FGSV-Nr. FGSV 002/131
Ort online-Konferenz
Datum 24.03.2021
Titel Metrologische Rückführungskonzepte für Drohnen-basierte Ruß- und NOx-Messungen im Rahmen des mFUND-Projektes MesSBAR (POSTER)
Autoren Volker Ebert, Markus Kleinecke, Lara Kuhr, Andreas Nowak, Olav Werhahn
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Die Schadstoffbelastung in der Luft ist ein aktuelles Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Gerade an Verkehrswegen ist eine erhöhte Schadstoffbelastung festzustellen, die momentan meist mittels fest-installierter Messtechnik erfasst wird. Eine dynamische Messung, z. B. mittels flugfähiger Sensoren, wird wegen des oft hohen logistischen und finanziellen Aufwandes nur selten umgesetzt. Dabei liefern genau diese Messungen wertvolle Information darüber, wie sich die Luftschadstoffe, z. B. Stickdioxide im dreidimensionalen Raum verteilen.

Die leichtere Umsetzung echter 3D-Schadstoffverteilungsmessungen ist Ziel des im BMVI Modernitätsfonds ("mFUND") finanzierten Projektes MesSBAR, das von sieben Projektpartnern umgesetzt wird [1, 2]. Geplant ist, mehrere Drohnen mit Sensoren auszustatten, die in der Lage sind, Feinstaub, Ruß, NOx und Ozon in der bodennahen atmosphärischen Grenzschicht zu messen. Die Drohnen sollen ein modulares Schadstoff-Messsystem bilden und Vertikal-Horizontalprofilmessungen an Bundesfernstraßen und im Umfeld von Städten und Ballungsräumen bis in eine Höhe von einem Kilometer ermöglichen.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

Die Schadstoffbelastung in der Luft ist ein aktuelles Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Gerade an Verkehrswegen ist eine erhöhte Schadstoffbelastung festzustellen, die momentan meist mittels fest-installierter Messtechnik erfasst wird. Eine dynamische Messung, z. B. mittels flugfähiger Sensoren, wird wegen des oft hohen logistischen und finanziellen Aufwandes nur selten umgesetzt. Dabei liefern genau diese Messungen wertvolle Information darüber, wie sich die Luftschadstoffe, z. B. Stickdioxide im dreidimensionalen Raum verteilen.

Die leichtere Umsetzung echter 3D-Schadstoffverteilungsmessungen ist Ziel des im BMVI Modernitätsfonds ("mFUND") finanzierten Projektes MesSBAR, das von sieben Projektpartnern umgesetzt wird [1, 2]. Geplant ist, mehrere Drohnen mit Sensoren auszustatten, die in der Lage sind, Feinstaub, Ruß, NOx und Ozon in der bodennahen atmosphärischen Grenzschicht zu messen. Die Drohnen sollen ein modulares Schadstoff-Messsystem bilden und Vertikal-Horizontalprofilmessungen an Bundesfernstraßen und im Umfeld von Städten und Ballungsräumen bis in eine Höhe von einem Kilometer ermöglichen.

Ein Teil des Projekts wird durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) bearbeitet, die für die metrologische Rückführung der Ruß und NO2-Messwerte zuständig ist.

Eine metrologische Rückführung ist ein Qualitätsmerkmal eines Messwertes und ein Nachweis seiner Zuverlässigkeit auf Basis einer Messunsicherheitsbetrachtung. Die metrologische Rückführbarkeit wird deshalb z. B. auch in ISO 17025 gefordert. Für umweltrelevante Messwerte ist dies von zentraler Bedeutung, insbesondere wenn regulative Entscheidungen (Einhaltung oder Überschreitung von Grenzwerten) mit der Deutung der Messwerte verbunden werden sollen.

Das Arbeitspaket der PTB im Verbundprojekt ‚MesSBAR‘ (https://www.messbar.ptb.de) zielt deshalb genau auf diesen Aspekt innerhalb des Konsortiums ab. Die PTB ist mit zwei Arbeitsgruppen am Thema der metrologischen Rückführung der MesSBAR-Messergebnisse beteiligt. Die Arbeitsgruppe Aerosol- und Partikelmesstechnik entwickelt ein Konzept im Bereich der Rußmessung, während sich die Arbeitsgruppe Spektrometrische Gasanalytik mit den NOx-Messungen befasst. Da diese Aktivitäten eng mit der Entwicklung der Messtechnik der Sensordatenauswertung sowie der Sensorkalibrierung verknüpft sind, kommt es in MesSBAR zu einer engen Verzahnung der beteiligten Akteure. Eine Abstimmung deren jeweiligen wissenschaftlichen Beiträgen ist deshalb essenziell. Um keine Wartezeiten aufeinander folgender Prozessschritte berücksichtigen zu müssen, arbeitet die PTB zunächst an den Konzepten der Rückführung, um dann in einem zweiten Schritt, am Ende des Projektes, die metrologische Rückführung der generierten Messergebnisse bewerten zu können.

In diesem Beitrag werden die Konzepte zur Rückführung von NO2- und Ruß-Messwerten vorgestellt, diskutiert und in einen größeren metrologischen Kontext gestellt.

Um die Belastung der Luft durch NO2 und andere Schadstoffe zu messen, werden vier elektrochemische Sensoren im Quadrocopter-Messcontainer verwendet. Um diese metrologisch rückzuführen, wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit ein Konzept zur metrologischen Rückführbarkeit der NO2-Messwerte erarbeitet, das in diesem Beitrag vorgestellt wird [3]. Hierbei stellt der in Abbildung 1 gezeigte Aufbau das Grundprinzip einer Test-Facility zur Realisierung der NO2-Rückführung dar. Von zentraler Bedeutung sind dabei, die Einbringung des Sensor-Boards in den Aufbau, der elektrochemische Sensor selbst, nebst dessen Kalibrierroutine, ein hinreichend zertifizierter Gasstandard und die kontrollierte Umgebung, in der der elektrochemische Sensor ein Antwort-Signal bzgl. des NO2-Stoffmengenanteils erzeugen kann.

In dem elektrochemischen Sensor tritt durch eine Membran NO2-haltiges Gas in ein mit einem Elektolyten gefülltes Messvolumen ein und misst die evozierte Reduktion der NO2-Moleküle anhand eines elektrischen Signals, das an zwei Elektroden abgegriffen werden kann. Mithilfe einer zu erstellenden Kalibrierfunktion ird das elektrische Rohsignal dann über eine Rechnung in einen Stoffmengenanteil umgerechnet. Der so mittels des elektrochemischen Sensors ermittelte NO2-Stoffmengenanteil wird dann in der eigentlichen metrologischen Rückführung mit einem geeigneten NO2-Gasstandard oder einem anderweitig gemessenen Referenzwert verglichen.

Abbildung 1: Test-Facility im gegenwärtigen Ausbaustatus [8]. Erklärungen der Details s. Tagungsbeitrag.

Die Rückführung der Sensor-Messwerte erfolgt also durch den Vergleich mit einem Gasstandard. Der Gasstandard wird im zunächst realisierten Konzept durch eine gravimetrisch hergestellte Gasmischung dargestellt, die in einem Druckgaszylinder vorliegt. Stoffmengenanteile derartiger Gasstandards, sind abhängig von der Gasspezies und des Stoffmengenanteil-Niveaus mit großer Genauigkeit bekannt. Die GUM-kompatiblen Unsicherheiten solcher NO2-Gasstandards liegen z. B. zwischen 0.2 % und 3 %, relativ, bei einer Überdeckungswahrscheinlichkeit von 95 %.

Zur metrologischen Rückführung wird der Gasstandard aus dem Druckgaszylinder über ein inertisiertes Gas-Handlingsystem und eine Gasmischeinheit durch die Test-Facility gepumpt. Die Gasmischeinheit erlaubt es, den NO2-Gasstandard mit einem Verdünnungsgas definiert zu mischen, um so den Stoffmengenanteil von NO2 in der Test-Facility variieren zu können. Die Gasmischeinheit arbeitet mit einem Array kritischer Düsen und erlaubt es, den NO2-Stoffmengenanteil in der Test-Facility in 1024 Schritten zu variieren. Als Verdünnungsgas wird synthetische Luft aus einem zweiten, zertifizierten Druckgaszylinder entnommen.

Der für die Vermeidung von Adsorptions-Desorptions-Vorgängen in der Test-Facility nötige Gas-Fluss durch die Test-Facility wird auf der Quellenseite durch das Gas-Handlingsystem und die Gasmischeinheit bedient und auf der Senkenseite durch eine Chemie-Membranpumpe eingestellt, die das NO2-haltige Gasgemisch durch die Anlage fördert und einem Chemieabzug zuführt. Zur Einstellung eines definierten Gas-Flusses einerseits und der Einstellung eines variablen Gas-Druckes in der Test-Facility, am Ort des elektrochemischen Sensors andererseits, ist vor die Pumpe ein Massenfluss-Regler (MFC für engl. Mass Flow Controller) integriert. Mithilfe der Ausgangsflussregulierung des Gasmischsystems und der Einstellung des MFCs kann so sowohl der Gas-Fluss wie auch der Gas-Druck in der Test-Facility im Bereich von 2000 hPa bis 10 hPa eingestellt und gemessen werden. Zur Messung des Gas-Drucks sind zwei kapazitive Gasdruck-Sensoren in den Aufbau integriert. Für das Projekt MesSBAR und die darin genutzten elektrochemischen Sensoren ist eine Druckvariation, für die die Sensoren eine metrologische Rückführung brauchen nur sinnvoll zwischen 800 hPa und 1100 hPa. Diese Variation geht auch mit der aufgrund der geplanten Flughöhen von bis zu 1000 m zu erwartenden barometrischen Luftdruckvariation konform.

Um einen Einfluss von Adsorptions-Desorptions-Vorgängen des NO2 an den Test-Facility-Wänden möglichst zu minimieren, ist einerseits der Gas-Fluss wichtig, andererseits führt aber auch die Beschichtung der Wandinnenseiten möglichst aller gasführenden Teile der Anlage mit einer siliziumhaltigen Schicht im Nanometer-Maßstab zu einer deutlichen Reduktion des Adsorptionsvorganges an sich.

Zur Verbesserung der Umgebungsbedingungen der elektrochemischen Sensoren und zur Realisierung einer genau quantifizierten Gas-Atmosphäre in der Test-Facility, wird diese zur Durchführung der Rückführung vorher bis auf einen Restgasdruck von wenigen 10-2 hPa mithilfe eines Turbo-Molekular-Pumpstandes evakuiert.

In einer weiteren Ausbaustufe der Test-Facility (Abbildung 2) ist grundsätzlich die Ergänzung einer Referenz-NO2-Messmethode vorgesehen. Damit wäre es möglich, die vom Gasstandard über die Gasmisch-Einheit in die Apparatur eingebrachte Gas-Atmosphäre auf ihren NO2-Gehalt hin zu verifizieren. Die derzeitige Standard-Referenz-Methode für die Bestimmung von NO2 in der Außenluft wird durch die internationale Norm DIN EN 14792 vorgegeben und sieht eine Messung mittels eines Chemilumineszenz-Verfahrens vor. Eine in der PTB diskutierte Alternative zur Chemilumineszenz stellte ein sog. Optischer Gas-Standard (OGS) dar, der gem. der TILSAM-Methode arbeitet [4]. Ein OGS arbeitet z. B. auf Basis der Laserspektroskopie-Technik ‚dTDLAS‘ [5, 6].

Abbildung 2: Zu realisierender Aufbau gem. der Konzeptstudie der PTB [8]. Details zum Aufbau s. Tagungsbeitrag.

Ziel ist es, das in der Arbeitsgruppe Spektrometrische Gasanalytik (PTB-3.42) entwickelte Konzept, in Form des in Abbildung 2 dargestellten Aufbaus am Ende des Projekts realisiert zu haben und somit eine zuverlässige metrologische Rückführung der NO2-Messwerte der MesSBAR-Drohnen zu ermöglichen.

Zur Rückführung der Rußmesswerte wurde ein eigenes Konzept von der Arbeitsgruppe Aerosol- und Partikelmesstechnik (PTB-3.43) erarbeitet. Für die Quadrokopter werden Handheld bzw. Mid-Cost-Instrumente zur Bestimmung der Rußmasse eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein Absorptionsphotometer (mircoAeth, MA-200) der Firma Aethlabs, welches mittels Beladung eines Filterpapiers (Ruß-Spot) und bei 5 verschiedenen Wellenlängen (375, 470, 528, 625, 880 nm) die äquivalente Rußmasse bestimmt. Um die Vergleichbarkeit der Messdaten zwischen Bodenstation und dem Sensor auf der Drohne herzustellen, wurden Vergleichsmessungen im Labor der Arbeitsgruppe Aerosol- und Partikelmesstechnik an der PTB durchgeführt.

Dazu wurde im Projekt „Messbar“ an der PTB ein Laboraufbau entwickelt, der aus einem Rußgenerator (PALAS DNP 3000, PALAS), einem photoakustischen Referenzsensor (PAX 870, Firma DMT) für den optischen Aerosolparameter (siehe Abb. 3) Absorption, sowie einem elektrischen Mobilitätsspektrometer zur Bestimmung der Partikelanzahlgrößenverteilung (SMPS) besteht. Ein Teilaspekt im Projekt ist es, den Rußgenerator als transportable Rußreferenzquelle weiter zu entwickeln, um diesen zukünftig auch für Vorort-Kalibrierungen bei Messkampagnen einzusetzen.

Abbildung 3: Laborsetup an der PTB zur Typprüfung eines Drohnen-Rußsensors (MA 200) mit vorgeschaltetem Verdünnungssystem (Kondi-Kanal). Details s. Tagungsbeitrag.

Das Setup wurde hinsichtlich Stabilität und Wiederholbarkeit an der PTB charakterisiert, um einen stabilen Betriebspunkt für die Kalibrierungen im Labor zu finden. Mit Hilfe eines fest eingestellten Betriebspunktes konnten Linearitätsmessungen - durch verschiedene Rußmassen über die sequenzielle Verdünnung der Rußanzahldichte - mit verschiedenen Rußsensoren für die Bodenstation sowie den Sensoren auf dem Quadrokopter durchgeführt werden (siehe Abb. 4). Aktuell wird an der Bestimmung der Messunsicherheitsbudget gearbeitet, um eine Abschätzung der Kalibrierprozedur für die Labormessungen zu erhalten, die es ermöglicht die Messgenauigkeit der Ruß-Sensoren metrologisch bewerten zu können.

Zusammengefasst liefert die PTB im Rahmen des MesSBAR-Projektes ein Konzept zur metrologischen Rückführung von Drohnen-basierten Messwerten zur Belastung der Außenluft mit NO2 und Ruß. Die in diesem Teilprojekt von MesSBAR an der PTB realisierten Messplätze werden zukünftig dafür genutzt, um ähnlichen Anwendungen eine metrologische Rückführung von Messgrößen auf das internationale Einheitensystem zu ermöglichen.

Abbildung 4: Typprüfung des MA200-Rußsensors der Drohne. Linearitätsabgleich der äquivalenten Rußmasse (MeBC) im Vergleich zum optischen Referenzsensor PAX 870 an der PTB.

 

Referenzen:

  1. Forschungsinitiative mFUND (Modernitätsfonds), URL: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/mfund-foerderung-mobili- taet-4-0.html .
  2. MesSBAR - Automatisierte luftgestützte Messung der Schadstoff-Belastung in der erdnahen Atmosphäre in urbanen Räumen, URL: https://www.mess- ptb.de/startseite/ .
  3. M. Kleinecke, Konzeptstudie für den Aufbau einer Test-Facility für die Charakterisierung von NOx-Sensoren — Metrologische Rückführung auf NO2-Standards im Rahmen des PTB-Beitrags im Projekt „MesSBAR“, Bachelor-Arbeit an der Beuth-Hochschule, Berlin, 2020.
  4. O. Werhahn, J.C. Petersen, Traceable Infrared Laser-Spectrometric Amount fraction Measurement -- draft A of a technical protocol, 2009, URL: https://www.euramet.org/Media/docs/projects/934_METCHEM_Interim_Report.pdf .
  5. J. Nwaboh, Z. Qu, O. Werhahn, V. Ebert, Interband cascade laser-based optical transfer standard for atmospheric carbon moNOxide measurements, Applied Optics: 56 (2017), 11, E84 - E93, https://doi.org/10.1364/AO.56.000E84.
  6. J. Nwaboh, et al., Accurate analysis of HCl in biomethane using laser absorption spectroscopy and ion-exchange chromatography, Analyst 2020, accepted for publication.