FGSV-Nr. FGSV B 36
Ort Halle
Datum 27.09.2023
Titel Der „Green Deal“ der EU – Was bedeutet dies für das Bauen mit Beton?
Autoren Ulrich Nolting
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Angesichts des prognostizierten Weiterwachsens des Personen- und Güterverkehrs wird die Verkehrsbelastung zunehmen. Was bedeutet das? Durch die Verkehrszunahme wird der Alterungsprozess unserer Straßen beschleunigt und die Unterhaltskosten werden weiter steigen. Umso wichtiger ist es, dass unsere Straßeninfrastruktur weiter ihre wichtige Funktion als Garant für Wohlstand, Mobilität und störungsfreien Güterverkehr erfüllen kann. Fahrbahnen aus Beton leisten einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Straßenbau. Die Betonbauweise ist den Geboten der Wirtschaftlichkeit, der Umwelt und der Verkehrssicherheit gleichermaßen verpflichtet:

Lebensdauern von 30 bis 40 Jahren und mehr ohne strukturelle Schäden sind für Betonfahrbahndecken kein Problem. Bei der Betrachtung über die gesamte Nutzungsdauer zeigt sich, dass Betonstraßen aufgrund der längeren Nutzung und des geringeren Erhaltungsaufwands wirtschaftlich konkurrenzfähig sind. Die lange, erhaltungsarme Lebensdauer führt auch dazu, dass das Zeitintervall, bis wieder Baustoffe und Ressourcen für eine Gesamterneuerung benötigt werden, erheblich verlängert werden kann. Kommt es irgendwann doch zum Abbruch der Betonbeläge, kann hochwertiger Betonabbruch zu 100 Prozent in den Stoffkreislauf zurückgeführt und wiederverwertet werden. Die lange Lebensdauer und das Recycling schonen wertvolle natürliche Ressourcen. Gleichzeitig sind Betonfahrbahndecken griffig, hell und damit sicher. Die dauerhafte und wartungsarme Betonbauweise erfüllt weitere Anforderungen an die Nachhaltigkeit. Die größte Herausforderung in Zukunft wird es aber sein, die Betonbauweisen klimaneutral zu entwickeln.

Welches sind dabei die Herausforderungen und was bedeutet der Weg zur Klimaneutralität in Deutschland? Den Weg dorthin gibt die EU und auch Deutschland selbst mit seinen Zielen bis 2045 vor. Es gilt, schnell viel zu mindern und dies in allen Bereichen. Wie kann das gelingen?

Wie anspruchsvoll die Ziele sind, zeigen die Minderungspfade, die zur Einhaltung des 1,5 bzw. 2‑Grad-Ziels eingehalten werden müssen. Bis 2030 in Deutschland – 65 %, bis 2045 Netto-Nullemissionen. Europa will dieses Ziel 2050 erreichen. Aber was heißt das für die einzelnen Sektoren?

Bei näherer Betrachtung des Minderungspfades zeigt sich: Die Zeit drängt und es müssen große Minderungen in wenigen Jahren erreicht werden.

Von 1990 bis 2020 – also in 30 Jahren – wurden über alle Sektoren etwa 400 Mio. t CO₂ reduziert, von 2020 bis 2030, also innerhalb von 10 Jahren, muss noch einmal die gleiche Menge erreicht werden: Das bedeutet, eine Verdreifachung des Tempos ist notwendig. Das gilt für alle Bereiche, die Industrie genauso wie die Bauwirtschaft.

Auch die Zementindustrie und letztlich die gesamte Wertschöpfungskette von Zement und Beton stehen hier in der Verantwortung und müssen ihren Beitrag leisten. Die Roadmap zur Dekarbonisierung des VDZ zeigt Szenarien auf, wie es gelingen kann.

Auf der Basis der darin beschriebenen Szenarien erscheint das Ziel der Klimaneutralität unter bestimmten Voraussetzungen in der Roadmap für technisch möglich. Das bedeutet, dass es möglich wird, im Jahr 2050 mit dem dargestellten Technologiemix (bilanziell) in der Tat bei Null zu landen. Wie wird dieses Ziel erreicht? Letztlich hängt der Erfolg des Pfades vom flächendeckenden Einsatz von Carbon-Capture-Technologien im Jahr 2050 ab. Im Bereich Klinker und Zement ist sicherlich hervorzuheben, dass den Minderungen ein Absinken des Klinker-Zement-Faktors von 71 % im Jahr 2018 auf 53 % im Jahr 2050 zugrunde liegt. Dahinter steht die breitere Anwendung klinkerärmerer Zemente (einschließlich CEM VI-Zemente). Im Bereich des Betons und seiner Anwendung im Bauwerk bleiben die Einsparungen gegenüber dem Referenzpfad in einer vergleichbaren Größenordnung.

Somit machen die Carbon-Capture-Technologien den entscheidenden Unterschied, da sie über 50 % der Gesamteinsparung beitragen müssen, wenn das Ziel der Klimaneutralität erreicht werden soll. Außerdem fließen auch hier die externen Effekte, wie der Rückgang der Baunachfrage und der Rekarbonatisierung, mit ein. Letztlich ist sogar vorstellbar, dass in der Zementindustrie durch den Einsatz von Biomasse als Brennstoff in Kombination mit Carbon-Capture-Technologien negative Emissionen erreicht werden können. Ob diese als zusätzliche Minderung oder nur als Ausgleich für andere Effekte herangezogen werden können, ist eine offene Frage.

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