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1 Einleitung
Die Modellierung von Fußgängern beschränkt sich hauptsächlich auf die Simulation von Fußgängerverhalten. Von den Anfängen mit makroskopischen Modellen bis hin zu komplexen mikroskopischen Simulationen kann das Fußgängerverhalten heute immer besser abgebildet werden [1-5]. Fußgängerverhaltenssimulationen werden u.a. als Grundlage für die Überprüfung sicherheitsrelevanter Aspekte und die Bemessung von Fußgängerinfrastruktur (z.B. in Evakuierungssituationen) verwendet [6][7]. Aber auch als Untersuchungswerkzeug zum Verständnis komplexer Fußgängerverhaltensmuster, wie beispielsweise in religiösen Pilgerstätten, kommen Fußgängersimulationen zum Einsatz [8]. Eingangsgröße für diese Modelle ist die Verkehrsnachfrage, die mit verschiedenen Methoden erhoben werden kann [9][10]. Die Erhebungen können jedoch sehr aufwendig sein und gerade im Bereich der Videoerfassung von Fußgängern ist der Datenschutz oft ein Problem. Für makroskopische Modelle genügt hingegen meist ein Dateninput in aggregierter Form. Aggregierte Daten sind leichter zu erheben und Datenschutzrichtlinien können leichter eingehalten werden, da die Inputdaten und die Ergebnisse keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen.
Für die Kapazitätsbemessung einzelner Gebäudeteile liegen diese Nachfragewerte oft nicht vor, da die relevanten Kenngrößen (z.B. Besucherzahlen) meist nur für das Gebäude als Ganzes bekannt sind. Es wurde deshalb am Beispiel der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart (WLB) untersucht, in wie fern Modelle der traditionellen Verkehrsnachfragemodellierung für die Bestimmung der Fußgängernachfrage in Gebäuden verwendet werden können. Die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart plant einen Erweiterungsbau. Daraus resultieren Anpassungen der Bibliotheksstruktur.
Es soll ein Fußgängerüberweg als einzige Verbindung zwischen dem Erweiterungsbau und dem bestehende Gebäude gebaut werden. Unklar ist jedoch, ob der Fußgängerüberweg für die künftigen Personenströme ausreichend dimensioniert ist. Neben der Analyse der Personenströme im Regelfall haben wir für den Evakuierungsfall eine grobe Abschätzung der benötigten Kapazitäten des Fußgängerüberwegs vorgenommen.
Abbildung 1 OG1 der WLB Stuttgart im neuen Gebäudezustand (Quelle: LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH & Co. KG Architekten BDA / AI)
Die einzelnen Arbeitsschritte werden wie folgt vorgestellt. Zunächst wird die Erhebung der Inputdaten beschrieben. Anschließend werden die Modellierung im Analyse- und Prognosefall und die Ergebnisse der einzelnen Planfälle betrachtet. Abschließend erfolgt eine Bewertung unserer Arbeit.
2 Datenerhebung
Die notwendigen Daten zur Bestimmung der Verkehrsnachfrage wurden durch eine Erhebung im Gebäude gewonnen. Diese fand an einem durchschnittlichen Werktag während der Öffnungszeiten von 08:00 – 20:00 Uhr statt, so dass der komplette Besucherverkehr im Laufe eines Tages erhoben werden konnte. Zum einen wurden die Anzahl der Besucher an allen drei Zugängen des Gebäudes sowie an der Haupttreppe gezählt (siehe Abbildung 2). Als Zählintervall wurde das für Fußgängerzählungen übliche Intervall von 15 Minuten gewählt [11]. Die Zählung erfolgte manuell, da die Beschaffenheit des Gebäudes und die Bibliotheksverwaltung keine anderen Erhebungsmethoden zuließ.
Abbildung 2 Aufbau der Erhebung: Befragungsstellen (blau) und Zählquerschnitte (rot)
Zum anderen wurden an drei Stationen die Wegeketten der Besucher erhoben. Zufällig ausgewählte Besucher bekamen bei Betreten des Gebäudes einen Fragebogen und einen Stift ausgehändigt, welchen sie im Laufe ihres Besuchs ausfüllen sollten. So hatten die Besucher die Möglichkeit, wie bei einem Wegetagebuch, jeden einzelnen Weg sofort zu notieren. Vor Verlassen des Gebäudes gaben die Besucher die Fragebögen wieder ab.
Insgesamt konnten so detaillierte Besucherzahlen eines Tages sowie die Wegeketten von 210 Besuchern gewonnen werden – dies entspricht einer Befragungsquote von rund 10%. Zusätzlich stellte die Verwaltung der Württembergischen Landesbibliothek Ausleihstatistiken sowie Daten eines Besucherzählers, der die Besucher des Hauptlesesaals zählt, zur Verfügung.
Mit Hilfe dieser Daten haben wir unser Modell für den Analysefall aufgebaut und abgeschätzt.
3 Modell im Analysefall
Das Modell wurde mit der makroskopischen Verkehrssimulationssoftware VISUM der PTV Group erstellt. Simulationsprogramme wie VISUM sind auf ihre Aufgabenfelder angepasst. Diese bestehen in der Regel aus der Simulation von Verkehrsabläufen im Individual- und Öffentlichen Verkehr. Die Rahmenbedingungen von Verkehrsabläufen von Personen in öffentlichen Gebäuden unterscheiden sich jedoch von denen herkömmlicher Verkehrsabläufe. Folgende wichtige Unterschiede zu herkömmlichen Verkehrsabläufen waren zu beachten. Erstens ist keine Verkehrsmittelwahl nötig, da Personen in Gebäuden in der Regel zu Fuß gehen. Zweitens bewegen sich Personen in Gebäuden meist nicht auf eindeutig definierten Fahrbahnen, sondern in der Ebene. Es gibt ebenfalls keine klassischen Kreuzungen in Gebäuden, somit haben die Knoten im Netzmodell hier eine reine Verbindungsfunktion. Drittens haben Gebäude im Gegensatz zu Straßeninfrastruktur meist mehrere Stockwerke, welche durch Treppen oder Fahrstühle verbunden sind. Die Personen können sich also in mehreren Ebenen bewegen.
Somit mussten die Gegebenheiten von Verkehrsabläufen in öffentlichen Gebäuden den Voraussetzungen von VISUM angepasst werden. Grundlage für das Netzmodell waren Pläne des bestehenden Gebäudes.
Für die makroskopische Modellierung waren so zunächst folgende Probleme zu lösen:
Es mussten alle Orte im bestehenden Gebäude identifiziert werden, an denen relevante Aktivitäten stattfinden können. Es wurden im Analysefall insgesamt 17 Bezirke definiert (z.B. Ausleihstation, Hauptlesesaal, Eingänge etc.) und in VISUM modelliert. Die Knoten des Netzmodells wurden an geeigneten Stellen positioniert. Die Bezirke wurden über Anbindungen an die nächsten Knoten mit dem Streckennetz verknüpft und mit virtuellen Strecken, welche auf Grundlage der z.T. eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten der Besucher im Gebäude definiert wurden, verbunden.
Da die makroskopische Modellierung von Verkehrsabläufen in der Regel in einem zweidimensionalen Raum durchgeführt wird, musste eine Lösung gefunden werden, die dreidimensionalen Gebäudestrukturen in ein zweidimensionales Verkehrsnetz zu transferieren. Insbesondere der Abbildung von Verbindungselementen zwischen den Gebäudeebenen wie beispielsweise Treppen und Aufzügen kam eine besondere Bedeutung zu.
Abbildung 3 Netzmodell der WLB Stuttgart (Grundmodell heutiger Zustand)
Wie in Abbildung 3 zu sehen, wurden die einzelnen Ebenen scheibchenweise nebeneinander gelegt und mit Ersatzstrecken verbunden. Die Parameter dieser Ersatzstrecken wurden mit Hilfe von Reisezeitmatrizen so bestimmt, dass die Ersatzstrecken im Modell die gleichen Zeitwiderstände aufweisen wie die Treppen und Fahrstühle in Realität.
Die Werte der Strukturdaten der unterschiedlichen Bezirke wurden zum Großteil an Hand realer Größen, wie beispielsweise der Anzahl der Lernplätze, festgelegt. Für manche Strukturdaten, wie zum Beispiel für das Informationsangebot, war die Abschätzung der Werte der Strukturdaten im Vorfeld auf Grund mangelnder Messbarkeit nicht möglich. In diesen Einzelfällen mussten die Werte im Zuge der Modellkalibrierung abgeschätzt werden. Die Anzahl der Besucher ist in den Einwohnerzahlen der drei Bezirke hinterlegt, welche die drei Eingänge abbilden. Den restlichen Bezirken wurden keine Einwohner zugeordnet.
Um die Modellversionen später in VISUM miteinander vergleichen zu können, ist das Netzmodell so aufgebaut, dass die Unterschiede in den Modellversionen durch Sperrung von Strecken und Bezirken für den Analyse- und den Prognosefall abgebildet sind.
Für die Bestimmung der Verkehrsnachfrage mussten die Aktivitäten und deren Muster im Gebäude aus den erhobenen Daten extrahiert werden. Ein VBA-Makro führte die
Identifikation verschiedener Aktivitätenketten und die Berechnung ihrer Häufigkeiten durch. Die Aktivitäten sind im Folgenden:
1. Information
2. Ausleihe/Rückgabe
3. Lernen
4. Cafeteria
5. Garderobe
6. Ausstellung
7. Computer
K. Kommen / Gehen
Zur Berechnung der Verkehrsnachfrage wurde VISEM verwendet, ein in VISUM integriertes, disaggregiertes verhaltensorientiertes Verkehrsnachfragemodell. VISEM modelliert die Aktivitätenwahl, die Zielwahl und die Verkehrsmittelwahl, die Berechnung der beiden letzteren Schritte erfolgt in einem kombinierten Verfahren [12]. Die Verkehrsmittelwahl musste, obwohl für diesen Anwendungsfall auf Grund nur eines Verkehrsmittels (Fußgänger) nicht notwendig, auf Grund softwareseitiger Vorgaben trotzdem durchgeführt werden. Jedoch wurden die Parameter so gesetzt, dass der Anteil der Fußgänger 100% beträgt. Als Umlegungsverfahren kam eine Stochastische Umlegung zum Einsatz, da diese die Verkehrsströme auch bei niedriger Streckenauslastung auf unattraktivere Nebenstrecken verteilt und somit den Verkehr nicht ausschließlich auf die besten Routen umlegt.
Für die Kalibrierung des Modells wurden die erhobenen Besucherzahlen der Haupttreppe sowie die Daten des Besucherzählers vor dem Hauptlesesaal verwendet. Die Ergebnisse für den Analysefall zeigen eine Abweichung von den gezählten Werten von weniger als 10%. Auch der zeitliche Verlauf der modellierten Verkehrsbelastung nähert sich dem der realen Verkehrsbelastung an (vgl. Abbildung 4). Dies ist ein positives Ergebnis; nicht zuletzt dadurch, dass nur wenige Strukturgrößen und einzelne Parameter besonderer Streckenabschnitte, wie beispielsweise einer lange Rampe, im Zuge der Kalibrierung angepasst werden mussten.
Abbildung 4 Vergleich der Ganglinien des Zählquerschnitts Haupttreppe
4 Modell im Prognosefall
Im Zuge des geplanten Erweiterungsbaus ergeben sich auch für das bestehende Gebäude einige strukturelle Änderungen. Der Zugang zum bestehenden Gebäude ist künftig nur noch über den geplanten Fußgängerüberweg möglich, die Zugänge des bestehenden Gebäudes dienen dann nur noch als Notausgänge. Zudem sollen der Garderoben-, der Informations- und der Ausstellungsbereich sowie die Cafeteria in den geplanten Erweiterungsbau verlegt werden. Im bestehenden Gebäude werden sich somit fast ausschließlich Arbeitsplätze befinden.
Bei der Ermittlung der Verkehrsnachfrage für den Gebäudekomplex nach dem Erweiterungsbau ergaben sich auch durch ein verändertes Entleihsystem neue Nutzungsmuster. Aktuell muss ein zu entleihendes Buch einige Tage vorher vorbestellt und dann an einer zentralen Station entliehen werden. Somit besteht der Entleihvorgang nur aus der Abholung des Buches an der zentralen Ausleihe. Der Erweiterungsbau soll künftig vier große Freihandmagazine beinhalten. So können die Besucher dort die gewünschten Bücher selbst aussuchen und anschließend an einem Terminal selbst entleihen.
Es sind im Prognosefall zwei unterschiedliche Entleihsysteme berücksichtigt, da zum noch nicht klar war, welches der beiden Entleihsysteme künftig Verwendung finden soll. Zum einen ein System, in dem die Bücher nur zentral im Eingangsbereich des Erweiterungsbaus entliehen werden und zum anderen ein System, in dem die Bücher auch direkt im Freihandmagazin entliehen werden können. Die Bücherrückgabe erfolgt in beiden Fällen im Eingangsbereich des Erweiterungsbaus.
Die Abbildung des geänderten Nutzerverhaltens im Modell erfolgte durch eine Anpassung der Strukturgrößen und die Einführung einer zusätzlichen Aktivität („Freihandmagazin“), welche das Aussuchen der Bücher aus den Freihandmagazinen abbildet. Da für diese Aktivität keine Erfahrungswerte aus dem Analysefall existieren, liegen der notwendigen Anpassung der Aktivitätenketten und deren Häufigkeiten folgende Annahmen zu Grunde, welche nach einem Erfahrungsaustausch mit der Bibliotheksverwaltung getroffen wurden:
• 90% der Bücher werden in Zukunft aus Freihandmagazinen entnommen, die restlichen 10% der Bücher werden vorbestellt,
• die Anpassung der Strukturgrößen für Bezirke mit veränderter Fläche erfolgte mit dem Faktor des Verhältnisses der Größe vor und nach dem Erweiterungsbau,
• durch den Erweiterungsbau entsteht auf Grund zusätzlicher Lernplätze und einer größeren Benutzerfreundlichkeit im Worst-Case-Szenario ein Besucherzuwachs von 100%.
• Nutzer, welche sich Bücher nur anschauen und nicht ausleihen, werden nicht berücksichtigt, da für diesen Fall keine Erhebungsdaten vorliegen.
Unter diesen Annahmen wurden in 45% der Aktivitätenketten, welche die Aktivität „Ausleihe/Rückgabe“ enthalten, die neue Aktivität „Freihandmagazin“ eingefügt, so dass auf Grund eines Entleihvorgangs zusätzliche Wege entstanden. Die 45% ergeben sich aus folgender Rechnung: Die Aktivität „Ausleihe/Rückgabe“ bildet jeden Ausleih- und Rückgabevorgang ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass 50% dieser Aktivitäten Entleihvorgänge sind, da jedes Buch wieder zurückgegeben werden muss. Wenn 90% aller Bücher aus Freihandmagazinen entnommen werden, ergibt sich ein Faktor von 0,5*0,9 = 0,45 aller Aktivitäten „Ausleihe/Rückgabe“, welche einem Entleihvorgang aus einem Freihandmagazin abbilden.
Die Ergebnisse des Modells sind zeitlich differenzierte Belastungen der Gebäudeteile nach dem Erweiterungsbau.
Abbildung 5 Q-R- Code: Link zu Video der Personenströme des Modells im Prognosefall; Links: „dezentrale Selbstausleihe“ (http://elheilig.de/diplomarbeit/d.html) Rechts: „zentrale Selbstausleihe“ (http://elheilig.de/diplomarbeit/z.html) (Erstellt mit: http://www.qrcode-generator.de)
Generell ist zu beobachten, dass durch die Verlegung zahlreicher Einrichtungen in den Erweiterungsbau, wie beispielsweise der Cafeteria, weniger Besucher das bestehende Gebäude nutzen. Da im Bestehenden Gebäude hauptsächlich Lernplätze zu finden sind, sind die Personenströme überall dort hoch, wo sich Lernplätze befinden. Der Hauptlesesaal im Bestehenden Gebäude bietet die meisten Lernplätze, rund die Hälfte der Besucher, welche das bestehende Gebäude nutzen, begeben sich dort hin.
Im Vergleich zum Analysefall nimmt die Belastung der Haupttreppe um rund 50% ab, der Besucherstrom in den Hauptlesesaal nimmt jedoch um etwa 25% zu. Durch den Besucherzuwachs von 100% im Prognosefall steigt auch die Nachfrage nach Lernplätzen und somit deren Auslastung. Zudem werden die Besucherströme auf den Nebentreppen geringer, da durch die Lage des Fußgängerüberwegs die Haupttreppe an Attraktivität gewinnt.
Es ergab sich in beiden Prognosefällen eine tägliche Belastung der Fußgängerbrücke von 2.165 Besuchern je Richtung. Das Maximum in einem 15-Minuten-Intervall beträgt 68 bzw. 72 Besucher je Richtung im Zeitraum von 16:30 – 16:45 Uhr.
Die Ergebnisse der Modelle zeigen zudem deutliche Unterschiede zwischen den Entleihsystemen. Während im Prognosefall einer zentralen Entleihstation im Eingangsbereich deutlich mehr Personen den Eingangsbereich passieren, umgehen im Fall dezentraler Entleihstationen mehr Personen den Eingangsbereich. Die verschiedenen Entleihsysteme haben jedoch keine Auswirkungen auf die Nutzung des bestehenden Gebäudes und somit auch nicht auf den Fußgängerüberweg.
Abbildung 6 Ausschnitt des Eingangsbereiches des Erweiterungsbaus aus dem Modell des Prognosefalls, Vergleich der Belastungen „zentrale Ausleihe“ – „dezentrale Ausleihe“
Diese Ergebnisse bilden letztlich die Grundlage für eine Kapazitätsbemessung des Fußgängerüberwegs nach Oberhagemann [13] und mit einer mikroskopischen Fußgängersimulation in der Verkehrssimulationssoftware VISSIM der PTV Group. Die Kapazitätsanalyse nach Oberhagemann ergibt für die Ergebnisse des makroskopischen Modells eine theoretische Personendichte von 0,03 Personen/m². Die mikroskopische Fußgängersimulation mit VISSIM ergibt eine durchschnittliche Personendichte von 0,05 Personen/m².
Im Falle einer Evakuierungssituation ergibt sich nach Oberhagemann unter der Annahme einer maximalen Personendichte von 2,5 Personen/m² eine Kapazität von 257 Personen/Minute.
5 Fazit
Diese Arbeit zeigt, dass die Anwendung traditioneller Verfahren der Verkehrsplanung auf Personen für das modellierte Gebäude möglich und eine gute Methode ist, um die Personenströme für einzelne Gebäudeteile abzuschätzen. Vor allem aber ist diese Methode durch die standardisierten Verfahren der traditionellen Verkehrsplanung einfach anzuwenden. Auch kann man mit dieser Methode grob berechnen, wie viele Personen sich zu welchem Zeitpunkt in welchem Gebäudeteil befinden.
Mit den Ergebnissen aus dem Modell kann man bereits in der Planungsphase des Gebäudes die Verkehrsbelastung prognostizieren und in die Planung mit einfließen lassen. Der maßgebende Fall für die Dimensionierung von Gebäudeteilen ist in der Regel der Evakuierungsfall. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Ergebnisse ist die sogenannte Matrixspinne, mit der in VISUM Quell-Ziel-Relationen bestimmt werden und somit Aussagen darüber getroffen werden können, welche Routen die Personen von oder zu einem bestimmten Gebäudeteil gewählt haben. Dies ist für Evakuierungsszenarien relevant, da Flüchtende vorzugsweise den Weg aus dem Gebäude nutzen, auf dem sie hineingekommen sind [14]. So können eventuell Rückschlüsse auf die möglichen bevorzugten Fluchtwege von Personen im Gebäude gezogen werden.
Die beschriebene Vorgehensweise kann auch auf Gebäude anderer Nutzungsarten angewendet werden. Jedoch ist jedes Gebäude einzigartig in seinem Aufbau und in seiner Nutzung. Die Strukturgrößen, Annahmen und Aktivitätenmuster sind individuell festzulegen und zu erheben und auf das Gebäude anzupassen.
Um die Personen für den Analysefall individueller abzubilden, hätten zusätzliche Strukturgrößen und Aktivitäten sowie eine umfangreichere und genauere Erhebung über mehrere Tage in das Modell integriert werden können. Dies war jedoch aus Kosten- und Zeitgründen nicht möglich. Auf Grund der fehlenden Daten über die genauen Auswirkungen der Änderungen in der Bibliotheksstruktur auf das Besucherverhalten für den Prognosefall jedoch wäre der Aufwand für die Anpassung der detaillierteren Daten aus dem Analysefall komplexer. Durch diese Anpassungen würden sich auch die zusätzlichen Strukturgrößen wieder verändern und wären ebenfalls nur durch zusätzliche Annahmen und Ungenauigkeiten in den Prognosefall übertragbar.
6 Literatur
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