FGSV-Nr. FGSV 002/138
Ort Köln
Datum 28.02.2024
Titel Mengenobjekte nach REB 22.001: Lassen sich diese mit IFC nutzen?
Autoren Rico Steyer, Štefan Jaud
Kategorien OKSTRA
Einleitung

Das Hauptziel der vorliegenden Studie war die erfolgreiche Implementierung der REB 22.001 in OKSTRA® als auch im IFC-Datenschema. Intention dabei ist, dass der dabei entwickelte Workflow Vorbild für die generelle Implementierung nationaler Richtlinien in das internationale Datenschema IFC ist. Dabei konnten die Erfahrungen der Autoren bei der Umsetzung von Informationsanforderungen (IDM) im Rahmen der BIM-Implementierung. Als fachliche Grundlage des Mengenaustauschs bei Infrastrukturprojekten dient die Verfahrensbeschreibung der REB 22.001. Darauf aufbauend wurde eine Model View Definition (MVD) entwickelt, die alle gängigen IFC-Versionen (2 x 3, 4 und 4.3) unterstützt und den Austausch eines maßgeschneiderten Modells entsprechend den Vorgaben der Verfahrensbeschreibung ermöglicht. Durch die Nutzung des bekannten „Reference View“ Konzeptes konnte auf schon vorhandene Softwareimplementierungen von IFC-Export- und Importschnittstellen zurückgegriffen werden. Die entstandene MVD gewährleistet den verlustfreien Austausch von REB-konformen Mengen von Streckenbauwerken. Ein Prototyp wurde von der AKG Software Consulting GmbH in VESTRA INFRAVISION sowie KOSTRA PRO realisiert. Damit wurde der Nachweis der hohen Flexibilität der Austauschformate IFC und OKSTRA® erbracht, ein IFC-Implementierungsprozess mittels IDM und MVD erstellt und praktisch umgesetzt.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

1.1 REB 22.001

Die „Regeln für die elektronische Bauabrechnung“ (REB) beinhalten in Deutschland die Verfahrensbeschreibungen für die Abrechnung von Streckenbauwerken, z. B. von Straßenbaustellen. Die REB 22.001 regelt den Austausch von geometrischen Objekten zur Mengenberechnung im Bauwesen. Dabei werden die Objekte mit ihren geometrischen Definitionen (Parametern) und zugehörigen Mengen zur Übertragung von einem Quell- in ein Zielsystem zur Verfügung gestellt.

Als Mengen werden im Sinne der REB 22.001 die Anzahl [Stk.], horizontale Länge [m], räumliche Länge [m], Oberfläche [m²], horizontale Fläche [m²] und Volumen [m³] verstanden, die den Objekten Punkt, Linie, Fläche und Volumenkörper zugeordnet sind. Mengengruppen können ein oder mehrere Objekte enthalten, die Gegenstand der Mengenberechnung im Quellsystem sind. Jede Mengengruppe enthält die (Mengen-)summen aller enthaltenen Objekte.

Zur Prüfung werden die geometrischen Objekte mit dem im Quellsystem ermittelten Mengen als Attribut sowie den zugehörigen Mengengruppen an das Zielsystem übertragen. Durch die Prüfberechnung im Zielsystem ist nachzuweisen, dass die ermittelten Mengen aus dem Quellsystem im Vergleich der Mengenberechnung im Zielsystem gewisse Toleranzen nicht überschreiten. Im Sinne der BIM-Methodik wird dies als Anwendungsfall (AwF) mit den Unteranwendungsfällen „Prüfung auf Anzahl der Objekte“, „Prüfung der Mengenberechnung“ sowie der „Summenbildung der Mengengruppen“ verstanden (REB-VB 22.001, 2022).

1.2 Fragestellung

In Deutschland wurden der neuen Regeln der REB 22.001 bereits in den Objektkatalog für das Straßen- und Verkehrswesen (OKSTRA®) aufgenommen, so dass damit ein BIM-konformer Datenaustausch möglich werden kann. Dabei wird zur fachlichen Prüfung der Klassifizierung der übertragenen Objekte diesen eine „Fachbedeutung“ zugewiesen. Bei Fachbedeutungen handelt es sich um Definitionen des OKSTRA®, die im Sinne der BIM-Methodik bzw. des IFC-Datenstandards als Fachobjekte zu verstehen sind.

Die Motivation des vorliegenden Projektes bestand in der Umsetzung der beiden Hauptziele:

  1. Implementierung des Datenexports für die Mengenberechnung in VESTRA INFRAVISION gemäß REB 22.001 im OKSTRA®-Datenformat. Dies bezieht sich sowohl auf Bestandsmodelle als auch auf Planungsmodelle in verschiedenen In Ergänzung dazu soll ein Workflow zur Mengenübertragung zu Positionen in Leistungsverzeichnissen geschaffen werden. Daraus lässt sich anschließend eine Kostenschätzung bzw. Kostenberechnung ableiten.
  2. Entwicklung einer Model View Definition (MVD) auf Basis des IFC-Datenschemas zur Implementierung der Mengenberechnung nach REB 22.001. Als Grundlage wird das OKSTRA®-Datenmodell wie ein Information Delivery Manual (IDM) interpretiert und daraus die Definitionen für das MVD abgeleitet. Die Umsetzung des Datenexports erfolgt ebenfalls im CAD-System VESTRA INFRAVISION. Die so exportierten Mengen können nachfolgend Positionen in Leitungsverzeichnissen zugeordnet werden und beispielweise als Grundlage für eine Kostenschätzung bzw. Kostenberechnung dienen.

1.3 Struktur des Dokuments

Der Abschnitt 1 vermittelt die Motivation und die Ziele der Studie. Der Abschnitt 2 schildert kurz die Historie und den Entwicklungsstand beider relevanten Datenschemata. Der Abschnitt 3 beschreibt die wesentlichen Modellelemente, die notwendig für einen erfolgreichen Datenaustausch nach REB 22.001 mittels OKSTRA® und IFC sind. Eine prototypische Implementierung mit ersten Ergebnissen wird im Abschnitt 4 dargestellt. Das Dokument endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.

2 Datenschemata OKSTRA® und IFC

Der Objektkatalog für das Straßen- und Verkehrswesen OKSTRA® ist eine Sammlung von Objekten aus dem Bereich des Straßen- und Verkehrswesens mit dem Ziel ein gemeinsames und einheitliches Verständnis dieser Objekte aus den betroffenen Fachbereichen zu erreichen. Die konsequente Anwendung des OKSTRA® führt zu einem standardisierten Austauschformat zwischen den unterschiedlichen Projektbeteiligten und zwischen den unterschiedlichen Softwareapplikationen aus dem Straßen- und Verkehrswesen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der OKSTRA® als Datenaustauschformat zu verstehen ist, welches den Status eines Projektes zu einem bestimmten Zeitpunkt/Meilenstein darstellt.

Der Objektkatalog für das Straßen- und Verkehrswesen wurde durch das allgemeine Rundschreiben Straßenbau 12/2000 des Bundesverkehrsministeriums für den Bereich der Bundesfernstraßen offiziell eingeführt. Dieses Rundschreiben wurde später durch das allgemeine Rundschreiben Straßenbau 24/2010 ersetzt (Steyer; Jaud, 2022).

Industry Foundation Classes (IFC) ist ein Datenschema, das den Austausch hochwertiger geometrischer und semantischer Daten von Bauwerken ermöglicht und als ISO 16739 veröffentlicht wurde (ISO, 2018). Seine Entwicklung begann in den 1990er Jahren und erfolgte in mehreren veröffentlichten Versionen. Die Version IFC2x3 stellt die erste praxistaugliche Version dar und fand weitgehend Verwendung, sowohl von Softwareanbietern in ihren Produkten als auch von Experten in ihren Arbeitsabläufen. Die Version IFC4 erweitert und vereinheitlicht die bestehenden Konzepte aus IFC2x3. Sie wurde erstmals 2012 von buildingSMART International (bSI) veröffentlicht und im folgenden Jahr als ISO 16739:2013 herausgegeben (Steyer; Jaud, 2022).

Die Entwicklung der beiden oben genannten IFC-Versionen konzentrierte sich allerdings nur auf den Austausch von Gebäudemodellen und vernachlässigte den Infrastruktursektor völlig. In den letzten zehn Jahren stieg das Interesse an einer Erweiterung von IFC zur Unterstützung von Infrastruktur-Workflows immer weiter. Anfang März 2022 wurde der IFC4.3-Standard als „final standard“ bezeichnet und bei ISO eingereicht, die ihn Anfang 2024 auch bestätigt hat. Nach letzten Informationen seitens bSI wird im April 2024 mit der Veröffentlichung der neuen Version des IFC4.3-Datenschemas gerechnet.

3 Datenaustausch

3.1 REB 22.001 mit OKSTRA®

Das Ziel der Aufnahme des Verfahrens der REB 22.001 besteht im Austausch von geometrischen Objekten zur Mengenberechnung (OKSTRA®, 2024). Neben der geometrischen Definition des Objektes werden auch eine oder mehrere Mengenangaben von dem Quellensystem in das Zielsystem übertragen. Dazu war es notwendig im OKSTRA® die neue Objektart Mengengruppe einzuführen, die die Gruppierung von geometrischen Objekten zur eigentlichen Mengenberechnung sowie zur Übertragung der Summen der Attribute (Eigenschaften) der zugehörigen geometrischen Elemente ermöglicht. Im Zielsystem werden die übertragenen geometrischen Elemente einer erneuten Mengenberechnung unterworfen und mittels einer Prüfberechnung nachgewiesen, dass die Differenzen der Mengen aus dem Quellsystem mit den neu errechneten Mengen im Zielsystem innerhalb einer zulässigen Toleranz liegen. Folgende Prüfungen werden im Rahmen dieses Prozesses vorgenommen:

  • Überprüfung auf Gleichheit der Anzahl der Objekte zwischen Quell- und Zielsystem,
  • Neuberechnung der Mengen aus den geometrischen Objekten im Zielsystem (auf Grundlage der Mengengruppen),
  • Vergleich der neu berechneten Mengen (Zielsystem) mit den ursprünglichen Mengen (Quellsystem) und Ausweisung der gegebenenfalls vorhandenen Abweichungen sowie
  • Summierung der Mengen aller enthaltenen geometrischen Objekte und Vergleich mit den Summen der ursprünglichen Objekte aus dem Quellsystem sowie Ausweisung der gegebenenfalls auftretenden Abweichungen.

Bild 1: OKSTRA® – UML-Klassendiagramm nach REB 22.001 (OKSTRA®, 2024)

Das dargestellte Unified Modeling Language (UML)-Klassendiagramm (siehe Bild 1) beinhaltet alle für die Mengenberechnung im Rahmen der REB 22.001 zu verwendenden OKSTRA®-Objektarten sowie die zwischen ihnen bestehenden Relationen. Die Erläuterungen von OKSTRA®-Objektarten beziehen sich nur auf die neue Objektart Mengengruppe und die bei der Einführung von der REB 22.011 anzupassenden OKSTRA®-Objektarten.

3.1.1 Objektart Mengengruppe

Der Zweck der neuen Objektart Mengengruppe besteht in der Gruppierung von Geometrieobjekten zur Mengenberechnung. Geometrieobjekte können Punktobjekte, Linienobjekte, Flächenobjekte oder Volumenobjekte sein. Diese müssen per Relation mit der Mengengruppe verbunden werden. Die Mengengruppe besitzt Attribute (Eigenschaften), in denen die Summen der Mengen der Geometrieobjekte, die zur Mengengruppe gehören, abgelegt sind. Dies sind z. B. die Summe der Horizontalflächen, die Summen der Oberflächen o. Ä.

Aus dem Bild 1 geht hervor, dass die Mengengruppe von der Objektart Mengendefinition erbt. Damit besteht auch eine Relation zur Objektart Berechnung_REB, die über allgemeine Informationen (Eigenschaften) zu einer REB-Berechnung verfügt. Wie oben beschrieben, besitzt eine Mengengruppe ein oder mehrere Geometrieobjekte, die im Quellsystem für die Mengenberechnung genutzt wurden. Jede Mengengruppe beinhaltet die Summen der Mengen aller enthaltenen Objekte, wobei die Attribute aus Tabelle 1 zur Übertragung der Summen genutzt werden. Geometrische Objekte können innerhalb einer Mengengruppe nach Schema aus Tabelle 2 kombiniert (summiert) werden. In jeder Mengengruppe ist mit dem Attribut verwendete_Menge anzugeben, welche Summenbildung aus Tabelle 1 für die Mengendefinition genutzt wurde.

Tabelle 1: Attribute der Mengengruppe

Tabelle 2: Summenbildung geometrischer Objekte in Mengengruppen

3.1.2 Objektart REB_Geometrieobjekt

Die neu eingeführte Objektart REB_Geometrieobjekt beinhaltet alle Attribute und Relationen, die allen für die verschiedenen Geometrietypen existierenden Geometrieobjektarten (REB_ Punktobjekt, REB_Linienobjekt, REB_Flächenobjekt, REB-Volumenobjekt) gemein sind (siehe Bild 1, links). Das REB_Geometrieobjekt beinhaltet die optionale Relation zu_OKSTRA_ Fachobjekt, die es erlaubt, beliebige zugehörige Fachobjekte „anzubinden“. Diese Verbindung besteht rein nachrichtlich, so dass die für die Mengenberechnung relevanten Informationen aus dem REB_Geometrieobjekt und aus den zugeordneten Fachobjekten genutzt werden können. Um neben der rechnerischen und der visuellen Prüfung auch eine fachliche Prüfung zu ermöglichen und die Klassifizierung von geometrischen Objekten nach fachlichen Kriterien zu gewährleisten, muss dem geometrischen Objekt eine Bedeutung zugewiesen werden. Dies geschieht mit dem Attribut Bedeutung vom Typ CharacterString (siehe Bild 1, oben links). Die Geometrieobjektarten, die vom REB_Geometrieobjekt erben, sind in der Tabelle 3 aufgeführt sowie in folgenden Absätzen näher beleuchtet.

Tabelle 3: Attribute der von REB_Geometrieobjekt abgeleiteten Objektarten

Die Objektart REB_Punktobjekt wurde zur Darstellung eines Punktes neu eingeführt. Damit wird das Tragen einer Bedeutungsangabe sowie eine optionale Relation zu zugehörigen Fachobjekten gewährleistet. Das REB_Punktobjekt besitzt ebenfalls eine optionale Relation zu den Mengengruppen, dessen Bestandteil es ist (siehe Bild 1, mitte). Geometrisch wird das REB_Punktobjekt durch entsprechende 3D-Koordinaten bestimmt.

Die Objektart REB_Linienobjekt wurde zur Darstellung eines Linienzuges neu eingeführt. Damit wird das Tragen einer Bedeutungsangabe sowie eine optionale Relation zu zugehörigen Fachobjekten gewährleistet. Das REB_Linienobjekt besitzt ebenfalls eine optionale Relation zu den Mengengruppen, dessen Bestandteil es ist. Geometrisch handelt es sich beim REB_Linienobjekt um ein Liniensegment oder eine zusammenhängende Folge von Liniensegmenten, die jeweils durch eine gerade Verbindung zwischen dem Anfangs- und Endpunkt gebildet werden. Anfangs- und Endpunkt besitzen jeweils 3D-Koordinaten, die deren Positionen bestimmen. Die Fachinformationen Horizontale_Laenge und Raeumliche_Laenge [m] sind die Voraussetzung für die Mengenberechnung in der zugehörigen Mengengruppe.

Die Objektart REB_Flaechenobjekt wurde zur Darstellung einer Fläche neu eingeführt. Damit wird das Tragen einer Bedeutungsangabe sowie eine optionale Relation zu zugehörigen Fachobjekten gewährleistet. Das REB_Flaechenobjekt besitzt auch eine optionale Relation zu den Mengengruppen, dessen Bestandteil es ist. Geometrisch wird das REB_Flaechenobjekt als Dreiecksnetz ohne disjunkte Anteile definiert und darf Überhänge aufweisen. Um die einzelnen Facetten des Dreiecksnetzes abzubilden, wird als Datentyp des Geometrieattributes GM_Multisurface genutzt. Als Fachinformationen, für die eine Mengenberechnung in der zugehörigen Mengengruppe erfolgen kann, trägt das REB_Flaechenobjekt die Attribute Oberflaeche und Horizontale_Flaeche [m²]. Die Horizontale Fläche ergibt sich aus der Projektion des Dreiecksnetzes auf eine Horizontalebene.

Die Objektart REB_Volumenobjekt wurde zur Darstellung eines Volumens neu eingeführt. Damit wird das Tragen einer Bedeutungsangabe sowie eine optionale Relation zu zugehörigen Fachobjekten gewährleistet. Das REB_Volumenobjekt besitzt auch eine optionale Relation zu den Mengengruppen, dessen Bestandteil es ist. Geometrisch wird das REB_Volumenobjekt durch ein geschlossenes Dreiecksnetz gebildet. Die Positionen der Dreieckspunkte sind durch 3D-Koordinaten bestimmt, wobei jeder Dreieckspunkt ein Eckpunkt von mindestens 3 Dreiecken ist. Fachinformationen, für die eine Mengenberechnung in der zugehörigen Mengengruppe durchgeführt werden kann, sind das Volumen [m³] und die Oberflaeche [m²].

3.2 REB 22.001 mit IFC

Um REB 22.001 Daten mittels IFC-Datenschema austauschen zu können, benötigt man eine (maßgeschneiderte) MVD. Für die Entwicklung der MVD „MVD_REB_22.001“ wurde die Dokumentation des Reference Views 1.2 als Grundlage genommen (bSI, 2020). Somit ist gewährleistet, dass die zertifizierten Softwareprodukte die notwendigen Funktionalitäten bereits implementiert haben und eine reibungslose Anwendung in Infrastrukturprojekten möglich ist. Die für diese Entwicklung relevanten Konzepte sind in IFC2x3, IFC4 als auch in IFC4.3 vorhanden.

Das REB 22.001 Datenschema verwendet mehrere OKSTRA®-typische Datentypen (siehe Bild 1), die nicht 1:1 in IFC zu finden sind. Um ein Mapping zu ermöglichen, wurden die zueinander passenden Datentypen aus dem OKSTRA® und IFC identifiziert und in Tabelle 4 zusammengestellt. Bei einigen Datentypen wurden mehrere passende IFC-Typen aufgeführt, die im jeweiligen Kontext der Verwendung sinnvoll zu wählen sind.

Hauptbestandteil einer MVD sind sinnvoll selektierte Konzepte, die auf einzelne Entitäten zutreffen. So ermöglicht z. B. das Konzept „Quantity Sets“ an einzelne IfcObject Modellelemente verschiedene Mengen (IfcPhysicalQuantity) anzuhängen. Dies wird im „MVD_REB_22.001“ dafür verwendet, um individuelle Mengen (siehe Tabelle 3) den zutreffenden Geometrieobjekten zuzuweisen. Ebenso werden auch die Mengensummen (siehe Tabelle 1) den Mengengruppen zugewiesen. Die Tabelle 5 beinhaltet die Zuordnung relevanten Konzepte mit dazugehörigen zutreffenden Entitäten.

Tabelle 4: Mapping zwischen den Datentypen aus OKSTRA® nach IFC

Tabelle 5: Übersicht über die Konzepte und die zutreffenden Entitäten. Die vollständige Dokumentation der einzelnen Konzepte ist bSI (2020), Kapitel 4, zu entnehmen

Um eine Implementierung der „MVD_REB_22.001“ in Software zu ermöglichen, war es notwendig, jedes Element und jedes einzelne Attribut aus dem Bild 1 auf IFC zu mappen. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 6 ausführlich aufgelistet. Einige Attribute wurden bereits mithilfe der gewählten Konzepte aus der Tabelle 5 belegt, wie z. B. das Attribut hat_Mengendefinition des Objekts Berechnung_REB. Mit dem Konzept „Project Declaration“ wird hier eine Verknüpfung zwischen dem Projekt IfcProject und den einzelnen Mengengruppen IfcGroup mittels IfcRelDeclares geschaffen. Andersfalls wurden sinnvolle Entitäten bzw. deren Attribute identifiziert, wie z. B. das Attribut Name einer Mengengruppe, das sich in IFC als das Attribut Name einer IfcGroup abbilden lässt.

Tabelle 6: Mapping von OKSTRA®-Objekten und deren Attributen aus dem Bild 1 auf IFC-Entitäten und IFC-Attribute. Die Datentypen sind in der Tabelle 4 aufgeführt, die Konzepte in der Tabelle 5

Das Bild 2 zeigt beispielhaft die grobe Struktur einer IFC-Datei nach „MVD_REB_22.001“. Die Entität IfcProject (oben mitte) stellt das allgemeine Gefäß/Container für den Datenaustausch dar. Die Datei beinhaltet eine Aufbauschicht IfcCourse7) (mitte links), die einer Mengengruppe IfcGroup zugewiesen ist (mitte rechts). Diese werden durch die Relation IfcRelAssignsToGroup untereinander verknüpft. Die Aufbauschicht gehört über die Relation IfcRelContainedInSpatialStructure einer Baustelle IfcSite, diese selbst dann über die Relation IfcRelAggregates dem Projekt (oben links). Die Mengengruppe wird zum Projekt über die Relation IfcRelDeclares verbunden (oben rechts). Sowohl die Aufbauschicht als auch die Mengengruppe besitzen zutreffende Mengen IfcPhysicalQuantity, die über die Relation IfcRelDefinesByProperties sowie die Entität IfcElementQuantity verknüpft sind (unten links bzw. rechts). Das Projekt definiert die „OKSTRA®“-Klassifizierung IfcClassification über die Relation IfcRelAssociatesClassification (mitte). Der Aufabuschicht wird über die Relation IfcRelAssociatesClassification und die Entität IfcClassificationReference die entsprechende Klassifizierung nach OKSTRA® zugewiesen.

7) IfcCourse erbt unter anderen von IfcElement und IfcRoot.

Bild 2: Struktur eines IFC-Datensatzes nach „MVD_REB_22.001“ am Beispiel einer Aufbauschicht (IfcCourse) in IFC4.3

Allen Elementen im Bild 2 fehlt das Präfix „Ifc“. Die gelben Boxen stellen Relationen dar, die anderen Elemente sind blau dargestellt.

Das IFC-Schema ist sehr allgemein gehalten worden und bietet eine große Flexibilität zur Definition einer MVD. Um die Vorgaben der REB 22.001 mit dem IFC-Datenschema richtig umzusetzen, wird daher eine exakte Untermenge der Entitäten, deren Attribute und deren Kombinationen ausgewählt. Dies bedeutet am Beispiel eines IfcElements, welches als eigene Geometrie ein IfcCurve hat (und somit einem REB_Linienobjekt entspricht), dass nur die Mengen des Typs IfcQuantityLength zulässig werden (siehe auch Tabelle 3).

Ähnliche Regeln lassen sich für die Kombinationen der Mengen in einer Mengengruppe vorhandener Elemente ableiten (siehe Tabelle 2). So kann eine IfcGroup mit mehreren IfcElement Objekten, die mit IfcSurface oder IfcSolid geometrisch modelliert worden sind, nur die Mengentypen IfcQuantityCount und IfcQuantityArea mit dem Namen „Oberflaeche“ beinhalten. Eine Verknüpfung von IfcQuantityLength oder IfcQuantityVolume ist in diesem Fall nicht möglich. Somit sind die Richtigkeit der Daten garantiert bzw. deren Widersprüchlichkeit bereits mit Austauschregeln unterbunden.

4 Prototypische Implementierung

4.1 Export und Prüfen von REB 22.001 Daten

Die Erläuterung des Datenexports nach REB 22.001 wird an einem Bestandsmodell eines Kreisplatzes dargelegt. Das Bestandsmodell wurde aus einer Punktwolke abgeleitet, die in VESTRA INFRAVISION als Digitales Geländemodell (DGM) gespeichert, mit Bruchkanten vervollständigt und mittels Klassifizierung von DGM-Dreiecken und der Zuweisung von Schichtdicken in ein 3D-Volumen-Bestandsmodell umgewandelt wurde. Das Bild 3 zeigt die Darstellung des Bestandsmodells im VESTRA INFRAVISION BIM-Viewer.

Bild 3: Bestandsmodell Kreisverkehr im VESTRA INFRAVISION BIM-Viewer

Im Datenbaum auf der linken Seite sind alle Schichten mit den zugehörigen Attributen enthalten (Bezeichnung, Schichtdicke, Volumen). In Blau ist die Fahrbahndeckschicht mit den zugehörigen Attributen zu sehen.

Der Export des BIM-konformen 3D-Modells nach OKSTRA® im REB 22.001-Datenformat erfolgt aus den VESTRA DGM-Manager und kann anschließend im OKSTRA®-Prüfwerkzeug importiert werden. Das Bild 4 beinhaltet links den Datenexport aus VESTRA und auf der rechten Seite das importierte Modell im OKSTRA®-Prüfwerkzeug. Leider lässt sich das 3D BIM-konforme Bestandsmodell im Prüfwerkzeug nur als triangulierte Lageplanansicht darstellen.

Bild 4: REB 22.001-konformer Datenexport nach OKSTRA® aus VESTRA INFRAVISION (links) und Datenimport in das OKSTRA®-Prüfwerkzeug (rechts)

Im OKSTRA®-Prüfwerkzeug wird die Datenstruktur des übertragenen Datensatzes übersichtlich dargestellt. Es ist erkennbar, dass die Daten entsprechend den Vorgaben von REB 22.001 übergeben wurden (siehe Bild 5, links). Dies ist die Voraussetzung für die weitere Nutzung des Modells, z. B. bei der Zuweisung von Mengen zu Positionen in Leistungsverzeichnissen, die Erstellung von Angeboten oder Bauabrechnungen. Damit wird die Grundlage geschaffen, solche Workflows in Zukunft zu automatisieren. Im Bild 5, rechts, wird ersichtlich, dass die Geometrie der Mengengruppe ebenfalls übertragen wird.

Bild 5: REB-VB22.001 Datenformat des Kreisverkehrs im OKSTRA®-Prüfwerkzeug 

Analog zum beschriebenen Export eines Bestandsmodells lässt sich auch ein BIM-konformes Planungsmodell im Datenformat REB 22.001 nach OKSTRA® exportieren. Dazu werden die mit VESTRA INFRAVISION erstellten Volumenkörper selektiert, im Export-Dialog erfasst und anschließend in Mengengruppen exportiert. Mehrere Volumenkörper können dabei einer Mengengruppe zugewiesen werden (Bild 6, links). Das Ergebnis des OKSTRA®-Exports im Datenformat REB 22.001 wurde ebenso wie das Bestandsmodell im OKSTRA®-Prüfwerkzeug analysiert (Bild 6, rechts). Es wurde nachgewiesen, dass auch das Planungsmodell entsprechend den Vorgaben von REB 22.001 exportiert wurde.

Bild 6: OKSTRA®-Mengenexport nach REB22.001 von einem Planungsmodell (links) mit Ergebnissen des OKSTRA®-Prüfwerkzeugs (rechts)

Wie im Abschnitt 3.2 beschrieben, wurde die neue entwickelte MVD als Grundlage für die Implementierung der REB-VB 22.001 mit IFC-Datenschema in VESTRA INFRAVISION genutzt. Das Bild 7 beinhaltet die Darstellung des Kreisverkehrs in einem IFC-Viewer. Im Projektbaum sowie der Detailansicht sind die IFC-konforme Datenstruktur mit den REB-Volumenobjekten und den zugehörigen Mengengruppen gemäß REB 22.001 erkennbar (hier für das Volumen für die Bordsteine). Links unten ist ein Ausschnitt der durch den Export entstandenen IFC-Datei zu sehen, die ebenfalls die in der REB 22.001-Verfahrensbeschreibung geforderten Attribute (Mengengruppe Bordstein) enthalten.

Bild 7: Import der IFC-Datei (Ausschnitt links unten) in BIM-Vision. Rechts Projektbaum mit REB_Volumenobjekten und zugehörigen Eigenschaften der Mengengruppe (Bordstein)

4.2 Import von REB 22.001-Daten zur Mengenzuweisung und Kostenermittlung

Die im OKSTRA®-konformen REB 22.001-Datenformat exportierten Modelldaten werden anschließend genutzt, um eine Kostenschätzung/-berechnung nach AKVS durchzuführen. Dafür werden den vorhandenen Positionen im Leistungsverzeichnis die errechneten Mengen zugewiesen und in einem weiteren Schritt mit Preisen versehen. Dies wird am Beispiel im oben beschriebenen Bestandsmodell eines Kreisplatzes beschrieben. Dazu wird das aus dem Softwareportfolio der AKG Software Consulting GmbH vorhandene Programm KOSTRA PRO genutzt.

Der Mengenimport in KOSTRA PRO erfolgt in den 4 Schritten (1) Datei auswählen, (2) Position zuordnen, (3) Teile zuordnen und (4) Mengenimport (siehe Bild 8). Den Positionen der Mengendatei sind die geeigneten Positionen des Kostenberechnungskataloges (KBK-Positionen) zuzuordnen. Da Infrastrukturprojekte in der Regel aus mehreren Bauabschnitten bestehen, sind die maßgebenden Bauteile den Bauabschnitten zuzuweisen. Dabei wurden im betrachteten Beispiel die Volumina der einzelnen Fahrbahnschichten (Asphaltdeckschicht, Binderschicht, Tragschicht und Frostschutz) dem Kreisplatz sukzessive zugeordnet. Im Ergebnis des Mengenimports für den betrachteten Bauabschnitt alle Leistungen zusammengefasst, so dass diese nachfolgend mit Preisen versehen werden können.

Bild 8: KOSTRA PRO-Mengenimport aus einem REB 22.001-Datensatz

Nach erfolgtem Mengenimport wird mit dem so aufbereiteten Leistungsverzeichnis eine Kostenschätzung/Kostenberechnung durchgeführt. Die Einheitspreise für die Positionen des Leistungsverzeichnisses werden in einem Preiskatalog vorgehalten und können in Abhängigkeit der Menge angepasst werden. Nach der Zuweisung aller Preise zu den Positionen des Leistungsverzeichnisses wird der Gesamtpreis für den Bauabschnitt oder das Gesamtprojekt ermittelt.

Damit zeigt sich, dass mit Nutzung des OKSTRA®-Mengenimport nach REB 22.001 ein durchgängiger Workflow von der Planung und Mengenberechnung in VESTRA INFRAVISION über die Mengenzuweisung zu einem Leistungsverzeichnis bis hin zur Kostenschätzung/Kostenberechnung in KOSTRA PRO existiert.

5 Zusammenfassung

Im Ergebnis der vorgestellten Studie wurde nachgewiesen, die neue REB 22.001 erfolgreich in einem CAD-System (hier VESTRA INFRAVISION) implementiert und dadurch ein Export im OKSTRA®-Datenschema gewährleistet wurde. Damit lassen sich die exportierten Mengen (Punkte, Linien, Flächen, Volumenkörper) den Positionen eines Leistungsverzeichnisses zuweisen und aufbauend darauf für eine Kostenschätzung/Kostenberechnung nutzen.

Die erfolgreiche Implementierung wurde an 2 Beispielen (Bestandsmodell Kreisverkehr, Planungsmodell Parkplatz) praktisch nachgewiesen. Mit Hilfe des OKSTRA®-Prüfwerkzeuges wurde in beiden Projekten deutlich, dass die Mengen REB 22.001-konform mit dem OKSTRA®-Datenschema übertragen wurden.

Die so aus dem CAD-System exportierten Mengen lassen sich den Positionen eines Leistungsverzeichnisses zuordnen und anschließend im Rahmen einer Kostenschätzung bzw. Kostenberechnung nutzen.

Im Ergebnis der Studie ließ sich die REB 22.001 auch auf das IFC-Datenschema – unabhängig von dessen Version – erfolgreich implementieren. Dazu wurde die Definitionen des OKSTRA® auf deren Entsprechung im IFC-Datenschema gemappt. Damit ist es gelungen, eine Deutsche Vorschrift mit Regeln zur elektronischen Bauabrechnung auf das global anwendbare IFC-Datenschema zu transformieren.

Im Ergebnis der Studie ist eine Model View Definition (MVD) für die REB 22.001 entstanden, die auf den Definitionen des OKSTRA®-Datenschema im Sinne eines Information Delivery Manuals (IDM) aufbaut. Die entstandene MVD wurde bei der Implementierung in VESTRA INFRAVISION erfolgreich umgesetzt. Es gelang den IFC-Export am Bestandsmodell der Kreisplatzes praktisch durchzuführen.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die formulierten Ziele der vorliegenden Studie sowohl auf konzeptioneller Ebene als auch der praktischen Umsetzung in einem Programmsystem gelungen erreicht wurden. Neue Erkenntnisse wurden gewonnen, die für die Implementierung nationaler Standards im IFC-Datenschema von Bedeutung sind. Gleichzeitig wurde nachgewiesen, dass eine praktische Umsetzung in BIM-konformen Autorensystemen möglich ist. Die erfolgreiche Implementierung der REB 22.001 in OKSTRA® als auch im IFC-Datenschema kann Vorbild für die Implementierung weiterer nationaler und internationaler Richtlinien sein. Es ist notwendig, die gewonnenen Erkenntnisse für die Implementierung weiterer Verfahren – sowohl im OKSTRA® als auch im IFC-Datenschema – weiterzuführen und umfassend zu dokumentieren. Dies beinhaltet z. B. die Entwicklung von Beispieldatensätzen, die Automatisierung von Workflows und die Entwicklung geeigneter Methoden zur Software-Zertifizierung.

Literaturverzeichnis

  1. bSI (2020): Reference View 1.2 auf Basis Industry Foundation Classes 4.0.2.1; Verfügbar unter https:// standards.buildingsmart.org/MVD/RELEASE/IFC4/ADD2_TC1/RV1_2/HTML (05.01.2024)
  2. ISO (2018): ISO 16739-1: Industry Foundation Classes (IFC) for data sharing in the construction and facility management industries, Part 1: Data schema. Geneva, CH
  3. OKSTRA® (2024): OKSTRA® Webseite (Änderungsanträge, Dokumente, Forschungsaktivitäten), Verfügbar unter www.okstra.de (5. 1. 2024)
  4. REB-VB 22.001 (2022): REB Verfahrensbeschreibung 22.001: Mengen aus geometrischen Objekten, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Abteilung Bundesfernstraßen
  5. Steyer, R.; Jaud, Š. (2022): OKSTRA® und IFC – Status 2022. OKSTRA-Symposium 11./12. Mai 2022, Hamburg