisse zeigen, dass es für Verkehrsplanung und Verkehrsunternehmen eine Herausforderung ist, OD-Angebote effizient in bestehende ÖPNV-Netze zu integrieren, ohne Fahrten mit dem ÖPNV oder zu Fuß und mit dem Fahrrad zu kannibalisieren. Insbesondere der Tarif könnte ein wichtiger Ansatzpunkt sein, um die Nachfrage nach OD-Fahrten zu steuern.

6 Literatur

[1] L. Cecco, „The Innisfil experiment: the town that replaced public transit with Uber,“ The Guardian, 16. Juli 2019. https://www.theguardian.com/cities/2019/jul/16/the-innisfil-experiment-the-town-that-replaced-public-transit-with-uber (Zugriff am: 6. März 2023).

[2] International Transport Forum, „Urban Mobility System Upgrade: How shared self-driving cars could change city traffic,“ OECD/ITF, 2015. [Online]. Verfügbar unter: https://www.itf-oecd.org/sites/default/files/docs/15cpb_self-drivingcars.pdf

[3] M. Friedrich und M. Hartl, „MEGAFON - Modellergebnisse geteilter autonomer Fahrzeugflotten des oeffentlichen Nahverkehrs,“ Universität Stuttgart, Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Lehrstuhl Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik, 2016. Zugriff am: 13. April 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.isv.uni-stuttgart.de/vuv/publikationen/downloads/MEGAFON_Abschlussbericht_V028_20161212.pdf

[4] S. Oh, R. Seshadri, C. L. Azevedo, N. Kumar, K. Basak und M. Ben-Akiva, „Assessing the impacts of automated mobility-on-demand through agent-based simulation: A study of Singapore,“ Transportation Research Part A: Policy and Practice, Jg. 138, S. 367–388, 2020, doi: 10.1016/j.tra.2020.06.004.

[5] G. Freiberg, L. Bueno, B. Pizzol, D. Escalante und T. Pérez, „Demand Responsive Transit: Understanding Emerging Solutions,“ WRIPUB, 2021, doi: 10.46830/wriwp.20.00061.

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