FGSV-Nr. FGSV 001/23
Ort Mannheim
Datum 15.09.2010
Titel Konzeption eines Lkw-Parksystems – Einsatz von Telematik für die Steuerung der Parkplatznachfrage des Schwerlastverkehrs auf Rastplätzen der Bundesautobahnen
Autoren Dipl.-Ing. Jessica Kleine, RDir. Dipl.-Ing. Rainer Lehmann
Kategorien Kongress
Einleitung

Fehlende Parkstände für Lkw auf Autobahnrastanlagen, insbesondere in den Nachtstunden, führen aufgrund von Fahrzeugen, die ordnungswidrig auf nicht dafür vorgesehenen Flächen der Rastanlage abgestellt werden, oder aufgrund von weiterfahrenden übermüdeten Fahrzeugführern zu erheblichen Verkehrssicherheitsproblemen. Neben dem langfristigen Ausbau der Rastanlagen sollen telematische Systeme eingesetzt werden, um eine bessere Verteilung der Nachfrage zu erreichen und den Parksuchverkehr zu reduzieren. Zu diesem Zweck werden telematische Systeme eingesetzt, die den Belegungsgrad detektieren und die Verkehrsteilnehmer über dynamische Anzeigen informieren.

Eine bessere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche einer Rastanlage kann durch geringe bauliche Veränderungen und den Einsatz von intelligenten telematischen Systemen erzielt werden. Dazu werden vorhandene Parkstände zunächst so umgestaltet, dass mehrere Lkw kompakt hinter- und nebeneinander parken können. Für den störungsfreien Ablauf dieser Aufstellungsweise der Lkw ohne Fahrgassen wurde ein neues Steuerungsverfahren entwickelt. Mit Hilfe von dynamischen Anzeigen über den Parkstandsreihen informiert das System die ankommenden Fahrzeugführer über die späteste Abfahrzeit der Fahrzeuge, die in einer Reihe bereits parken. Die ankommenden Fahrzeugführer sollen mit Hilfe dieser Information in der Reihe parken, in der die eigene geplante Abfahrtszeit angezeigt wird. Damit gewährleistet das System, dass sich die Fahrzeuge gegenseitig bei der Abfahrt nicht behindern.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Die Bergische Universität Wuppertal stellte in einer Untersuchung in 2003 fest, dass in Folge von fehlender Parkstandskapazität Sicherheitsdefizite auf Rastplätzen der Bundesautobahnen (BAB) aufgrund des ordnungswidrigen Abstellens von Lkw außerhalb der dafür vorgesehenen Flächen entstehen können [1]. Diese Untersuchung belegte, dass schwere Unfälle im Bereich der Ein- und Ausfahrten selten zu verzeichnen, die damit einhergehenden Folgen jedoch gravierend sind. Im Bereich der Einfahrten von Rastanlagen abgestellte Fahrzeuge werden von ankommenden Fahrzeugführern nicht erwartet und bei ungünstigen Sicht- und Witterungsverhältnissen zu spät wahrgenommen. Unfälle, die auf Übermüdung des Fahrers zurückzuführen sind, wenn dieser seine Ruhepausen aufgrund fehlender Parkstandskapazität nicht einhalten konnte, können nicht beziffert werden.

Anfang 2008 wurde auf Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) die Parkplatzsituation auf Autobahnen für Lkw bundesweit erhoben (BMVBS, 2008a [3]). Die Zählungen erstreckten sich über insgesamt vier Nächte. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und die Straßenbauverwaltungen der Länder erhoben dabei die zwischen 22:00 und 3:00 Uhr abgestellten Lkw auf bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen der BAB sowie auf den Autohöfen. Danach fehlen etwa 14.000 Lkw-Parkstände auf und an den Bundesautobahnen (BMVBS, 2008b [4]).

Neben dem Ausbau der Rastanlagen, der verstärkt vorangetrieben wird, sollen auch telematische Systeme eingesetzt werden. Diese detektieren den Belegungsgrad der Rastanlagen automatisch und geben die gewonnenen Informationen über freie Parkstandskapazitäten über verschiedene Kommunikationswege, z. B. über elektronische Anzeigen an den BAB, mit Hilfe des Internets oder über den Verkehrsfunk, direkt an den Lkw-Fahrer oder das Logistikunternehmen weiter.

 

2 Telematische Systeme für Rastanlagen

Mittels intelligenter Parkraumbewirtschaftung sollen die vorhandenen Parkstandskapazitäten durch eine gleichmäßigere und insgesamt höhere Auslastung effizienter genutzt werden. Für die Güterverkehrsbranche bedeutet dies eine verbesserte Planbarkeit der Lenk- und Ruhezeiten der Lkw-Fahrer. Insgesamt ist mit einer Erhöhung der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer auf BAB zu rechnen.

Dabei werden aktuell zwei telematische Beeinflussungskonzepte mit unterschiedlichen Zielen erprobt: eine bessere räumliche Verteilung der Nachfrage (Variante 1) und die Erhöhung der Kapazität durch die bessere Nutzung der vorhandenen Fläche auf der Rastanlage (Variante 2). Beide Steuerungsansätze bedürfen der Erfassung der aktuellen Belegung einer Rastanlage und stellen herkömmliche Detektionsverfahren vor neue Herausforderungen hinsichtlich der erforderlichen Erfassungsqualität. Kern aller Steuerungsverfahren ist die Kommunikation mit den Verkehrsteilnehmern. Auch hierfür sind Neu- und Weiterentwicklungen von telematischen Beeinflussungssystemen erforderlich.

Nachfolgend werden die Grundlagen telematischer Systeme für Rastanlagen und deren Besonderheiten im Vergleich zur Verkehrsbeeinflussung im fließenden Verkehr erläutert.

2.1 Detektionsverfahren

Erprobte Detektionsverfahren auf den BAB dienten bislang der Erhebung von Verkehrslagekenngrößen, wie Fahrzeugart und Fahrzeugmenge in einem Zeitintervall sowie deren mittleren Geschwindigkeit. Diese Daten über den fließenden Verkehr werden meist mittels Induktivschleifen an ausgewählten Punkten im BAB-Netz erfasst und für statistische Zwecke aggregiert oder zur Nutzung von Steuerungsverfahren in Verkehrsbeeinflussungsanlagen weiterverarbeitet. Als Grundlage für die Detektionsgeräte gelten die Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen (TLS 2002 [9]), die u.a. die Qualitätsanforderungen für die Erfassungsgüte beinhalten. Danach sind z. B. 3 % Fehler bei der Erfassung der Anzahl der Fahrzeuge bei einer hohen Qualitätsstufe zulässig, da der Einfluss dieses Fehlers auf Steuerungsverfahren von Verkehrsbeeinflussungsanlagen als gering zu bewerten ist. Höhere Güteanforderungen wirken sich ungünstig auf die Wirtschaftlichkeit der Detektionstechnik aus.

Im Unterschied zur Verkehrserfassung auf der freien Strecke, ist der Einfluss fehlerhafter Detektion auf die Steuerung von telematischen Einrichtungen auf Rastanlagen wesentlich stärker. Die detektierten Größen werden je nach Detektionsverfahren unmittelbar summiert, so dass sich bei fehlenden Korrekturmechanismen Fehlmessungen auch unmittelbar auf die Informationen für den Verkehrsteilnehmer auswirken. Mögliche Folgen sind sinkende Akzeptanz oder ungenutzte Parkstandskapazitäten.

Bislang werden zwei Detektionsverfahren zur Ermittlung der Anzahl belegter Parkstände eingesetzt:

  • Direkte Messung über Einzelparkstandsdetektion,
  • Indirekte Erhebung über Bilanzierungsverfahren.

Die beiden Ansätze unterscheiden sich hinsichtlich der Lage und Anzahl der Detektoren auf der Rastanlage (Bild 1).

Bild 1: Detektionsprinzipien

Bei der Einzelparkstandsdetektion wird die Belegung jedes einzelnen Parkstandes ermittelt. Sie bietet auch bei Ausfall eines einzelnen Sensors eine relativ hohe Genauigkeit bei der Ermittlung der Gesamtbelegung. Jedoch steigen die Kosten mit der Ausstattung größerer Rastanlagen erheblich durch die hohe Anzahl erforderlicher Sensoren.

Bilanzierungsverfahren beruhen auf der Detektion im Ein- und Ausfahrtbereich. Sie sind insbesondere für größere Rastanlagen eine – bezogen auf den einzelnen Parkstand – kostengünstige Detektionsmöglichkeit. Aussagen, ob die Fahrzeuge tatsächlich auf verkehrsrechtlich ausgewiesenen Flächen stehen, sind jedoch nicht möglich. Bei vereinzelten Fehldetektionen können sich die Fehler in der Bilanzierung aufsummieren, so dass in den Pilotversuchen noch relativ häufig manuelle Kalibrierungen erforderlich sind. Erste Verfahren zum Plausibilisieren und zur automatischen Kalibrierung befinden sich noch in der Entwicklung.

Entwicklungspotential gibt es auch noch hinsichtlich der Detektionstechniken. Denn die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge auf einer Rastanlage sind wesentlich geringer als auf der Hauptfahrbahn von BAB. Zudem sind die Fahrbewegungen stärker von Beschleunigungs-, Brems- und Haltevorgängen charakterisiert. Da die Güte der Fahrzeugklassifizierung bei Induktivschleifen bei gefahrenen Geschwindigkeiten unter 20 km/h erheblich abnimmt, werden aus diesem Grund aktuell auch andere Detektionstechniken für den Anwendungsfall auf Rastanlagen erprobt oder sind für die Erprobung vorgesehen:

  • Induktivschleifen,
  • Erdmagnetfelddetektion,
  • Videotechnik,
  • Seitenradar
  • Radar-Ultraschall
  • Laserscanner.

Erste Erkenntnisse aus den Pilotversuchen verdeutlichen, dass bei der Wahl des Detektorstandorts zur Einzelparkstandserfassung, die zwischen ca. 6 und 18 Metern variierenden Fahrzeuglängen, Ursache für Fehlmessungen sein können (Sensor wird nicht vollständig überfahren). Je nach Anordnung kann es auch zum sogenannten „Übersprechen“ kommen, das heißt Fahrzeuge benachbarter Parkstände werden auf dem eigentlich freien Parkstand detektiert. Weitere Probleme ergeben sich, wenn die für die Detektion erforderliche Metallmasse zu gering ist (Holztransport).

Die Entwicklung und die praktische Erprobung von Detektionsverfahren für die Anwendung auf Rastanlagen bildet daher noch derzeit die Kernaufgabe vieler Pilotversuche.

2.2 Kommunikationsverfahren

Nach Befragungen in einer Studie im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein entscheiden sich 54 % aller befragten Lkw-Fahrer spontan und 29 % ca. 1 Stunde vorher, welche Rastanlage sie anfahren (ISL Baltic Consult (2009) [6]).

In einigen Pilotvorhaben werden den Lkw-Fahrern Informationen über freie Stellplätze mittels dynamischer Anzeigen in unmittelbarer Nähe zum Parkplatz angezeigt. Diese Informationen stellen für viele Lkw-Fahrer eine wichtige Orientierungshilfe dar. Deshalb wird bei den meisten Pilotvorhaben bislang dieser Informationsansatz gewählt. Die dynamische Lkw-Parkstandsanzeige wird dazu räumlich getrennt zur bestehenden Beschilderung aufgestellt (additive Aufstellung) und befindet sich ca. 350 bis 400 m vor der Ausfahrttafel (Wegweiser zur Rastanlage). Auf der Anzeige wird dargestellt wie viele Lkw-Stellplätze noch frei sind [8]. Dieses Anzeigekonzept für telematisches Lkw-Parken ist mit dem Bund-Länder-Fachausschuss Straßenverkehrs-Ordnung/-Ordnungswidrigkeiten (BLFA-StVO/OWi) abgestimmt. Darüberhinaus gibt es Überlegungen, entsprechende Informationen über freie Stellplätze im weiteren Streckenverlauf anzuzeigen. Durch die Information des Fahrers über freie Kapazitäten einzelner Rastanlagen auf dem Streckenzug wird eine bessere räumliche Verteilung über mehrere Anlagen hinweg erwartet.

Hierfür eignen sich ebenfalls fahrzeuginterne Informationssysteme. Bereits heute bietet der analoge Rundfunk die Möglichkeit, digital kodierte Verkehrsmeldungen über das Radio Data System (RDS) im sogenannten Traffic Message Channel (TMC) zu verbreiten. Jährlich werden etwa 300.000 Ereignisse über TMC durch die Landesmeldestellen und Rundfunkanstalten verbreitet. Diese umfassen derzeit überwiegend Stauereignisse sowie Verkehrsstörungen infolge von Baustellen, Unfällen und besonderen Wettereignissen.

TMC bietet aber auch die Möglichkeit, Informationen zu Parkplätzen und Rastanlagen zu versenden. Geeignete Flottenmanagement- und Navigationssysteme an Bord des Fahrzeuges könnten zukünftig diese Informationen aufbereiten und den Fahrer bei der Wahl des Parkplatzes unterstützen. Informationen über die Belegung von Rastanlagen könnten über TMC flächendeckend bereitgestellt werden.

Mit dem gezielten Ausbau der automatischen Parkplatzbelegungserfassung auf regelmäßig stark überlasteten Rastanlagen sowie Hinweisen der Polizei und der Verkehrsteilnehmer kann die Informationsbereitstellung über TMC einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit leisten.

2.3 Steuerungsstrategien

Je nach Beeinflussungsziel auf einer Rastanlage werden im Rahmen der Pilotversuche zwei grundsätzliche Steuerungsvarianten untersucht.

Variante 1 – Anzeige der Parkraumbelegung ohne Erhöhung der Kapazität:

Beobachtungen durch den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz und des Autobahnamtes Montabaur auf der Rastanlage Hunsrück-West im Juni 2009 zeigten, dass trotz freier verkehrsrechtlich ausgewiesener Parkstände Fahrzeuge sicherheitsgefährdend im Bereich der Ein-/Ausfahrten, im Tankstellenbereich und in den Fahrgassen parken (Bild 2).

Bild 2: Belegung einer Rastanlage

Eine Reduktion des Parksuchverkehrs und eine bessere Nachfrageverteilung werden erzielt, indem die Lkw-Fahrer über freie Parkstandskapazitäten auf dieser oder benachbarten Rastanlagen informiert werden. Dazu kann mittels Einzelparkstandsdetektion die tatsächliche Anzahl freier verkehrsrechtlich ausgewiesener Parkstände erfasst werden. Ankommende Fahrzeugführer können mit Hilfe dynamischer Anzeigetafeln die Belegung besser einschätzen, so dass die Wahrscheinlichkeit illegalen Parkens bei freien verkehrsrechtlich ausgewiesenen Parkständen deutlich sinkt.

Sofern die Belegungsinformationen für mehrere Rastanlagen auf einem Streckenzug dem Verkehrsteilnehmer übermittelt werden können, kann eine räumliche Verlagerung der Nachfrage auf Rastanlagen mit freien Kapazitäten erzielt werden. Hierfür eignet sich die Detektion auf Basis von Bilanzierungsverfahren.

Variante 2 – Erhöhung der Kapazität auf einer Rastanlage:

Auf der Rastanlage Montabaur an der Bundesautobahn A 3 wird seit 2005 ein Verfahren im Pilotbetrieb eingesetzt, das die Kapazität der Rastanlage erhöhen soll. Dabei wurden die Lkw-Parkstände und Fahrgassen auf der Rastanlage so aufgeteilt, dass die Lkw nach ihren Abfahrtszeiten sortiert und hintereinander in Reihen über die bisherige Fahrgasse hinweg parken. Das Verfahren beruht darauf, dass die Fahrer vor einer Schranke an einem Terminal ihre Abfahrtszeit und die Fahrzeuglänge eingeben. Der Kern des Steuerungsverfahrens ist, den Fahrern auf der Grundlage ihrer eingegebenen Daten einen freien Parkstand zuzuweisen. Dabei berücksichtigt das Steuerungsverfahren die Abfahrtszeiten und die Standorte bereits parkender Fahrzeuge (Follmann, Menge 2009 [5]). Aktuell bedarf das eingesetzte Steuerungsverfahren personeller Betreuung vor Ort, um einen störungsfreien Betrieb auf der Rastanlage zu gewährleisten.

Ein von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) entwickeltes Verfahren zur Erhöhung der Kapazität der Rastanlage ist das „Kompaktparken“, das sich ebenfalls dadurch auszeichnet, dass mehrere Lkw kompakt hinter- und nebeneinander parken können. Mit Hilfe von dynamischen Anzeigen über den Parkstandsreihen erhalten die Fahrzeugführer Informationen über die späteste Abfahrzeit der Fahrzeuge, die in einer Reihe parken, und können selbständig entscheiden, welche Reihe für die Dauer des eigenen Aufenthaltes geeignet ist. Das Verfahren wird im nachfolgenden Kapitel beschrieben.

 

3 Kompaktparken

Eine bessere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche einer Rastanlage kann durch geringe bauliche Veränderungen und den Einsatz von intelligenten telematischen Systemen erzielt werden. Dazu werden vorhandene Parkstände zunächst so umgestaltet, dass mehrere Lkw kompakt hinter- und nebeneinander parken können. Für den störungsfreien Ablauf dieser Aufstellungsweise der Lkw ohne Fahrgassen wurde ein telematisches Steuerungsverfahren entwickelt, welches nachfolgend vorgestellt wird.

Das telematisch gesteuerte „Kompaktparken“ beruht auf der dynamischen Zuweisung der Abfahrtszeiten zu einer Parkstandsreihe. In einer Parkstandsreihe parken mehrere Fahrzeuge unmittelbar hintereinander. Die Ausfahrt der Fahrzeuge ist nur ungehindert möglich, wenn die Fahrzeuge mit gleicher oder späterer Abfahrtszeit hintereinander parken. Dazu erhalten die Fahrzeugführer mit Hilfe von dynamischen Anzeigen über den Parkstandsreihen die Informationen über die späteste Abfahrzeit der Fahrzeuge, die in einer Reihe parken. Ankommende Fahrzeugführer sollen mit Hilfe dieser Information in der Reihe parken, in der die eigene geplante Abfahrtszeit angezeigt wird (Bild 3).

Weiterhin ergibt sich für die Fahrer augenscheinlich die verfügbare Restlänge einer Parkstandsreihe. Die Fahrzeugführer können sich selbstständig für eine geeignete Parkstandsreihe entscheiden.

Bild 3: „Kompaktparken“ mit dynamischen Abfahrtszeitanzeigen (Fotomontage)

Da die Verantwortung bei der Auswahl einer geeigneten Parkstandsreihe nicht von einem Steuerungsrechner, sondern von den Fahrern selbst übernommen wird, ist von einer hohen Akzeptanz der Fahrer auszugehen. Das Steuerungsverfahren vermittelt den Fahrern den Eindruck eines unterstützenden Instruments und überlässt die Wahl einer Parkstandsreihe bewusst dem Lkw-Fahrer. Das heißt auch, dass keine Korrekturmechanismen für ein Fehlverhalten der Lkw-Fahrer im Steuerungsverfahren benötigt werden.

Zur intelligenten Steuerung der dynamischen Abfahrtszeitanzeigen ist der Einsatz von Detektionstechnik erforderlich. Die Detektionstechnik soll für jede Parkstandsreihe im einfachsten Fall die Belegung des „letzten“ Parkstandes einer Reihe erfassen. Wird so die Belegung einer kompletten Reihe detektiert, können benachbarte freie Reihen bzw. Reihen, in denen Fahrzeuge stehen, die eine frühere Abfahrtszeit geplant haben, mit der entsprechenden Abfahrtsuhrzeit jederzeit freigegeben werden. Dazu eignen sich bereits einfache Sensoren, die an den Querträgern der dynamischen Anzeigen montiert werden könnten. Insbesondere eine automatisierte Einschaltprozedur (z. B. nach Systemneustart) erfordert jedoch die aufwändigere Detektion der verbleibenden Restlänge je Parkstandsreihe.

Um eine hohe Verlässlichkeit und Akzeptanz des Systems zu erzielen, berücksichtigt das Steuerungsverfahren im Besonderen die Aufenthaltsdauer und Abfahrtszeiten, die sich auf Grund rechtlicher Bestimmungen zu einem bestimmten Zeitpunkt ergeben. „Kompaktparken“ richtet sich sowohl an Fahrer, die mehrere Stunden oder über Nacht parken möchten (Langzeitparken), als auch an Fahrer, die höchstens eine Stunde auf der Anlage parken möchten (Kurzzeitparken). Eine Befragung von 672 Lkw-Fahrern, die zwischen 15 und 22 Uhr einen Rastplatz anfuhren, ergab, dass 67 % der Fahrer eine Pausendauer von 8 bis 12 Stunden geplant hatten, wobei von diesen Fahrern ca. 2/3 eine Pause von 10 bis 11 Stunden vorsahen (Bergt, Gather et al., 2008 [2]). Die Mehrheit dieser Befragten sahen für ihre Aufenthaltsdauer die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten vor (vgl. Europäische Union, 2006). Die Aufenthaltsdauer, die erwartungsgemäß am häufigsten auftritt, wird z. B. für die mittleren Parkstandsreihen vorgesehen. Von der Mitte ausgehend werden für die benachbarten Parkstandsreihen dann angrenzende Uhrzeiten angezeigt. Durch die fortlaufende Korrektur dieser Abfahrtszeitanzeigen können tägliche Schwankungen der Abfahrtszeiten und Aufenthaltsdauern ausgeglichen werden.

Eine angezeigte Abfahrtszeit darf immer nur durch eine zeitlich spätere Abfahrtszeit ersetzt werden. Die Abfahrtszeiten werden steuerungsintern und gegebenenfalls auch auf den Anzeigetafeln mit Datum verwaltet. Auf diese Weise behindern bereits parkende Fahrzeuge in einer Reihe die später ankommenden Fahrzeuge nicht. Die Herausforderung für den neuen Steuerungsansatz besteht somit in der Entscheidung, wann und durch welche neue Abfahrtszeit eine angezeigte Abfahrtszeit ersetzt wird. Dabei hängt vor allem die erzielbare Auslastung der Rastanlage von der Qualität dieser Entscheidung ab.

Der dem Verfahren zu Grunde liegende Ansatz soll in einem Beispiel erläutert werden. Fahrzeugführer, die um 18:00 Uhr den Parkplatz erreichen und ca. 11 Stunden Aufenthalt planen, können ihre Fahrt bereits um 5:00 Uhr fortsetzen. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr gering, dass Fahrzeugführer, die um 22:00 Uhr den Parkplatz anfahren, ebenfalls um 5:00 Uhr ihre Fahrt fortsetzen. Der Steuerungsalgorithmus würde demnach um 18:00 Uhr mehrere Reihen für 5:00-Uhr-Abfahrten vorsehen, um 22:00 Uhr hingegen nur noch eine Reihe.

Die wesentlichen Vorteile des „Kompaktparkens“ sind:

  • Es wird die Erhöhung der Kapazität der Rastanlage mit geringen, baulichen Anpassungen auf der vorhanden Parkplatzfläche erzielt. Anzumerken ist jedoch, dass für die erforderliche räumliche Parkstandsanordnung von mehreren Fahrzeugen hintereinander ohne Fahrgasse derzeit nur eine geringe Anzahl bestehender Rastanlagen geeignet sind.
  • Durch dieses Verfahren ist die Bedienung eines Terminals durch die Lkw-Fahrer nicht erforderlich. Bedienungs- und Wartezeiten, die eventuell zu Rückstaueffekten innerhalb der Rastanlage und auf den Zufahrten führen, fallen beim „Kompaktparken“ nicht an.
  • Das Steuerungsverfahren „Kompaktparken“ ist für einen täglichen 24-Stunden-Betrieb geeignet und ist so konzipiert, dass es keiner personellen Betreuung vor Ort bedarf.
  • Als Rückfallebene bei Ausfall der Detektion ist eine Festzeitsteuerung der Abfahrtszeiten möglich. Zudem kann bei Ausfall der dynamischen Anzeigen eine konventionelle Parkstandsanordnung mit Fahrgassen eingerichtet werden.

Der Steuerungsansatz toleriert bestimmtes Fehlverhalten der Lkw-Fahrer, wobei die Fahrzeugführer prinzipiell immer eine für ihre Abfahrtszeit geeignete Reihe suchen sollen. In der Praxis ist jedoch nicht auszuschließen, dass ein Fahrer in einer Parkstandsreihe parkt, für die nicht seine gewünschte Abfahrtszeit angezeigt wurde.

Folgende Szenarien sind hier denkbar:

  • Szenario 1: Das Fahrzeug wird in einer leeren Reihe abgestellt. Dies führt zu keinen Störungen im System, wenn in dieser Reihe eine spätere Abfahrtszeit angezeigt wird, als die des falsch abgestellten Fahrzeuges.
  • Szenario 2: Das Fahrzeug wird in einer schon teilweise belegten Reihe abgestellt. Wenn die Fahrzeuge in der Reihe eine spätere Abfahrtszeit haben, so wird der Fahrer des falsch abgestellten Fahrzeuges selbstverschuldet an der Ausfahrt gehindert.
  • Szenario 3: Das Fahrzeug wird in einer schon teilweise belegten Reihe abgestellt. Wenn die Fahrzeuge in der Reihe eine frühere Abfahrtszeit haben, so behindert der Fahrer des falsch abgestellten Fahrzeuges schuldhaft die Ausfahrt anderer Fahrzeuge. Je nach Belegung der Rastanlage ist die Ausfahrt für die Fahrzeuge seitlich möglich oder erfordert, dass das falsch geparkte Fahrzeug die Anlage frühzeitig verlassen muss.
  • Szenario 4: Das Fahrzeug wird auf den letzten Parkstand in einer teilweise belegten Reihe abgestellt. Dieses Verhalten ist unkritisch, wenn die anderen Fahrzeuge in der Reihe eine frühere Abfahrtszeit haben. Andernfalls kommt es zu einer selbstverschuldeten verzögerten Abfahrtszeit für das falsch geparkte Fahrzeug.

Bezüglich der Verständlichkeit der Informationen zur Abfahrtszeit bedarf es entsprechender Hinweistafeln, die darüber informieren, dass die Fahrer die Abfahrtszeit einer Reihe angezeigt bekommen und in der Reihe parken sollen, die ihrer eigenen geplanten Abfahrtszeit entspricht. Vor Inbetriebnahme einer Pilotanlage sollen die Lkw-Fahrer durch Veröffentlichungen in entsprechenden Medien über dieses neue Steuerungsverfahren rechtzeitig informiert werden. Auch können Informationsschilder auf der Rastanlage in verschiedenen Sprachen das Prinzip des „Kompaktparkens“ erläutern.

Erstmals vorgestellt wurde das neu entwickelte Verfahren „Kompaktparken“ im Dezember 2009 (Kleine, Lehmann 2009 [7]). Seither wurden insbesondere Lösungsstrategien für mögliche Störfälle und Verhaltensszenarien entwickelt, um einen automatisierten Betrieb des Steuerungsverfahrens von Beginn an zu ermöglichen. Neben einer Erprobung unter Laborbedingungen ist die praktische Pilotumsetzung in einem Bundesland geplant, um Erkenntnisse zu Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit zu ermitteln.

 

4 Ausblick

Die BASt ist beauftragt, die Pilotprojekte zu telematischen Lkw-Parksystemen unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu evaluieren und zu begleiten. Das Ziel des Forschungsprojektes ist die Bewertung der Wirksamkeit und der Effizienz der in den Pilotprojekten umgesetzten und geplanten Systeme zum telematisch gestützten Lkw-Parken. Mittelfristig sollen die Tätigkeiten in Empfehlungen für eine Technologieauswahl und einen Katalog mit den technisch und wirtschaftlich geeigneten Maßnahmen für die verschiedenen denkbaren Einsatzfälle münden. Damit wird eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau der Belegungserfassung und die Harmonisierung der Parkplatznachfrage erfüllt.

Neben der Erhebung erforderlicher Bewertungskenngrößen zur Detektionstechnik vor Ort erfolgt die Untersuchung der Reaktion der Lkw-Fahrer bei Erreichen der Kapazitätsgrenze einer Rastanlage. In einer kurzen Befragung der Lkw-Fahrer wird die Verständlichkeit, Wahrnehmbarkeit etc. des telematischen Lkw-Parkens erhoben. Weitere wichtige Kenngrößen sind die Anzahl manueller Eingriffe (z. B. Kalibrieren), die mit den Systemen verbundenen Kosten, die Akzeptanz seitens der Nutzer und die Wirksamkeit des telematischen Ansatzes. Die Informationsbereitstellung im Fahrzeug wird in ihren Grundlagen ebenfalls betrachtet. Die Auswertungen sollen nach Vorliegen einer umfänglichen Datenbasis bis Mitte 2012 abgeschlossen werden.

Das Steuerungsverfahren „Kompaktparken“ wird in einem gesonderten Arbeitsprogramm der Bundesanstalt für Straßenwesen weiterentwickelt, um die zeitnahe Erprobung zu ermöglichen.

5              Literaturverzeichnis

  1. Bergische Universität Wuppertal (2003): Sicherheits- und Betriebserfordernisse beim Bau von Rastanlagen der Bundesautobahnen (FE 0201/200/MRB)
  2. Bergt, M.; Gather, M.; Lüttmerding, A.; Räder-Großmann, T. (2008): Belegung der Autobahnparkplätze durch Lkw in Thüringen – Phase II: Konkretisierung der Maßnahmenempfehlungen. Auftraggeber: Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr, Oktober 2008
  3. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2008a): Mehr Lkw-Parkplätze auf Autobahnen – Parksituation für Lkw auf BAB in Deutschland in den Nachtstunden
  4. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2008b): Studie zu Lkw-Parkplätzen ausgewertet; Pressemitteilung vom 8. September 2008, Nr. 248/2008
  5. Follmann, J.; Menge, J. (2009): Verbesserung der Parkmöglichkeiten für Lkw an Autobahnen. Straßenverkehrstechnik, Heft 1/2009 Kirschbaumverlag, Bonn, S. 25-31
  6. ISL Baltic Consult (2009): Technologieoptimiertes Lkw-Parken in Schleswig-Holstein, AG: Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein
  7. Kleine, J., Lehmann, R. (2009): Neuer telematischer Steuerungsansatz für das Parkraummanagement von Lkw auf Rastanlagen an Bundesautobahnen. Straßenverkehrstechnik Heft 12/2009 Kirschbaumverlag, Bonn, S. 796-799
  8. Pozybill, M. (2009): LKW-Stellplatzinformation Pilotanlage an der A 8 bei der T+R Aichen; Innenministerium Baden-Württemberg
  9. BASt: Technische Lieferbedingungen für Streckenstationen (2002), Bergisch Gladbach