FGSV-Nr. | FGSV 001/22 |
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Ort | Düsseldorf |
Datum | 08.10.2008 |
Titel | Verkehrslärm – Neue Schutzkonzepte |
Autoren | ORR Dipl.-Phys. Dr.-Ing. Wolfram Bartolomaeus |
Kategorien | Kongress |
Einleitung | Der Anteil der von Lärm betroffenen Bevölkerung wird zunehmend größer. Ungefähr 80 % der Bevölkerung fühlt sich durch den Straßenverkehrslärm belästig oder sogar stark belästigt. Aufgrund der Nähe zur Geräuschquelle kommt dabei vor allem der Belästigung durch den Straßenverkehrslärm im innerörtlichen Bereich eine wachsende Bedeutung zu. Ein Vergleich von Lärmschutzkosten mit den durch den Lärm indirekt verursachten Kosten (z. B. durch sinkende Wohnungspreise oder „Lärmtote“) ist in einigen europäischen Ländern schon durchgeführt worden. Für den innerörtlichen Bereich sieht die Berechnungsmethode des Umgebungslärms die negative Beurteilung lokaler Störungen wie überfahrene Kanaldeckel, Aufpflasterungen oder Straßenbahnschienen nicht vor. Dies führt dazu, dass in Lärmaktionsplänen Maßnahmen zur Beseitigung dieser Störstellen nicht honoriert werden können. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 EinleitungDurchgeführte Befragungen zeigen, dass sich durch den Straßenverkehrslärm ca. 80 % der Personen beeinträchtigt oder stark beeinträchtigt fühlen. Je nach Befragungsart und -jahr schwanken diese Zahlen stark [1 bis 3] (Bild 1). Bild 1: Durch Verkehrslärm belästigte Bürger in Deutschland [1 bis 3] „Durch den Lärm ist insbesondere das Herz-Kreislauf-System gefährdet, aber es mehren sich die Hinweise, dass auch das Immunsystem beeinflusst wird, das heißt, dass durch die dauernde „Belärmung“ die Abwehrmechanismen des Körpers geschwächt werden. In epidemiologischen Untersuchungen ist 1999 die Anzahl von ca. 2 700 „Lärmtoten“ abgeschätzt worden. Dort sind Herzkrankheiten in Abhängigkeit vom Verkehrslärmpegel untersucht worden. Man hat beispielsweise festgestellt, dass bei Lärm von 65 Dezibel an der Wohnadresse das Risiko, an Herz-Kreislauf-Störungen zu erkranken, um 20 % höher ist, als in einer Kontrollgruppe, die mit 50 bis 55 Dezibel belastet war. Aus diesem erhöhten Risiko kann man eine Anzahl an lärmbedingten Todesfällen berechnen. Diese Zahl sagt allerdings wenig darüber aus, wie viele Lebensjahre die Betroffenen durch den Lärm verloren haben.“ [2] Aufgrund der Nähe zur Geräuschquelle kommt dabei vor allem der Belästigung durch den Straßenverkehrslärm im innerörtlichen Bereich eine wachsende Bedeutung zu. Wegen des weiter zunehmenden Straßenverkehrs, insbesondere auch des besonders lauten Schwerlastverkehrs, ist auch im außerörtlichen Bereich mit weiter steigenden Geräuschemissionspegeln zu rechnen. Eine Verdoppelung der Menge des Schwerlastverkehrs bei gleichbleibender Menge des Pkw-Verkehrs bewirkt z. B. einen Pegelanstieg um ca. 2 dB(A). „Möglichkeiten gibt es z. B. bei der Verminderung von Rollgeräuschen durch leisere Reifenprofile und durch die Lenkung von Verkehrsströmen, damit Bereiche der Ruhe existieren können. Das größte Minderungspotential liegt aber bei den Fahrzeugführern selbst, Beispiele sind auf der einen Seite der Kavaliersstart und auf der anderen Seite vorausschauendes, niedertouriges Fahren. Man kann die gleichen Strecken mit einem Lärmpegelunterschied von bis zu 10 Dezibel zurücklegen. Die Rücksicht aufeinander wäre die beste Möglichkeit, Lärm zu vermeiden“ [2]. 2 Technischer LärmschutzAm wirksamsten ist der Lärmschutz direkt an der Quelle. Wenn kein Schall emittiert wird, braucht das Geräusch auf dem Weg zum Immissionsort nicht gemindert zu werden und kann somit auch zu keiner Lärmbelästigung führen. 2.1 Technischer Lärmschutz an Fahrzeugen und ReifenFür die Schallemission von Fahrzeugen sind bei niedrigen Geschwindigkeiten die Geräusche vom Antrieb (Motor, Lufteinlass und Auspuff) verantwortlich. Hier ist vor allem durch neuartige Antriebskonzepte (z. B. Elektro-Fahrzeug, Brennstoffzellen-Fahrzeug oder Wasserstoff-Fahrzeug) noch eine wesentlich Geräuschreduzierung zu erreichen. Bild 2: Grenzwerte für Lärmemission bei Fahrzeugtypprüfung [4] Für den konventionellen Antrieb (Benzin- oder Dieselmotor) wurde seit 1980 bis heute eine Geräuschemissionsreduktion bei Pkw von 8 dB(A) und bei schweren Lkw (> 150 kW Leistung) von 9 dB(A) festgeschrieben [4] (Bild 2). Schon heute liegt die Spannweite der Emissionspegel für „normale“ Pkw (80 km/h) bei 66 bis 71 dB(A), das heißt um bis zu 8 dB(A) unter den Grenzwerten. Mit neuartigen Antriebskonzepten sind noch einmal über 10 dB(A) Geräuschminderung im unteren Geschwindigkeitsbereich möglich. Bei höheren Geschwindigkeiten (für Pkw über 30 bis 45 km/h, für Lkw ab 45 bis 50 km/h) wird die Geräuschentwicklung durch den Reifen zur dominanten Geräuschquelle. Bei 80 km/h liegt der Geräuschpegel für Pkw-Reifen zwischen 69 und 74 dB(A) [5]. Das von einem Reifen ausgehende Geräusch wird stark von dessen mechanischen und konstruktiven Eigenschaften bestimmt; es steigt z. B. mit der Reifenhärte deutlich an. Auch eine höhere Reifenbreite führt tendenziell zu einer Erhöhung der Reifen-Fahrbahn-Geräusche. Die vorherrschende Tendenz zur Verwendung breiter Reifen führt zu einer deutlichen Erhöhung der Reifengeräusche. Weiterhin ist eine günstige Profilgestaltung von großer Bedeutung. In der Mitte des Reifens, wo kein Dränagevermögen nötig ist, sind Längsprofilierungen günstig. Um tonale Anteile im Geräusch zu vermeiden, werden allgemein unregelmäßige Profilteilungen verwendet. Bild 3: Zukünftige Entwicklung der Grenzwerte für die Geräuschemission von Pkw-Reifen nach der Reifengeräuschrichtlinie 2001/43/EC [6] Voraussetzung für die Möglichkeit, einen lärmarmen Reifen zu kaufen, ist eine entsprechende Kennzeichnung. Nach der Richtlinie 2001/43/EG [6] ist die Angabe der gemessenen Schallemission auf dem Reifen jedoch nicht nötig. Um die bereits vorhandenen Minderungs-potenziale im Hinblick auf Lärm und Kraftstoffverbrauch dennoch nutzen zu können wurde in Deutschland das Umweltzeichen Blauer Engel für lärmarme und kraftstoffsparende Pkw-Reifen erarbeitet. Seit Oktober 1999 gibt es einen ersten Reifenhersteller, der eines seiner Produkte mit dem Blauen Engel auszeichnet. Da mit dem Blauen Engel jedoch keine Vorteile oder Anreize verbunden sind hat er bei der Reifenindustrie kaum Beachtung gefunden. Es gibt für Kunden nach wie vor zu wenig Information, um beim Kauf neuer Pkw-Reifen ein lärmarmes Produkt auszuwählen. Daneben gibt es innovative Produkte auf dem Gebiet der Reifenentwicklung. Zu nennen sind dabei zwei neue Entwicklungen: der poröse Reifen von VTI und der Chalmers University of Gothenburg [7] (Bild 4) und der luftlose Reifen „Tweel“ von Michelin [8] (Bild 5). Bild 4: Poröser Reifen, Entwicklung von VTI und der Chalmers University of Gothenburg [7] Bild 5: „Tweel“, Entwicklung von Michelin [8] Beide Reifen weisen ein hohes Potenzial der Geräuschreduktion von bis zu 10 dB(A) auf. Mit einer Markteinführung ist in naher Zukunft aber leider noch nicht zu rechnen. 2.2 Technischer Lärmschutz an der Straße2.2.1 Aktive und passive LärmschutzmaßnahmenBeim Lärmschutz an Straßen wird zwischen aktiven und passiven Maßnahmen unterschieden [9]. Zu den aktiven Lärmschutzmaßnahmen gehören insbesondere:
Die passiven Lärmschutzmaßnahmen umfassen insbesondere:
2.2.2 Lärmvorsorge und LärmsanierungDer Lärmschutz wird schon bei der Planung von Neubau oder wesentlicher Änderung von Straßen berücksichtigt. Im Bereich der Lärmvorsorge sind strenge Immissionsgrenzwerte vorrangig durch aktive Lärmschutzmaßnahmen einzuhalten. Nur im Einzelfall und wenn der finanzielle Aufwand unverhältnismäßig hoch wird, können auch passive Lärmschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Bei bestehenden Straßen besteht die Möglichkeit der Lärmsanierung. Dafür gelten wesentlich höhere Immissionsgrenzwerte als bei der Lärmvorsorge. Der Eigentümer muss aber 25 % der finanziellen Aufwendungen (z. B. für Lärmschutzfenster) mittragen. „Die Bundesregierung beabsichtigt, die Lärmsanierung an Bundesfernstraßen noch mehr als bisher voranzubringen. Dies ist in einem „Nationalen Verkehrslärmpaket“ vom 2. Februar 2007 konkretisiert. Erste Schritte sind die Aufstockung des Mittelansatzes für Lärmsanierung auf ca. 50 Mio. € pro Jahr und dabei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen (Bau von Lärmschutzwällen/-wänden und Einbau lärmmindernder Fahrbahnoberflächen) Vorrang einzuräumen. Damit werden künftig auch die Freiflächen im Wohnungsumfeld in den Lärmschutz einbezogen“ [9]. Im Bild 6 sind die jährlichen Ausgaben für Lärmvorsorge und Lärmsanierung an Bundesfernstraßen von 1984 bis 2007 dargestellt. Im Jahr 2005 wurden für den Straßenbau insgesamt ca. 11 Mrd. € ausgegeben [10]. Die Ausgaben für den Lärmschutz an Bundesfernstraßen betragen somit ca. 1 % vom Gesamtbudget der Ausgaben für den Straßenbau. Die ab 2007 zur Verfügung gestellten 50 Mio. € pro Jahr können derzeit von den Ländern nicht ausgegeben werden. Es stehen schlicht nicht genügend Personalkapazitäten für die Planung der Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Ein Teil dieser nicht genutzten Mittel könnte in die gezielte Forschung und Entwicklung von innovativen Lärmschutzmaßnahmen gesteckt werden. Dies ist aber derzeit leider nicht möglich. Ein Vergleich von Lärmschutzkosten mit den durch den Lärm indirekt verursachten Kosten (z. B. durch sinkende Wohnungspreise) ist in einigen europäischen Ländern schon durchgeführt worden. Ein Statusbericht aus dem Jahre 2002 ermittelte die Lärmkosten zu 25 € je dB je Haushalt pro Jahr [11]. Es wurde die Zahlungsbereitschaft für eine Lärmreduktion erfragt. Bild 6: Jährliche Ausgaben für Lärmvorsorge und Lärmsanierung an Bundesfernstraßen von 1984 bis 2007 [9] Um eine Lärmreduktion bewerten zu können, ist es notwendig, die durch Lärm entstehenden Kosten anzugeben. Mit der hedonischen Preisermittlung gelingt es, die durch Straßenverkehrslärm verursachten Kosten für Häuser und Wohnungen von den übrigen Kostenarten (z. B. Grundstück, Alter des Hauses bzw. der Wohnung) zu trennen. Eine dänische Studie [12] zeigt, dass der Werte eines Hauses mit steigendem Lärmpegel sinkt. Wohnungen an normalen Straßen um durchschnittlich 1,2 % je dB(A), für Bebauung an Autobahnen um 1,6 % je dB(A) für einen Pegelanstieg über 55 dB(A). Unterhalb von 55 dB(A) gilt für Wohnungen an normalen Straßen eine Senkung um 0,9 % je dB(A) und für Bebauung an Autobahnen um 1,5 % je dB(A). Aus diesen Angaben kann weiterhin gefolgert werden, dass der Wert eines Hauses, das direkt an der Straße liegt einen um 6 % niedrigeren Wert aufweist als ein Haus in der zweiten Bebauungsreihe. Der Wert von Häusern steigt um ca. 0,05 %, wenn deren Entfernung zur Straße um 1 % steigt. Die durch den Straßenverkehr in der Schweiz verursachten externen Kosten (das heißt die Kosten, die indirekt entstehen durch Unfälle, Schädigung der Gesundheit der Bevölkerung, von Gebäuden, der Natur und Landschaft, sowie durch Lärm) werden auf ca. 5 Milliarden Schweizer Franken (ca. 3 Mrd. €) pro Jahr geschätzt [13]. Für den Lärm sind das 20 %, also 1 Milliarde Schweizer Franken (ca. 600 Mio. €) (Bild 7). Davon entfallen 90 % der Kosten auf Wertverluste von Liegenschaften und ca. 10 % auf Kosten im Gesundheitswesen (Bild 8). Bild 7: Anteil der Lärmkosten an den externen Kosten für Straßen in der Schweiz [13] Bild 8: Anteil der Wertverluste an den Lärmkosten in der Schweiz [13] In der Schweiz gingen im Jahre 2000 ca. 1 000 Lebensjahre der Bevölkerung durch Lärm verloren. Erste Versuche, die externen Kosten (Umwelt-, Lärm-, Stau- und Gesundheitskosten) zu internalisieren wurden durch Erhebung von Infrastrukturkosten (z. B. Maut) unternommen. Speziell für schwere Lkw können diese Kosten in Ansatz gebracht werden. „Die Kommission legt bis spätestens 10. Juni 2008 nach Prüfung aller Optionen einschließlich der Umwelt-, Lärm-, Stau- und Gesundheitskosten ein allgemein anwendbares, transparentes und nachvollziehbares Modell zur Bewertung aller externen Kosten vor, welches künftigen Berechnungen von Infrastrukturgebühren zugrunde gelegt werden soll. Dieses Modell wird durch eine Analyse der Auswirkungen der Internalisierung externer Kosten für alle Verkehrsträger und einer Strategie zur schrittweisen Umsetzung dieses Models für alle Verkehrsträger begleitet“ [14]. In Deutschland werden aber bisher nur (Luft-)Emissionsarme Lkw (Euro V) gefördert, nicht jedoch (Lärm-)Emissionsarme. Dies liegt vielleicht auch an der fehlenden rechtlichen Verpflichtung zur Einhaltung von Grenzwerten. 3 Umgebungslärmrichtlinie3.1 LärmkartenIn der Europäischen Umgebungslärmrichtlinie [15, 16] wurde vor kurzem erstmals in ganz Europa eine Bestandsaufnahme der von Straßen-, Eisenbahn- und Luftverkehr, sowie von großen Industrieanlagen ausgehenden Geräuschimmissionspegel durchgeführt. Anhand von Lärmkarten wurden die besonders stark von Lärm betroffenen Gebiete sowie die Anzahl der Einwohner ermittelt. Das Bild 9 zeigt beispielhaft eine Übersichtskarte von Düsseldorf mit der mittleren Lärmbelastung über den ganzen Tag [17]. Bild 9: Übersichtskarte der Lärmbelastung Düsseldorfs [17] 3.2 LärmaktionspläneAm Beispiel Berlin sollen im Folgenden einige Aspekte bei der Aufstellung von Lärmaktionsplänen, wie sie für dieses Jahr von der Europäischen Kommission gefordert wurden, erörtert werden. „In Lärmaktionsplänen sollen unter Beteiligung der betroffenen Bevölkerung die Lärmbrennpunkte entschärft werden. Die gesamtstädtischen Rahmenkonzepte zur Lärmminderung beruhen auf den Handlungsstrategien:
Die Vermeidung von Lärmemissionen setzt auf eine übergeordnete Strategie zur Reduzierung der Emissionen im Verkehr durch Förderung der lärmarmen Verkehrsträger und eindämmenden Maßnahmen des lärmrelevanten Pkw- und Lkw-Verkehrs. Die Verlagerung von Lärmemissionen verfolgt den strategischen Ansatz, die Belastungen zu bündeln und/oder aus hochsensiblen in weniger sensible Bereiche zu verlagern, sofern nicht andere Belange, z. B. die Luftschadstoffbelastung, dagegensprechen. Die Verminderung von Lärmemissionen verfolgt kleinräumige Strategien der stadtverträglichen und lärmarmen Abwicklung von Verkehren im Straßenraum. Die Verminderung von Lärmimmissionen setzt am Ausbreitungsweg an, um die Lärmbelastungen an lärmsensiblen Flächen oder in Gebäuden zu reduzieren. Mit verkehrsorganisatorischen und straßenräumlichen Maßnahmen wird angestrebt, den verbleibenden Kfz-Verkehr im Straßenraum möglichst stadtverträglich und lärmarm abzuwickeln. Bausteine sind:
Im Weiteren soll der Aspekt Fahrbahnsanierung näher betrachtet werden. 3.2.1 Fahrbahnsanierung„Die Höhe der Lärmbelastung ist auch von der Art der Fahrbahnbeläge, deren Zustand sowie in Verbindung damit – von den zulässigen Höchstgeschwindigkeiten abhängig. Fahrbahnbeläge mit deutlichen lärmerhöhenden Effekten sind Beton- und Pflasterbeläge (Zuschlag von 1 bis 6 dB(A)). Daneben wirkt auch ein schadhafter Asphaltbelag lärmerhöhend (Zuschlag bis 1 dB(A)). Neben der Erhöhung des Mittelungspegels treten bei schadhaften Fahrbahnbelägen auch deutlich höhere Spitzenpegel auf. Die Auswahl der Maßnahmen zur Deckensanierung erfolgt häufig in Verbindung mit der Notwendigkeit der Minderung von Lärmemissionen und Erschütterungen. Mit der Verbesserung des Fahrbahnzustands können die durch Straßenverkehr verursachten Emissionen deutlich gemindert werden. Durch die Vermeidung und Beseitigung von Fahrbahnschäden können insbesondere die in diesen Bereichen auftretenden Pegelspitzen durch Schlag- oder Stoßgeräusche vermieden werden. Lärmminderungsplanung werden wegen der hohen Kosten bei gleichzeitig relativ geringer akustischer Wirkung (bis 1 dB(A)) keine Maßnahmen im gesamtstädtischen Maßstab dargestellt. Dennoch sollte die sukzessive Sanierung von Asphaltbelägen wegen der Minderung von Pegelspitzen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten weiter verfolgt werden. Darüber hinaus bietet sich auch die Nutzung von Synergieeffekten an, z. B. bei Umsetzung von straßenräumlichen Maßnahmen wie die Einrichtung einer Radverkehrsanlage. Ergänzend sollen gesamtstädtisch möglichst kurzfristig Lärmschwerpunkte mit hohem Lärmminderungspotential durch Sanierung der Fahrbahnoberflächen bzw. durch Austausch besonders lärmintensiver Fahrbahnbeläge entlastet werden. Hierzu ist im Vorfeld eine systematische Überprüfung der in den Immissionsberechnungen verwendeten Fahrbahndaten für die problematischen Bereiche erforderlich. Neben dem Austausch lauter Fahrbahnbeläge soll auch der Einsatz spezieller lärmarmer Fahrbahnbeläge unter Berücksichtigung der Einsatzgrenzen und Kosten geprüft werden:
Die oben erwähnte, in Düsseldorf 2007 auf der Mecumstraße (im Bild 10 unten links; blau: 75 bis 80 dB(A)) gelegte, lärmtechnisch optimierte Asphaltdeckschicht ist 350 m lang. Inzwischen ist eine weitere, 900 m lange Erprobungsstrecke auf dem Kennedydamm eingebaut worden. Problematisch bleibt, dass solche innovativen, lärmarmen Fahrbahnoberflächen bisher weder in der VBUS [22] noch in den RLS 90 [23] honoriert werden können. Bild 10: Detailkarte der Lärmbelastung in Düsseldorf tags im Bereich der Mecumstraße [21] 3.3 Neue BewertungkonzepteFür den innerörtlichen Bereich sieht die Berechnungsmethode des Umgebungslärms die negative Beurteilung lokaler Störungen wie überfahrene Kanaldeckel, Aufpflasterungen oder Straßenbahnschienen nicht vor. Dies führt dazu, dass in Lärmaktionsplänen Maßnahmen zur Beseitigung dieser Störstellen (noch) nicht honoriert werden können. Im Rahmen des EU-Projektes SILENCE wurden Messverfahren und Bewertungsmethoden für die akustische Wirkung dieser Störstellen erarbeitet [24]. Im Bild 11 ist das Messverfahren „Backing-Board“ zu sehen, mit dem die BASt im Rahmen des SILENCE-Projektes Messungen im innerörtlichen Bereich vorgenommen hat. Die wesentliche Änderung gegenüber dem Verfahren der kontrollierten bzw. statistischen Vorbeifahrt besteht darin, dass das Mikrofon nicht frei steht, sondern auf einem schallharten Brett, dem sogenannten „Backing-Board“ montiert ist. Dadurch gelingt es auch im innerörtlichen Bereich mit seinen schwierigen akustischen Bedingungen (akustische Reflexionen an Schallhindernissen) gültige Werte für die Geräuschemissionen von Straßenoberflächen zu ermitteln. Bild 11: Messverfahren „Backing-Board“ an einer ebenen Aufplasterung in Köln Bild 12: Mit dem Messverfahren „Backing-Board“ an Störstellen erzielte Ergebnisse Einige mit dieser Messmethode erzielte Ergebnisse sollen hier erläutert werden, da sie für die Lärmminderung im innerörtlichen Bereich von einiger Relevanz sind (Bild 12). Die Angaben aller nachfolgenden Pegeldifferenzen beziehen sich auf Punktschallquellen. Deren Pegelabnahme mit der Entfernung ist erheblich größer als bei durchgehenden Linienschallquellen, wie sie ganze Straßenabschnitte darstellen. Ihre Störwirkung ist daher oft lokal begrenzt. Kanaldeckel können zur lokalen Pegelerhöhung bis 3 dB(A) beitragen, wenn sie zum Einen in der Rollspur der Fahrzeuge liegen und zum Anderen eine unebene Oberfläche (z. B. das geprägte Stadtwappen) aufweisen. Eine deutliche Geschwindigkeitsabhängigkeit ist nicht zu erkennen. Bei Aufplasterungen kommt es stark auf die Steinform (eben oder uneben) und die Verlegeart (Verbund oder nicht) an. Die Pegelerhöhung nimmt mit steigender Fahrgeschwindigkeit zu und liegt zwischen 0 und 10 dB(A) in einem Geschwindigkeitsbereich von 30 bis 50 km/h. Bei Überfahrten von Straßenbahnschienen kommt es zum Einen auf die Orientierung der Schienen an. Senkrecht überfahrene Schienen sind deutlich lauter als unter einem Winkel von kleiner als ca. 80° überfahrene Schienen. Eine geringe Verdrehung der Fahrtrichtung aus der senkrechten Orientierung heraus bringt eine Pegelminderung von ca. 5 dB(A). Weiterhin trägt aber auch ein guter Einbau des Schienenweges in den Straßenkörper, z. B. mit Gummimatten, zu geringeren Pegelerhöhungen bei. Die von diesen Störstellen ausgehende Lärmbelästigung ist leider meist deutlich höher, als durch den Emissionspegel alleine zu erwarten wäre. Insbesondere hohe Impulshaltigkeit und Tonhaltigkeit der Geräusche können zu einer erhöhten Belästigung der Bevölkerung führen. Dies gilt im Übrigen auch im hohen Maße für laute Fahrbahnübergänge an Brücken im außerörtlichen Bereich. Durch geeignete psychoakustische Parameter, die objektiv ermittelt werden können, ist eine Beschreibung dieser Belästigung möglich. National und international sind Forschungsprojekte zu dieser Thematik aber gerade erst angelaufen. Weder in der VBUS [22] noch in den RLS 90 [23] werden solche Störstellen bisher berücksichtigt und damit auch nicht deren Beseitigung. 4 ZusammenfassungFolgende Thesen für ein umfassendes Lärmschutzkonzept sind zu nennen:
Von der EU wird eine gerechte Verteilung der Lärmfolgekosten nach dem Verursacherprinzip angestrebt. Wir können jetzt schon – durch unser lokales Handel – zu mehr Lärmschutz beitragen! Literaturverzeichnis
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