FGSV-Nr. FGSV A 39
Ort Weimar
Datum 05.05.2009
Titel Bewertungshintergrund für Prüfverfahren zur Griffigkeitsprognose
Autoren Ltd. Akad. Dir. Dr.-Ing. Thomas Wörner
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Der Prognose der Griffigkeitsentwicklung von Fahrbahnbelägen kommt aufgrund der allgemeinen Forderung nach verkehrssicheren Straßenoberflächen eine zunehmende Bedeutung zu. Für die zweite Generation der europäischen Asphalt-Normen ist vorgesehen, ein Laborprüfverfahren zu normen, mit dem die Griffigkeitsentwicklung vorhergesagt werden kann. Nachdem in Deutschland im Laufe der letzten vierzig Jahre Erfahrungen mit dem Prüfverfahren Wehner/ Schulze gesammelt worden sind, liegt es nahe, dieses Prüfverfahren mit den entsprechenden Fortschreibungen nach Europa weiterzureichen. Unterstützung ist dabei aus den europäischen Ländern zu erwarten, die sich in den vergangenen Jahren mit dem Verfahren beschäftigt haben. Ein wesentlicher Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass Erfahrungen aus einem langen Zeitraum vorliegen, neue Forschungsergebnisse mit dem Verfahren ermittelt wurden und neben Gesteinskörnungen unterschiedlicher Korngröße auch Fahrbahnoberflächen geprüft werden können.

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1 Ausgangssituation

Jeder Verkehrsteilnehmer erwartet – unausgesprochen – eine griffige Fahrbahnoberfläche, die ihm auch bei Nässe einen ausreichend kurzen Bremsweg bietet. Hierbei kennzeichnet die Griffigkeit die Wirkung der Textur und der stofflichen Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche auf den Kraftschluss zwischen Fahrzeugreifen und Fahrbahn unter festgelegten Bedingungen.

Bereits in der 1960er Jahren haben sich Wehner und Schulze mit den Fragen der Griffigkeit sowie eines Prüfverfahrens zur Griffigkeitsprognose beschäftigt [1] und in der Folge das Prüfverfahren Wehner/Schulze (PWS) entwickelt. Mit diesem Verfahren werden seither grobe und feine Gesteinskörnungen sowie Fahrbahnoberflächen aus Asphalt und Beton untersucht. Leider stand das Verfahren nur an zwei Stellen in Deutschland zu Verfügung, so dass es keinen weit reichenden Bewertungshintergrund an mehreren Prüfstellen gab. In den 1990er Jahren entschloss sich Dr. Gauer, mit dem Polier- und Griffigkeitsmessgerät (PGM) ein eigenes Gerät zu konzipieren und zu validieren [2]. Seit 2001 stehen auch Prüfgeräte der „neuen Generation“ für das Prüfverfahren Wehner/ Schulze zu Verfügung. In der Folgezeit kam es dann zu weiteren Entwicklungen von Prüfgeräten, die im Rahmen von Gutachten zum Einsatz kamen.

Die Diskussionen um die Griffigkeit bzw. deren Sicherstellung führten zur Aufnahme von Anforderungen an die Polierbarkeit von groben Gesteinskörnungen in die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt“ (ZTV Asphalt-StB 94) – mit Änderungen und Ergänzungen, Ausgabe 1994/Fassung 1998 [3]. Ergänzend wurden in dieser Ausgabe die Asphaltbetone von der Verwendung in den Bauklassen SV und I ausgenommen. In den ZTV Asphalt-StB 01 [4] wurden dann zusätzlich Anforderungen an die Griffigkeit der fertigen Oberfläche bei Abnahme und zum Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung (Mängelansprüche) festgeschrieben; diese Griffigkeitswerte waren mit der SCRIM (heute SKM) zu ermitteln. Ergänzend erfolgte in dieser Ausgabe die Festlegung, dass alle Deckschichten zur Erhöhung der Anfangsgriffigkeit abzustreuen sind.

Die Verankerung von Anforderungen im Technischen Regelwerk für den Straßenbau hat zwangsläufig dazu geführt, dass sowohl die Asphalt- als auch die Bauindustrie Verfahren zur zielsicheren Prognose der Griffigkeitsentwicklung forderte. Ziel war hier natürlich ein Verfahren, mit dem die Griffigkeit zum Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung (Mängelansprüche) ermittelt werden kann.

Aus dieser Situation heraus wurde die Vorstudie „Untersuchung zur Qualifizierung von Geräten zur Prognose von Griffigkeitskennwerten“ [5] erstellt, in der Prüfgeräte ermittelt werden sollten, die sich als geeignet für weitere Untersuchungen zur Griffigkeitsentwicklung zeigen. Über die Ergebnisse wurde in [6,7] ausführlich berichtet. Aufbauend auf den Ergebnissen der Vorstudie kam der Forschungsauftrag „Bewertungshintergrund für Verfahren zur Griffigkeitsprognose“ [8] zur Ausführung. Über die Ergebnisse dieser Vorhaben wird nachfolgend zusammenfassend berichtet.

Parallel zu den aufgeführten Vorhaben wurden mit dem Prüfverfahren Wehner/ Schulze an verschiedenen Stellen Vergleichsversuche an Gesteinskörnungen und an Asphaltoberflächen durchgeführt, um erste Anhaltswerte für die Verfahrenspräzision zu erhalten [10,11]. Die Versuche konnten durchgeführt werden, nachdem in Deutschland inzwischen 12 PWS-Geräte der neuen Generation betrieben werden.

2 Aktuelle Entwicklung

Die europäische Asphaltnormung beschäftigt sich in der zweiten Generation mit Prüfverfahren zur gebrauchsorientierten Bewertung auch von Straßenoberflächen. Für die Prüfverfahren kann hier auf bereits harmonisierte Normen zurückgegriffen werden, teilweise sind jedoch auch nationale Normen in die Diskussion einzubringen, für andere Aspekte müssen harmonisierte Normen neu erstellt werden. Derzeit wird für diese Normengeneration eine Prioritätenreihung für Kenngrößen in den Themenbereichen „Sicherheit und Fahrkomfort“,

„Dauerhaftigkeit“, „Umwelt“ und „Nachhaltigkeit“ erstellt. Dabei sind in [9] unter dem Themenbereich „Sicherheit und Fahrkomfort“ nachfolgende Kenngrößen und zugehörige Normbezüge aufgeführt:

Dränagevermögen            EN 13036-1, EN 12697-19

Helligkeit                            Rückgriff auf deutsche, dänische und/oder französische Norm

Querebenheit                     EN 12697-16, 20, 21, 22, 25

Längsebenheit                   offen Griffigkeit

In situ                                 schnell fahrende, nationale Verfahren

Im Labor                            EN 1097-8, Prüfverfahren Wehner/ Schulze.

Europaweit gibt es ca. 20 unterschiedliche, schnell fahrende Griffigkeitsmessverfahren, die jeweils national geregelt sind und für die nationale Bewertungshintergründe vorliegen. Da die Verfahren auf schräg gestellten Rädern, Rädern mit Schlupf, profilierten und nicht profilierten Reifen unterschiedlicher Konstellationen basieren, ist eine Harmonisierung nicht möglich, die Europäische Normung soll hier nicht eingreifen.

Für die Laborverfahren zur Griffigkeitsmessung sind die EN 1097-8 (PSV – polish stone value) und das Prüfverfahren Wehner/Schulze (PWS) aufgeführt. Nachdem zwischen dem PSV und dem Griffigkeitsverhalten von Fahrbahnoberflächen kein Zusammenhang besteht, hat die EN 1097-8 für die 2. Generation der Asphaltnormen keine Grundlage (Bild 1).

Bild 1: Vergleich PSV und μSKM

Neben den in Deutschland betriebenen PWS-Geräten stehen in Frankreich vier Geräte, in Österreich zwei Geräte und in Großbritannien ein Gerät. Durch diese Konstellation und die bislang in den unterschiedlichen Ländern jeweils vorliegenden Erfahrungen kommt dem Prüfverfahren Wehner/Schulze auch europäisch eine große Bedeutung zu, andere Prüfverfahren werden nicht mehr in Bezug genommen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich somit ausschließlich auf das Prüfverfahren Wehner/Schulze. In den Gremien der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen wurde folgerichtig eine Prüfanweisung für das Prüfverfahren Wehner/Schulze erstellt, in der sowohl die Prüfung an Gesteinskörnungen als auch an Asphalt- und Betonoberflächen beschrieben ist. Diese Prüfanweisung wird in englischer Fassung an die europäischen Normungsgremien weitergeleitet.

3 Das Prüfverfahren Wehner/Schulze

Bei dem Prüfgerät Wehner/Schulze handelt es sich um eine rechnergesteuerte Maschine, in der Proben auf ihre Polierbarkeit und Griffigkeitsentwicklung hin untersucht werden können.

Das Gerät (Bild 2) besteht aus einem Maschinengehäuse mit dreistufiger Messapparatur (Poliereinheit, Wascheinheit, Griffigkeitsmesseinheit), einem Behälter für das Wasser-Quarzmehl-Gemisch und einem PC zur Datenaufzeichnung und -verarbeitung.

In der Poliereinheit bewegen sich drei absenkbare Polierrollen unter kontinuierlicher Zufuhr eines Wasser-Quarzmehl-Gemisches mit einem definierten Schlupf und Anpressdruck über die Prüfoberfläche und simulieren zeitraffend den in der Praxis auftretenden Kontaktdruck zwischen Reifen und Fahrbahn.

Die nach dem Poliervorgang auf der Oberfläche und in den Zwischenräumen verbleibenden Rückstände von Materialabtrag und Quarzmehl werden in der Wascheinheit mit feinen Wasserstrahldüsen entfernt, um ein durch Verunreinigung verfälschtes Messergebnis zu vermeiden.

Ein in Rotationsbewegung befindlicher, elektronisch auskuppelbarer Messkopf mit drei Messgummis wird unter Zugabe von Wasser auf die Prüfoberfläche abgesenkt. Hierbei findet in der Griffigkeitsmesseinheit ein Abbremsvorgang des Messkopfes statt. Durch die kontinuierliche Messung des dabei auftretenden Drehmomentes kann die Reibkraft bis zum Stillstand des Messkopfes aufgezeichnet werden. Bei der Prüfung herrscht ein mittlerer Anpressdruck von 0,20 N/m².

Bild 2: Ansicht des Prüfgerätes Wehner/Schulze (links); Polierrollen (rechts, oben) Griffigkeitsmesseinrichtung (rechts, unten)

Als Resultat zahlreicher Untersuchungen an Asphaltmischungen mit dem ursprünglichen PWS-Gerät wurde an der TU Berlin die nachfolgend erläuterte Systematik der Untersuchung der Griffigkeitsentwicklung erarbeitet. Entsprechend dieses Prüfschemas wird die Veränderung der Griffigkeit einer Oberfläche in den einzelnen, nachfolgend aufgelisteten Polier-Zuständen zusammengefasst:

[0] Zustand Griffigkeitsmessung im Ausgangszustand der Probe

[1] Zustand Griffigkeitsmessung nach 90 000 Überrollungen

[2] Zustand Griffigkeitsmessung nach einem definierten Sandstrahlvorgang

[3] Zustand Griffigkeitsmessung nach weiteren 90 000 Überrollungen

[4] Zustand Griffigkeitsmessungen ohne weitere Polierbeanspruchung.

Die Griffigkeitsmessung in den aufgeführten Zuständen gibt punktuell die Griffigkeit bei unterschiedlicher Beanspruchungsdauer wieder, zeigt jedoch nicht den kontinuierlichen Verlauf der Griffigkeitsentwicklung einer Oberfläche im Laufe der Beanspruchungsdauer an. Für die Untersuchungen im Rahmen der Schaffung eines Bewertungshintergrundes [8] wurde die Griffigkeit nicht entsprechend den aufgeführten Zuständen sondern nach vorgegebenen Überrollungen (an 10 Punkten) ermittelt. Durch diese Art der Aufzeichnung kann die Griffigkeitsentwicklung ermittelt werden (s. Bild 3).

Die aufgezeichneten Griffigkeitsbeiwerte μ können als Logarithmusfunktion in Abhängigkeit von der Anzahl an Überrollungen – zumindest bei Asphaltoberflächen – mit sehr hoher Genauigkeit dargestellt werden.

In [5] wurden auch Versuche zur Darstellung der Wiederholpräzision des Prüfverfahrens an unterschiedlichen Asphaltoberflächen (direkt nach Herstellung/unvorbehandelt, gesandstrahlt) durchgeführt. Für die jeweils zugeordneten Polier-Zustände ergaben sich die im Bild 4 aufgeführten Boxplots (50 % der Messwerte liegen in den roten Rechtecken).

An den Boxplots ist zu erkennen, dass die Wiederholpräzision des Verfahrens vor allem zu Versuchsende sehr gut ist, direkt nach dem Sandstrahlen (Zustand 2, rechtes Diagramm) ergeben sich größere Streuungen.

Vergleichsversuche an Asphaltoberflächen und an Gesteinskörnungen haben gezeigt, dass die Präzision des Verfahrens durch eine verbesserte Beschreibung der Probenvorbereitung und eine detailliertere Untersuchung des Poliervorganges (Quarzmehlfluss) noch deutlich verbessert werden kann [10,11]. Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei den ersten Vergleichsversuchen im Jahr 2004 die Handhabung des Verfahrens noch nicht in allen Prüfstellen wirklich „verinnerlicht“ war.

Bild 3: Vergleich der Ermittlung der Zustände entsprechend der Vorgehensweise der TU Berlin und der Ermittlung der Griffigkeitsentwicklung

Bild 4: Boxplots zur Darstellung der Wiederholpräzision des Prüfverfahrens Wehner/Schulze [5]

4 Bewertungshintergrund

Zur Ermittlung des Bewertungshintergrundes wurden in [8] drei Asphaltstrecken ausgewählt, die zum Untersuchungszeitpunkt schon sieben bis vierzehn Jahre unter Verkehr gelegen haben. Zwei Strecken lagen auf Bundesautobahnen, die Deckschicht bestand jeweils aus Splittmastixasphalt 0/11S, und eine Strecke lag auf einer stark befahrenen Bundesstraße und hatte einen Asphaltbeton 0/11S als Deckschicht. Grundsätzlich ist hier – bevor auf die Ergebnisse eingegangen wird – festzustellen, dass mit insgesamt drei Strecken kein Bewertungshintergrund geschaffen werden kann, der Umfang wäre gegebenenfalls deutlich zu erhöhen, die Vorgehensweise hat sich jedoch als sinnvoll erwiesen und kann beibehalten werden.

An den ausgewählten Strecken wurden in der Rollspur des ersten und des zweiten Fahrstreifens sowie – falls vorhanden – auf dem Standstreifen SKM-Messungen durchgeführt. Aus der Auswertung dieser Messungen wurde abgeleitet, an welcher Stelle (Station) Bohrkerne mit einem Durchmesser von 225 mm für die Laboruntersuchungen entnommen werden sollen. Es wurden auf beiden Fahrstreifen und dem Standstreifen je 10 Bohrkerne gezogen, an denen im Labor der Gleitbeiwert mit PWS ermittelt wurde. Durch die direkte Zuordnung der 1-m-Werte (gemessen mit der SKM) und der im Labor mit PWS ermittelten Werte, sollte festgestellt werden, ob ein Zusammenhang zwischen den Messverfahren vorhanden ist. Eine direkte Zuordnung konnte erfolgen, da die 1-m-Werte mit Kilometrierungen versehen waren und die Bohrkerne an den entsprechenden Stellen entnommen worden sind. Das Bild 5 zeigt, dass sich bei einer direkten Zuordnung kein Zusammenhang ergibt, mit dem von in Prognoseprüfungen ermittelten Laborwerten auf die Werte in situ geschlossen werden kann. Die ermittelten Ergebnisse des ersten und zweiten Fahrstreifens verwundern in ihrer Höhe nicht, da beide Fahrstreifen eine nahezu identische Verkehrsbelastung aufweisen.

Bild 5: Vergleich der mit SKM und mit PWS gemessenen Gleitbeiwerte (direkte Zuordnung) [8]

Werden die Messwerte jedoch je Messfeld nach ihrer Größe geordnet und erst dann zugeordnet (kleinster Wert PWS zu kleinstem Wert SKM, …, größter Wert PWS zu größtem Wert SKM), so ergibt sich der im Bild 6 wiedergegebene Zusammenhang.

Aus dem Bild 6 ist abzulesen, dass sich ein Zusammenhang zwischen den Messwerten im Labor und den Messwerten in situ ergibt, jedoch mehrere Proben zu untersuchen sind, um einen repräsentativen Wert für das Messfeld zu bekommen. Unabhängig davon zeigt sich aber auch, dass sich je nach Asphalt unterschiedliche Zusammenhänge ergeben. Aus diesen Erkenntnissen ist wiederum abzuleiten, dass für die Schaffung eines Bewertungshintergrundes auf die Ergebnisse von zahlreichen Strecken zurückzugreifen ist.

An den aus den Strecken entnommenen Bohrkernen wurde mit PWS die weitere Griffigkeitsentwicklung aufgezeichnet. Im Bild 7 sind die Ergebnisse für den 1 Fahrstreifen, den 2. Fahrstreifen und den Standstreifen als Mittelwert aus den jeweils 10 Bohrkernen wiedergegeben.

Das Bild 7 zeigt, dass sich – unabhängig vom Fahrstreifen - bei allen Bohrkernen eine vergleichbare Endgriffigkeit ergibt, der Unterschied in Höhe von 0,02 PWS-Einheiten liegt im Bereich der Verfahrenspräzision. An den Bohrkernen aus dem Standstreifen zeigt sich aber auch, dass hier nach anfänglich starkem Griffigkeitsabfall (bis ca. 5 000 Überrollungen) die weitere Griffigkeitsabnahme langsam verläuft, das heißt noch eine deutliche Reserve vorhanden ist. Aus dem Vergleich mit den Fahrstreifen ist abzuleiten, dass diese Reserve der Verkehrsbelastung bis zum Zeitpunkt der Bohrkernentnahme entspricht, also ca. 50 Mio. Überrollungen (Gesamtverkehr) bzw. 6 Mio. Überrollungen durch Schwerverkehr.

Bild 6: Vergleich der mit SKM und mit PWS gemessenen Gleitbeiwerte (Zuordnung nach Reihung) für Splittmastixasphalt und Asphaltbeton [8]

Bild 7: An den entnommenen Bohrkernen ermittelte Griffigkeitsentwicklung (Mittelwert aus jeweils 10 Bohrkernen) [8]

Im Hinblick auf Prognoseuntersuchungen wurden zusätzlich Asphaltprobeplatten mit dem Walzsektorverdichter hergestellt. Das Mischgut für die Probeplatten entsprach in seiner Zusammensetzung und in der Herkunft der Gesteinskörnungen den Vorgaben der dem Bau der Strecken zugrunde liegenden Eignungsprüfung. Der nach Herstellung der Laborplatten noch vorhandene Bindemittelfilm an der Oberfläche wurde gezielt durch Sandstrahlen entfernt. Hierzu kam eine automatische Sandstrahleinrichtung zum Einsatz, die gewährleistet, dass die gesamte Probenoberfläche gleichmäßig bearbeitet wird. Das Sandstrahlen erfolgte mit unterschiedlichen Zeitdauern, um hierdurch den Einfluss des Strahlens besser feststellen zu können und auch eine Sandstrahldauer festlegen zu können, mit welcher der Verlauf der Griffigkeitsabnahme näherungsweise dem der Bohrkerne aus dem Standstreifen entspricht. Im Bild 8 sind die Ergebnisse der Versuche an den mit unterschiedlichen Sandstrahldauern beaufschlagten Asphaltprobeplatten wiedergegeben. Die nähere Auswertung zeigt hierbei, dass für weitere Versuche von einer Sandstrahldauer von 4 Minuten auszugehen ist. Aus der Abbildung ist aber auch ersichtlich, dass die an den Platten ermittelte Endgriffigkeit um ca. 0,1 PWS-Einheiten unter den an den Bohrkernen ermittelten Endgriffigkeiten liegt. Dies kann derzeit nur mit einer unterschiedlichen Oberflächenstruktur erklärt werden, Untersuchungen hierzu stehen noch aus.

Bild 8: An den Asphaltprobeplatten nach unterschiedlicher Sandstrahldauer ermittelte Griffigkeitsentwicklung [8]

5 Aktuelle Entwicklung

Aufgrund der vorliegenden neuen Erkenntnisse zu dem Prüfverfahren Wehner/Schulze wurde in den Gremien der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen angeregt, eine Technische Prüfvorschrift für die „Bestimmung der Griffigkeitsentwicklung von Oberflächen mit dem Prüfverfahren Wehner/Schulze (PWS)“ zu erstellen. In der daraufhin eingerichteten ad-hoc-Gruppe arbeiteten Mitarbeiter aus den FGSV Arbeitsgruppen 4 „Infrastrukturmanagement“, 6 „Gesteinskörnungen, Ungebundene Bauweisen“, 7 „Asphaltbauweisen“ und 8 „Betonbauweisen“ mit. Der inzwischen vorliegende Entwurf umfasst – nach langer Diskussion – sowohl die Prüfung an groben und feinen Gesteinskörnungen als auch die Prüfung von Asphalt- und Betonoberflächen. Im Hinblick auf die beabsichtigte Weitergabe des Papiers an die europäischen Normungsgremien wurden die bereits in den TP Gestein-StB Teil

5.4.2 [12] definierte Prüfung an groben und feinen Gesteinskörnungen nahezu wortgleich übernommen. Grundsätzlich ist die Prüfvorschrift in ihrer Gliederung mit den Punkten

  • Anwendung,
  • Beschreibung des Verfahrens,
  • Geräte und Prüfmittel,
  • Durchführung der Prüfung
  • Gesteinskörnungen (grob, fein)
  • Asphalt- und Betonoberflächen,
  • Auswertung, Angabe der Ergebnisse,
  • Angaben im Prüfbericht

an die Gliederung der TP Asphalt-StB angeglichen. Der Entwurf der Prüfvorschrift wird derzeit in den Gremien der FGSV diskutiert.

Für die Prüfung der Asphaltoberflächen wurden Festlegungen getroffen, die in dieser Form bislang noch nicht eindeutig fixiert waren. So sind frische Asphaltoberflächen gezielt durch Sandstrahlen vom Bindemittelfilm zu befreien. Als Sandstrahldauer sind 4 Minuten festgelegt, für das Sandstrahlen sind die Proben auf 5 °C zu temperieren. Ausbauproben (Bohrkerne) aus schon länger unter Verkehr liegenden Strecken können direkt beansprucht werden. Bei der Prüfung ist dem Poliermittelverbrauch besondere Beachtung zu schenken, da dieser Arbeitsschritt das Ergebnis erheblich beeinflussen kann. Für die Ermittlung der Griffigkeitsentwicklung wurden Griffigkeitsmessungen nach 4 500, 7 500, 15 000, 22 500, 30 000, 45 000, 90 000, 135 000, 180 000, 225 000 und 270 000 Überrollungen festgeschrieben. Zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse unterschiedlicher Prüfgeräte wird vorgeschlagen, in Verbindung mit der bei allen Geräten gleichen Kalibrierplatte einen einheitlichen Bezugswert festzulegen. Der Griffigkeitsverlauf kann mit einem sehr guten Bestimmtheitsmaß logarithmisch dargestellt werden.

6 Zusammenfassung

Die Griffigkeit einer Straßenoberfläche hat für den Verkehrsteilnehmer eine herausragende Bedeutung. Im Technischen Regelwerk wurde diesem Aspekt durch die Aufnahme von Anforderungswerten an die Griffigkeit zum Zeitpunkt der Abnahme und zum Zeitpunkt des Ablaufs der Verjährungsfrist für die Gewährleistung (Mängelansprüche) Rechnung getragen. Diese vertraglich wirksamen Festlegungen führen zwangsläufig zu der Forderung nach Prognoseprüfverfahren, mit denen die Griffigkeitsentwicklung im Labor simuliert werden kann. Mit dem Prüfverfahren Wehner/Schulze liegt ein Verfahren vor, das inzwischen an zahlreichen Stellen in Deutschland, Österreich, Frankreich und Großbritannien verfügbar ist. Da sich die zweite Generation der europäischen Asphaltnormen unter anderem auch mit dieser Fragestellung beschäftigt, war es folgerichtig, eine „Technische Prüfvorschrift zur Bestimmung der Griffigkeitsentwicklung von Oberflächen mit dem Prüfverfahren Wehner/Schulze (PWS)“ zu erstellen, zu übersetzen und in die europäischen Gremien weiterzuleiten. Es ist zu hoffen, dass das Prüfverfahren auch die entsprechende Unterstützung durch die Länder erhält, die damit in den vergangenen Jahren Erfahrungen sammeln konnten. Durch den modularen Aufbau der Prüfanweisung ist eine Aufteilung in die unterschiedlichen Anwendungsgebiete (Gesteinskörnungen – Asphalt – Beton) problemlos möglich.

Für Asphaltoberflächen liefert das Prüfverfahren Wehner/Schulze Griffigkeiten zum Ablauf der Gebrauchsdauer. Werte für den Zeitpunkt des Ablaufes der Verjährungsfrist für Mängelansprüche liefert das Verfahren nicht, da in dem Bereich unterhalb von 40 000 Überrollungen im Labor die Streuungen der Ergebnisse noch zu groß sind. Bei den bisherigen Untersuchungen wurde festgestellt, dass sich Asphaltbetone und Splittmastixasphalte im Verlauf der Griffigkeitsentwicklung sehr unterschiedlich verhalten und jeweils getrennt eine Übertragung der Messwerte in situ auf die Labormesswerte erfolgen muss. Hierzu sind noch Untersuchungen zur Schaffung eines gesicherten Bewertungshintergrundes erforderlich. Schließlich ist die Präzision des Verfahrens entsprechend der Vorgaben der Prüfvorschrift zu ermitteln.

7 Literaturverzeichnis

  1. Schulze, K.-H.: Zur quantitativen Bewertung der Rauheit von Straßenoberflächen in Beziehung zum Reibungswiderstand bei Nässe, Dissertation, Berlin
  2. Gauer, P.; Schmalz, M.: Polier- und Griffigkeitsuntersuchungen im Laboratorium zur Prognostizierung der Griffigkeit von Asphaltoberflächen, Schlussbericht zu AIF-Nr. 10689 N1, September 1999
  3. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 94), Ausgabe 1994, – mit Änderungen und Ergänzungen, Ausgabe 1998, Köln, 1998, FGSV 799/1
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 01), Ausgabe 2001, Köln, 2001 (FGSV 799)
  5. Wörner, Th., Böhnisch,S.: Untersuchung zur Qualifizierung von Geräten zur Prognose von Griffigkeitswerten – Vorstudie, Schlussbericht zum Forschungsauftrag FGSV-Nr. 4/2002, München, 2003
  6. Wörner, Th.: Verfahren zur Prognose der Griffigkeit von Baustoffen und Baustoffgemischen, Asphaltstraßentagung 2003, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln, Schriftenreihe der Arbeitsgruppe „Asphaltstraßen“, Heft 36, 2004, S. 52–59
  7. Wörner, Th.; Böhnisch, S.: Laborverfahren zur Prognose der Griffigkeit, Straße und Autobahn 55(2004)6, S. 314–321
  8. Wörner, Th.; Wenzl, P.; Schmalz, M.; Bösel, P.: Bewertungshintergrund für Verfahren zur Griffigkeitsprognose. Schlussbericht zu FE 07.204/2003/EGB im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen. Lehrstuhl für Baustoffkunde und Werkstoffprüfung der TU München, April 2004
  9. NN: Questionnaire – Prioritisation of new test methods for Second Generation of Asphalt Standards, CEN TC 227 WG 1 – N997, 2009
  10. NN: Bericht über die Auswertung der ersten Vergleichsuntersuchung PWS mit der Prüfeinrichtung Wehner/Schulze – neu. ASPHALTA – Prüf- und Forschungslaboratorium GmbH, Berlin, Unveröffentlicht, 2004
  11. NN: Ringversuch Polierprüfung nach dem Verfahren Wehner/Schulze zur Ermittlung der Präzision unter Vergleichsbedingungen, ASPHALTA – Prüf- und Forschungslaboratorium GmbH, Berlin, Unveröffentlicht, 2009
  12. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TP Gestein-StB), Teil 5.4.2 Bestimmung des Polierwertes mit dem Verfahren nach Wehner/Schulze (Ausgabe 2008), Köln, 2008, FGSV 610