FGSV-Nr. FGSV 002/106
Ort Stuttgart
Datum 02.04.2014
Titel Methoden zur Wirkungsermittlung und Potenzialanalyse von öffentlichen Fahrradverleihsystemen
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Markus Friedrich, Dipl.-Ing. Benjamin Rabenstein, Dipl.-Ing. Thomas Wehmeier
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Öffentliche Fahrradverleihsysteme im Selbstbedienungsbetrieb sind in Deutschland in den Verkehrskonzepten vieler Kommunen zu finden. Dabei werden stets die zu erwartenden positiven verkehrlichen und umweltbezogenen Wirkungen unter anderem als Begründung für die notwendige (Anschub-) Finanzierung angegeben. Der Beitrag erläutert Methoden zur Ermittlung der Wirkungen und Potenziale von Fahrradverleihsystemen. Dazu werden Daten aus den Buchungssystemen, aus Befragungen an Stationen und aus Wegetagebüchern einer Haushaltsbefragung ausgewertet.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung und Hintergrund

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hat im Sommer 2009 den deutschlandweiten Kommunalwettbewerb „Innovative Öffentliche Fahrradverleihsysteme – Neue Mobilität in Städten“ durchgeführt. Die Gewinner dieses Wettbewerbes wurden beim Aufbau ihres öffentlichen Fahrradverleihsystems (FVS) gefördert. Die Einführung dieser FVS wurde durch ein Evaluationsprogramm begleitet. Für eine solche Evaluation lagen bisher keine Konzepte vor, sodass diese neu entwickelt werden mussten. Die Grundstruktur zur Evaluation wurde vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und vom BMVBS vorgegeben und orientierte sich an den FGSV-Hinweisen zur Evaluation verkehrsbezogener Maßnahmen (FGSV [1]). Dabei wurden sowohl der Prozess der Einführung der FVS als auch die Wirkungen der FVS evaluiert. Das detaillierte Evaluationskonzept wurde im Auftrag des BBSR von der Forschungsassistenz dem Wuppertal Institut erarbeitet (BEUERMANN, C., et al. [5]), die Erhebungsinstrumente von der Universität Stuttgart und dem Statistischen Amt der Stadt Stuttgart. Die verwendeten Methoden und Ergebnisse sollten dabei auf andere Kommunen übertragbar sein und in der Fachwelt allgemeine Anerkennung finden. Eine akzeptierte und fundierte Methodik zur Quantifizierung der Wirkungen und der Potenziale von FVS wäre für viele Kommunen eine wichtige Hilfe bei Investitionsentscheidungen in Verbindung mit FVS. Denn in den Markt der Fahrradverleihsysteme ist auch in Deutschland in den letzten Jahren einige Bewegung gekommen (vgl. MONHEIM, H., et al. [3]).

Die Evaluation sollte einerseits helfen, die Maßnahmen möglichst gut umzusetzen und auf die Zielgruppen zuzuschneiden. Darüber hinaus sollen insbesondere andere Städte und Regionen aus den gesammelten Erfahrungen lernen und somit weitere Planungen sowie den Mitteleinsatz optimieren können. Die Evaluierung wurde bereits sehr frühzeitig begonnen und konnte entsprechend der FGSV-Hinweise den Planungs- und Umsetzungsprozess begleiten. Dabei fokussierte die Prozessevaluation auf die Mittel und Abläufe, durch die die Maßnahmen ihre Zielgruppe(n) erreichten. Wesentliche Bestandteile waren hierbei Interviews mit den diversen Akteuren, z. B. bezüglich Arbeitsweisen, Erfahrungen, Wahrnehmungen und Beurteilung bei der Maßnahmenimplementierung.

Die Wirkungsevaluation zieht eine Bilanz der Maßnahmenumsetzung hinsichtlich der Wirkungen und bewertet diese. Da aufgrund der Projektauswahl im Wettbewerbsverfahren keine randomisierten Kontrollgruppen vergleichend herangezogen werden konnten, wurden, um möglichst Nettowirkungen (Veränderungen, welche allein aufgrund der Maßnahme eingetreten sind) zu ermitteln, Vergleichsgruppen herangezogen (Befragung von Nutzern der FVS und der Bevölkerung im Untersuchungsgebiete der FVS) und durch eine Kontextbeobachtung versucht, externe Störfaktoren abzugrenzen.

Durch die Kontextbeobachtung sollte insbesondere überprüft werden, welchen Einfluss die Rahmenbedingungen haben und ob die ermittelten Wirkungen verzerrenden Einflüssen ausgesetzt waren (z. B. politisches Umfeld, Verwaltungsstrukturen, soziale/wirtschaftliche Entwicklung, öffentliche Meinung, Medien, kommunales Profil (Stadtstrukturen (u.a. Einwohner-, Arbeitsmarktstruktur, Flächenindikatoren), Verkehrssysteme (u.a. ÖV-Angebote, -struktur, -nutzung), Topographie, Wetterdaten).

Die vorliegende Analyse konzentriert sich im Wesentlichen auf die Wirkungsevaluation. Aus verkehrsplanerischer Sicht sind im Hinblick auf die Auswirkungen der Einführung der FVS folgende Fragen von Interesse (siehe Kapitel 2 Forschungsfragen): Wer nutzt die FVS? Wo, wann, wie lange und für welche Wegezwecke werden sie genutzt? Welches Verkehrsmittel wird durch die Nutzung des FVS substituiert? Zur Klärung dieser Fragen wurden zum einen die Nutzungsdaten aus dem Buchungssystem der FVS analysiert, zum anderen wurden Befragungen an den Stationen und in Haushalten durchgeführt (siehe Kapitel 3 Datenquellen und Datenaufbereitung). Auf eine kurze Beschreibung der FVS (siehe Kapitel 4 Beschreibung der FVS) folgt die Wirkungsermittlung, in der Antworten auf einige dieser Fragen gefunden werden konnten. Diese werden an Hand exemplarischer Ergebnisse vorgestellt (siehe Kapitel 5 Wirkungsermittlung). Die Potenzialanalyse baut auf die Datenanalysen und Ergebnisse der Wirkungsermittlung auf. Es werden erste beispielhafte Ergebnisse der Potenzialanalyse vorgestellt und die geplante weitere Vorgehensweise aufgezeigt (siehe Kapitel 6 Potenzialanalyse). Den Abschluss bildet ein Fazit.

Die vorgestellten Ergebnisse wurden im Rahmen der folgenden beiden Projekte erarbeitet:

1.  „ExWoSt-Modellvorhaben Öffentliche Fahrradverleihsysteme - innovative Mobilität in Städten“. Das Projekt wurde vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumforschung (BBR) gefördert.

2.  „Forschungsassistenz und Überlokale Evaluation für den Modellversuch Innovative öffentliche Fahrradverleihsysteme – Neue Mobilität in Städten für die zweite Evaluationsphase 2012 / 2013“, das im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) vom BMVBS gefördert wird.

2 Forschungsfragen

Um die Wirkungen der FVS beurteilen zu können, müssen u.a. folgende Forschungsfragen beantwortet werden:

1.    Verkehrliche Wirkungen: Wie wirkt das FVS auf den Verkehr in den Untersuchungsgebieten? In welchem Umfang kommt es zu Verlagerungen bei den Verkehrsmitteln?

2.    Mobilitätsbezogene Wirkungen: Wie wirkt das FVS auf das Mobilitätsverhalten der Nutzer? Für welche Wege und wie häufig wird das FVS genutzt?

3.    Welche Potenziale bieten FVS im Hinblick auf die genannten Wirkungen in Deutschland?

Das Hauptaugenmerk liegt im Weiteren auf die verkehrlichen und mobilitätsbezogenen Wirkungen bzw. Potenzialen.

3 Datengrundlagen und Datenaufbereitung

3.1 Untersuchungsgebiete und Datenverfügbarkeit

In der Wirkungsevaluation konnten die Daten der FVS Konrad in Kassel, MVGmeinRad in Mainz, NorisBike in Nürnberg, metropolradruhr im Ruhrgebiet und Call a Bike in Stuttgart ausgewertet werden. Tabelle 1 zeigt die Datenverfügbarkeit bzw. den Befragungszeitpunkt und die Anzahl der Befragten für die unterschiedlichen Datenquellen und Untersuchungsgebiete.

Tabelle 1: Datenverfügbarkeit in den Untersuchungsgebieten, Stand September 2013

3.2 Nutzungsdaten

Die Nutzungsdaten wurden aus den Buchungssystemen der Betreiber der FVS gewonnen. Diese beinhalten für jeden einzelnen Ausleihvorgang die folgenden Angaben:

•    anonymisierte Nutzerkennung

•    Fahrradkennung

•    Ausleihstation

•    Rückgabestation

•    Ausleihzeit

•    Rückgabezeit

•    Tarifkennung

•    Kosten für die Nutzung

Um aus den vorliegenden Datensätzen die Anzahl der Fahrten, die mit dem FVS zurückgelegten Kilometer und die Ausleihdauer zu ermitteln, werden die Daten aufbereitet. Dabei werden z. B. unplausible Datensätze aus der weiteren Auswertung genommen sowie die Fahrtweiten aus den Geokoordinaten der Stationen und einem mittleren Umwegfaktor berechnet. Außerdem werden einzelne Datensätze mit fehlenden Angaben durch Mittelwerte aus den vollständigen Datensätzen ergänzt.

3.3 Stationsbefragungsdaten

Bei der Nutzerbefragung an FVS Stationen (Stationsbefragung) werden die Nutzer des FVS nach der Abgabe des Rads mit einem Fragebogen interviewt. Zusätzlich wurden in einigen Untersuchungsgebieten Fragebögen an Rädern deponiert, sodass die FVS Nutzer diese selbst ausfüllen und zurücksenden oder die Daten im Internet eingeben konnten. In dieser Befragung werden die Eigenschaften des aktuellen einzelnen Weges mit dem FVS erfasst, z. B. das substituierte Verkehrsmittel sowie die Zu- und Abgangsverkehrsmittel:

Orte

•    Ausleihstation (eindeutige Nummer)

•    Rückgabestation (eindeutige Nummer)

•    Quelle: Startadresse des Weges

•    Ziel: Adresse des Zieles und aller eventuellen Zwischenziele (maximal fünf)

•    Wohnort: Ort, Postleitzahl und ÖV Haltestelle

Wegezweck

•    Art der Aktivität am Quell- und Zielort

Verkehrsmittel

•    Hauptverkehrsmittel zwischen der Quelle und dem letzten Ziel

•    Hauptverkehrsmittel im Vor- und Nachlauf

Verhalten ohne FVS

Was hätte die Person gemacht, wenn es keine FVS gäbe?

•    andere Verkehrsmittel

•    andere Wegekette

Nutzung des FVS

•    Erfolgte die Nutzung des FVS spontan oder geplant?

•    Wie lang wurde das Rad ausgeliehen?

Eigenschaften der Person

•    Altersgruppe

•    Pkw- und Rad-Verfügbarkeit

•    ÖV-Zeitkartenverfügbarkeit

•    Nutzungshäufigkeit FVS

Die Interviews werden als erstes plausibilisiert. Anschließend wird die Fahrtweite mit dem FVS ermittelt, dazu werden wie bei den Nutzungsdaten die Geokoordinaten der Stationen sowie ein mittlerer Umwegfaktor verwendet. Allerdings können bei dieser Datenquelle auch die Zwischenhalte in die Berechnung mit einbezogen werden. Insgesamt konnten im Jahr 2013 in allen Untersuchungsgebieten 2.000 Personen an den Verleihstationen befragt werden.

3.4 Haushaltsbefragungsdaten

Die Haushaltsbefragung umfasst Fragen zum Haushalt und den Personen sowie spezielle Fragen für Nutzer bzw. Nichtnutzer des FVS. Außerdem wird das Mobilitätsverhalten mit einem Wegetagebuch über eine Woche erfasst. Die Befragung wurde im Sommer und Herbst 2011 durchgeführt. Die Nutzerbefragungen in Kassel und Mainz erfolgten im Frühjahr 2013. Dabei wurden zwei Stichproben unterschieden: Haushalte der Nutzer der FVS (Nutzerstichprobe) und zum Vergleich zufällig aus der Bevölkerung ausgewählte Haushalte (Bevölkerungsstichprobe). Die Datenerfassung in den ausgewählten Haushalten erfolgte wahlweise mittels CATI (Computer Assisted Telephone Interview) oder CAWI (Computer Assisted Web Interview). Dabei wurden die Daten aller Personen des Haushalts erfasst, die älter als 10 Jahre waren. Die Grundgesamtheit der Bevölkerungsstichprobe stellen alle Einwohner über 10 Jahre im jeweiligen Untersuchungsgebiet dar. Aus dieser Grundgesamtheit wurde eine Stichprobe mit Hilfe computergenerierter Telefonnummern gezogen. Die Kontaktdaten der Nutzer wurden durch die Betreiber der FVS zur Verfügung gestellt. Sowohl die Bevölkerungsstichprobe als auch die Nutzerstichprobe umfassen ausschließlich Haushalte in den Städten.

Die Inhalte der Erhebung lassen sich in fünf Gruppen unterteilen:

Fragen zum Haushalt:

•    Adresse

•    Zahl und Alter der Personen

•    verfügbare Fahrzeuge

•    Entfernung zur ÖV Haltestelle

Fragen zur Person:

•    Geschlecht und Alter

•    Tätigkeit

•    Führerscheinbesitz

•    ÖV-Zeitkartenbesitz

•    Bewertung der Verkehrsbedingungen im ÖV und im Radverkehr

Fragen zum Mobilitätsverhalten (Wegetagebuch über eine Woche):

•    Startzeit und Startadresse

•    Wegezweck

•    genutzte Verkehrsmittel

•    Ankunftszeit und Zieladresse

Spezielle Fragen für die Nichtnutzer des FVS:

•    Kenntnis des FVS

•    Gründe für die Nichtnutzung des FVS

Spezielle Fragen für die Nutzer des FVS:

•    Nutzungshäufigkeit des FVS

•    Zufriedenheit mit dem FVS

Die Datengrundlage umfasst Daten zu den Haushalten, den Personen und den Wegen des jeweiligen FVS. In den Haushalten der Nutzer kann es auch Personen geben, die das FVS nicht nutzen, sowie es in den Haushalten der Bevölkerungsstichprobe Personen gibt, die das FVS nutzten. Um eine reine Nutzerstichprobe zu erhalten, wird die Nutzerstichprobe um die Personen die das Fahrradverleihsystem nicht nutzen bereinigt. Für Call a Bike Stuttgart konnten nur 13 Nutzer befragt werden, deshalb sind hier keine statistisch abgesicherten Auswertungen möglich und die Daten der Haushaltsbefragung in Stuttgart werden im Weiteren nicht dargestellt.

Die Daten wurden plausibilisiert und aufbereitet. Zur Festlegung von Hauptverkehrsmittel wurde, da hier der komplette Weg inklusive Vor- und Nachlauf betrachtet wurde und öffentliche Fahrräder möglicherweise häufig in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln genutzt werden, folgende Verkehrsmittelhierarchie verwendet: FVS > Rad > ÖV > Pkw-Fahrer > Pkw-Mitfahrer, Motorrad > Taxi > Fuß > Sonstigen. Anders als bei Mobilität in Deutschland MiD (FOLLMER, R., et al. [2]) üblich wird also nicht dem ÖV, sondern dem Rad die höchste Hierarchiestufe zugeordnet.

3.5 Wetterdaten

Im Rahmen des Kontextmonitorings wurden auch die Witterungsverhältnisse in den Untersuchungsgebieten betrachtet. Die Wetterdaten wurden vom Deutschen Wetterdienst DWD bezogen. Es wurde für jedes FVS eine repräsentative Wetterstation ausgewählt und die Daten jeweils für das gesamte Untersuchungsgebiet herangezogen. Die Auswertung der Wetterdaten erfolgte auf der Basis von Tageswerten.

4 Beschreibung der Fahrradverleihsysteme

Mit Ausnahme von Call a Bike Stuttgart sind die hier betrachteten FVS noch relativ neu am Markt und keine lang etablierten Systeme. Dies ist bei der Interpretation der Daten zu berücksichtigen. Bei metropolradruhr im Ruhrgebiet ist außerdem die Besonderheit zu beachten, dass es sich um ein FVS mit regionalem Ansatz handelt, das sich aus 10 Städten zusammensetzt. Allerdings erfolgen bisher über die Hälfte der Ausleihen in den Städten Dortmund und Essen. In Tabelle 2 sind Basisdaten der FVS sowie ausgewählte Kenngrößen der Qualität und der Analyse der Stationsnetze zusammengestellt. Diese Angaben beschreiben den Stand im September 2013 nach vollständigem Aufbau der FVS.

Tabelle 2: Basisdaten der FVS und ausgewählte Kenngrößen der Qualität und des Stationsnetzes, Stand September 2013

Die Bewertung der Qualität der Räder und des Ausleihvorgangs wurden durch Testnutzungen ermittelt. Die Kenngrößen zum Stationsnetzt wurden mit einem GIS-Modell bestimmt. Bild 1 zeigt das GIS-Modell für das FVS Konrad in Kassel, die grau hinterlegte Fläche stellt grob das Stadtgebiet dar. Zur Ermittlung der Stationsdichte wurde die rot hinterlegte Fläche, die als Bedienungsgebiet bezeichnet werden kann, herangezogen. Die Stationsabstände werden über eine Delauny-Triangulation bestimmt. Diese sind in Bild 1 durch die schwarzen Linien zwischen den FVS-Stationen dargestellt. Als Maß der Entfernung der Wohnorte der Nutzerstichprobe und der Bevölkerungsstichprobe von der jeweiligen nächsten FVS-Station wurde der Median an Hand der Koordinaten der Wohnorte und der FVS-Stationen aus den Haushaltsbefragungsdaten ermittelt.

Bild 1: Analyse des Stationsnetzes und der Lage der Wohnorte der Bevölkerung und der Nutzer des FVS für Konrad in Kassel, Stand September 2013

5 Wirkungsermittlung

Eine wichtige Wirkungsebene stellen die verlagerten Personenkilometer dar. Die für die Berechnung erforderlichen Eingangsdaten der Verkehrsnachfrage kommen aus der Stationsbefragung und aus den Nutzungsdaten der FVS. Die durch die Nutzung der FVS substituierten Verkehrsmittel werden bei der Stationsbefragung bestimmt. Die nachstehenden Formel zeigen vereinfacht die Berechnungsschritte (ohne Berücksichtigung der Verlagerung auf den ÖV bei einem Weg mit ÖV und FVS):

Formel siehe PDF.

5.1 Nutzungszahlen und Wettereinfluss

Ziel der Auswertung der Nutzungsdaten ist es die Grundgesamtheit aller Fahrten mit dem FVS zu erfassen. Mit diesen Daten sollen folgende Fragen geklärt werden:

•    Wie verteilen Sich die Fahrten mit FVS über die Zeit (Tages-, Wochen- und Jahrgang)?

•    Wie viele Fahrten werden mit dem FVS durchgeführt und wie viele Kilometer werden dabei zurückgelegt?

•    Von welchen externen Faktoren, z. B. Wetter, ist die Nutzungshäufigkeit abhängig?

Die Anzahl der Ausleihen pro Rad ist ein wichtiger Erfolgsindikator (siehe OBIS [4]). In Tabelle 3 sind Kennwerte für die Ausleihvorgänge, Personenkilometer und Ausleihstunden pro Rad und Tag einmal für den besten Monat (Monat mit der höchsten Nachfrage) und einmal für einen durchschnittlichen Monat des FVS dargestellt.

Zur Einordnung der Kennwerte können Daten aus dem OBIS Projekt herangezogen werden. Im OBIS Projekt wurden Ausleihvorgänge in 23 europäischen Städten über ein komplettes Jahr erfasst.

•    große Städte (mehr als 500.000 Einwohner (EW)): durchschnittlich 1,27 Ausleihen pro Rad und Tag.

•    mittlere Städte (100.000 bis 500.000 EW): durchschnittlich 1,04 Ausleihen pro Rad und Tag.

•    kleinen Städte (20.000 bis 100.000 EW): durchschnittlich 0,64 Ausleihen pro Rad und Tag.

Alle hier betrachteten Städte sind mittlere Städte mit Ausnahme von Stuttgart sowie Dortmund und Essen im Ruhrgebiet, die in die Gruppe der großen Städte einzuordnen sind. Auf der Datengrundlage der Jahren 2012 und 2013 liegt Konrad in Kassel somit nach den OBIS Werten im europäischen Durchschnitt (siehe Tabelle 3). Bei den anderen hier untersuchten FVS liegen die durchschnittlichen Ausleihzahlen pro Rad und Tag noch unter den jeweiligen in OBIS ermittelten Durchschnittswerten, was nach derzeitigem Kenntnisstand auf mehrere Ursachen zurückzuführen ist. Zum Einen waren die Systeme erst zum Ende des Untersuchungszeitraums nahezu vollständig aufgebaut und in Betrieb, was bei Zugrundelegung der Gesamtanzahl Räder die durchschnittlichen Ausleihen pro Rad und Tag niedrig erscheinen lässt. Zum Anderen wurden bisher nur sehr eingeschränkte Marketingmaßnahmen ergriffen.

Tabelle 3: Monatliche Kennwerte der FVS pro Rad und Tag ( Daten aus den Jahren 2012 und 2013)

Als ein möglicher externer Faktor, der die Nutzungshäufigkeit beeinflusst, wurde für Call a Bike Stuttgart das Wetter in Zusammenhang mit der Anzahl Fahrten pro Tag analysiert. Bild 2 zeigt die Anzahl Ausleihvorgänge pro Tag über der Lufttemperatur aufgetragen. Die lineare Regression ergibt für den Zusammenhang von Lufttemperatur und Anzahl Ausleihvorgänge ein Bestimmtheitsmaß von 0,71, d.h. 71 % der Variation der Anzahl Ausleihvorgänge erklärt sich durch den Einfluss der Lufttemperatur. Die Regressionsgerade zeigt auf, dass bei 0°Celsius im Mittel 77 Ausleihvorhänge zu erwarten sind. Jedes zusätzliche Grad erhöht die Anzahl Ausleihvorgänge um 14. Erweitert man die Regression um die Kenngrößen Bedeckungsgrad und Niederschlagshöhe als erklärende Variable, dann erhöht sich das Bestimmtheitsmaß auf 0,78. An Tagen mit Niederschlag wurden in Stuttgart durchschnittlich 200 Fahrräder ausgeliehen, an Tagen ohne Niederschlag waren durchschnittlich 270 Ausleihen zu verzeichnen.

Bild 2: Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur und der Anzahl Ausleihvorgänge bei einer linearen Regression. Dargestellt sind Tageswerte im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.07.2011 für Call a Bike Stuttgart

5.2 Verkehrsmittel im Vor- und Nachlauf und ersetzte Verkehrsmittel

Ziel der Auswertung der Stationsbefragung ist es, die Eigenschaften der Ortsveränderungen zu erfassen, die die Nutzer mit den Fahrrädern der FVS durchführen. Mit diesen Daten sollen folgende Fragen geklärt werden:

•    Welches Verkehrsmittel hätte der Nutzer gewählt, wenn es kein FVS gäbe?

•    In welchem Umfang kommt es durch die Nutzung der FVS zu Verlagerungen zwischen den Verkehrsmitteln?

•    Für welche Fahrtzwecke wird das FVS verwendet?

•    Mit welchen Verkehrsmitteln im Vor- und Nachlauf wird die FVS Nutzung kombiniert?

In Bild 3 sind die Verkehrsmittelanteile nach Personenkilometer im Vor- und Nachlauf der FVS Nutzung für die einzelnen FVS dargestellt. Auffallend sind die starken Unterschiede bei den Verkehrsmittelanteilen im Vor- und Nachlauf zwischen den verschiedenen FVS. Eine Erklärung könnten die unterschiedlichen Stationsdichten und die Wohnorte der Nutzer sein. Je dichter das Stationsnetz, bzw. je näher die Nutzer an den Stationen wohnen, um so mehr wird nur das Verkehrsmittel Fuß im Vor- und Nachlauf genutzt, da insbesondere kurze Wege mit dem FVS an vielen Stellen in der Stadt beginnen und enden können (siehe Tabelle 2).

Bild 3: Verkehrsmittel im Vor- und Nachlauf – Anteile nach Personenkilometern

In Bild 4 wird dargestellt zu welchen Anteilen die FVS andere Verkehrsmittel auf regelmäßigen Wegen ersetzen. Als regelmäßige Wege werden mindestens einmal im Monat zurückgelegte Wege verstanden. Es lässt sich erkennen, dass die Befragten für den größten Teil der regelmäßigen Wege (52 % bis 71 %) öffentliche Verkehrsmittel gewählt hätten, wenn es die FVS nicht gegeben hätte. Der Anteil der Wege, die ohne FVS mit dem Pkw als Selbstfahrer zurückgelegt worden wäre, schwankt in den Untersuchungsgebieten zwischen 2 % und 11 %. Dabei sind einschränkend jedoch einige Aspekte zu berücksichtigen: Aufgrund der noch sehr kurzen Laufzeit der FVS haben wahrscheinlich insbesondere Pkw-Nutzer noch nicht die FVS erprobt und schätzen gelernt. Die Hauptnutzergruppe der FVS besteht noch aus besonders ÖV-affinen Verkehrsteilnehmern, die auch eine geringere Pkw- Verfügbarkeit haben. Unter diesen Bevölkerungsgruppen sind besonders die Studierenden zu nennen, denen in einigen Untersuchungsgebieten besondere Verleihkonditionen im Rahmen der Semestertickets eingeräumt wurden. Teilweise war die Verlagerung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf das FVS sogar ein explizites Ziel, da einige ÖV-Linien in Universitätsvierteln stark überlastet waren.

Bild 4: Durch die FVS ersetzte Verkehrsmittel auf regelmäßigen Wegen

5.3 Mobilitätsverhalten der FVS Nutzer und der Bevölkerung

Ziel bei der Auswertung der Haushaltsbefragung ist es, Informationen über das Mobilitätsverhalten und die Einstellungen der Bevölkerung in den Untersuchungsgebieten zu bekommen. Dazu werden die beiden Stichproben verglichen:

•    Nutzerstichprobe: Personen, die das jeweilige FVS nutzten (Nutzer).

•    Bevölkerungsstichprobe: Einwohner der jeweiligen Städte (Bevölkerung).

Mit den Daten der Haushaltsbefragung sollen folgende Fragen geklärt werden:

•    Unterscheiden sich das Mobilitätsverhalten und die Einstellungen der Nutzer und der Bevölkerung?

•    Worauf lassen sich die Unterschiede zurückführen?

•    Wie hoch sind die Verkehrsmittelanteile in den Untersuchungsgebieten?

•    Wie sieht die Fahrtweitenverteilung in den Untersuchungsgebieten aus?

Als Auswertungsbeispiel der Wegetagebuchdaten zeigt Bild 5, dass sich die tägliche Verkehrsleistung der Befragten aus der Bevölkerungsstichprobe und der Nutzern unterscheiden. Die Unterschiede fallen bei metropolradruhr deutlicher aus wie bei den anderen FVS. Es ist erkennbar, dass die Nutzer trotz verstärkter Nutzung des Umweltverbunds, auch den Pkw nutzen und insgesamt größere Entfernungen zurücklegen. Nur in Kassel sind die Nutzer vor allem mit dem Pkw weniger weit unterwegs, was durch den hohen Anteil an studentischen Nutzern (rund 50 %) erklärbar ist, die eine geringere Pkw-Verfügbarkeit haben.

Bild 5: Personenkilometer pro Tag von Befragten der Bevölkerungsstichprobe und Nutzern differenziert nach Verkehrsmittel

5.4 Zusammengefasste Wirkungen und Eigenschaften der Nutzer der FVS

Die wesentlichen Ergebnisse der Wirkungsanalyse für städtische FVS sind folgende:

•    Die Ausleihvorgänge pro Rad und Tag schwanken stark zwischen den verschiedenen FVS und liegen insgesamt (noch) unter den europäischen Vergleichswerten aus OBIS [4].

Die maximalen monatlichen Durchschnittswerte liegen bei knapp 2,4 Ausleihvorgängen pro Rad und Tag.

•    Das Wetter (Temperatur und Niederschlag) beeinflusst die Zahl der Ausleihvorgänge deutlich. Es gibt aber auch Radler, die bei schlechtem Wetter regelmäßig unterwegs sind.

•    Es gibt zwei vorrangige Nutzergruppen der FVS: Erwerbstätige zwischen 20 und 49 Jahren und Studenten. Der typische erwerbstätige Nutzer der FVS verfügt über ein etwas höheres Haushaltseinkommen als die durchschnittliche Bevölkerung. Der typische studentische Nutzer ist entsprechend etwas jünger. Verglichen mit Personen seiner Altersgruppe ist der typische Nutzer mobiler, d.h. er führt mehr Wege durch, verwendet dafür mehr Zeit und legt längere Entfernungen zurück. Auch wenn er die Verkehrsmittel des Umweltverbundes präferiert, nutzt er dennoch regelmäßig den Pkw.

•    Der typische Nutzer wohnt verglichen mit der durchschnittlichen Bevölkerung näher am Stadtzentrum und damit näher an den Stationen.

•    Nutzer des FVS haben eine höhere Affinität zum Rad und zum öffentlichen Verkehr als die durchschnittliche Bevölkerung. Sie besitzen etwa doppelt so häufig eine Zeitkarte wie die durchschnittliche Bevölkerung.

•    Auch wenn die Zahl der registrierten Nutzer hoch ist, werden die FVS nur von einer relativ kleinen Gruppe von Nutzern regelmäßig benutzt. So entfallen rund 2/3 der Ausleihvorgänge auf rund 1/6 der Nutzer, die das FVS regelmäßig nutzen.

•    60 % bis 80 % der Ausleihvorgänge werden kurzfristig geplant.

•    Das FVS wird häufig (in 28 % bis 62 % der Wege) mit dem ÖV kombiniert.

•    Das FVS ersetzt auch Wege, die zu Fuß oder mit dem ÖV zurückgelegt werden. Der Anteil der Wege, die vom Pkw auf das FVS verlagert werden, schwankt bei den betrachteten FVS zwischen 2 und 11 %. Der Umfang der Wege, die vom Pkw auf das FVS verlagert werden kann, wird von der räumlichen Verteilung der Stationen beeinflusst. Damit Pkw-Fahrten verlagert werden können, müssen auch außerhalb der Innenstadt Stationen angeboten werden.

•    Die Verlagerungswirkungen vom ÖV und vom Pkw sind in der Summe so klein, dass die Rückgänge in diesen Verkehrssystemen derzeit kaum messbar sind. Die Verlagerungen vom Pkw sind kleiner als 100 km pro Tag. Um unmittelbar signifikant spürbare und messbare Wirkungen zu erzielen sind mehr Ausleihvorgänge und mehr Fahrräder erforderlich.

Bei den dargestellten Wirkungen ist zu berücksichtigen, dass die FVS mit Ausnahme von Call a Bike Stuttgart erst seit kurzem in Betrieb sind.

6 Potenzialanalyse

Zur Potenzialanalyse werden drei unterschiedliche Ansätze verfolgt:

•    Erreichbarkeitsanalyse: Dabei liegt der Fokus auf der Angebotsseite. Es wird betrachtet, für welche Wege das FVS auf Grund der räumlichen Lage der Stationen nutzbar ist.

•    Wegetagebuchanalyse: Dabei werden die in den Wegetagebüchern dokumentierten Wege hinsichtlich der Verlagerbarkeit auf das Fahrrad bzw. auf das FVS untersucht.

•    Verkehrsnachfragemodell: Hier wird die Nachfrage für das FVS im Modell generiert. Dazu wird das FVS unter Verwendung einer spezifischen Nutzenfunktion in die Verkehrsmittelwahl integriert.

6.1 Erreichbarkeitsanalyse

Zur Analyse für welche Wege das FVS verfügbar ist, wurden für Stuttgart in den Bildern 6 bis 9 die Wohn- und Aktivitätenorte von den Nichtnutzern aus der Haushaltsbefragung sowie die FVS-Stationen verortet. Anschließend wurden die Orte und, daraus abgeleitet, die Wege hinsichtlich der Entfernung von Stationen des FVS bzw. Haltestellen des ÖV klassifiziert. Aus Bild 6 geht hervor, dass in Stuttgart zum Zeitpunkt der Untersuchung nur 3 % der Orte näher an Stationen des FVS liegen als an ÖV Haltestellen, die ÖV Haltestellen also mindestens 100 m weiter entfernt liegen als die nächste FVS-Station. In den Bildern 7 bis 9 ist neben den verorteten Wegen der Modal Split der Wegemengen dargestellt.

Diese Methode zur Analyse der Erreichbarkeit stellt die Kenngröße Entfernung zu den Stationen des FVS und den ÖV Haltestellen in den Mittelpunkt. Der Wert für den Parameter maximale Entfernung von der FVS-Station von 200 Metern ist relativ streng gewählt, korrespondiert aber mit den Ergebnissen der Stationsbefragung, in der der größte Teil der Zu- und Abgangswege kürzer als 200 Meter ist. Durch Variation der Kenngröße und der Parameter sind weitere Auswertungen zur Analyse der Erreichbarkeit vorgesehen.

Bild 6: Lage der Wohn- und Aktivitätenorte der Bevölkerung sowie der FVS-Stationen und Anteile der Orte nach Erreichbarkeitskategorien

Bild 7: Verortete Wege und Modal Split der Bevölkerung: Gesamt

Bild 8: Verortete Wege und Modal Split der Bevölkerung: Quell- ODER Zielort in Stationsnähe

Bild 9: Verortete Wege und Modal Split der Bevölkerung: Quell- UND Zielort in Stationsnähe

6.2 Wegetagebuchanalyse

Die potentiellen Wirkungen (Potenziale) ergeben sich aus den Wegen im Personenverkehr, die bei unveränderter Siedlungsstruktur mit dem Fahrrad abgewickelt werden könnten, heute aber mit anderen Verkehrsmitteln abgewickelt werden. Diese Wege können aus der Haushaltsbefragung abgeleitet werden.

Hier werden Regeln entwickelt und auf die tatsächlich durchgeführten Wege der Personen angewendet. Eine Regel für die Verlagerung auf das private Rad kann wie folgt lauten: Ein Weg kann potenziell auf das private Rad verlagert werden, wenn folgende Randbedingungen erfüllt sind:

•    Gesamte Wegekette ist kürzer als 10 km.

•    Gesamte Wegekette wird allein durchgeführt bzw. die Begleitung kann ebenfalls ein Fahrrad nutzen.

•    Das Wetter ist trocken.

Analog kann ein Weg potenziell dann auf das FVS verlagert werden, wenn folgende Randbedingungen erfüllt sind:

•    Start- und Zielort des Weges oder eines Teilweges liegt bei einer Station des FVS

•    Alle vorhergehenden und nachfolgenden Wege können ohne große Zeitverluste zu Fuß oder mit dem ÖV also mit austauschbaren Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

•    Das Wetter ist trocken.

Mit Hilfe derartiger Regeln werden die Wegetagebücher aus der Haushaltsbefragung ausgewertet. Dabei ist der entscheidende Punkt, das nicht einzelne Wege sondern die kompletten Wegeketten betrachtet werden. Denn nur so können z. B. die Einflüsse der Austauschbarkeit von Verkehrsmitteln, Weglänge der gesamten Wegekette und Begleitungen entsprechend berücksichtigt werden. Diese Aspekte könnten bei der Auswertung auf der Ebene der Wege nicht einbezogen werden, was zu erheblichen Verzerrungen in den Aussagen zu potenziell verlagerbaren Wegen führen würde.

6.3 Verkehrsnachfragemodell

Durch die Integration des FVS in das Verkehrsnachfragemodell sollen Verkehrsmittelverlagerungen unter Berücksichtigung der vorhandenen Siedlungsstruktur analysiert werden. Zur Ermittlung einer geeigneten Nutzenfunktion stehen die Daten der Stationsbefragung bzw. der Haushaltsbefragung der Nutzer zur Verfügung. Daraus werden die wichtigen Einflussfaktoren auf die FVS-Nutzung identifiziert. Die Kalibrierung und Validierung des Verkehrsnachfragemodells wird an Hand der Nutzungsdaten aus dem Buchungssystem der FVS erfolgen. Anschließend werden durch Variation einzelner Parameter und Randbedingungen des FVS die Potenziale für unterschiedliche Ausgangssituationen bestimmt.

7 Fazit

Die Evaluation der Modellprojekte „Öffentliche Fahrradverleihsysteme“ wurde (u.a. aufgrund der Orientierung an den FGSV-Hinweisen zur Evaluation verkehrsbezogener Maßnahmen) auf einem insgesamt sehr hohen Niveau, sowohl hinsichtlich Methodik, Umfang, Tiefe wie auch möglicher Störgrößen, durchgeführt.

Da die FVS erst seit kurzer Zeit vollständig aufgebaut und in Betrieb sind, erfüllen einige ermittelte Wirkungen auf den ersten Blick noch nicht die erhofften Erwartungen (z. B. hinsichtlich Ausleihzahlen oder Verlagerungswirkungen). Dabei dürfen die mittelbaren und indirekten Effekte jedoch nicht unterschätzt werden. FVS erweitern das Mobilitätsspektrum insbesondere für ÖV-affine Bevölkerungsteile. Dies zeigt aber auch das hohe Potenzial für andere Bevölkerungsteile, die bisher noch nicht in so hohem Maße erreicht wurden.

Öffentliche Fahrradverleihsysteme reduzieren den Pkw-Verkehr und entlasten öffentliche Verkehrssysteme besonders auf den (häufig überlasteten) Linienabschnitten in Innenstädten und Zentren, dem Hauptverbreitungsgebiet der FVS.

Insgesamt konnten den Modellregionen fundierte Hinweise zur Nachjustierung und Weiterentwicklung ihrer FVS geliefert werden. Die Ergebnisse werden derzeit genutzt um u.a. das Marketing, die Systemausgestaltung (Lage, Anbindung und Größe der Stationen) sowie die Tarifstrukturen anzupassen. Anderen Regionen/Städten/Verkehrsunternehmen, die ebenfalls ein FVS aufbauen wollen, können wichtige Empfehlungen geliefert werden, um auch hier öffentliche Fahrradverleihsysteme zu einem wesentlichen Baustein innovativer und vernetzter Mobilität in Städten zu machen.

8 Literatur

[1] FGSV (2012): Hinweise zur Evaluation von verkehrsbezogenen Maßnahmen. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, FGSV-Nr. 157, Köln.

[2] FOLLMER, R., GRUSCHWITZ, D., JESSKE, B., QUANDT, S., NOBIS, C., KÖHLER, K. (2010): Mobilität in Deutschland 2008 (MID 2008) - Nutzerhandbuch. Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, FE-Nr. 70.801/2006. Auftragnehmer: infas und DLR, Bonn und Berlin.

[3] MONHEIM, H., MUSCHWITZ, C., REIMANN, J., STRENG, M. (2012): Fahrradverleihsysteme in Deutschland - Relevanz, Potenziale und Zukunft öffentlicher Leihfahrräder. ksv Kölner Stadt- und Verkehrs-Verlag, Köln.

[4] OBIS (2011): Optimising Bike Sharing in European Cities, Ein Handbuch. Gefördert durch das Programm Intelligente Energie Europa (IEE).

[5] BEUERMANN, C., BÖHLER, S., KOSKA, T., REUTTER, O. (2010): Evaluationskonzept für die Modellvorhaben Innovative Öffentliche Fahrradverleihsysteme. Gefördert im Forschungsprogramm Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt). Aktenzeichen: 10.04.05.840. Im Auftrag des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Auftragnehmer: Wuppertal Institut, Wuppertal.