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1 Billig oder wirtschaftlich bauen
Die Entscheidung darüber, welche Bauweisen, Aufbauschichten und Qualtitäten beim Bau von Verkehrsbefestigungen beauftragt werden, basiert nach wie vor praktisch allein auf der Basis des angebotenen Preises. Würde eine Privatperson über die Anschaffung eines Autos oder einer Waschmaschine allein auf der Grundlage des niedrigsten Preises entscheiden und sich anschließend über die mangelhafte Qualtität und daraus resultierende hohe Reparaturkosten beklagen, würde ihm kaum jemand beipflichten. Schließlich weiß beinahe jeder, dass sich ein höherer Anschaffungspreis am Anfang über die Jahre als wirtschaftlicher erweisen kann. Doch so widersprüchlich sich das anhören mag, nicht jeder kann es sich leisten, gesamtwirtschaftlich zu denken, denn dort, wo das „Geldsäckel“ nicht ausreichend gefüllt ist, bleibt keine andere Möglichkeit, als weiterhin am falschen Ende zu sparen.
Solche Vergleiche des offensichtlich sinnvollen Handelns mit dem beklagenswerten Vorgehen im Straßenbau sind populär und dienen oft dazu, die Schuld für den schlechten qualitativen Zustand selbst neu erstellter Verkehrsbefestigungen in entfernte Gefilde zu schieben. Doch bei nüchterner Betrachtung der Situation muss man feststellen, dass eine auf den gesamten Nutzungszeitraum bezogene wirtschaftliche Bewertung äußerst kompliziert ist und bei den gegebenen Rahmenbedingungen des Vergabeverfahrens derzeit kaum gerichtsfest vollzogen werden kann. Selbst in der Vergabe von privatwirtschaftlichen Verträgen wie Funktionsbauverträgen oder PPP-Modellen tun sich die Anbieter und die ausschreibenden Stellen schwer, eine sich über den Vertragszeitraum erstreckende Kalkulation fundamentiert zu entwerfen oder zu bewerten. Zu groß sind hier die Wissenslücken über die Nutzungsdauern einzelner Schichten der Verkehrsbefestigung oder gar die Auswirkungen der Beanspruchungen auf die Schädigung. Was dem Sachunkundigen als nicht nachvollziehbar erscheinen muss, ist jedoch nachvollziehbar, denn so lange beispielsweise für Asphaltbefestigungen kein geeignetes Verfahren zur realitätsnahen Entwicklung der Spurrinnentiefe unter den Belastungen des Verkehrs über den jahreszeitlich hinweg schwankenden Temperaturen zur Verfügung steht und die Auswertungen der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) keine ausreichend abgesicherten Ergebnisse bereitstellen können [1], fällt es schwer, materialspezifische Nutzungsdauern für die Deckschichten zu ermitteln. Ohne eine Kenntnis dieser Nutzungsdauern allerdings kann eine realitätsnahe Wirtschaftlichkeitsbetrachtung über einen mehrere Jahrzehnte hinweg reichenden Prognosehorizont nicht erstellt werden.
Einen ersten Einstieg in die Integration der Erhaltungsaufwändungen in die Vergabeentscheidung bei Straßenbaumaßnahmen wurde mit dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau 5/1996 [2] (später modifiziert [3]) geschaffen. Diese als 5-Marks-Erlass in den Sprachgebrauch eingegangene Verordnung führte erstmalig Kriterien für die Wahl und Bewertung unterschiedlicher Bauweisen für den Oberbau von Bundesfernstraßen mit getrennten Richtungsfahrbahnen ein. Hieraus resultiert, dass für eine Fahrbahndecke aus Splittmastixasphalt ein zusätzlicher Erhaltungsaufwand – beispielsweise zur Beseitigung von Spurrinnen – in Höhe von 5 DM/m2 gegenüber Bauweisen mit Betondecken und Deckschichten aus Gussasphalt anzusetzen ist. Diese zu Unrecht als Malusregel bezeichnete Anweisung folgte also einer grundsätzlich als sinnvoll zu erachtenden Herangehensweise einer Gesamtbetrachtung von Bau und Erhaltung. Allerdings konnte die Größenordnung des bei der Vergabe anzusetzenden „Vorhaltemaßes“ für die Erhaltung damals nicht nachgewiesen werden. Aus diesem Grund wurde bereits bei Veröffentlichung des Allgemeinen Rundschreibens Straßenbau die Geltungsdauer bis zur Vorlage eines Kosten-Nutzenvergleichs beschränkt.
Die Bemühungen der Bauindustrie und der Verwaltung, eine solche Wirtschaftlichkeitsanalyse zu erstellen, wurden in mehreren Projekten [4, 5, 6, 7], die sich über fast zehn Jahre erstreckten, umgesetzt und führten erst im Jahr 2005 mit der Veröffentlichung eines neuen Allgemeinen Rundschreibens Straßenbau [8] zu einer Neuregelung.
2 Sichtweisen auf den Lebenszyklus
Die Bearbeitung des Themas Bauweisenvergleich war anfänglich davon geprägt, möglichst zeitnah eine Aussage zur Bewertung der Asphaltbauweise mit einer Deckschicht aus Splittmastixasphalt in Relation zu den übrigen Deckschicht- bzw. Deckenbelägen zu erzielen. Die begleitenden Untersuchungen hierzu waren von vornherein darauf ausgelegt, die Zielverfolgung über dieses Zwischenergebnis hinaus zu betreiben.
Grundsätzlich sind für die Durchführung einer vergleichenden wirtschaftlichen Betrachtung von Bauweisen zwei unterschiedliche Herangehensweisen denkbar. Für die erste werden eine Reihe von Neubaustrecken von Beginn an unter Beobachtung gestellt. Sämtliche Baumaßnahmen zur Erstellung des Streckenabschnitts werden dabei in ihren Kosten festgehalten und die erreichten Qualitäten dokumentiert. Während der anschließenden Nutzungsdauer werden die Verkehrsbelastungen, außergewöhnliche Wetterereignisse, Unfalldaten und die Daten der Zustandsentwicklung und -bewertung kontinuierlich erfasst. Zusätzlich zu diesen Daten werden die Kosten sowie die Art und der Umfang etwaiger Erhaltungsmaßnahmen einschließlich der Verkehrsführung im Baustellenbereich aufgenommen und in die Bewertung integriert.
Diese Vorgehensweise wurde bereits im Jahr 1996 von der Bundesanstalt für Straßenwesen in einem Projekt umgesetzt, das heute unter dem Titel „DEGES-Vergleich“ [5] bekannt ist. Die Namensgebung begründet sich in der Auswahl der Strecken aus der Zuständigkeit der Deutschen Einheit Fernstraßengesellschaft, wobei jedoch die Streckenabschitte mit einer Deckschicht aus Gussasphalt ausgenommen sind. Sie liegen in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Insgesamt wurden in diesem Projekt 21 Abschnitte mit zusammen mehr als 300 km als neu gebaute bzw. erneuerte Strecken unter Beobachtung gestellt.
Im einzelnen waren es
- 3 Strecken mit einer Deckschicht aus Gussasphalt,
- 6 Strecken mit einer Deckschicht aus Splittmastixasphalt,
- 2 Strecken mit Decken aus Beton auf Asphalttragschicht,
- 3 Strecken mit Decken aus Beton auf HGT ohne Vlies,
- 3 Strecken mit Decken aus Beton auf HGT mit Vlies,
- 4 Strecken mit Decken aus Beton auf ToB.
Die Verkehrsfreigaben dieser Streckenabschnitte lagen zum großen Teil in den Jahren von 1996 bis 2000, so dass die Gewährleistungsfristen mittlerweile überwiegend abgelaufen sind. Die in der bisherigen Nutzungsdauer aufgetretenen Schäden wurden mit einem visuellen Messsystem aufgenommen und im Anschluss ausgewertet sowie katalogisiert [9]. Trotz einiger auffälliger Schadensbilder (Bild 1) weisen die Strecken einen insgesamt als üblich zu bezeichnenden Schädigungsgrad auf.
Bild 1: Beispiele für festgestellte Schäden auf den Strecken des DEGES-Vergleichs [5, 9]
Ein Nachteil dieser Herangehensweise zur Streckenbeobachtung ist der relativ hohe Zeitaufwand, der benötigt wird, um erste vergleichende Aussagen zum bautechnischen und wirtschaftlichen Verhalten der jeweils betrachteten Bauweisen zu erhalten. Dies begründet sich in dem Sachverhalt, dass maßgebliche Schädigungen insbesondere an Betonbefestigungen erst nach vielen Jahren auftreten sollten, dann jedoch oft zu erheblichen Aufwändungen führen. Aus diesem Grund ist eine Wertung gegenüber den Asphaltbauweisen mit häufigeren und im Umfang geringeren Erhaltungsmaßnahmen erst mit Auftreten substanzieller Zerstörungen möglich.
Die zweite Herangehensweise versucht, diesen Nachteil zu minimieren, indem bereits langjährig unter Verkehr liegende Streckenabschnitte miteinander verglichen werden. Die in die Vergangenheit gerichtete Sicht sollte dabei zehn bis fünfzehn Jahre umfassen, um noch aktuelle Bauweisen berücksichtigen zu können und zu diesen noch belastbare Daten über den Aufbau, die Erhaltungsgeschichte und die Belastungen erhalten zu können. Um einen gesamten Life-Cycle, also eine komplette Nutzungsdauer der Befestigungen abbilden zu können, wird dann vom Ist-Zustand eine Prognose des weiteren Erhaltungsmanagements vollzogen.
Auch für diese Art der Betrachtung wurde ein Forschungsprojekt [6] iniziiert. Aufgrund des zeitsparenden Ansatzes der Methode stand diese Untersuchung für die Neuformulierung des 5-Marks-Erlasses im Mittelpunkt.
Da von Anfang an Zweifel daran bestanden, ob die für die Aufzeichnung der gesamten Erhaltungsgeschichte maßgeblichen Daten im ausreichenden Umfang und in hinreichender Qualität ermittelt werden konnten, wurde parallel zur Datensammlung eine bundesweite Befragung der Oberen Landesbaubehörden zum Verhalten der Bauweisen und zum Einfluss von Randbedingungen auf die Dauerhaftigkeit durchgeführt. In dem Procedere wurden die von den Ämtern benannten Personen in mehreren Durchgängen befragt, wobei sie bei jedem folgenden Turnus jeweils mit dem über alle Bundesländer gemittelten Befragungsergebnis der letzten Runde konfrontiert wurden. Interessanterweise ergab sich hier auf die Fragestellung „Halten Sie den im ARS Nr. 5/1996 genannten Betrag von 5 DM/m2 (Differenz SMA zu GA bzw. Beton) aus Ihrer Erfahrung in der Erhaltungspraxis für begründet?“ ein recht eindeutiges Bild: Immerhin waren mehr als 63 % der Befragten der Auffassung, dass der Erlass prinzipiell richtig sei, wobei mehr als 45 % sogar der Betragshöhe von 5 DM/m2 zustimmten.
Die Ergebnisse der Befragungsrunden mit den Oberen Baubehörden waren für die gesamte Bauweisenbewertung dieses Projektes von großer Bedeutung, denn sie galten stets als Validierungsgröße im Hintergrund der Datensammlung und konnte dort zurate gezogen werden, wo die Auswertungen zu weniger plausiblen Ergebnissen führten. Denn tatsächlich ist die Datengrundlage für derartige Analysen trotz großer Fortschritte in den vergangenen Jahren noch lange nicht so zuverlässig, dass zu allen Fragestellungen statistisch abgesicherte Antworten ermittelt werden konnten. Immerhin aber ist mit der allmählich in Quantität und Qualität fortschreitenden Aufbaudatenbanken der Länder und der Zusammentragung dieser in einen gemeinsamen Datenpool [10] eine Grundlage erwachsen, die für globale Anfragen durchaus zu nutzen ist. Ihr ist es zu verdanken, dass sich die Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und der bautechnischen Bewährung insgesamt mehr als RStO-konforme oder ähnliche (Fassung 86/89) 3 000 Autobahnstrecken mit in der Summe über 4 800 km stützen konnten. Sie teilten sich auf die Bauklassen SV, I und II bzw. III im Verhältnis 50 : 25 : 25 % auf und berücksichtigten die Betonbauweisen mit ca. 1 600 km und die Bauweisen mit einer Deckschicht aus Gussasphalt mit mehr als 1 900 km sowie die mit einer Deckschicht aus Splittmastixasphalt mit nahezu 1 300 km. Dabei war eine starke Konzentration der Bauweisen auf wenige Zeilen der Tafeln 1 und 2 der RStO festzustellen: So beschränkten sich sowohl die Asphalt- als auch die Betonbauweisen fast ausschließlich auf die Zeile 1. Bei den Betonbauweisen waren weiterhin beinahe 200 km nach Zeile 3 (Betondecke auf ToB) und wenige Kilometer in der Bauweise auf Asphalttragschicht (Zeile 2) vertreten.
Als beachtenswerter Unterschied in den Streckendaten ist weiterhin die Liegedauer zu nennen. Sie betrug bei den Betonbauweisen und der Asphaltbauweise mit einer Deckschicht aus Gussasphalt bis zu 40 Jahre, während sich die Splittmastixasphaltdeckschichten lediglich etwa 14 Jahre lang unter Verkehr befanden.
3 Analyse der Daten
Das Alter der in diesem Bauweisenvergleich berücksichtigten Strecken bezog sich jeweils auf die Liegedauer der Strecke nach dem Neubau bzw. einer grundhaften Erneuerung. Dieses Alter konnte durchaus zuverlässig aus den in [10] bereitgestellten Daten entnommen werden, es beinhaltete jedoch naturgemäß keine direkt verwertbare Information über die zugehörige Nutzungsdauer einer Bauweise. Das Alter wurde lediglich für die Ermittlung der erlittenen Belastungen seit Verkehrsfreigabe genutzt, wobei hierfür die Verkehrsbelastung aus dem Bezugsjahr 1997 zugrunde gelegt wurde. Von diesem Jahr aus wurden die jährlichen Belastungen entsprechend der Vorgaben der RStO in die Vergangenheit zurückgerechnet und die gesamte dimensionierungsrelevante Beanspruchung B [äquiv. 10-t-Achsübergängen] ermittelt. Als Alter einer Strecke war damit nicht mehr eine Jahresanzahl, sondern eine kumulierte Verkehrsbelastung definiert.
Im Gegensatz zur Liegedauer konnten die bisher durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen nicht streckenspezifisch zugeordnet werden. Hierfür wurde auf die aktuellste zur Verfügung stehende Kampagne der Zustandserfassung und Bewertung (ZEB) zurückgegriffen. Aus dieser Einzelkampagne, die aber alle Strecken mit unterschiedlichen Liegedauern überfuhr, konnte durch Verknüpfung der Zustandsdaten mit dem jeweiligen Alter eine Vielzahl von Stützpunkten für die Verhaltensfunktionen ermittelt werden. Für alle Bauweisen wurden Verhaltensfunktionen für die Längsebenheit (AUN), die Risse in der Oberfläche und die Griffigkeit getrennt nach Haupt- und Überholfahrstreifen berechnet. Für die Asphaltbauweisen wurde die Verhaltensfunktion für die Spurrinnentiefe zusätzlich bestimmt. Diese Verhaltensfunktionen müssen jedoch als statistisch nur unbefriedigend abgesichert angesehen werden, da viele Korrelationskoeffizienten bei 0,5, teilweise sogar deutlich darunter lagen. Ihr Verlauf entscheidet jedoch gleichzeitig im Zusammenspiel mit einem ebenfalls nicht sicher anzugebenden Eingreifzeitpunkt über die Erfordernis einer Erhaltungsmaßnahme zur Beseitigung des Schadens. Die Verhaltensfunktionen und die Eingreifzeitpunkte wurden deshalb nicht unreflektiert für die weiteren Analysen übernommen, sondern anhand weiterer Untersuchungen [1] und der Expertenbefragung eingehend diskutiert und zu einer bautechnisch sinnvoll erscheinenden Festlegung geführt. Die Erhaltungsmaßnahmen wurden letztendlich bei den Betonbauweisen durch Überschreitung des Kriteriums der Risse in der Oberfläche (nach 32 Mio. äquiv. 10-t-AÜ) und bei den Asphaltbauweisen durch eine bestimmte Spurrinnentiefe (nach 27 Mio. bei GA, 18 Mio. bei SMA) ausgelöst.
Auch bei der Abschätzung der strukturell möglichen Nutzungsdauern der Bauweisen fehlen verwendbare Daten. Auswertungen von Erhaltungsmaßnahmen hinsichtlich grundhafter Erneuerungen auf der Basis von Netzanalysen oder anhand von 631 erfassten Baustellen [11, 12] brachten hier zwar Anhaltswerte, belastbares und aktuelles Datenmaterial konnten diese Quellen jedoch nicht liefern. Überdeckt man jedoch alle zur Verfügung stehenden Auswertungen und gesammelten Erfahrungen [13] mit der durchgeführten Expertenbefragung kommt man doch zu einem Bild, das zumindest eine Tendenz der Verhältnisse zeigt (Tabelle).
Sowohl für den Neubau als auch für die Erhaltungsmaßnahmen sind für den wirtschaftlichen Vergleich Kostendaten erforderlich. Da diese sowohl regionalen als auch zeitlichen und konjunkturellen Schwankungen unterworfen sind, ist es grundsätzlich in Frage zu stellen, ob streckenspezifische Kosten für einen Bauweisenvergleich genutzt werden sollten. Liegt ein ausreichend großer und gleichmäßig verteilter Datenbestand zur Auswertung vor, kann man davon ausgehen, dass sich diese Kostenstrukturen zu einem Mittelwert homogenisieren lassen. Dies erscheint in Anbetracht der genannten Datenumfänge durchaus gegeben. Zudem war es möglich, Kostendaten zu nutzen, die auf Musterkalkulationen ohne Ansatz von konjunkturellen Größen wie beispielsweise den Zuschlag von Wagnis und Gewinn erstellt wurden [14]. Mithilfe dieser Daten war es möglich, alle anzusetzenden Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen in ihren Teilleistungen kalkulatorisch anzusetzen (Bild 2) und über den gesamten Life-Cycle aufzusummieren, um damit zu den Gesamtkosten einer Bauweise inclusive der Baustellenkosten zu gelangen. Dabei wurden neben den bereits erwähnten Maßnahmen zur Beseitigung der Spurrinnen und der Risse in der Oberfläche für alle Bauweisen auch griffigkeitsverbessernde Maßnahmen sowie eine Fugenpflege bei den Betonbauweisen berücksichtigt. Entsprechend der zugrunde liegenden Verhaltensfunktion und in Abhängigkeit von der Verkehrsbelastung konnten die Erhaltungsmaßnahmen dabei durchaus mehrfach angesetzt werden.
Tabelle 1: Zusammenstellung unterschiedlicher Quellen für die Abschätzung der Nutzungsdauern von Aufbauschichten und Bauweisen
Weiterhin gehören zu den Kosten einer Bauweise aus volkswirtschaftlicher Sicht auch die sogenannten Nutzerkosten, die diejenigen Kosten zusammenfassen, die sich als Zeitverzögerungen infolge Verkehrsbehinderungen im Baustellenbereich ergeben. Reduzierte Geschwindigkeiten schlagen hier bei fließendem Verkehr nur wenig zu Buche und können deshalb ignoriert werden, bei Staubildung hingegen summieren sich die Kosten schnell in Höhen, die die reinen Baukosten als Bauweisenkennwert leicht relativieren. So ergeben sich beispielsweise für hohe Verkehrsbelastungen von mehr als 60 000 Kfz pro Tag und einem Schwerverkehrsanteil von über 20 % durchaus Kostensätze, die bei täglich 1 Mio. € liegen können. Der Ansatz solcher sich rechnerisch ergebenden Nutzerkosten würde den Bauweisenvergleich einerseits allein auf die Behinderung des Verkehrs reduzieren und somit ad absurdum führen, andererseits ist eine vollständige Ignorierung der tatsächlich verursachten Kosten realitätsfremd und negiert damit reell vorhandene Vorteile bestimmter Bauweisen. Im Kosten-Nutzen-Vergleich der Bauweisen wurden deshalb als Kompromiss diejenigen Kostensätze als Nutzerkosten berücksichtigt, die als „vertretbare Mehrkosten“ einer Baumaßnahme bei Verkürzung der Bauzeit anerkannt sind (Beschleunigungsvergütung gemäß [15, 16]).
Bild 1: Beispiel einer Kalkulation anhand der in [14] erhobenen Kostendaten für eine Deckenerneuerung bei Betonbauweisen
4 Indizien als Analyseergebnisse
Aus der Vielzahl der variierbaren Randparameter bei der rechnerischen Durchführung des Bauweisenvergleichs ergaben sich ca. 1 800 Fallidentitäten. Sie unterschieden neben den einzelnen Bauweisen beispielsweise die Bauklasse, den Regelquerschnitt, die Anzahl der Fahrstreifen und die Verkehrsführung im Baustellenbereich. Entsprechend der vielfältigen Fallidentitäten gestaltet sich die übersichtliche Darstellung der Ergebnisse schwierig und kann deshalb im Folgenden nur zusammenfassend wiedergegeben werden. Die belastbaren Ergebnisse sind zudem im ARS 05/2005 veröffentlicht worden, wonach grundsätzlich zwei Fälle für die Bauweisenbewertung zu unterscheiden sind:
Fall A: bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Verkehrsbelastung in Höhe von B ≥ 70 Mio. bei 2-streifiger bzw. B ≥ 85 Mio. bei 3-streifiger Richtungsfahrbahn
Fall B: bei Vorliegen einer hohen Verkehrsbelastung in Höhe von 10 Mio. ≤ B ≤ 70 Mio. bei 2-streifiger Richtungsfahrbahn bzw. 10 Mio. ≤ B ≤ 85 Mio. bei 3-streifiger Richtungsfahrbahn.
Grundlage dieser Unterteilung der beiden Fälle sind die Ergebnisse der Berechnungen, nach denen oberhalb einer bestimmten Verkehrsbelastung die Erhaltungsaufwändungen bei der Asphaltbauweise mit Splittmastixasphaltdeckschicht so stark ansteigen, dass die Verkehrsbehinderungen ein nicht mehr hinnehmbares Maß erreichen und selbstverständlich zu erheblichen Mehrkosten führen. Hätte man die Deckschicht aus Splittmastixasphalt weiterhin für die Strecken mit einer außergewöhnlichen Verkehrsbelastung zugelassen – dies entspricht etwa 10 % des Netzes der Bundesautobahnen –, hätte man auf diesen Streckenabschnitten Instandsetzungsmaßnahmen in einem etwa 6- bis 7-jährigen Turnus akzeptiert. Dies erschien in Anbetracht anderer Möglichkeiten als nicht hinnehmbar.
Die im Fall der hohen Verkehrsbelastungen ausgewiesenen vorzunehmenden Erhaltungsaufwändungen für den Splittmastixasphalt in Höhe von 1,80 €/m2 sind etwas geringer, als es das ARS aus dem Jahr 1996 vorsah. Dies begründet sich teilweise in der Begrenzung der Verkehrsbelastung, stellt aber nach den Berechnungsergebnissen das eher eine Untergrenze der tatsächlich zu erwartenden Aufwändungen dar.
Insgesamt liefern die Ergebnisse des Kosten-Nutzen-Vergleichs innerhalb der Asphalt- und Betonbauweisen durchaus plausible Abstufungen. So werden die Betonbauweisen auf Asphalttragschicht und auf Tragschichten ohne Bindemittel als wirtschaftlich vorteilhaft gegenüber der Bauweise auf hydraulisch gebundener Tragschicht bewertet, wobei auch die zusätzlich angeordnete Vlieslage noch einmal positivere Ergebnisse liefert. Weiterhin werden für zweistreifige Richtungsfahrbahnen wirtschaftliche Abwertungen gegenüber den dreistreifigen und weitere für das Vorliegen besonderer Beanspruchungen und hohe Verkehrsbelastungen ausgewiesen.
5 Möglichkeiten einer Verbesserung des Bauweisenvergleichs
Trotz der überwiegend plausiblen bisherigen Analyseergebnisse hinsichtlich des Rankings in vielen Fallidentitäten müssen die Berechnungen insgesamt durchaus kritisch betrachtet werden, denn es darf nicht vergessen werden, dass die Datengrundlage für weitere Aussagen zur Bauweisenbewertung in vielen Bereichen nur unzureichend abgesichert ist. Die ganzheitliche Betrachtung der Bauweisen wird jedoch für eine über den reinen Angebotspreis hinausgehende Bewertung und auch für die Kalkulation in privatwirtschaftlichen Bauverträgen benötigt. Vordringliches Ziel bei der Fortentwicklung des Bauweisenvergleichs muss deshalb eine Verbesserung der Datengrundlage sein.
Gleichzeitig besteht die Schwierigkeit, dass der Bauweisenvergleich bislang zwischen den Bauweisen aus Beton und Asphalt zu einer deutlich unterschiedlichen Bewertung führt, was den bisherigen Erfahrungen zuwiderläuft und auch den Ergebnissen der im Forschungsprojekt integrierten Befragung der Oberen Baubehörden widerspricht.
Um beide Problematiken anzugehen, wurde ein Folgeprojekt initiiert [17], das sich aktuell in der Bearbeitung befindet. Neben einer Integration neuerer Daten der Zustandserfassung und Bewertung sowie zu den Verhaltensfunktionen, für die auch die vergleichende Bewertung von Neubaustrecken an den DEGES-Strecken genutzt werden wird, soll das hier fortentwickelte Bewertungsverfahren vor allem einen Restwert der Bauweisen mit in Ansatz bringen. Mit dem mittlerweile abgeschlossenen Forschungsprojekt „Vergleichende Bewertung der Restsubstanz von Asphaltbefestigungen nach langjähriger Verkehrsnutzung“ [18] besteht die Hoffnung, dass mit einer Umkehrung des in der RDO Asphalt umgesetzten Dimensionierungsverfahrens auch eine Bestimmung der Restnutzungsdauer möglich ist. Sollte sich dies in der nun anzugehenden Validierung des Verfahrens bestätigen, stände ein Instrumentarium zur Verfügung, das einen direkten Bezug der Bewertung für die Asphaltbauweisen auf den Life-Cycle der Betonbauweisen zuließe. Bisher sind hier vereinfachte Annahmen getroffen worden, die offensichtlich die Relation der beiden Bauweisenarten nicht zutreffend beschreiben.
Die wirtschaftliche Betrachtung des Ausfallzeitpunktes soll sich aber nicht nur auf den Substanzzustand der Befestigung beziehen. Zusätzlich soll auch die Qualität der Fahrbahnoberfläche in Ansatz gebracht werden, so dass zum Ende des Betrachtungszeitraums eine Aufsummierung derjenigen Erhaltungsmaßnahmen stattfinden soll, die für die Wiederherstellung des Neubauzustandes durchzuführen wären. Die Maßnahmen werden mit prognostizierten Zeitpunkten versehen und die zugehörigen Kosten auf den festgelegten Zeitpunkt abgezinst.
Das bestehende Bewertungsverfahren für Bauweisen wird also zum einen mit qualitativ verbesserten Daten versehen und gleichzeitig um weitere Elemente erweitert. Gleichzeitig muss jedoch angestrebt werden, dass ein solches Verfahren für den Nutzer noch nachvollziehbar bleibt und deshalb mit möglichst wenigen und vergleichsweise einfachen Zusammenhängen arbeitet. Vordringliches Ziel wird es aber sein, zunächst ein die wirklichen Verhältnisse beschreibendes Verfahren zu entwerfen, das anschließend sukzessive von vernachlässigbaren Einflüssen befreit wird.
6 Zusammenfassung
Ziel der vorgestellten Forschungsprojekte war es, möglichst zeitnah zu einem Kosten- Nutzen-Vergleich von Bauweisen aus Beton und Asphalt zu gelangen, um erforderliche Mehraufwändungen im Erhaltungsaufwand von bestimmten Fahrbahnbefestigungen von vornherein im Zuge der Angebotsbewertung berücksichtigen zu können. Die durchgeführten umfangreichen Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und bautechnischen Bewährung von Fahrbahnbefestigungen haben die erforderlichen Erkenntnisse erbracht, um den aus dem Jahr 1996 stammenden 5-Marks-Erlass durch ein 2005 veröffentlichtes neues Allgemeines Rundschreiben Straßenbau zu novellieren.
Für ein anwendbares Verfahren für eine wirtschaftliche Betrachtung von Bauweisen über den gesamten Lebenszyklus ist eine weitere Bearbeitung des Themas unabdingbar, da sowohl die Eingangsdaten als auch das Verfahren an sich für weitergehende Aussagen, zur Bewährung der Bauweisen, nicht ausreichend qualifiziert sind. Eine derartige Bewertungsmethode wird jedoch dringend für die Erstellung und Beurteilung von Angeboten für Bauleistungen vor allem in Funktionsbauverträgen benötigt. Im Rahmen der Angebotsbewertung ist hier von der vergebenden Stelle zu begutachten, ob die vorgeschlagene Bauweise, dass zugehörige Erhaltungsmanagement inklusive der geplanten Verkehrsführung plausibel, wirtschaftlich vertretbar und mit den übrigen Angeboten vergleichbar kalkuliert wurde. Es wird deshalb angestrebt, dass sich bereits die anbietenden Bauunternehmen einer definierten Methode der bautechnischen und wirtschaftlichen Bewertung bedienen.
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