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1 Einleitung
Die im Asphaltstraßenbau angestrebte rasche und zuverlässige, praxisgerechte Abschätzung der langzeitigen strukturellen Tragfähigkeit von Straßenbelägen ist gekennzeichnet durch das Dilemma, Labor und Praxis in möglichst zuverlässiger Weise zu verknüpfen. Die Schwierigkeit besteht vor allem darin, dass unter idealisierenden gut definierten Laborbedingungen bestimmte Stoff- bzw. Systemverhalten mit möglichst einfachen empirisch-mechanistischen Modellen deterministisch oder probabilistisch in möglichst allgemeingültiger Weise auf die realen in situ Bedingungen zu übertragen, die von einer Vielzahl teilweise gegenseitig abhängiger Faktoren geprägt werden. Dies führt in der Praxis zu einem Stoff- bzw. Systemverhalten, welches nicht zuletzt auch wegen den deutlich differierenden geschichtlichen Abfolgen und zeitlichen Maßstäben, aber auch wegen den geometrischen und produktionsbedingten Unterschieden, weit komplexer und unbestimmbarer ist als dies im Labormaßstab mit vertretbarem Aufwand abgebildet werden kann.
Durch beschleunigte Verkehrslastsimulationen (Accelerated Pavement Testing, APT) unter möglichst realen Bedingungen im Maßstab 1:1 besteht eine gute Chance, dass zumindest teilweise ein Beitrag zur Schließung der noch offenen Erkenntniskette geleistet und damit gleichzeitig sowohl eine Reduktion der Bau- und Unterhaltskosten als auch eine weitere Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Asphaltbelägen erzielt werden kann. Darauf weisen auch die intensiven weltweiten Arbeiten im Bereich APT hin, wie sie beispielsweise in den internationalen Konferenzen über APT 1999 in Reno, 2004 in Minneapolis und 2008 in Madrid zum Ausdruck kamen. Entsprechend sind von APT rasche, zuverlässige und praxisgerechte Antworten zur Abschätzung der strukturellen Trag- bzw. Resttragfähigkeit im Rahmen der Zustandserfassung sowie zur Fällung von Entscheiden über Erhaltungsmaßnahmen zu erwarten. Unmittelbar nach dem Einbau können Verkehrslastsimulationen zudem wertvolle Hinweise auf die erreichte Einbauqualität liefern. Im Rahmen von Forschung und Entwicklung kann APT als Validierungstools für Innovationen eingesetzt werden und damit zur Vermeidung teurer, risikoreicher Fehlentwicklungen beitragen.
Aus dieser Erkenntnis heraus wurde kürzlich in der Schweiz durch die Empa in Dübendorf und unterstützt durch das Institut für Geotechnik der ETH Zürich, ETH-IGT, sowie das Bundesamt für Straßen in Bern, ASTRA, ein neuartiger transportabler mobiler Verkehrslastsimulator MLS10 in Betrieb genommen, der nach den Plänen der Universität Stellenbosch in Südafrika hergestellt wurde (Hugo, de Vos et al. 2008). Das Gerät erlaubt die zeitraffende Überrollung des Belages im Maßstab 1:1 und unterscheidet sich von bisher gebräuchlichen Anlagen durch die erhöhte Geschwindigkeit und die Tatsache, dass die Überrollung mit realistischen Radlasten entweder mit Doppel- oder Supersingle-Bereifung verkehrsgerecht in unidirektionaler Rollrichtung, also nicht durch Hin- und Her-Rollen, erfolgt. Zudem ist der MLS verglichen mit existierenden Anlagen deutlich kompakter und daher leichter transportierbar und manövrierbar. Dies ist für schweizerische Raumverhältnisse besonders vorteilhaft. Nachstehend werden einige erste praktische Erfahrungen vorgestellt, die im bisherigen Betrieb mit dieser Prototypanlage in der Schweiz gemacht wurden (Arraigada, Kalogeropoulos et al. 2009).
2 MLS10 Funktionsweise
Der MLS10 beruht auf einem neuartigen Konzept (Bild 1). Kernstück bildet eine mit 24 elektromagnetischen linearen Induktions-Motoren LIM angetriebene vertikal umlaufende Endlos-Kette aus vier Schienenwagen (sog. Bogies), die ähnlich einer vertikalen Kettensäge, ellipsenförmig in einer Richtung umlaufen. Diese Bogies sind jeweils mit einer hydraulisch gelagerten, doppel- oder einzelbereiften Halbachse zum Aufbringen der Verkehrslast bestückt. Die Bereifung der Lasträder kann mit 285/70 R19,5 bzw. 495/45 R22,5 erfolgen. Jeder Bogie rollt auf der Umlaufschiene mit 12 Stahl-Doppelrädern. Diese weisen einen Durchmesser von 250 mm auf und sind derart konstruiert, dass je nach Position der Bogies in der oberen oder unteren Hälfte der Umlaufstrecke zur Gewährleistung der Kraftübertragung jeweils eines der beiden Stahl-Doppelräder aktiv ist. Die Form der Laufschienen im Umlenkbereich ist derart optimiert, dass die Lasträder möglichst stoßfrei auf den Belag aufsetzen.
Mit den hydraulisch gegen die Belagsoberfläche gepressten Reifen des jeweils untersten Bogie wird die Straße mit einer Halbachs-Last bis zu 65 kN belastet (entsprechend einer Achslast von 130 kN) und über eine Länge von ca. 4.2 m mit einer maximalen Geschwindigkeit von 22 km/h überrollt. Damit zeichnet sich das Gerät durch eine hohe Leistungsfähigkeit von 6.000 unidirektionalen Überrollungen pro Stunde aus. Jeder Bogie ist mit einem autonomen Messsystem zur Ermittlung der dynamischen Bewegungen zwischen Lastradaufhängung und Bogie ausgestattet. Damit kann die Anpresscharakteristik der Lasträder während des Überrollvorganges gemessen und via Bluetooth an den Kontroll-PC übertragen werden.
Im Betrieb benötigt der MSL10 eine Leistung von 50 kW/h, die von einem integrierten Dieselgenerator mit Partikelfilter erbracht wird. Die Anlage ist mit 3 Dieseltanks à 1 300 l bestückt, die einerseits die statische Steifigkeit der Maschine und anderseits deren Energie-Autonomie sicherstellen. Die Lärmentwicklung beträgt ca. 83 dB(A) und liegt damit im Bereich der am Tage in der Schweiz tolerierbaren Lärmemissionen des Straßenverkehrs.
Um die einseitige Abnutzung der Laufschienen zu vermeiden, ist die maximal zulässige Straßenneigung im Betriebszustand auf 3 % beschränkt. Der MLS10 ist mit einem Zusatzsystem ausgerüstet, welches auch die Simulation des in der Praxis vorkommenden seitlichen Spurdriftens um ±400 mm erlaubt. Bedingt durch das Antriebssystem wird beim Überrollen
Bild 1: Mobile Load Simulator MLS10; a) Prinzip; b) Umlaufsystem mit Bogies; c) Ansicht
kein definierter Horizontalschub aufgebracht, weshalb beispielsweise der Effekt des Bremsens nicht simuliert werden kann. Gewisse Untersuchungen des Abriebverhaltens lassen sich aber durchführen (vgl. Abschnitt 3.2). Die Anlage kann auch mit künstlicher Beregnung der Belagsoberfläche betrieben werden. Dies kann sich in jenen Fällen als zweckmäßig erweisen, wo die Wirkung von Wasser auf das Verhalten des Straßenbelages untersucht werden soll.
Der MLS 10 ist ca. 11 m lang, 3 m hoch und 2,5 m breit. Er hat ein Gewicht von ca. 34 t und kann auf einem Spezialtieflader zur Prüfstelle transportiert werden. Einmal dort angekommen, kann der MLS 10 selbstständig mit einem Zusatzmotor auf eigenen Transporträdern im Schritttempo von einer Prüfstelle zur anderen manövriert werden. Dieses Fahrsystem erlaubt auch das selbstständige Beladen des Tiefladers über eine maximal 10 % geneigte Rampe. Für periodische Messungen und Inspektionen der Belagsoberfläche lässt sich die Anlage mittels der hydraulisch beweglichen Arme für die Transporträder um ca. 80 cm anheben.
3 Teststrecken
Im Folgenden wird eine kurze Übersicht über verschiedene in der Schweiz untersuchte Teststrecken vermittelt.
3.1 Zürcher Oberlandautobahn A 53 bei Hinwil
Erste Tests wurden im Zeitraum von August bis November 2007 auf der Zürcher Oberlandautobahn A 53 durchgeführt, wo im Hinblick auf die spätere geplante Linienführung im Bereich Betzholz/Hinwil ein kurzes unbefahrenes 20 Jahre altes Fortsetzungsstück zur Verfügung stand, welches hauptsächlich als Deponie von Schnee aus der Schneeräumung im Winter genutzt wurde. Das Straßenstück besaß denselben halbstarren Aufbau aus Zementstabilisierung und Asphaltbeton wie die unter Verkehr stehende Originalausführung der Oberlandautobahn, die nach etwa 10 Jahren hinsichtlich Deckschicht erneuert werden musste.
Der Aufbau bestand aus 40 mm Asphaltbeton-Deckschicht auf 80…100 mm, Asphaltbeton, Binderschicht und zwei ca. 180 mm dicken zementstabilisierten Tragschichten. Die Strecke wies ein Quergefälle von 3 % auf und war durch zahlreiche klimabedingte Risse charakterisiert. Insgesamt wurde 1 Mio. (= 1000 k) unidirektionaler Überrollungen (Ürlg.) aufgebracht. Auf ein Spurdriften wurde verzichtet, um einen möglichst hohen Beschleunigungsgrad der künstlichen Verkehrseinwirkung zu erzielen.
Es wurden verschiedene Sensoren stationär eingebaut und periodische Messungen mit verschiedenen anderen Verfahren durchgeführt. Erwähnt seien hier namentlich:
- Spurbildung mittels Profilometermessung,
- Statische und dynamische Deflektion mit dem ETH-DELTA Gerät, einem neuen am ETH-IGT entwickelten elektronischem Messsystem (Rabaiotti 2008),
- Seismischer dynamischer Modul mit dem Portable Seismic Pavement Analyzer PSPA (Hugo, de Vos et al. 2008),
- Georadar GPR (Hugenschmidt 2008),
- Ausbildung von Oberflächenrissen durch visuelle Inspektion,
- Vertikalbeschleunigung in den Belagsschichten (Arraigada, Partl et al. 2009),
- Vertikalverformung in den Belagsschichten mit magnetostriktivem Sensor (Raab, Partl et al. 2005).
Einzelheiten über die einzelnen Messverfahren sowie die im konkreten Fall angewendeten detaillierten Auswertungen sind in der oben erwähnten Literatur und im entsprechenden Schlussbericht enthalten (Arraigada, Kalogeropoulos et al. 2009). Die Untersuchungen ergaben eine kontinuierliche rasch einsetzende Spurbildung, die etwa nach 50k Ürlg. bereits ein Drittel jener nach 1000k Ürlg. erreichte und, der Querneigung der Straße entsprechend, in den beiden Roll-Spuren der Doppelbereifung etwas unterschiedlich war. Gemäß kontinuierlicher Messungen mit den Beschleunigungs- und Magnetostriktiv-Sensoren nahmen die Vertikalverformungen unter Last trotz klimatisch bedingt sinkender Belagstemperaturen nach 400k bis 600k Ürlg. sukzessive zu, was auf eine einsetzende Schädigung hindeutete (siehe Markierungspfeile im Bild 2). Tatsächlich lieferten die Untersuchungen mit GPR nach etwa 600k Ürlg. Anzeichen für horizontale Anomalien in 4,5 cm Tiefe (dunkle Zonen im Bild 3), also etwa auf dem Niveau des Übergangs von Deckschicht zur Binderschicht, die sich bis zu 1000k Ürlg. noch verstärkten und sich nach der forensischen Entnahme von Belagsriegeln als Lagentrennung erwiesen.
Die Messungen mit dem ETH-DELTA Gerät ließen nach 1000k Ürlg. deutlich kanalisierte Einsenkungsmulden erkennen, was auf einen Funktionsverlust der zementstabilisierten Tragschichten hindeutete (Bild 4). Entsprechend erwies sich die Zementstabilisierung bei der Riegelentnahme als nahezu pulverisiert, konnte sie doch leicht mit einem Schraubendreher von Hand durchstoßen werden. Dass die beschleunigte Verkehrslastwirkung des MLS10 nicht nur eine bleibende Verformung in den Asphaltschichten, sondern vor allem auch ein Durchstanzen des Asphalts verursachte, wurde durch die an den entnommenen Riegeln festgestellte Schubrissbildung an den Flanken der Roll-Spuren bestätigt.
Aufgrund der Verkehrszählungen dürfte die während der letzten 20 Betriebsjahre auf der Oberlandautobahn aufgetretene Verkehrsbelastung bei etwa 5,5…6,5 Millionen Einheitsachslasten à 81,6 kN liegen; dies unter der Annahme eines Lastwagenanteils von 6,3 % und einer jährlichen Zuwachsrate von 4,45 %. Die vor 10 Jahren erneuerte Deckschicht wies in der befahrenen Normalspur starke Risse auf. Dies deutet darauf hin, dass eine Verkehrsbelastung in der erwähnten Größenordnung tatsächlich einen Grenzwert für die Tragfähigkeit der Strecke darstellt. In den MLS10 Versuchen mit einer Halbachsen-Last von 65 kN (entsprechend einer Achslast von 130 kN) war daher mit einer strukturellen Schädigung nach ca. 750k Ürlg zu rechnen, eine Größenordnung, die sich in den Tests bestätigte.
Bild 2: Amplituden der Vertikaldeflektionen beim Überrollen mit Beschleunigungs-Sensoren und magnetostriktiver Relativmessung inklusive Belagstemperatur in verschiedenen Tiefen; die Pfeile bezeichnen den mutmaßlichen Beginn maßgeblicher Schädigung
Bild 3: Lagetrennung (LT) und Risszone im entnommenen Riegel nach 1000k Überrollungen (links unten); GPR Landkarte in 4,5cm Tiefe nach 600k und 1000k Überrollungen (rechts unten)
Bild 4: ETH-DELTA Gerät mit gemessenen Deflektionsmulden nach 0 und 1000k Überrollungen
3.2 Empa Abrasionstests
Im Rahmen des Forschungsprojektes APART (Abriebspartikel des Straßenverkehrs) über nicht auspuffbedingte PM10-Emissionen wurden im Auftrag des Bundesamtes für Straßen ASTRA und des Bundesamtes für Umwelt BAFU neben Feinstaubemissionen unter Normalverkehr auch solche infolge MLS10 gemessen (Gehrig, Zeyer et al. 2010); dies nicht zuletzt, um den Anteil der Feinstpartikel infolge Straßenabrieb und Staub-Aufwirbelung trotz chemischer Ähnlichkeit jeweils quantitativ zuordnen zu können. Die Messungen erfolgten auf einem oberflächlich leicht vorbeanspruchten AC 11 Belag auf dem Empa-Gelände. Ermittelt wurden die Partikel der Fraktion 0,5 bis 20 mm mit einem äerodynamischen Partikelgrößen Analysator (TSI APS Modell 3321). Gleichzeitig wurde die Verdünnung eines genau dosierten Tracer Gases SF6 (Schwefelhexafluorid) bestimmt, welches zur rechnerischen Berücksichtigung der Strömungsverhältnisse im MLS10 während des Überrollvorganges diente. Das Bild 5 zeigt die Partikelkonzentration in der Außenluft und während des MLS10 Betriebes in Funktion der Partikelgröße. Da sich die Aufwirbelung im vorliegenden Fall als vernachlässigbare Größe erwies, stellt die Differenz der beiden Messungen den Abrieb dar. Verglichen mit der Verteilung der Partikelgröße in der Außenluft ist die Verteilung der Abriebspartikel deutlich in Richtung der gröberen Partikel verschoben.
Bild 5: Typische Partikelgrößenverteilung bei AC11 während des MLS10 Betriebes
3.3 Anschluss an die neue Zürcher Westumfahrung A 20
Zur Untersuchung des Belagskonzeptes der A 4 im Anschluss an die neue Westumfahrung A 20 von Zürich wurden von November 2008 bis September 2009 mit dem MLS10 auf separatem Gelände drei entsprechende Testfelder mit unterschiedlich vollständigem Belagsaufbau untersucht. Die Schichtfolge des Vollaufbaus von unten nach oben umfasste zwei hydraulisch stabilisierte Schichten von insgesamt 480 mm Dicke, eine SAMI Schicht, eine 80 mm Tragschicht AC T 22 H, eine 80 mm Binderschicht AC B 22 H und eine 30 mm Deckschicht aus Rauasphalt AC MR 8. Auf dem Feld 4 mit dem Vollaufbau wurden insgesamt 740k Ürlg. durchgeführt. Bei Feld 3 ohne Deckschicht wurden 427k Ürlg. aufgebracht, während Feld 1 nur noch die Tragschicht umfasste und mit 439k Ürlg belastet wurde. Erneut wurden Spurbildung, statische Deflektionsmulde mit ETH-DELTA Gerät, seismischer Modul mit PSPA, Lagentrennung mit GPR und die Deflektionen über Beschleunigungssensoren erfasst. Zudem wurden in verschiedenen Tiefen die Längs- und Querdehnungen über Dehnmess-Sensoren (DMS) ermittelt und durch das Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen (ISE) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) an drei Messkampagnen Tragfähigkeitsmessungen mit dem Falling Weight Deflectometer (FWD) durchgeführt (Karcher, Partl et al. 2010).
Die Ergebnisse zeigen, dass der Belag verglichen mit der Strecke bei Hinwil extrem steif und tragfähig ist. Die Längsdehnungen im Bereich von 10…70 mm/m, die bei sommerlichen Temperaturen zwischen dem 21. Juli und 19. August 2008 im deckschichtlosen Feld 3 unmittelbar unter der Roll-Spur in einer Tiefe von 8 cm (das heißt auf der Tragschichtoberfläche) ermittelt wurden, lassen in Funktion der Überrollungen mit einer Halbachs-Last von 65 kN unabhängig von der Belagstemperaturen keinen Dehnungszuwachs erkennen (Bild 6). Im Feld 4 wurde auch nach 740k Ürlg. für den vorliegenden Aufbau eine praktisch unverändert hohe Stabilität festgestellt. Durch die FWD-Messungen konnte ebenfalls keine Verringerung der Tragfähigkeit infolge der MLS10-Beanspruchung festgestellt werden.
Bild 6: Längsdehnungen in Testfeld 3 unter der Rollstrecke in 8 cm Tiefe in Abhängigkeit der Belags-Temperaturen bei zunehmender Anzahl Überrollungen
Bild 7: Zunahme der maximalen Spurbildung in den verschiedenen Testfeldern F1, F3, F4, Ebenfalls angegeben ist die mittlere Prüftemperatur
Der im Bild 7 angegebenen Spurbildungsentwicklung in den drei Testfeldern bei mittleren Temperaturen von 20,8 …29,1°C ist zu entnehmen, dass die bleibenden Deformationen vor allem den Asphaltschichten zuzuordnen sind und nicht, wie im Falle der Strecke bei Hinwil, dem Versagen der Stabilisierungsschichten. Entsprechend ist die Spurbildung bei Feld F1 mit nur alleiniger Tragschicht deutlich geringer als bei den Feldern F3 und F4 mit Binderschicht und Vollaufbau; dies, obwohl die mittlere Temperatur bei Feld F1 sogar etwas höher war als während der Prüfung des Vollaufbaus. Es bleibt jedoch festzustellen, dass die Spurrinnentiefe mit lediglich 2 mm am Ende des Versuchsprogrammes, trotz Prüfung während der Sommermonate, als sehr gering einzustufen ist. Somit kann gefolgert werden, dass die gewählte Dimensionierung erfolgreich war und der Belag eine gute Qualität aufweist.
3.4 Rastplatz der A 1 bei Suhr und neue Staffeleggstraße
Die Steifigkeit der aktuell in der Schweiz für Hochleistungsstraßen angewendeten Belagskonzepte bestätigte sich auch in den beiden jüngsten Einsätzen des MLS10 auf einem Fahrstreifen im Bereich des Rastplatzes der A 1 (Bern-Zürich) bei Suhr sowie auf der neuen Staffeleggstraße, welche Teil der neuen Nord-Umfahrung der Kantonshauptstadt Aarau bildet. Verglichen mit den Messungen auf dem Belag der Zürcher Westumfahrung wurden auf dem Rastplatz Suhr nach 405k Ürlg. mit ca. 3 mm etwa doppelt so tiefe Spurrinnen festgestellt. Trotzdem darf der Belag generell noch als recht steif bezeichnet werden. Im Falle der Staffeleggstraße erwies sich das relativ große Längs- und Quer-Gefälle von 6 % bzw. 5,5 % als kritisch für die Versuchsdurchführung, weil die Laufschienen des MLS10 ungleichmäßig belastet werden und die Gefahr der einseitigen Abnutzung besteht. Um diese Problematik zu lösen, wurde der MLS10 in Fallrichtung, das heißt mit einem leichten Winkel zur Richtung des Straßenverkehrs, positioniert. Die festgestellten Änderungen der Belagseigenschaften waren auch in diesem Falle relativ gering. Wie aus dem Bild 8 ersichtlich, wurden mittels ETH-DELTA Messungen gewisse Unterschiede im Deflektionsverhalten festgestellt. Generell konnte aber auch dieser moderne Belag im Vergleich zur Strecke in Hinwil als bedeutend tragfähiger eingestuft werden.
Bild 8: Veränderung der ETH-DELTA Deflektions-Isohypsen auf der Staffeleggstraße nach 0k und 400k Urlg.
4 Schlussfolgerungen
Die bisherigen Erfahrungen mit dem MLS10 bestätigen, dass die beschleunigte Verkehrslastsimulation im 1:1 Maßstab ein wichtiges Forschungs- und Validierungsinstrument darstellt, welches allgemein noch zu wenig eingesetzt wird, um die Übertragung von Laborergebnissen und Modellen auf das tatsächliche Verhalten unter Verkehr wissenschaftlich zu begleiten und dadurch dem Risiko von technischen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.
Die mobile von der Empa betriebene zukunftsweisende MLS10-Anlage hat sich in Kombination mit geeigneter Sensorik und Messverfahren als vielversprechendes, praktisches Hilfsmittel zur Erfassung der mechanischen Leistungsfähigkeit von real eingebauten Asphaltbelägen erwiesen, dessen Einsatzbereich dank der hohen Mobilität nachgewiesenermaßen nicht nur auf die Schweiz beschränkt ist. Der MLS 10 zeichnet sich somit durch folgende klare Vorteile aus:
- Kompakte Größe; daher vergleichsweise gut transportierbar, auch bei engen Kurvenradien (z. B. wie Kreisel) und engem Lichtraumprofil; zudem auf engem Raum im Selbstfahrmodus übersichtlich manövrierbar.
- Unidirektionale Überrollrichtung; das heißt keine realitätsfremde Hin- und Her-Überrollung
- Hohe Anzahl realistischer Halbachs-Lasten in relativ kurzer Zeit möglich; daher ist die Prüfzeit und das Staurisiko in Feldversuchen minimal.
- Mit 22 km/h Überrollgeschwindigkeit erlaubt der MLS10 bei vertretbarem Zeitaufwand Ermüdungsprüfungen unter realistischen dynamischen Lasten, sodass das Risiko von Fehlschlüßen durch Überhöhung der Achslasten zwecks Reduktion der Anzahl Überrollungen entfällt.
Nach den bisherigen Erfahrungen mit bald 10 Mio. Überrollungen beträgt die durchschnittliche Leistungsfähigkeit bei normalem 8,5 Stunden Betrieb etwa 40.000 unidirektionale Überrollungen pro Tag mit einer Halbachs-Last von 65 kN. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass der von der Empa betriebene MLS10 noch ein Prototyp ist, der im gegenwärtigen Zustand einen relativ aufwändigen Unterhalt durch gut geschultes Personal erfordert und im Rahmen seiner Weiterentwicklung einem kontinuierlichen konstruktiven und betrieblichen Optimierungsprozess unterworfen ist.
Die bisherigen Anwendungen des MLS10 in der Schweiz dürfen als vielversprechend bezeichnet werden, da wichtige – wenn auch noch nicht abschließende – Hinweise über die Einsatzmöglichkeiten der beschleunigten Verkehrslastsimulation zur großmaßstäblichen Beurteilung der Leistungsfähigkeit realer Strecken gewonnen werden konnten. Namentlich konnte bei den Tests auf der A 53 bei Hinwil nach ca. 0,4 bis 0,6 Mio. Überrollungen mit E130 (Einheitsachslasten von 130 kN) Versagen infolge Lagentrennung und Durchstanzen der Zementstabilisierung festgestellt werden. Dies entspricht etwa dem reellen Versagen nach ca. 0,74 Mio. E130, welche in der 40-jährigen Betriebsperiode zwischen 1967 und 2007 aufgebracht wurden.
Als unerwartete positive Erkenntnis zu werten ist das im Rahmen von Partikelgrößen Untersuchungen gefundene Resultat, dass der MLS10 trotz der passiv angetriebenen Lasträder zu Partikelabriebs-Messungen herangezogen werden kann, insbesondere auch zu Unterscheidung von Straßenabrieb und Staubaufwirbelung.
Hinsichtlich moderner schweizerischer Belagskonzepte ist zu erwähnen, dass sich gegenüber der Strecke bei Hinwil die moderne Belagsstruktur der A 4 im Anschluss an die neue Zürcher Westumfahrung A 20 als extrem steif und tragfähig erwiesen hat. Auch nach 0,8 Mio. Überrollungen des Vollaufbaus waren keine deutlichen Veränderungen im Verhalten feststellbar und die Spurbildung betrug lediglich 2 mm. Somit konnte gefolgert werden, dass die gewählte Dimensionierung erfolgreich war und der Belag eine gute Qualität aufweist. Dass mit den gegenwärtigen modernen Belagskonzepten in der Schweiz eine hohe Tragfähigkeit erreicht werden kann, wurde aber auch in den MLS10 Tests im Bereich des Rastplatzes der A 1 (Bern-Zürich) bei Suhr sowie der Nordumfahrung Aarau auf der neuen Staffeleggstraße deutlich. Letztere bestätigte, dass ein Einsatz des MLS10 bei Gefällen von mehr als 3 % aus maschinentechnischen Gründen problematisch ist.
Bis heute ergab sich noch keine Gelegenheit, mit dem MLS10 einen modernen schweizerischen Autobahnbelag bis zum vollständigen Versagen zu beanspruchen und durch Kombination der erwähnten Messverfahren die Veränderung der mechanischen Leistungsfähigkeit solcher Belagsstrukturen zu erfassen und zu beurteilen. Auch war es noch nicht möglich, Restfestigkeiten von Belägen vor und nach der Erneuerung zu bestimmen, um Hinweise über die Dimensionierung von Belagsverstärkungen zu erhalten. Dies wird sicherlich Gegenstand künftiger Einsätze des MLS10 sein.
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