FGSV-Nr. FGSV C 15
Ort Veitshöchheim
Datum 22.03.2023
Titel Empfehlungen hinsichtlich der Eignungsprüfung von Böden mit organischen Bestandteilen zur Verwendung als Baustoffe im Erdbau
Autoren Dr.-Ing. Emanuel Birle, M. Eng. Anjali Uday
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Organogene Böden oder Böden mit organischen Beimengungen können nach ZTV E-StB 17 im Einvernehmen mit dem Auftraggeber in Schutzwällen oder Dämmen im Straßenunterbau eingesetzt werden. Voraussetzung ist dabei stets, dass die Eignung nachgewiesen wurde. Gerade dies stellt die Baupraxis allerdings vor erhebliche Herausforderungen, da einerseits nur wenige bautechnische Erfahrungen mit diesen speziellen Böden vorliegen und andererseits die relevanten Regelwerke zur Untersuchung dieser Böden für bautechnische Zwecke nicht auf deren besondere Eigenschaften abgestimmt sind. Zur Überprüfung der Anwendbarkeit der für eine erdbautechnische Beurteilung erforderlichen bodenmechanischen Unter-suchungen an Böden mit organischen Beimengungen wurden zum einen Versuche zur Klassifizierung (Wassergehalt, Glühverlust, Korngrößenverteilung, Plastizitätsgrenzen, Korndichte) und zum anderen Untersuchungen zur Verdichtbarkeit, zum Scherverhalten, zum Last-Verformungs-Verhalten und zur Wasserdurchlässigkeit durchgeführt. Für die klassifizierenden Untersuchungen wurden sechs Versuchsböden herangezogen, wobei es sich um vier feinkörnige Böden (Bodengruppe OT nach DIN 18196:2011-05) und zwei gemischtkörnige Böden (Bodengruppe OH nach DIN 18196:2011-05) handelte. Der organische Anteil der sechs Böden (Glühverlust) betrug zwischen ca. 16 % und 30 %. Die weitergehenden bodenmechanischen Untersuchungen wurden an drei Böden, einem feinkörnigen Boden und zwei gemischtkörnigen Böden, durchgeführt. Aufgrund ihres organischen Anteils weisen die untersuchten Böden insbesondere hinsichtlich ihrer Verdichtungseigenschaften, der Scherfestigkeit und des Verformungsverhaltens deutliche Unterschiede zu rein mineralischen Böden auf, was bei der Durchführung der Eignungsuntersuchungen zu berücksichtigen ist. Anhand der durchgeführten experimentellen Untersuchungen werden Besonderheiten bei der Versuchsdurchführung an Böden mit organischen Beimengungen herausgearbeitet und Empfehlungen für Eignungsuntersuchungen gegeben.

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1 Einleitung und Hintergrund

Organogene Böden oder Böden mit organischen Beimengungen sind im straßenbautechnischen Regelwerk (TL BuB E-StB 20) als Erdbaustoff nicht vorgesehen. Fallen sie allerdings als Aushubmaterial lokal innerhalb einer Baumaßnahme an und wurden die Eignung und die Einbaubedingungen gesondert untersucht und bestätigt, können nach ZTV E-StB 17 im Einvernehmen mit dem Auftraggeber Böden der Bodengruppen OU und OT in Schutzwällen oder Dämmen im Straßenunterbau eingesetzt werden. Voraussetzung ist dabei stets, dass die Eignung nachgewiesen wurde. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass Böden der Bodengruppe OH und OK in den ZTV E-StB 17 nicht erwähnt sind, diese aus fachlicher Sicht aber in derselben Weise wie die Böden OU und OT behandelt werden können. Gerade die geforderten Eignungsnachweise stellen die Baupraxis allerdings vor erhebliche Herausforderungen, da einerseits nur wenige bautechnische Erfahrungen mit diesen speziellen Böden vorliegen und andererseits die relevanten Regelwerke zur Untersuchung dieser Böden für bautechnische Zwecke nicht auf deren besondere Eigenschaften abgestimmt sind. Wie sich aus eigenen Erfahrungen und der wissenschaftlichen Literatur ableiten lässt, fehlt es an Vorgaben, die die Anwendung von Böden mit organischen Anteilen präzisieren und somit zur Vergleichbarkeit von Versuchsergebnissen beitragen.

Das übergeordnete Ziel des Forschungsvorhabens war daher die bestehenden Vorgaben der Regelwerke für die Anwendung auf organogene Böden bzw. Böden mit organischen Beimengungen zu überprüfen und gegebenenfalls Hinweise hinsichtlich der Durchführung von Eignungsuntersuchungen an solchen Böden zu geben. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass bei den Eignungsuntersuchungen die Wiederholbarkeit und Repräsentativität der Versuche für erdbautechnische Anwendungen gewährleistet werden muss.

2 Vorgehensweise

Zur Klärung der oben genannten Fragestellungen wurden Laborversuche an ausgewählten Böden mit organischen Beimengungen durchgeführt. Die Laboruntersuchungen erfolgten in zwei Phasen, wobei zunächst Versuche zur Klassifizierung (Wassergehalt, Glühverlust, Korngrößenverteilung, Plastizitätsgrenzen, Korndichte) und in der zweiten Phase zur Verdichtbarkeit, zum Scherverhalten, zum Last-Verformungs-Verhalten und zur Wasserdurchlässigkeit durchgeführt wurden.

Für die klassifizierenden Untersuchungen wurden sechs Versuchsböden herangezogen, wobei es sich um vier feinkörnige Böden (Bodengruppe OT nach DIN 18196) und zwei gemischtkörnige Böden (Bodengruppe OH nach DIN 18196) handelte (siehe Tabelle 1). Der Glühverlust der sechs Böden betrug zwischen 16 % und 30 %. Die weitergehenden boden-mechanischen Untersuchungen wurden an drei der sechs Böden, einem feinkörnigen (KlBu2) und zwei gemischtkörnigen Böden (BoSc und BoGr), durchgeführt.

Tabelle 1: Charakteristische Kenngrößen der untersuchten Böden

Vor der Durchführung der einzelnen Laboruntersuchungen wurden die Böden durch abwechselnd manuelle Mischung und der Verwendung eines Kutters umfangreich homogenisiert.

3 Ergebnisse und Empfehlungen

3.1 Bestimmung des Wassergehalts

3.1.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Die Versuche wurden so konzipiert, dass sowohl der Einfluss der Trocknungstemperatur als auch der Trocknungsdauer auf die Wassergehaltsbestimmung ermittelt werden konnte. In Versuchsreihe I wurden die Proben für 24 Stunden bei 105 °C getrocknet. Bei den Versuchsreihen II und III wurden die Proben bei 105 °C bzw. 60 °C für unterschiedliche Trocknungszeiten von 4 ,8, 16, 24 und 120 Stunden getrocknet.

Für die bei 105 °C getrockneten Proben wurden dabei erwartungsgemäß höhere Wassergehalte als für die bei 60 °C getrockneten Proben bestimmt (siehe Bild 1). Zum Erreichen einer Massenkonstanz bei einer Trocknungstemperatur von 60 °C war dabei eine Mindesttrocknungsdauer von ca. 48 Stunden erforderlich, während für die bei 105 °C getrockneten Proben im Vergleich dazu bereits nach ca. 16 Stunden eine Massenkonstanz erreicht wurde. Fasst man die Erkenntnisse aus der Literatur (insbesondere die gemäß der Vorgehensweise von O’Kelly (2005) durchgeführten Versuche) und den eigenen Versuchen zusammen, ist er-sichtlich, dass das Porenwasser nicht vollständig entfernt wird, wenn die Probe bei niedrigeren Temperaturen als 105° C getrocknet wird (vgl. Bild 1). Gemäß der von O’Kelly (2005) vorgeschlagenen Methode zur Bestimmung der optimalen Trocknungstemperatur, wurde die optimale Trocknungstemperatur für die Böden BoSc, BoGr, NiSt, BoWo und BoFr im Bereich zwischen 105 °C und ca. 115 °C berechnet. Außerdem hat sich gezeigt, dass der Fehler in der Bestimmung des Wassergehaltes bei einer Trocknungstemperatur von 60 °C deutlich größer ist als bei einer Temperatur von 105 °C.

Bild 1: Wassergehalt bestimmt bei 105 °C und 60 °C für verschiedene Trocknungszeiten für die Böden BoSc und BoGr

3.1.2 Folgerungen

Bei einer Trocknungstemperatur von ca. 60 °C ist eine Unterschätzung des Wassergehaltes zu erwarten. Für die Durchführung von bodenmechanischen Laboruntersuchungen im Rahmen von Eignungsprüfungen wird empfohlen, Böden mit organischen Beimengungen bzw. organogene Böden, die einen Glühverlust bis ca. 30 M.-% aufweisen, bei einer Temperatur von 105 °C zu trocknen.

3.2 Bestimmung des Glühverlustes

3.2.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

An den sechs Versuchsböden wurde der organische Anteil anhand des Glühverfahrens, mittels thermogravimetrischer Analysen sowie anhand des TOC bestimmt.

Die Ergebnisse der thermogravimetrischen Analyse zeigen, dass es zwischen ca. 300° C und 350° C bei tonmineralhaltigen Böden zu einer Gewichtsabnahme kommt, die vermutlich auf der Dehydrierung des Zwischenschichtwassers beruht. Darüber hinaus kann bei einer Glühtemperatur von 550° C auch ein Massenverlust infolge der Zersetzung von Calcit auftreten. Dies wurde insbesondere bei den kalkhaltigen Böden NiSt und BoFr beobachtet (siehe Bild 2). Die beiden genannten Prozesse führen zu einer Überschätzung des organischen Anteils anhand des Glühverlustes und begründen u. a. die Unterschiede in den ermittelten Werten für Glühverlust und TOC. So liegt das Verhältnis (TOC/VGl550° C) meist zwischen 0,4 und 0,6.

3.2.2 Folgerungen

Da der organische Anteil einen signifikanten Einfluss auf die bodenmechanischen Eigenschaften hat, wird für Eignungsuntersuchungen die Bestimmung des organischen Anteils sowohl anhand des Glühverlustes als auch des TOC empfohlen. Wie die durchgeführten Untersuchungen gezeigt haben, ist die Umrechnung des Glühverlustes auf den TOC mit Unsicherheiten behaftet.

3.3 Bestimmung der Korngrößenverteilung

3.3.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Die Korngrößenverteilung wurde mittels einer kombinierten Siebung und Sedimentationsanalyse nach DIN EN ISO:17892-4:2017-04 bestimmt. Als Dispergierungsmittel wurde dabei Natriumpyrophosphat in einer Menge von 100 ml verwendet. Nur für den Boden BoWo wurde die Menge aufgrund der starken Aufschäumung auf 25 ml reduziert. Entsprechend den visuellen Beobachtungen konnte durch die Zugabe von Natriumpyrophosphat bei allen Proben eine Klumpenbildung oder Aggregierung verhindert werden.

Bild 2: Glühverlust bestimmt bei Temperaturen zwischen 200 °C und 800 °C für alle Böden

Die Ergebnisse der thermogravimetrischen Analyse zeigen, dass es zwischen ca. 300° C und 350° C bei tonmineralhaltigen Böden zu einer Gewichtsabnahme kommt, die vermutlich auf der Dehydrierung des Zwischenschichtwassers beruht. Darüber hinaus kann bei einer Glühtemperatur von 550° C auch ein Massenverlust infolge der Zersetzung von Calcit auftreten. Dies wurde insbesondere bei den kalkhaltigen Böden NiSt und BoFr beobachtet (siehe Bild 2). Die beiden genannten Prozesse führen zu einer Überschätzung des organischen Anteils anhand des Glühverlustes und begründen u. a. die Unterschiede in den ermittelten Werten für Glühverlust und TOC. So liegt das Verhältnis (TOC/VGl550° C) meist zwischen 0,4 und 0,6.

3.2.2 Folgerungen

Da der organische Anteil einen signifikanten Einfluss auf die bodenmechanischen Eigenschaften hat, wird für Eignungsuntersuchungen die Bestimmung des organischen Anteils sowohl anhand des Glühverlustes als auch des TOC empfohlen. Wie die durchgeführten Untersuchungen gezeigt haben, ist die Umrechnung des Glühverlustes auf den TOC mit Unsicherheiten behaftet.

3.3 Bestimmung der Korngrößenverteilung

3.3.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Die Korngrößenverteilung wurde mittels einer kombinierten Siebung und Sedimentationsanalyse nach DIN EN ISO:178924:201704 bestimmt. Als Dispergierungsmittel wurde dabei Natriumpyrophosphat in einer Menge von 100 ml verwendet. Nur für den Boden BoWo wurde die Menge aufgrund der starken Aufschäumung auf 25 ml reduziert. Entsprechend den visuellen Beobachtungen konnte durch die Zugabe von Natriumpyrophosphat bei allen Proben eine Klumpenbildung oder Aggregierung verhindert werden.

Da die vorhandene organische Substanz zu einer Aggregierung und Dispersion führen kann, wurde der Boden, wie in DIN EN ISO:17892-4:2017-04 empfohlen, mit Wasserstoffperoxid vorbehandelt, um die vorhandene organische Substanz zu entfernen. Die durchgeführten Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass trotz Vorbehandlung der Proben mit Wasserstoffperoxid ein Großteil der organischen Substanz im Boden verbleibt. Die Methode ist dementsprechend nicht bzw. nur bedingt zur Entfernung der organischen Substanz geeignet, was in Übereinstimmung mit den Ergebnissen anderer Forscher (Huang et al., 2009; Schumacher et al., 1990) steht.

Die Kornverteilung wurde zusätzlich mittels Laserbeugungsmethode (LDM) bestimmt. Dabei wurden erhebliche Unterschiede zwischen den Ergebnissen der klassischen Methode (kombinierte Siebung und Sedimentationsanalyse) und der LDM festgestellt (Bild 3), da die beiden Methoden zwei völlig unterschiedliche Korndurchmesser messen und daher ein Vergleich der Ergebnisse wenig sinnvoll ist.

Bild 3: Korngrößenverteilungen: konventionelle kombinierte Sieb- und Sedimentationsanalyse und LDM für die Böden BoSc und BoGr

3.3.2 Folgerungen

Die LDM-Methode stellte sich im Vergleich zur klassischen Siebung und Sedimentationsanalyse für Böden mit organischen Beimengungen als nicht geeignet dar. Da die Siebung und Sedimentationsanalyse in der Bodenmechanik zur Ermittlung der Korngrößenverteilung etabliert und im Regelwerk verankert ist, wird auf Basis der vorliegenden Untersuchungsergebnisse auch für Böden mit organischen Beimengungen, unabhängig ob diese fein- oder gemischtkörnig sind, die Anwendung dieser klassischen Methode empfohlen. Weiter haben die durchgeführten Untersuchungen gezeigt, dass die Vorbehandlung der Proben mit Wasserstoffperoxid zur Entfernung der organischen Substanz bei Böden mit organischen Anteilen im Bereich zwischen 20 M.-% und 30 M.-% nicht geeignet ist.

3.4 Bestimmung der Korndichte

3.4.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Die Korndichte des Bodens hängt von der Zusammensetzung sowohl der mineralischen als auch der organischen Bestandteile ab. Die Korndichte der untersuchten Böden wurde mit Hilfe des Kapillarpyknometers, des Gaspyknometers und des Luftpyknometers bestimmt.

Kapillarpyknometerversuche wurden an feuchten und bei 105 °C getrockneten Proben durchgeführt. Bei den Kapillar- und Luftpyknometertests wurde beobachtet, dass die organische Substanz an der Oberfläche schwamm und die Probe aufschäumte, sobald Wasser zugegeben wurde. Die Ergebnisse der Kapillarpyknometerversuche ergaben in den durchgeführten Untersuchungen höhere Korndichten als die Versuche mit dem Gaspyknometer. Ob die Proben feucht oder trocken im Kapillarpyknometer untersucht werden, hatte dabei keinen systematischen Einfluss auf die Messergebnisse. Die Messungen mit dem Gaspyknometer wiesen die geringsten Streuungen auf.

3.4.2 Folgerungen

Da das Gaspyknometer bei den durchgeführten Untersuchungen die einzige Messung zur Ermittlung der Korndichte ohne besondere Auffälligkeiten in der Versuchsdurchführung war und die Messergebnisse die geringsten Streuungen aufwiesen, wird die Verwendung des Gaspyknometers für die Ermittlung der Korndichte von Böden mit organischen Beimengungen empfohlen. Es ist aber weiterhin ungeklärt, worauf die Unterschiede in den mittels Kapillarpyknometer und Luftpyknometer einerseits und dem Gaspyknometer andererseits bestimmten Korndichten zurückzuführen sind. Hierzu besteht weiterer Forschungsbedarf.

3.5 Bestimmung der Plastizitätsgrenzen

3.5.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Der Wassergehalt an der Fließgrenze wurde mit der Fallkegel- und der Casagrande-Methode bestimmt, wobei der Wassergehalt sowohl schrittweise erhöht als auch verringert wurde. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass unabhängig von der Methode sowohl mit der Casagrande- als auch der Fallkegel-Methode sehr ähnliche Werte für den Wassergehalt an der Fließgren­ze ermittelt wurden. Ob die Versuche mit abnehmendem oder zunehmendem Wassergehalt durchgeführt werden, hatte keinen erkennbaren Einfluss auf die Versuchsergebnisse.

3.5.2 Folgerungen

Im Hinblick auf die Ermittlung der Fließgrenze an Böden mit organischen Beimengungen bzw. organogenen Böden haben sich in den durchgeführten Untersuchungen sowohl das Verfahren nach Casagrande als auch der Fallkegelversuch als geeignet erwiesen.

3.6 Bestimmung der Verdichtungseigenschaften

3.6.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Wie aus vorhergehenden Untersuchungen (u. a. Heyer et al., 2012 und Birle et al., 2013) bekannt, hat die Vorbereitung des Versuchsmaterials (Erhöhung oder Verringerung des Wassergehaltes) bei Böden mit organischen Beimengungen einen Einfluss auf die im Proctorversuch erzielbaren Trockendichten. Um die Unterschiede quantifizieren zu können, wurden an drei Versuchsböden jeweils drei Proctorversuche durchgeführt. Bei der ersten (I) und zweiten Versuchsreihe (II) wurden die Proben dabei entsprechend den Vorgaben der Norm von der trockenen Seite ausgehend auf den gewünschten Wassergehalt gebracht (Trocknung auf 5 – 10 % unter wopt bzw. auf > 20 % unter wopt), während die Proben bei der dritten Versuchsreihe (III) von der nassen Seite der Proctorkurve kommend jeweils auf den Zielwassergehalt getrocknet wurden.

Die stärkere Trocknung bei Versuch II im Rahmen der Probenvorbehandlung auf Wassergehalte, die mindestens 20 % unterhalb des Optimums liegen, führte zu größeren Trockendichten als bei den Versuchsreihen I und III. Beim Verfahren III war kein ausgeprägtes Proctormaximum erkennbar. Die mit dem Verfahren I erreichten Trockendichten lagen in einer ähnlichen Größenordnung wie beim Verfahren III, wobei bei den Versuchsreihen I im Bereich des Verdichtungsoptimums etwas höhere Trockendichten erreicht wurden. Exemplarisch sind dazu die Ergebnisse für den Boden BoSc im Bild 4 dargestellt.

Bild 4: Verdichtungseigen­schaften des Bodens BoSc

3.6.2 Folgerungen

Da Böden mit organischen Beimengungen im natürlichen Zustand in der Regel einen Wassergehalt deutlich oberhalb des optimalen Verdichtungswassergehaltes aufweisen und für erdbautechnische Zwecke so weit getrocknet werden müssen, dass eine Verdichtung mit üblichen Erdbaugeräten möglich ist, erscheint die Versuchsdurchführung gemäß DIN 18127:2012-09 mit vorheriger Trocknung des Materials als nicht sinnvoll. Vielmehr wird für die Durchführung von Eignungsuntersuchungen empfohlen, die Art der Versuchsdurchführung in Abhängigkeit vom natürlichen Wassergehalt festzulegen. Sofern der natürliche Wassergehalt oberhalb des optimalen Verdichtungswassergehaltes liegt, wird die Versuchsdurchführung entsprechend Versuchsart III mit abnehmenden Wassergehalten empfohlen.

3.7 Bestimmung der Scherparameter

3.7.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Zur Ermittlung der Scherparameter der untersuchten Böden wurden Rahmenscherversuche, konsolidierte, dränierte (CD) und konsolidierte, undränierte (CU) Triaxialversuche sowie einaxiale Druckversuche durchgeführt. Zusammenfassend sind die aus Rahmenscher-, CU- und CD-Triaxialversuchen bestimmten Scherparameter in der Tabelle 2 dargestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die aus den Rahmenscherversuchen ermittelten Kohäsionswerte deutlich höher sind als die aus den Triaxialversuchen ermittelten Werte. Außerdem zeigen die Versuche, dass die aus CU-Triaxialversuchen abgeleiteten Reibungswinkel höher sind als die aus CD-Triaxialversuchen bestimmten Werte. Ähnliche Ergebnisse, bei denen die aus CU-Versuchen ermittelten Scherparameter höher waren als die aus CD-Versuchen, wurden von Khattak; Das (1985) erzielt. Sie stellten dabei fest, dass dieser Effekt umso ausgeprägter ist, je höher der Fasergehalt der Proben ist. Die Fasern verleihen der Probe trotz der wirkenden Porenwasserdrücke eine vergleichsweise hohe Scherfestigkeit, was bei der Auswertung der Triaxialversuche unter Anwendung des Prinzips der effektiven Spannungen zu einer Überschätzung der Scherparameter führt. Die vorliegenden Versuchsergebnisse deuten darauf hin, dass dieser, für organische Böden beschriebene Effekt, auch bei Böden mit organischen Bei­mengungen auftreten kann.

Tabelle 2: Zusammenfassung der anhand von Rahmenscher-, CU- und CD-Triaxialversuchen an den Böden BoSc, BoGr und KlBu2 bestimmten Scherparameter

3.7.2 Folgerungen

Zur Bestimmung der effektiven Scherparameter bei Böden mit organischen Beimengungen im Rahmen von Eignungsuntersuchungen wird auf Basis der vorliegenden Ergebnisse die Durchführung von konsolidierten, dränierten Triaxialversuchen empfohlen. Bei undränierten Triaxialversuchen kann es bei Böden mit organischen Beimengungen zu einer Überschätzung des Reibungswinkels kommen. Bei Rahmenscherversuchen kann es aufgrund der vorgegebenen Lage der Scherfuge ebenfalls zu einer Überschätzung der Scherparameter, insbesondere der Kohäsion, kommen.

3.8 Bestimmung des Spannungs-Verformungs-Verhaltens

3.8.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden die Spannungs-Verformungs-Eigenschaften im gesättigten Zustand mit und ohne gleichzeitige Messung des Porenwasserdrucks, im teilgesättigten Zustand in einer herkömmlichen Oedometerzelle und in einer Saugspannungskontrollierten Oedometerzelle nach Birle (2012) untersucht.

Die Kompressionsversuche haben gezeigt, dass Böden mit organischen Beimengungen ein zeitabhängiges Verformungsverhalten aufweisen, welches sich von mineralischen Böden signifikant unterscheidet. Aufgrund der hohen Dichte der Proben nach Herstellung unter Proctorverdichtung und des daraus resultierenden überkonsolidierten Zustandes weisen Böden mit organischen Beimengungen im Kompressionsversuch im gesättigten Zustand nach Bela­stung eine vergleichsweise geringe Entwicklung von Porenwasserüberdrücken und eine kurze Konsolidationsdauer auf. Dies wird anhand der Ergebnisse der Kompressionsversuche deut­lich, bei denen die Proben nur einseitig entwässern konnten, während auf der anderen Probenseite der Porenwasserdruck gemessen wurden. Die im Bild 5 dargestellten Ergebnisse belegen, dass die Porenwasserüberdrücke beim Boden BoSc bereits innerhalb der ersten 10 s nach Lastaufbringung fast vollständig abgeklungen sind. Das zeitabhängige Verformungsverhalten wird dementsprechend vorrangig durch Sekundärsetzungen (Kriechen) beeinflusst, wobei die zeitabhängigen Verformungen im halblogarithmischen Maßstab (wie im Bild 6 dargestellt) einen gekrümmten Verlauf einnehmen und damit nicht mit einem konstanten Kriechbeiwert beschrieben werden können. Ähnliche Ergebnisse zum zeitabhängigen Verhalten von organischen Böden sind in der Literatur u. a. von Dhowian; Edil (1980) beschrieben, die das zeitabhängige Verformungsverhalten aufgrund des beschriebenen starkgekrümmten Verlaufs in Sekundär- und Tertiärsetzungen unterteilen. Analog zu der von Dhowian; Edil beschriebenen Vorgehensweise wurden auch die am Boden BoSc gemessenen Verformungen in Primär-, Sekundär- und Tertiäranteile aufgeteilt (siehe Bild 6).

Bild 5: Zeitliche Entwicklung der Porenwasserüberdrücke und der Axialverformungen bei verschiedenen Laststufen für den Boden BoSc

Bild 6: Zeitabhängiges Verformungsverhalten des Bodens BoSc unter einer Spannung von 400 kPa mit Darstellung der primären (vp), sekundären (vs) und tertiären (vt) Verformungen

Auch das spannungsabhängige Verformungsverhalten weist aufgrund der hohen Dichte im halblogarithmischen Maßstab einen gekrümmten Verlauf auf, was bei der Ermittlung des Kompressionsbeiwertes zu einer Zunahme desselben mit der Spannung führt. In Übereinstimmung mit dem Konzept von Mesri; Castro (1987) bleibt das Verhältnis des Kriechbeiwertes zum Kompressionsbeiwert bei den untersuchten Böden aber näherungsweise konstant.

Bezüglich der Versuchsdurchführung hat sich gezeigt, dass die Versuche im teilgesättigten Zustand, bei denen die Proben nach Einbau nicht wassergesättigt werden, in der Auswertung ein weicheres Verhalten ergeben, da es während der Versuchsdurchführung zu einer Wassergehaltsabnahme der Proben kommt. Infolge der Wassergehaltsabnahme kommt es zu einer Erhöhung der Saugspannungen, die zu einer Volumenreduzierung und damit zu zusätzlichen Setzungen im Kompressionsversuch führen. Wie die Kompressionsversuche mit Kontrolle der Saugspannungen gezeigt haben, können Saugspannungserhöhungen bei Böden mit organischen Beimengungen zu signifikanten Verformungen führen. Im Vergleich zur Volumenreduzierung infolge äußerer Lasten verhalten sich die Proben dabei aber steifer.

3.8.2 Folgerungen

Für die Bestimmung des zeit- und spannungsabhängigen Verformungsverhaltens im Rahmen von Eignungsuntersuchungen wird die Durchführung von klassischen, gesättigten Kompressionsversuchen empfohlen. Da das zeitabhängige Verformungsverhalten nicht mit einem konstanten Kriechbeiwert beschrieben werden kann, sollte das zeitabhängige Verformungsverhalten unter einer Laststufe über einen Mindestzeitraum von 24 h, möglichst jedoch noch länger, beobachtet werden. Bei zu kurzen Versuchszeiträumen besteht die Gefahr, dass aus den Kompressionsversuchen ein zu geringer Kriechbeiwert abgeleitet wird, da der Kriechbeiwert mit zunehmender Zeit zunimmt. Im Hinblick auf die Prognose der Kriechsetzungen von Erdbauwerken aus Böden mit organischen Beimengungen bestehen Unsicherheiten, inwieweit diese mit üblichen Kriechmodellen beschrieben werden können, da das zeitabhängige Verhalten in den Kompressionsversuchen eine Veränderung des Kriechbeiwertes mit der Zeit ergab. Diesbezüglich besteht noch Forschungsbedarf.

Sofern eine Austrocknung der Böden nach Einbau im Feld zu erwarten ist, sind zusätzlich Saugspannungskontrollierte Kompressionsversuche sinnvoll. Da diese jedoch versuchstechnisch sehr aufwändig sind, können ersatzweise Schrumpfversuche zur Ermittlung der Volumenabnahme bei Austrocknung durchgeführt werden.

Zur Untersuchung möglicher Sackungs- bzw. Quellerscheinungen bei Wasserzutritt im Feld können klassische Kompressionsversuche durchgeführt werden, wobei die Proben unter repräsentativen Spannungen gesättigt werden sollten.

3.9 Bestimmung der Durchlässigkeit

3.9.1 Vorgehensweise und Ergebnisse

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden Durchlässigkeitsversuche in Druckzellen, das heißt ohne feste Umrandung, durchgeführt, wobei die Differenz zwischen dem Zelldruck und dem Porenwasserdruck variiert wurde. Die Versuchsergebnisse aus Bild 7 zeigen, dass diese Differenz zu einer Konsolidation der Proben führt und erwartungsgemäß mit zunehmender Konsolidationsspannung die Wasserdurchlässigkeit infolge der Kompression der Probe abnimmt. Der Zusammenhang zwischen dem Durchlässigkeitsbeiwert k und der Konsolidationsspannung stellt sich dabei qualitativ ähnlich wie der Zusammenhang zwischen der Porenzahl und der Konsolidationsspannung dar.

Bild 7: Abhängigkeit der Wasserdurchlässigkeit von der Konsolidie­rungsspannung für die Böden BoSc, BoGr und KlBu2

3.9.2 Folgerung

Bei der Ermittlung des Durchlässigkeitsbeiwertes von Böden mit organischen Beimengungen im Rahmen von Eignungsuntersuchungen ist die Spannungsabhängigkeit des Durchlässigkeitsbeiwertes zu beachten. Die Konsolidationsspannung der Proben in Druckzellen (das heißt die Differenz zwischen dem Zelldruck und dem Porenwasserdruck) sollte entsprechend den im Feld vorliegenden bzw. zu erwartenden Spannungen gewählt werden.

4 Ausblick

Die durchgeführten Untersuchungen belegen, dass der organische Anteil in mineralischen Böden im untersuchten Bereich von 20 M.-% bis 30 M.-% einen signifikanten Einfluss auf die bodenmechanischen bzw. erdbautechnischen Eigenschaften hat und die Eignungsuntersuchungen diesbezüglich entsprechend ausgerichtet sein sollten. Noch nicht geklärt werden konnte in den durchgeführten Untersuchungen, inwieweit und unter welchen Verhältnissen die organische Substanz nach Einbau in Erdbauwerken zersetzt wird und welche Auswirkungen dies auf das Verformungsverhalten der Bauwerke hat. Dazu wären weitergehende Untersuchungen, die gegebenenfalls über entsprechend lange Zeiträume ausgerichtet sein sollten, erforderlich.

Literaturverzeichnis

Birle, E. (2012): Geohydraulische Eigenschaften verdichteter Tone unter besonderer Berücksichtigung des ungesättigten Zustandes, Dissertation, Lehrstuhl und Prüfamt für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau, Heft 51, München 2012

Birle, E.; Heyer, D.; Baumgärtel, T. (2013): Erdbautechnische Eigenschaften organogener Böden der Münchner Schotterebene, Beitrag zur Fachtagung Geotechnik und Umwelt, HTW Dresden am 21. 11. 2013

Dhowian, A.; Edil, T. (1980): Consolidation behaviour of Peats, ASTM Geotechnical Testing Journal, Vol 3(3), S. 105-114

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Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2020): Technische Lieferbedingungen für Bodenmaterialien und Baustoffe für den Erdbau im Straßenbau (TL BuB E-StB 20), Ausgabe 2020, Köln (FGSV 597)

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Huang, P.; Patel, M.; Santagata, M.; Bobet, A. (2009): Classification of organic soils, Joint Transportation Research Program, FHWA/IN/JTRP-2008/2

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Mesri, G.; Castro, A. (1987): C/Cc concept and K0 during secondary compression, Journal of Geotechnical Engineering, 113(3), S. 230-247

O’Kelly, B. (2005): New method to determine true water content of organic soil, Geotechnical testing journal, Vol 28, No 4

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