FGSV-Nr. FGSV 002/140
Ort Stuttgart
Datum 13.03.2024
Titel ÖPNV-Beschleunigung mittels Sonderphase und kamerabasierter Stauerkennung – simulationsgestützte Validierung und Umsetzung im Realversuch
Autoren M.Sc. Philipp-Armand Klee, Moritz Berghaus, Arnd Pettirsch, Prof. Dr. Alvaro Garcia Hernandez
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Kurzfassung

Zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor kann ein attraktiverer öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) einen großen Beitrag leisten. Um vergleichbare Reisezeiten wie im Individualverkehr zu erreichen, muss der ÖPNV insbesondere an Lichtsignalanlagen (LSA) bevorrechtigt werden. Dieser Beitrag stellt eine ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahme mittels Sonderphasen vor, die die Wartezeit an den LSA minimieren soll. Um die Auswirkungen auf den Individualverkehr zu reduzieren, wird die Verkehrslage mithilfe von Thermalkameras überwacht und bei außergewöhnlich hohem Verkehrsaufkommen die ÖPNV-Beschleunigung deaktiviert. Die LSA-Steuerung wurde zunächst in einer Verkehrssimulation validiert und anschließend in einem Realversuch an zwei Knotenpunkten in Münster für zwei Monate umgesetzt. Die mittlere Fahrzeit der Busse konnte um 29 s reduziert werden und die mittlere Wartezeit des Individualverkehrs nahm um höchstens 9 s zu.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

1.1 Die Notwendigkeit des ÖPNV zur Sicherstellung der Klimaziele

Für die Erreichung der Klimaziele müssen die Emissionen im Verkehr bis 2030 um fast die Hälfte reduziert werden [1]. Seit den 1990er Jahren stagnieren jedoch die Emissionen des Verkehrssektors in Deutschland, da Fortschritte durch effizientere Antriebstechnologien durch die Zunahme an Pkw-Verkehr auf deutschen Straßen aufgehoben werden [2]. Der EU-weite Ausstoß von CO2 im Verkehrssektor liegt mit 824,9 Millionen Tonnen sogar ca. 25% höher als noch 1990 [3].

Dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kann zur Deckung des globalen Klimawandels bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Mobilitätsbedürfnisses ein wichtiger Baustein zugeordnet werden. Darüber hinaus trägt der ÖPNV durch die Bündelung der Verkehrsnachfrage und der höheren Beförderungskapazität zu einem geringeren Flächenverbrauch, weniger Verkehrsstaus, geringerer Umweltverschmutzung, reduzierter Lärmbelastung und besserer Luftqualität bei [4]. Die Erfüllung dieses Bausteins setzt wiederum einen attraktiven und zuverlässigen ÖPNV und den Ausbau der Verkehrsachsen für eine Anbindung der ländlicheren Regionen und Außenstadtteilen voraus.

1.2 Sicherstellung der Zuverlässigkeit zur Beschleunigungsmaßnahmen

Der notwendigen Zuverlässigkeit des ÖPNV steht allerdings entgegen, dass die Verkehrsnetze auf die Bedürfnisse des MIV ausgerichtet sind und Störquellen den Fluss des ÖPNV behindern. An Knotenpunkten werden Störungen besonders durch die Ausbauform und den Verkehrsablauf sowie bei mit Lichtsignalanlagen (LSA) geregelten Knoten durch die LSA- Steuerung beeinflusst [5]. So kann ein ungünstiger Fahrtverlauf dazu führen, dass ÖPNV- Fahrzeuge häufig bei Rot an den LSA ankommen. Darüber hinaus können die ÖPNV- Fahrzeuge durch die Haltevorgänge meistens nicht von einer auf den MIV ausgelegten Koordinierung (“Grüne Welle”) profitieren [6].

Für die Reduzierung solcher Störungen sind punktuelle Maßnahmen (einzelner Knotenpunkt), oder linienbezogene Maßnahmen (Streckenabschnitt) zur ÖPNV-Beschleunigung notwendig. In Abhängigkeit ihrer Wirkung können solche Maßnahmen nach Klein et al. [7] in räumliche, zeitliche und räumlich-zeitliche Maßnahmen sowie sonstige Verbesserungsmaßnahmen aufgegliedert werden. Als räumlich aufteilend werden verkehrseinrichtungsbezogene Maßnahmen und als zeitlich aufteilend LSA-steuerungsbezogene Maßnahmen bezeichnet, auf die sich im Rahmen dieses Beitrags fokussiert wird.

Der Umfang an Beschleunigungsmaßnahmen für lichtsignalgeregelte Knoten ist vielfältig und reicht von der Modifikation von Grün- und Rotzeiten bis hin zur Einsetzung neuer Phasen und der Installation zusätzlicher Lichtzeichen. Ziel der Maßnahmen an LSA ist es, die Schaltung ÖPNV-gerecht zu gestalten, da ÖPNV-Fahrzeuge auf den Gesamtverkehr gesehen statistisch seltene Ereignisse darstellen und eine zeitverlustfreie Schaltung in verkehrsstromabhängigen Steuerungsverfahren in der Regel nicht umsetzbar ist [8] [9]. Unter Grünzeitmodifikation ist die Abwandlung des allgemeinen Phasenumlaufs zur Beschleunigung des ÖPNV zu verstehen. Zu beachten ist, dass Verkürzungen und Verlängerungen bestimmten Bedingungen wie einer maximalen Verlängerungszeit oder Mindestfreigabezeiten der anderen Phasen unterliegen [10].

Es werden zwei Fälle bei der Grünzeitmodifikation unterschieden. Bei der Grünzeitverlängerung wird eine aktive Grünphase, welche die Fahrbeziehung des ÖPNV Fahrzeugs freigibt, bis zur (erwarteten) Ankunft des Fahrzeuges unter Kürzung der nachfolgenden Zeiten gehalten [11]. Hingegen wird durch die Grünzeitanforderung bzw. Rotzeitverkürzung eine frühere Schaltung der für den ÖPNV freigebenden Phase dadurch erreicht, dass feindliche Phasen eine verkürzte Grünzeit erhalten [7]

Eine stärkere Beschleunigungsmaßnahme ist das Einführen weiterer Phasen [10]. Soll der ÖPNV durch eine eigene Signalisierung freigegeben werden, wird eine Bus-Sonderphase eingesetzt. Solche Sonderphasen werden nach Anmeldung des Fahrzeuges bei der nächsten Gelegenheit in der Phasenabfolge zwischengeschaltet. Dies geschieht in der Regel an einem Phasenübergang der Regelphasen, sodass fest vorinstallierte Übergangsschaltpläne zwischen der aktiven Phase und der Sonderphase eingespielt werden können [10].

1.3 Voraussetzungen und Herausforderungen der Beschleunigungsmaßnahmen

Voraussetzung solcher LSA-steuerungsbezogenen Maßnahmen ist eine Erkennung oder Bestimmung der Position der ÖPNV-Fahrzeuge im Streckenverlauf, welche die Anmeldung und Abmeldung der Fahrzeuge für das Ein- bzw. Abschalten der Maßnahmen ermöglichen. In der Regel wird eine LSA-Bevorrechtigungen anhand von drei Meldepunkten geschaltet. Der erste Meldepunkt dient als Voranmeldung und signalisiert der zu schaltenden Maßnahme die Annäherung eines ÖPNV-Fahrzeugs. Nach Ausfahrt aus der letzten Haltestelle vor der Maßnahme wird der Hauptanmelder ausgelöst und damit die Schaltung der Beschleunigungsmaßnahme angefordert. Der dritte Meldepunkt dient als Abmelder und gibt die Abschaltung der Maßnahme an. Für die Informationsübermittlung über Infrarot-Bake oder Funk (zum Beispiel das R09-Protokoll) als auch über modernere Kommunikationstechnologien (C2X-Kommunikation) erfolgen. Weitere typische Erfassungsmethoden im ÖPNV sind Induktionsschleifen, Türschließkontakte und eine manuelle Priorisierungs-Taste, falls der Abfahrtzeitpunkt an einer Haltestelle nicht eingegrenzt werden kann [12].

Herausforderungen für die Umsetzung einer LSA-steuerungsbezogenen Maßnahme ist jedoch oftmals die fehlende Berücksichtigung von verschiedenen Randbedingungen (Belegungsgrad MIV im Streckenverlauf und in konkurrierenden Strömen sowie Verkehrsstärke NMIV) am Kreuzungsbereich. Diese fehlende Berücksichtigung ist wiederum auf fehlende Informationen zum Verkehrszustand zurückzuführen. Eine Grünzeitenmodifikation oder Sonderphase für den ÖPNV bedeutet immer eine Verkürzung einer konkurrierenden Freigabezeit des MIV [10] in einem Phasenumlauf. Dies reduziert die Kapazität der abfließenden Fahrzeuge in einem Phasenumlauf und kann bei unzureichenden Informationen zu dem Verkehrszustand Staus begünstigen. Solch ein Stau kann wiederum einer Beschleunigung des ÖPNV entgegenwirken, da der Linienverkehr trotz Beschleunigung auf einen Stau auffahren kann [9]. Ferner bedeutet die Beschleunigung eines Verkehrsteilnehmers an einer LSA stets auch eine Verlängerung der Wartezeit anderer Verkehrsteilnehmer bzw. Verkehrsströme am selben Knotenpunkt. Dieser Verlängerung kann neben Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung insbesondere bei gemeinsam genutzter Straße zu gegenläufigen Effekten führen. Folglich müssen Informationen zu dem MIV im Kreuzungsbereich vorhanden sein, in Abhängigkeit dieser eine LSA-steuerungsbezogene Maßnahme geschaltet werden kann.

Solche Informationen zu dem MIV stellen wiederum eine Herausforderung dar. Eine ausreichend flächendeckende Ausstattung des MIV mit einer C2X-Kommunikation ist aktuell aber auch kurz- und mittelfristig aufgrund der bisher niedrigen Verkaufszahlen von Fahrzeugen mit solcher Technologie nicht zu erwarten [13]. Daher benötigt eine Berücksichtigung des MIV zusätzliche Sensorik. [14]

Für diese Notwendigkeit wird im Rahmen dieses Beitrags eine Methodik vorgestellt, welche eine technische Integration des PKW-Verkehrs in eine LSA-steuerungsbezogene Maßnahme zur Beschleunigung des ÖPNV ermöglicht. Die simulativ entwickelte Methodik wurde durch einen Realversuch in der Stadt Münster validiert.

2 Methodik

2.1 Umsetzung Steuerung

Im Folgendem soll das Konzept zur Beschleunigung des Bus-Verkehrs an LSA-Knotenpunkten beschrieben werden. Grundlage des Konzeptes bildete die gemeinsame Betrachtung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) und des individuellen motorisierten Verkehrs (MIV) bei der Beschleunigung des ÖPNV. Bild 1 zeigt das Prinzip hinter unserem Konzept. Über Funk meldet sich der Bus an den LSA an. Anschließend wir über Kamera-Sensorik geprüft, ob eine Bevorrechtigung des Busses zulässig ist. Basierend auf dieser Prüfung wird der Bus beschleunigt, bzw. der LSA-Signalablauf nicht beeinflusst.

Bild 1: Schaubild über die Kommunikationswege im Verkehrsversuch [eigene Darstellung]

Das vorgestellte Konzept basiert auf der Verwendung von Thermalkameras zur Berücksichtigung des MIV. Kameras wurden gewählt, da sie im Vergleich zu anderen Detektionssystemen wie Radar oder Schleifendetektoren mehr Informationen liefern, stehende Objekte detektieren und einfacher anpassbar sind. Darüber hinaus benötigen sie keinen Tiefbau. Thermalkameras im Speziellen bringen darüber hinaus die Vorteile, dass sie nicht in der Lage sind personenbezogene Daten zu erfassen und eine hohe Bildqualität auch bei schwierigen Witterungsbedingungen (Dunkelheit, Niederschlag, etc.) liefern [15].

Das Ziel dieser Sensorik bzw. der Verarbeitung der Daten der Sensorik ist es Situationen zu erkennen in denen die Beschleunigung des Busses sich zu negativ auf den Verkehr auswirken würde. In diesen Situationen soll die Busbeschleunigung geblockt werden, auch wenn sich ein Bus über die Kommunikation zur LSA anmeldet. Die Herausforderung besteht dabei in der Erkennung des unüblich starken Verkehrs. Dabei gilt zu beachten, dass eine zu empfindliche Blockierung der Beschleunigung dazu führen kann, dass Busse unnötig gestoppt werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, eine Lösung zu finden, die eine präzise Erkennung der Verkehrslage ermöglicht.

Grundvoraussetzung für eine Lösung dieses Problems ist die Fähigkeit Objekte im Thermalbild in Echtzeit zu detektieren. Die dazu von uns entwickelte Software basiert auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk in Kombination mit einem einfachen positionsbasierten Tracking-Ansatz. Die Architektur des neuronalen Netzwerks selbst basiert auf dem weit verbreiteten Faster R-CNN-Algorithmus [16] kombiniert mit einem schlanken Backbone- Netzwerk, das auf dem Darknet Modell [17] basiert. Da die Detektion sehr häufig durchgeführt wird und sich nur die Objekte, nicht jedoch die Kamera bewegen, ist ein einfaches Tracking auf der Grundlage der euklidischen Distanz in Verbindung mit einem ungarischen Algorithmus [18] ausreichend, um die Objekte zu verfolgen. Die Echtzeitfähigkeit wird durch die Verwendung eines GPU-basierten Nvidia Jetson Xavier NX Edge-Computers gesichert.

Basierend auf dieser Detektion besteht die vorgeschlagene Lösung zur Erkennung des unüblich starken Verkehrs darin, verschiedene Detektionszonen im gesamten Bereich der Lichtsignalanlage (LSA) zu implementieren. In diesen Zonen soll der Grad berechnet werden, zu dem die Fläche durch Verkehr belegt ist. Dieser Belegungsgrad ist stark von der derzeitigen LSA-Phase (PH) abhängig. Daher wurde er über eine Umlaufdauer gemittelt. Diese gemittelten Belegungsgrade werden über einen bestimmten Zeitraum gesammelt und statistisch ausgewertet, um Grenzwerte für sehr starken Stau festzulegen.

Um die Wartezeiten an den LSA für den ÖPNV zu verringern, soll eine Sonderphase (SP) geschaltet werden, die möglichst exakt zur prognostizierten Ankunftszeit des Busses an der LSA die entsprechende Signalgruppe freigibt (siehe Bild 2). Alle damit verträglichen Signalgruppen werden ebenfalls freigegeben, um unnötige zusätzliche Wartezeiten für den MIV und NMIV (nicht-motorisierter Individualverkehr) zu vermeiden. Die Sonderphase kann im Prinzip nach jeder anderen Phase geschaltet werden (siehe Bild 3). Bei koordinierten LSA mit fester Umlaufzeit müssen die übrigen Phasen dementsprechend verkürzt werden, um die Umlaufzeit einzuhalten. Ist dies nicht möglich, z. B. aufgrund von langen Mindestfreigabezeiten für den Fußverkehr, kann die Sonderphase möglicherweise nur nach bestimmten Phasen geschaltet werden. Voraussetzung für eine rechtzeitige Schaltung der Sonderphase ist eine frühzeitige Anmeldung des ÖPNV. Die Anmeldung sollte daher erfolgen, sobald die Restfahrzeit verlässlich bestimmt werden kann, was in der Regel hinter dem vorherigen Knotenpunkt der Fall ist. Befindet sich zwischen der Anmeldung und dem Knotenpunkt eine Haltestelle, kann zunächst eine konstante Haltezeit angenommen werden und eine weitere Meldung beim Schließen der Türen gesendet werden.

Bild 2: Vereinfachte Steuerungslogik der ÖPNV-Beschleunigung mit Sonderphase

Bild 3: Beispiel für einen Phasenablauf mit Sonderphase (SP) an einem dreiarmigen Knotenpunkt.

Um die korrekte Funktionsweise der Steuerungslogik mit Sonderphasen sicherzustellen und die Auswirkungen auf den Verkehr zu untersuchen, wird die Logik zunächst in einer Verkehrssimulation umgesetzt und mit der bestehenden Steuerung verglichen. Als Simulationssoftware wird SUMO verwendet, da es frei verfügbar ist und mit Hilfe der Schnittstelle TraCI (Traffic Control Interface) einen einfachen Zugriff auf Daten aus der Simulation und Eingriffe in die LSA-Steuerung ermöglicht. Die Steuerungslogik ist in Python implementiert. Die An- und Abmeldung der Busse wird mit Hilfe von virtuellen Induktionsschleifen simuliert und für die Messung der Belegungsgrade werden sog. Lane Area Detektoren verwendet. Für die Analyse der Wirksamkeit werden in der Simulation außerdem Floating Car Data zur Messung der Fahrzeiten erzeugt.

2.2  Methodik Validierung

Für die Validierung der ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahme im Realversuch können die Fahrzeiten zwischen den Haltestellen aus dem rechnergestützten Betriebsleitsystem (RBL) verwendet werden. Ein Teil der Busflotte ist außerdem mit GPS-Sensoren ausgestattet, die eine genauere Auswertung der Fahrzeiten ermöglicht. Die Wartezeiten des MIV können mit der verwendeten Technik nicht verlässlich bestimmt werden, allerdings lässt sich in der Simulation ein annähernd proportionaler Zusammenhang zwischen dem Belegungsgrad vor der Haltelinie und der Wartezeit am Knotenpunkt zeigen. So kann aus der prozentualen Veränderung des Belegungsgrades auf die prozentuale Veränderung der Wartezeit geschlossen werden. Die Wartezeit mit ÖPNV-Beschleunigung lässt sich demnach folgendermaßen bestimmen:

Die Wartezeit ohne ÖPNV-Beschleunigung kann mit Hilfe des HBS-Verfahrens für Knotenpunkte mit Lichtsignalanlage abgeschätzt werden. Dabei wird jedoch vereinfachend die Koordinierung vernachlässigt, sodass die Wartezeit unter Umständen überschätzt wird.

3 Realversuch

Zur Erprobung unseres innovativen LSA-Steuerungskonzeptes wurde in der Stadt Münster ein Realversuch durchgeführt. Täglich finden im regionalen Verkehr der Stadt Münster ca. 360.000 Personenwege statt. Der Großteil dieser Wege (280.000) werden mit dem PKW zurückgelegt, 63.000 mit dem Zug und lediglich für 15.000 Wege wird der Bus genutzt. Unter Anbetracht dessen, dass im Auto durchschnittlich 1,2 Personen sitzen, während in einem Bus ca. 80 Personen Platz finden, zeigt sich das immense ökologische Potential in der Verbesserung des Busverkehrs. Neben dem hohen Anteil an Pendlerfahrten mit dem PKW bietet Münster noch die Besonderheit, dass der aktive Verkehr innerstädtisch eine große Bedeutung hat. So werden in Münster 43,5 % aller Fahrten mit dem Fahrrad zurückgelegt. Aufgrund dessen musste die LSA-Schaltung strikte Vorgaben zu Freigabezeiten des aktiven Verkehrs einhalten. [19]

Bild 4: Ausschnitt aus dem Münsteraner Stadtplan. Das Versuchsgebiet besteht aus den Knoten Weseler Str./Geiststr. und Weseler Str. / Moltkestr. [20]

Innerhalb Münsters wurde die Weseler Straße als Versuchsgebiet ausgewählt. Die Weseler Straße in Münster ist ein zentraler Verkehrsweg für Stadt- und Regionalbuslinien und den MIV, insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus dem Umland kommen. Der Bus verfügt entlang der Strecke über eine eigene Busspur, mit Ausnahme des Bereiches der aufeinanderfolgenden Kreuzungen Weseler Straße / Geiststraße und Weseler Straße / Moltkestraße, die beide lichtsignalisiert sind. Vor der LSA Geiststraße befindet sich in Fahrtrichtung stadteinwärts eine Haltestelle für die Stadtbuslinien, sodass die Stadtbusse üblicherweise die Grüne Welle verpassen. Im nächsten Vorlauf erhalten die Busse eine vorgezogene Freigabe mit Balkensignal, sodass sie vor dem Fahrzeugpulk in den folgenden Straßenabschnitt einfahren. An der LSA Moltkestraße biegen die meisten Buslinien allerdings rechts in die Moltkestraße ab und können daher ebenfalls nicht die Grüne Welle entlang der Weseler Straße nutzen. Die vorhandene ÖPNV-Beschleunigung mit Balkensignal an der LSA Geiststraße ist demnach wenig wirksam. In unserem Projekt konzentrieren wir uns darauf, diese beiden Lichtsignalanlagen zu optimieren und somit die Effizienz des Busverkehrs in diesem Bereich maßgeblich zu verbessern.

Der Realversuch fand vom 26.10.2022 bis zum 20.12.2022 statt. Da es sich um einen zeitlich begrenzten Verkehrsversuch handelte, wurden temporäre Lichtsignalanlagen an beiden Knotenpunkten aufgestellt. Auf den Steuergeräten lief derselbe Schaltungsablauf wie auf den Bestandsgeräten. Dieser wurde lediglich um die Bussonderphasen ergänzt. Im Ausgangszustand verwenden wir die gleiche LSA-Steuerung wie bisher, einschließlich der Koordinierung von Lichtsignalanlagen. Wie zuvor beschrieben werden die Busse über eine Kommunikationsschnittstelle in die LSA-Steuerung integriert. Dies erfolgt durch eine dreistufige Kommunikation an beiden Lichtsignalanlagen, bestehend aus einer Voranmeldung, einer Anmeldung und einer Abmeldung. Hierbei nutzen wir das R09-Funkprotokoll mit virtuellen Meldepunkten. Die Anmeldung des Busses ermöglicht uns die Berechnung des Zeitpunkts, an dem der Bus die Lichtsignalanlage erreichen wird. Auf Grundlage dieser Information versuchen wir dann, eine Sonderphase zu schalten, um den Busverkehr effizienter und reibungsloser abwickeln zu können.

Wie in Kapitel 2 beschrieben, wird diese Sonderphase nur dann geschaltet, wenn die Kamerasensorik diese nicht blockiert. Dazu wurden insgesamt 9 Kameras im Untersuchungsgebiet installiert. An beiden Knotenpunkten wurden jeweils 5 Kameras in die LSA-Steuerung integriert, wobei eine der Kameras zwischen den beiden Knoten für beide Schaltungen verwendet wurde. Eingebunden wurden die Kameras in die LSA-Schaltung über eine Funkverbindung und einen potentialfreien Kontakt. Zur Kalibrierung der Stauerkennung wurden ab 4 Wochen vor der Aktivierung der ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahme die Belegungsgrade gemessen. Als Schwellwert für Stau wurde das 99%-Quantil der Belegungsgrade verwendet, was etwa 15 Minuten Stau pro Tag entspricht.

Zur zusätzlichen Auswertung wurden die Busse des Regionalbusanbieters mit GPS-Sensoren ausgestattet. Darüber wird eine genaue Auswertung der Auswirkungen auf die Fahrtzeit ermöglicht. Von den Stadtbuslinien, die von den Stadtwerken Münster betrieben werden, sind nur die Fahrzeiten zwischen den beiden Haltestellen Geiststraße und St.-Antonius-Kirche (hinter der LSA Moltkestraße) vorhanden.

4 Ergebnisse

4.1 Wirkung auf den ÖPNV

Die Auswirkungen der Beschleunigungsmaßnahme auf den ÖPNV wurden anhand der Fahrzeiten zwischen den Haltestellen Geiststraße und St.-Antonius-Kirche bewertet. Beide LSA liegen zwischen diesen beiden Haltestellen. Die Regionalbusse haben keinen Halt an der Haltestelle Geiststraße, trotzdem wurde der Fahrzeitmesspunkt auf Höhe der Haltestelle gelegt.

In der Simulation konnten die Fahrzeiten der stadteinwärts fahrenden Busse in der Morgenspitze (6-9 Uhr) um 35 s für Stadtbusse und um 17 s für Regionalbusse reduziert werden (siehe Tabelle 1). Die Fahrzeiten der stadtauswärts fahrenden Busse sinken um 5 s, obwohl sie keine eigene Sonderphase erhalten, sondern nur indirekt von den Sonderphasen für die stadteinwärts fahrenden Bussen profitieren.

Tabelle 1: Fahrzeiten des ÖPNV in der Simulation (nur Morgenspitze 6-9 Uhr)

Im Realversuch konnten die Fahrzeiten der Stadtbusse in der Morgenspitze um 32 s, also 3 s weniger als in der Simulation, reduziert werden, und die Fahrzeiten der Regionalbusse konnten nicht signifikant reduziert werden (siehe Tabelle 2). Die Fahrzeiten in Simulation und Realversuch sind jedoch nur bedingt miteinander vergleichbar, da die Steuerungslogik auf Basis der Simulationsergebnisse leicht angepasst wurde. Die Fahrzeitveränderungen im gesamten Tageszeitraum (6-21 Uhr) liegen in einem ähnlichen Bereich wie in der Morgenspitze, lediglich die Fahrzeit der stadtauswärts fahrenden Busse sinkt nur außerhalb der Morgenspitze. Die möglichen Gründe für die ausbleibende Fahrzeitreduktion für die Regionalbusse werden in Kapitel 4.3 diskutiert.

Tabelle 2: Fahrzeiten des ÖPNV im Realversuch (Morgenspitze 6-9 Uhr und Tageszeitraum 6- 21 Uhr)

Für die Zuverlässigkeit des Fahrplans ist nicht nur die mittlere Fahrzeit, sondern auch die Streuung der Fahrzeiten von Bedeutung (siehe Bild 5). Ohne ÖPNV-Beschleunigung tritt eine Fahrzeit von 120-130 s am häufigsten auf. Dies entspricht der Fahrzeit laut Fahrplan. Diese Fahrzeit wird erreicht, wenn die Busse an beiden LSA warten müssen. Geringere Fahrzeiten treten sehr selten auf, höhere Fahrzeiten treten regelmäßig auf, wenn zwischen den beiden LSA verkehrsbedingte Verzögerungen auftreten oder wenn die Busse an der Haltestelle Geiststraße kurz oder gar nicht halten und dementsprechend früher an der LSA Geiststraße ankommen. Mit ÖPNV-Beschleunigung kommen kürzere Fahrzeiten deutlich häufiger und hohe Fahrzeiten deutlich seltener vor. Auch wenn für den Realversuch der Fahrplan nicht geändert wurde, werden durch die ÖPNV-Beschleunigung deutlich weniger Verspätungen erzeugt. Die Standardabweichung der Fahrzeiten sinkt leicht von 49 s ohne ÖPNV- Beschleunigung auf 45 s mit ÖPNV-Beschleunigung, sodass sich keine negativen Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit des Fahrplans ergeben.

Da der Realversuch nur in einem begrenzten Zeitraum umgesetzt wurde und nur zwei Knotenpunkte umfasste, wurden die Fahrzeitverkürzungen nicht dazu genutzt, den Fahrplan anzupassen. Bei einer dauerhaften und flächendeckenden Umsetzung der vorgestellten ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahme ist eine Verkürzung der planmäßigen Fahrzeiten jedoch denkbar und sinnvoll. Die Streuung der Fahrzeiten nimmt trotz der Deaktivierung der Maßnahme im Falle eines Staus nicht zu, sodass keine Destabilisierung des Fahrplans zu erwarten ist. Zudem ist es denkbar, die ÖPNV-Beschleunigung für verspätete Busse trotz Stau zu schalten, um die Verspätung nicht zu vergrößern.

Bild 5: Verteilung der Fahrzeiten der stadteinwärts fahrenden Stadtbusse (Linien 15/16) im Realversuch

4.2 Wirkung auf den MIV und NMIV

Eine ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahme lässt sich besonders in einem innerstädtischen Gebiet nicht ohne Nachteile für den übrigen Verkehr realisieren. Auch wenn große Auswirkungen auf den MIV durch die Staudetektion vermieden werden können, sind kleine Zunahmen der Wartezeit an den LSA unvermeidlich.

Die in der Simulation vorhergesagten mittleren Wartezeiten sind sowohl mit als auch ohne ÖPNV-Beschleunigung tendenziell geringer als im Realversuch (siehe Bild 6). Das lässt sich dadurch erklären, dass die Wartezeiten im Realversuch mit Hilfe des HBS-Verfahrens bestimmt wurden, bei denen die Koordinierung vernachlässigt wird. Die tatsächlichen Wartezeiten waren daher sowohl mit als auch ohne ÖPNV-Beschleunigung geringer als in Bild 6 angegeben. In der Simulation wurden die Wartezeiten dagegen mittels virtueller Detektoren gemessen, sodass der Einfluss der Koordinierung implizit berücksichtigt ist.

Auch bei Vernachlässigung der Koordinierung liegen die mittleren Wartezeiten sowohl mit als auch ohne ÖPNV-Beschleunigung an allen Zufahrten im Bereich von QSV D oder besser, also unter 70 s (siehe Bild 6). Wie erwartet nimmt die Wartezeit vor allem für die Signalgruppen zu, die in Konflikt mit dem ÖPNV stehen. Allerdings gibt es bei keiner Signalgruppe eine Erhöhung der mittleren Wartezeiten von mehr als 10 s, sodass die Auswirkungen auf den MIV akzeptabel sind. Signalgruppen, die gleichzeitig mit dem ÖPNV freigegeben sind, weisen teilweise sogar eine Verringerung der Wartezeit auf.

Bei den Linksabbiegern in die Geiststraße und in die Moltkestraße fiel die Erhöhung der Wartezeiten im Realversuch deutlich geringer aus als in der Simulation. Am Knotenpunkt Moltkestraße gab es jedoch bei einigen Signalgruppen eine leicht stärkere Zunahme der Wartezeiten im Vergleich zur Simulation (z. B. +6,9s statt +0,1s bei den Linksabbiegern von der Moltkestraße nach Süden). Neben den in Kapitel 4.1 erwähnten Gründen (Anpassungen der Steuerungslogik nach der Simulation) können auch Schwankungen in der Verkehrsnachfrage zu den Abweichungen führen.

Bild 6:  Wartezeiten des MIV mit ÖPNV-Beschleunigung (in Klammern Veränderung der Wartezeit) in der Simulation und im Realversuch

Die Auswirkungen der ÖPNV-Beschleunigung auf den Rad- und Fußverkehr wurden nicht explizit untersucht, allerdings lassen sich aus den Randbedingungen der LSA-Steuerung Rückschlüsse auf diese beiden Verkehrsarten ziehen. Analog zum MIV gab es für den Rad- und Fußverkehr die Vorgabe, dass jede Signalgruppe in jedem Umlauf (90 s) freigegeben sein muss. So werden hohe Wartezeiten ausgeschlossen. Anders als beim MIV ist beim Rad- und Fußverkehr die Auslastung in der Regel so gering, dass auch eine leichte Verkürzung der Freigabezeit nicht zu Rückstaus führt, sondern nur zu einer leichten Erhöhung der mittleren Wartezeit.

4.3 Evaluation der Steuerung

Um zu untersuchen, wie die ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahme weiter optimiert werden kann, und um zu evaluieren, warum die Maßnahme insbesondere für die Regionalbusse nicht so wirksam war wie in der Simulation vorhergesagt, wurde die LSA-Steuerung durch eine Überlagerung der Signalzeitenpläne und der R09-Meldungen evaluiert. Ein Ausschnitt dieser Überlagerung von einer Stunde ist in Bild 7 dargestellt. An der LSA Geiststraße ist erkennbar, dass die Sonderphase (Phase 6) flexibel zwischen alle anderen regulären Phasen (1, 3 und 4) geschaltet werden kann, und dass die Dauer und Lage der Phasen auch in den Umläufen ohne Sonderphase variabel ist, so wie es bei einer verkehrsabhängigen Steuerung vorgesehen ist. An der LSA Moltkestraße ist erkennbar, dass die Sonderphase (Phase 8) nur an einer Stelle im Umlauf (zwischen Phase 4 und 1) geschaltet werden kann, und dass die Dauer und Lage der Phasen sehr viel weniger variabel ist als an der Geiststraße. Das liegt hauptsächlich an den langen Mindestfreigabezeiten für Fußgänger, die eine Verkürzung der Phasen kaum zulassen.

Bild 7: Überlagerung der Signalzeitenpläne an den LSA Geiststraße (links) und Moltkestraße (rechts) und der R09-Meldungen. Jede Zeile entspricht einem Umlauf (90 s). Die dicken Balken geben die Laufzeit der Phasen an, die dünnen Balken stehen für die Phasenübergänge

Die detaillierte Analyse der Signalzeitenpläne und R09-Meldungen in einem Zeitraum von einer Woche ergab, dass ein Drittel (242 von 724) der Busfahrten eine Sonderphase an der LSA Geiststraße erhalten. Bei 98 Busfahrten (14%) wurde zwischen Voranmeldung und Abmeldung ein Stau detektiert, der die Schaltung einer Sonderphase verhindert hat. Diese Zahl ist angesichts der Definition eines Staus als 99%-Quantil des Belegungsgrades relativ hoch. Allerdings ist zu beachten, dass dieser Schwellwert nicht in allen Detektionszonen gleichzeitig und oft nur für wenige Sekunden am Stück überschritten wird, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass zwischen der Voranmeldung und der Abmeldung eines Busses ein Stau auftritt. Aufgrund der positiven Erfahrungen aus dem Realversuch ist jedoch durchaus eine Erhöhung des Schwellwertes denkbar, sodass mehr Busfahrten eine Sonderphase erhalten. 270 Busfahrten (37%) haben die LSA während einer regulären Phase passiert und trotzdem eine relativ geringe Fahrzeit zwischen Voranmeldung und Abmeldung (< 80 s). Diese Busfahrten haben also keine Sonderphase benötigt. Bei den übrigen 114 Busfahrten (16%) war wegen der Einschränkungen im Phasenrahmenplan zur Sicherstellung eines 90 s-Umlaufs keine Sonderphase möglich. Hier ist eine weitere Optimierung denkbar, wenn eine größere Verschiebung der regulären Phasen ermöglicht wird, solange die Koordinierung insgesamt eingehalten wird.

Die Gründe für die fehlende Wirkung für Regionalbusse lassen sich durch die Analyse der Fahrzeiten zwischen Voranmeldung und Abmeldung in Abhängigkeit der Umlaufsekunde, in der die Voranmeldung gesendet wird, ermitteln (siehe Bild 8). An der LSA Geiststraße passiert die Voranmeldung aufgrund der Koordinierung fast immer im Bereich zwischen Umlaufsekunde 10 und 30. Ohne ÖPNV-Beschleunigung ist die Fahrzeit unabhängig von der Umlaufsekunde relativ konstant, da alle Busse die LSA ohne Halt passieren können. Mit ÖPNV-Beschleunigung und der damit verbundenen verkehrsabhängigen Steuerung, wird die reguläre Phase 1 (Geradeausfahrer entlang der Weseler Straße) unter Umständen früher abgebrochen, um später im Umlauf eine Sonderphase zu schalten (siehe z. B. Bild 7 links, ca. 8:20 Uhr). Da viele Regionalbusse den Busfahrstreifen vor der LSA Geiststraße nicht nutzen, um nicht hinter haltenden Stadtbussen warten zu müssen, können sie die LSA nicht während der Sonderphase passieren. Dadurch verlängert sich die Fahrzeit an der LSA Geiststraße und die Voranmeldung an der LSA Moltkestraße findet dementsprechend später statt. Durch die spätere Ankunft an der LSA Moltkestraße wird die Wartezeit reduziert, sodass die längere Fahrzeit an der Geiststraße wieder kompensiert wird und die Fahrzeit insgesamt unverändert bleibt. Ein Lösungsansatz wäre, an der Geiststraße die Phase 1 bei Anmeldung eines Regionalbusses nicht vorzeitig abzubrechen, und gleichzeitig an der Moltkestraße eine größere Verschiebung der regulären Phasen zuzulassen, damit die Sonderphase flexibler geschaltet werden kann.

Bild 8: Fahrzeiten der Regionalbusse zwischen Voranmeldung und Abmeldung an den LSA Geiststraße (links) und Moltkestraße (rechts) in Abhängigkeit der Umlaufsekunde der Voranmeldung

5 Fazit und Ausblick

Mit dem vorgestellten Realversuch konnten wichtige Erkenntnisse zur Umsetzung einer ÖPNV-Sonderphase mit einer kamerabasierten Stauerkennung gewonnen werden. Grundsätzlich kann anhand der Ergebnisse abgeleitet werden, dass eine LSA- steuerungsbezogene Maßnahme zur Beschleunigung des ÖPNV in einem durch den Kfz- Verkehr hochbelasteten Raum, in dem der Linienbusverkehr auf keinem eigenen Fahrstreifen verkehrt, möglich ist. Die Fahrzeit des Linienverkehrs konnte in diesem Streckenabschnitt im Mittel um 11 % reduziert werden. Allerdings konnten wegen der betrieblichen Unterschiede zwischen Stadt- und Regionalbusverkehr unterschiedliche Fahrzeitreduktionen erzielt werden.

Mit der kamerabasierten Steuerung konnte des Weiteren der Einfluss auf den MIV auf ein Minimum reduziert und Rückstauung im betrachteten Streckenabschnitt vermieden werden.

Die Erfahrungen aus dem Realversuch haben auch gezeigt, dass die Besonderheiten jedes einzelnen Knotenpunktes berücksichtigt werden müssen, um einen verträglichen Kompromiss zwischen Fahrzeitreduktion im ÖPNV und Fahrzeiterhöhung im MIV und NMIV zu finden. Je nach Auslastung des Knotenpunkts, Anzahl der Phasen und Mindestfreigabezeiten der Signalgruppen kann die ÖPNV-Sonderphase weniger flexibel zwischen die regulären Phasen eingefügt werden, wenn gleichzeitig die Koordinierung mit den benachbarten LSA aufrechterhalten werden soll. Eine simulationsgestützte Validierung ist daher empfehlenswert, um die Steuerungslogik im Hinblick auf die gewünschte Abwägung zwischen den Interessen des ÖPNV und des übrigen Verkehrs anzupassen. Nach der Umsetzung ist eine Evaluation der Steuerung sinnvoll, um eventuell Anpassungen an der Logik oder an der Sensitivität der Stauerkennung vorzunehmen.

6 Literaturverzeichnis

  1. BMUV, „Novelle des Klimaschutzgesetzes  beschreibt   verbindlichen Pfad zur Klimaneutralität,“ [Online]. Available: https://www.bmuv.de/PM9586.
  2. UBA, „Emissionen des Verkehrs, Umweltbundesamt; Umweltbundesamt,“ 2021. [Online]. Available: https://umweltbundesamt.de/daten/verkehr/emissionen-des-verkehrs.
  3. S. Bundesamt, „Kohlendioxidemissionen im Verkehr gegenüber 1990 gestiegen,“ 2022. [Online]. Available:              https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Umwelt- Energie/CO2_Sektoren.html.
  4. M. Wilde, M. Gather, C. Neiberger und e. al., „Verkehr Und Mobilität Zwischen Alltagspraxis Und Planungstheorie: Ökologische Und Soziale Perspektiven,“ Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden, GERMANY, 2017.
  5. S. Rüger, Transporttechnologie städtischer öffentlicher Personenverkehr, Berlin: Transpress, Verlag für Verkehrswesen (Transporttechnologie), 1986.
  6. P. Philipps, W. Stark und U. Weber, „Untersuchung von Signaltechnischen Maßnahmen Zu Verbesserung des Busverkehrs in Grünen Wellen,“ Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Nr. 350, 1981.
  7. N. Klein, W. Stork und T. J. Theis, „Untersuchung von Maßnahmen   zur räumlichzeitliuchen Verkehrsaufteilung des Straßengebundenen ÖPNV und IV,“ Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Bonn - Bad Godesberg, 1986.
  8. FGSV, Merkblatt für Maßnahmen  zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Straßenbahnen und Bussen, Köln: FGSV Verlag, 1999.
  9. N. Goryaev, K. Myachkov und O. Larin, „Optimization of „Green Wave“ Mode to Ensure Priority of Fixed-Route Public Transport,“ Transportation Research Procedia, Bd. 36, p. 231 * 236, 2018.
  10. C. Diakaki, M. Papageorgiou, V. Dinopoulou und e. al., „State-of-the-art and -practice Review of Public Transport Priority Strategies,“ IET Intelligent Transport Systems, Bd. 9, Nr. 4, pp. 391 - 406, 2015.
  11. W. Ekeila, T. Sayed und M. E. Esawey, „Development of Dynamic Transit Signal Priority Strategy,“ Transportation Research Record, SAGE Publications Inc, Bd. 2111, Nr. 1, pp. 1 - 9, 2009.
  12. FGSV, Hinweise Zu Detektionstechnologien Im Straßenverkehr, Köln: FGSV Verlag,
  13. A. e. V., „Welche Hersteller bieten bereits Car2Cx an? ADAC Umfrage 6/2020,“ ADAC e.V., München, 2022.
  14. M. Gay, J. Grimm, T. Otto, I. Partzsch, D. Gersdorf, F. Giersch, S. Löwe und M. Schütze, „Nutzung der C2X-basierten ÖV-Priorisierung an signalisierten Knotenpunkten,“ Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen - Verkehrstechnik, 2022.
  15. T. Ungureanu, M. Illic, S. Radon, L. Rothe, M. Reichert, C. Schober, I. Stamatakis und T. Heinrich, „Vergleich der Detektoren für die Verkehrserfassung an signalisierten Knotenpunken,“ Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen – Verkehrstechnik Heft V336, Bergisch Gladbach, 2020.
  16. S. Ren, K. He, R. Girschick und J.Sun., „Faster R-CNN: Towards Real-Time Object Detection with Region Proposal Network,“ 2015.
  17. J. Redmon und A. Farhadi, „YOLOv3: An Incremental Improvement.,“ arXiv, 2018.
  18. J. H. Heinemann, Modular Maths For Edexcel AS & A Level Decision Maths 2 (D2), John Hebborn, 2001.
  19. S. Muenster, „stadt-muenster.de,“ 2023. [Online]. Available: https://www.stadt- muenster.de/verkehrsplanung/verkehr-in-zahlen.html..
  20. MAPZ, „mapz.com,“ 2023.  [Online].  Available: https://www.mapz.com/map?zoom=16&lon=7.625187847268933&lat=51.96251006674628&layers=mapz_multicolor_base.