FGSV-Nr. | FGSV 001/28 |
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Ort | Dortmund |
Datum | 05.10.2022 |
Titel | Der Weg zum BIM-Regelprozess in der Autobahn |
Autoren | Dr.-Ing. Michael Breitenberger, Dr.-Ing. Bastian Wacker |
Kategorien | Kongress |
Einleitung |
Eine höhere Planungssicherheit, die schnelle Verfügbarkeit relevanter Informationen und eine vereinfachte Bauablaufplanung von Bauprojekten – all das und noch viel mehr verspricht „Building Information Modeling“ (BIM). Das Ziel der Autobahn GmbH hinsichtlich des im Masterplan BIM Bundesfernstraßen geforderten BIM-Regelprozesses ist die Umsetzung eines ganzheitlichen und durchgängigen Informationsmanagements für das Planen, Bauen und Betreiben von Autobahnen. BIM liefert hierfür methodische Lösungsansätze, um bestehende Prozesse zu digitalisieren und effizienter zu gestalten. Somit ist die BIM-Implementierung in der Autobahn GmbH ein Teil des digitalen Transformationsprozess, in welchem sich die neu gegründete Auftraggeberin für deutsche Autobahnen befindet. Für eine nachhaltige und erfolgreiche BIM-Implementierung in einer Organisation ist eine vorherige intensive Auseinandersetzung mit den wesentlichen Informationen und deren Strukturierung unerlässlich, ebenso wie die tiefgehende Beschäftigung mit den relevanten, bereits existierenden Prozessen in der Organisation. Diese Arbeit wird derzeit im Rahmen des Projektes BIM@Autobahn mit über 80 Fachexperten aus unterschiedlichsten Bereichen aller Niederlassungen und der Zentrale vorangetrieben. Die jeweils in kleinen Sprintteams erarbeiteten Ergebnisse, überwiegend neue digitale Prozesse, werden zunächst in sogenannten strategischen BIM-Projekten geprüft, um diese anschließend schrittweise zu verbessern und als Standard innerhalb der Autobahn IT zu etablieren. Über entsprechende Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen werden die neuen Prozesse schließlich den zuständigen Personen der Autobahn für das Tagesgeschäft zur Verfügung gestellt. Somit wird die BIM-Methodik überwiegend prozessweise in die Organisation verankert, mit dem Ziel in einem ausgereiften ganzheitlichen BIM-Regelprozess zu münden. Die wesentliche Voraussetzung für einen solchen Weg ist eine Vorab-Standardisierung der in den Prozessen benötigten Informationen. Diese Standardisierung wird im Rahmen des Projektes „Objektkatalog BIM Bundesfernstraßen“ im Auftrag des BMDV auf Bundesebene federführend von der Autobahn GmbH und einer Vielzahl an Partnern vorangetrieben. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 EinleitungSeit dem 1. Januar 2021 liegen die Planung, Bau, Betrieb, Erhalt, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung deutscher Autobahnen in einer Hand – all das übernimmt nun die Autobahn GmbH des Bundes [1]. Ziel der Reform ist schneller planen, effizienter bauen, betreiben und erhalten. So soll die Leistungsfähigkeit der Autobahnen gestärkt werden, damit alle Autobahnnutzerinnen und -nutzer von einer modernen und sicheren Infrastruktur profitieren. Die Autobahn GmbH vereint die Vorteile einer zentral aufgestellten Organisation mit den Stärken einer großen, regionalen Verankerung. Vieles lässt sich so effizienter organisieren – vor allem in Zentralfunktionen wie der länderübergreifenden Planung und der Digitalisierung im Allgemeinen sowie im Speziellen in den Kernprozessen Planen, Bauen, Betreiben und Erhalten mit der kooperativen, digitalen Arbeitsmethodik BIM. Die Implementierung und Etablierung der BIM-Arbeitsmethodik in die Organisation der Autobahn und deren Standorten richtet sich dabei nach den Inhalten des kürzlich veröffentlichten Masterplan BIM Bundesfernstraßen [2]. Die Eckpfeiler der konkreten Umsetzung von BIM in der Autobahn GmbH sind im Bild 1 dargestellt und werden im Folgenden kurz beschrieben. Bild 1: Eckpfeiler der BIM-Implementierung
2 Masterplan BIM BundesfernstraßenDer Masterplan BIM Bundesfernstraßen wurde Mitte Oktober 2021 vom BMDV (damals BMVI) veröffentlicht. Mit dem Masterplan stellt das BMDV eine einheitliche Implementierungsstrategie für BIM im Bundesfernstraßenbau bereit (Bild 2). Bild 2: Dreistufiges Phasenmodell zur Einführung von BIM [2] Der Masterplan definiert das gemeinsame Verständnis von BIM als kooperative, digitale Arbeitsmethode und verfolgt mit der vollständigen Implementierung von BIM fünf strategische Ziele [1]:
Der Masterplan dient zudem als Wegbereiter für das Zukunftsbild „Digitaler Zwilling Bundesfernstraßen“, welches die Digitalisierung und Optimierung der Betriebsphase auf Basis Digitaler Zwillinge fokussiert. 2.1 Phasenmodell der Autobahn GmbH für die BIM-ImplementierungBasierend des BIM-Masterplans hat die Autobahn GmbH den Phasen konkrete Aufgaben und Ziele zugeordnet, um den Einstieg in die nächste Phase erreichen zu können (Bild 3). Innerhalb der Phasen werden die BIM-Anwendungsfälle weiterentwickelt und gestaffelt eingeführt. Dabei werden die priorisierten BIM-Anwendungsfälle in BIM-Projekten der Autobahn GmbH und der Auftragsverwaltungen der Länder auf Praxistauglichkeit geprüft und optimiert [2]. Zu den priorisierten BIM-Anwendungsfällen zählen die folgenden 8 Anwendungsfälle (AwF):
Die Steckbriefe zu diesen AwF sind im Rahmendokument zum Masterplan „Steckbriefe der Anwendungsfälle“ unter [2] nachlesbar. Bild 3: Dreistufiges Phasenmodell für die BIM-Implementierung bei der Autobahn GmbH 2.2 Phase I – Aufbruch und Harmonisierung in der Autobahn GmbHFür die Umsetzung der BIM-Methodik bietet die Neugründung der Autobahn GmbH eine herausragende Möglichkeit, um BIM-spezifische Aspekte bereits frühzeitig in der Organisation und der IT-Infrastruktur zu verankern. Hierfür werden folgende übergeordnete BIM-Ziele prioritär verfolgt:
Für die Erreichung dieser Ziele setzt die Autobahn auf ein zentrales Datenmanagementsystem mit einheitlichen Oberflächen sowie Anbindung verschiedener Cloud-Services und Umsystemen, wie beispielsweise Software für Ausschreibung, Geoinformationen etc. In diese gemeinsame Datenumgebung, der sogenannten CDE (Common Data Environment), werden für die Projektabwicklung alle relevanten Auftragnehmer über ein einheitliches Rollen- und Rechtesystem eingebunden. Des Weiteren werden derzeit in der Autobahn GmbH einheitliche Vorlagen, wie beispielsweise Auftraggeber Informationsanforderungen (AIA) und Besondere Vertragsbedingungen (BVB) entwickelt und zur Verfügung gestellt. Diese Dokumente definieren die zum jeweiligen Zeitpunkt festgelegten Rahmenbedingungen für BIM in den BIM-Projekten der Autobahn GmbH. In der Phase I implementiert, prüft und etabliert die Autobahn GmbH interne Prozesse. Zudem werden Schnittstellen nach außen definiert, um eine Skalierung zu ermöglichen. Die Erarbeitung der BIM-Themen erfolgt in sogenannten Sprintteams, welche gezielt optimale Lösungen für die Autobahn GmbH erarbeiten (Bild 4). Bild 4: Sprintteams zur Erarbeitung von BIM-Themen 2.3 Phase II – Ausweitung und ProfessionalisierungDie Phase II dient der weiteren Professionalisierung des Informationsmanagements und der Prozesslandschaft (Bild 5). Aus einer zu Beginn sehr heterogenen BIM-Landschaft wird zunehmend ein gut funktionierendes digitales Gesamtsystem. Hierfür bedarf es eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, um die Prozesse fein justieren zu können. Des Weiteren dient die Phase II zur Etablierung der Arbeitsmethodik in der Fläche. Eine entscheidende Rolle in dieser Phase spielt das Mentoringprogramm und die Personalentwicklung. Die in Phase I aufgesetzten Prozesse und das Know-how muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Autobahn GmbH bestmöglich vermittelt werden. Hier setzt die Autobahn GmbH zu Beginn eines Projektes auf einen standardisierten On-boarding Prozess für das Projektteam, um die Projektbeteiligten auf die anstehenden BIM-Herausforderungen im jeweiligen Projekt optimal vorzubereiten. Dieser On-boarding Prozess unterliegt ebenfalls einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, sodass sich das zu vermittelnden Know-how immer schneller vermitteln lässt, um als Organisation in eine effiziente Skalierung einsteigen zu können. Ein wichtiger Punkt bleibt, die zentral gesteuerte BIM-Entwicklung, sodass ein Wissenstransfer aus den Projekten sichergestellt werden muss, Best-Practice Erfahrungen zu bündeln und für zukünftige Projekte verfügbar zu machen. Außerdem soll das BIM-Know-How-Level harmonisiert und die BIM-Digitalkompetenz stetig verbessert werden. Das betrifft auch den Partnern der Autobahn GmbH. Bild 5: Professionalisierung des Informationsflusses Für die Harmonisierung und die Steigerung der BIM-Digitalkompetenz setzt die Autobahn GmbH auf Austausch und Netzwerk (Bild 6). Ein gut funktionierender Austausch und Wissenstransfer ist ein wichtiger Faktor, um BIM in der Fläche als Standard zu etablieren und somit den Weg zum vollen Potenzial digitaler Arbeitsweisen zu ebenen. Bild 6: BIM-Vernetzung innerhalb der Autobahn GmbH zur Harmonisierung und Steigerung der BIM-Digitalkompetenz 2.4 Phase III – Standardisierung des RegelprozessesDiese Phase dient vor allem dazu, die in den vorherigen Phasen erarbeiteten Inhalte in nationale Standards zu überführen, um den Koordinationsaufwand in den einzelnen Projekten zu minimieren. Ziel ist beispielsweise für sämtliche Prozesse auf eine einheitliche Informationsstruktur bzw. -basis zurückzugreifen – dem „Objektkatalog BIM Bundesfernstraßen“. Dieser bildet die Basis für einen verlustfreien und koordinationsarmen Informationsaustausch in den Projekten. Bei Erreichen eines bestimmten Reifegrades des Objektkatalogs bedarf es verbindlicher bundesweiter Festlegungen, um die Prozesse in den unterschiedlichen Organisationen zielgerichtet und zukunftssicher weiterentwickeln zu können. 2.5 Objektkatalog BIM BundesfernstraßenDer entscheidende Punkt für die erfolgreiche Umsetzung eines BIM-Projektes ist ein gut funktionierender Informationsaustausch. Im Grunde zielen alle Maßnahmen in einem BIM-Projekt darauf ab, diesen zu vereinfachen und zu verbessern. Bestes Beispiel ist die CDE (Common Data Environment), sprich eine gemeinsame Datenablage, in welcher sämtliche Informationen gesammelt werden und den Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Zur Sicherstellung eines reibungslosen Informationsaustausches zwischen zwei oder mehreren Softwaresystemen müssen zudem die Informationen selbst strukturiert und standardisiert werden (Bild 7). Diese äußerst wichtige Aufgabe wird im „Objektkatalog BIM Bundesfernstraßen“ federführend von der Autobahn GmbH mit einer Vielzahl an Partner und im Auftrag des BMDV vorangetrieben. Der strategische Ansatz für diesen Objektkatalog ist von Beginn die fachbereichs- und phasenübergreifende Harmonisierung im Blick zu haben, um später einen gesamtheitlichen Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen Projektphasen und Fachbereichen sicherzustellen. Hierbei spielt die Festlegung einer übergeordneten Objektklassifizierung die entscheidende Rolle, in welchen sich sämtliche Fachbereiche einordnen können. Die Inhalte des Objektkatalogs werden über das BIM-Portal des BMDV bereitgestellt werden. Bild 7: Objektkatalog BIM Bundesfernstraßen FazitDie Autobahn GmbH bereitet sich derzeit intensiv darauf vor, für die anstehenden Herausforderungen, welche sich aus dem BIM Masterplan Bundesfernstraßen ergeben, gewappnet zu sein. Hierfür werden vor allem gezielt Prozesse implementiert und in diversen Projekten geprüft, um sie anschließend in der Fläche bereitstellen zu können. Des Weiteren werden einheitliche vertragliche Grundlagen für BIM erarbeitet, um von Beginn möglichst präzise formulierte Anforderungen bereitstellen zu können und eine effektive BIM-Umsetzung für alle Beteiligten zu ermöglichen. Literaturverzeichnis
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