FGSV-Nr. FGSV A 42
Ort Hamburg
Datum 05.05.2015
Titel Bauzeitenverkürzung durch optimierten Asphalteinbau – Schnelligkeit und Qualität?
Autoren Akad. Dir. Dr.-Ing. Stefan Böhm, M.Sc. Marko Čičković, M.Sc. Moritz Tielmann
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Ein Ansatz zur Beschleunigung von Bauzeiten und Reduzierung von Sperrdauern lässt sich in der Weiterentwicklung der Kompaktasphaltbauweise sehen. Im Rahmen des Projektes „Bauzeitenverkürzung durch optimierten Asphalteinbau“ (BOA) wurden hierzu Konzepte erarbeitet, die den Einbau dicker Asphaltpakete in einem einzelnen Übergang des Fertigers zulassen. Dies erforderte die Konzeption eines neuen Trag-/Binderschichtmischguts AC 45 B/T S, welches in Dicken von 20 bis 22 cm eingebaut, als Unterlage für eine gleichzeitig einzubauende dünne Deckschicht dient und somit typische dreilagige Aufbauten ersetzt. Zudem waren Einbau- und Verdichtungsgeräte an die neue Bauweise anzupassen sowie Bauprozesse zu optimieren. Erstmals erprobt wurde die neue Bauweise auf Versuchsfeldern. Die Einbauergebnisse waren technisch gleichwertig mit konventionellen Bauweisen. Rechnerische Untersuchungen ergaben zudem eine geringere Ermüdungsanfälligkeit der Kompaktasphaltaufbauten. Auf einer Versuchsstrecke an der B 68 konnte nachgewiesen werden, dass die Bauweise auch unter realen Einbaubedingungen umsetzbar ist und eine signifikante Bauzeitenverkürzung bewirkt. Als kritischer Faktor stellte sich die Ebenheit heraus. Die dicken Schichtpakete sind während des Verdichtungsvorganges besonders in den Randbereichen verformungsanfällig, weshalb die Stabilität der Kanten durch Entwicklung neuer Verdichtungsmodule verbessert werden muss.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Die Verkürzung von Bauzeiten ist insbesondere bei der baulichen Erhaltung und Erneuerung von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt ein wichtiges Kriterium. Durch einen zügigen Bauablauf unter kurzzeitigen Vollsperrungen kann in vielen Fällen ein Einbau in mehreren Abschnitten vermieden werden. Auch qualitätsbeeinflussende Schwachstellen, wie Nähte und Anschlüsse, lassen sich durch einen Einbau über die volle Fahrbahnbreite und/oder Einbau in einem Arbeitsgang reduzieren. Eine Beschleunigung des Bauablaufes ist durch eine Optimierung der Bauweise „Kompaktasphalt“ zu erwarten. Bislang wird zur Herstellung von Asphaltdeck- und Binderschichten ein Arbeitsgang genutzt, in einem neuen Konzept wird die Asphaltdeckschicht gleichzeitig mit einer modifizierten, dicken Asphalttragschicht eingebaut. Der Verzicht auf eine Binderschicht macht eine Optimierung der Materialparameter und der Schichtdicken der Tragschicht notwendig. Die technische Eignung der Bauweise ist zudem durch asphalttechnische Untersuchungen und Verfahren der rechnerischen Dimensionierung nachzuweisen. Für die praktische Umsetzung müssen die Einbau- und Maschinentechnik dem neuen Konzept angepasst werden.

An diese Fragestellungen knüpft das im Jahr 2012 durch die Bundesanstalt für Straßenwesen im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, Abteilung Straßenbau, vergebene Projekt „Bauzeitenverkürzung durch optimierten Asphalteinbau (BOA)“ an.

Ziel war die Erarbeitung eines ausführungsreifen Konzeptes für den Einbau in der Bauweise „modifizierter Kompaktasphalt“ zur Bauzeitenverkürzung und Verbesserung der Bauqualität. Es soll in Zukunft als Instrument zur Verfügung stehen um vorwiegend Erneuerungenim Bundesstraßen-Netz mit minimierten Verkehrsbeeinträchtigungen durchführen zu können. Gleichzeitig soll es durch die neue Bauweise möglich sein, Neubauten von Straßen geringerer Belastungsklassen in kurzer Bauzeit auszuführen.

Das Fachgebiet Straßenwesen der Technischen Universität Darmstadt hatte als federführende Stelle in diesem Kooperationsprojekt vor allem asphalttechnologische Fragen zu klären. Mit der Weiterentwicklung der Maschinentechnik war das Institut für Landmaschinentechnik und Regenerative Energien der Fachhochschule Köln beauftragt. Die Umsetzung der asphalttechnologischen und maschinentechnischen Konzepte erfolgte durch die Hermann Kirchner Bauunternehmung GmbH, die inzwischen unter dem Konzernnamen STRABAG AG firmiert.

2 Konzeption

2.1 Asphalttechnologie

Hinsichtlich der Wahl des Deckschichtmischgutes unterscheidet sich die modifizierte nicht von der konventionellen Kompaktasphaltbauweise. In der Praxis haben sich die Deckschichtasphalte AC 8 D S oder SMA 8 S in Schichtdicken von 2 bis 2,5 cm bewährt. Die Tragschicht wird bei der neuen Bauweise jedoch dicker als üblich eingebaut. In den zu betrachtenden Anwendungsfällen kommen bei konventioneller Ausführung in der Regel zweilagig eingebaute Tragschichtpakete in Dicken von 20 bis 22 cm zur Anwendung. Beim modifizierten Kompaktasphalt werden diese in einer einzelnen Schicht umgesetzt, weshalb eine besondere Konzeption des Tragschichtmischgutes erforderlich ist.

Es muss

  • trotz der hohen Schichtdicke über die komplette Höhe ausreichend verdichtbar sein,
  • einen guten Schichtenverbund zur Unterlage und zur Deckschicht aufweisen,
  • Tragschicht- und Binderschichteigenschaften vereinen.

Größtkorn

Nach aktuellem Technischen Regelwerk sollte die Dicke einer Lage aus Asphalttragschichtmischgut mindestens 8 cm betragen. Erfahrungsgemäß wird aber auch ein Einbau von Dicken über dem 4-fachen des Größtkorndurchmessers als risikobehaftet angesehen, sodass die großen Dicken, z. B. aus den ZTV BEA-StB 09, in der Praxis eher mehrlagig eingebaut werden.

Will man die Schichtdicke, wie in vorliegendem Projekt weiter vergrößern, sollte auch das Asphaltmischgut grobkörniger werden. Gemäß vorgenannter Faustregel wäre für die vorgesehenen Tragschichtdicken ein Grobkorndurchmesser von mindestens 55 mm erforderlich, das aber weder als Lieferprodukt erhältlich noch technisch in Asphaltmischanlagen einsetzbar ist. Unter Berücksichtigung der produktionstechnischen Grenzen wurde daher ein Asphaltmischgut AC 45 B/T S mit einem Größtkorndurchmesser von 45 mm konzipiert.

Korngrößenverteilung

Die Korngrößenverteilung richtet sich im Wesentlichen nach den gewünschten Schichteigenschaften. Über die vorgesehene Tragschicht sollen die Lasten von der Asphaltoberfläche in die Unterlage abgeleitet werden. Dies erfordert ein stabiles Korngerüst, dessen Tragwirkung überwiegend von der dichten Anordnung großer Körner abhängt. Gleichzeitig sollen jedoch auch Asphaltbindereigenschaften erfüllt werden, d. h., das verdichtete Mischgut muss einen guten Schichtenverbund mit der Deckschicht gewährleisten und einen begrenzten Hohlraumgehalt von 5,0 bis 8,0 V.-% am Marshall-Probekörper aufweisen.

Im Rahmen einer Diplomarbeit (Weller, 2013) wurden am Fachgebiet Straßenwesen der TU Darmstadt bereits Anforderungen für ein Tragschichtmischgut AC 45 T S definiert. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurden weitere Mischgutvarianten entwickelt, die insbesondere durch Variation der Siebdurchgänge ≤ 2 mm ein dichteres Gefüge gewährleisten sollten. Im Labor wurden dann auf Basis der empfohlenen Sieblinienbereiche Probekörper mit jeweils unterschiedlichen Bindemittelgehalten erstellt und vergleichend untersucht. Als besonders vorteilhaft erwies sich dabei eine Variante, deren Konzept auf der „Skalierung“ bestehender Soll-Sieblinien grober Asphaltmischungen nach den TL Asphalt-StB 07/13 basierte. Ausgehend vom Mischgut AC 32 T S wurden die Anforderungswerte der Siebdurchgänge auf die jeweils nächst höhere, reguläre Siebgröße übertragen. Unterhalb des Sandpunktes (Siebgröße 2 mm) fanden die Anforderungen eines AC 22 B S Anwendung um die Charakteristik einer Binderschicht im Feinkornbereich abzubilden. Der resultierende Sollsieblinienbereich dieser favorisierten Variante für das Mischgut AC 45 B/T S ist im Bild 1 dargestellt.

Bild 1: Sollsieblinienbereich AC 45 B/T S

Die Anforderungen an die Gesteinskörnungen (wie Schlagzertrümmerungswert, Kornform, Anteil schlecht geformter Körner, etc.) sollten denen am Asphaltbindermischgut AC 22 B S nach TL Asphalt-StB 07/13 entsprechen.

Bindemittelart und -sorte

Da die kombinierte Asphalttrag- und Binderschicht fast die komplette lastverteilende Dicke des gebundenen Oberbaus ausmacht, kommt der Wahl des Bindemittels eine herausragende Bedeutung zu. Es muss eine gute und dauerhafte Verklebung des Gesteinskörnungsgerüstes gewährleisten und dabei gleichzeitig hohen Verkehrsbeanspruchungen und Temperatureinwirkungen standhalten. Daher wurde für die kombinierte Asphalttrag-/Binderschicht für die Laborversuche und die Einbaufelder ein PmB 25/55-55 verwendet. Bei geringen Verkehrsbelastungen kann auf die Zugabe von Polymeren verzichtet werden. Das zu verwendende Bindemittel muss jedoch auch hier einen Kompromiss zwischen gutem Haftverhalten, Verformungs- und Temperaturresistenz aufweisen (z. B. Straßenbaubitumen 30/45 oder 50/70).

Bindemittelgehalt

Die in den TL Asphalt-StB 07/13 empfohlenen Mindestbindemittelgehalte für Tragschichtmischgut nehmen mit zunehmendem Größtkorndurchmesser ab. Skaliert man die Anforderungen auf den bisher nicht im Regelwerk erfassten Größtkorndurchmesser von 45 mm, so kann man in erster Näherung einen Mindestbindemittelgehalt von 3,6 M.-% ansetzen. Aufgrund des erhöhten Feinkorngehaltes zur Gewährleistung von Bindereigenschaften sollte der tatsächliche Mindestbindemittelgehalt jedoch höher liegen. Nach Laborversuchen wird hier ein Anforderungswert von ca. 4,0 M.-% empfohlen.

Laborversuche

Ausgehend von der tragschichtoptimierten (grobkörnigeren) Sieblinie AC 45 T S (Weller, 2013) wurden insbesondere die feinkörnigeren Fraktionen variiert und unterschiedliche Gehalte an 25/55-55 erprobt.

Aus den Asphaltmischungen wurden Marshall-Probekörper (Durchmesser 150 mm) hergestellt und hinsichtlich ihrer Hohlraumgehalte untersucht. Die erzeugten MPK wurden schließlich mittig angeschnitten, um das Korngefüge beurteilen zu können. Die Bilder 2 und 3 zeigen exemplarisch je ein Schnittbild für die Mischgutsorten AC 45 T S und AC 45 B/T S.

Die Probekörper aus dem tragschichtoptimierten Mischgut AC 45 T S nach Weller wiesen zwar Hohlraumgehalte innerhalb des definierten Anforderungsbereiches von 5,0 bis 8,0 V.-% auf, jedoch war das Korngerüst anfällig für Kornzertrümmerung während des Verdichtungsvorganges. Die Probekörper mit der Sieblinie für das Mischgut AC 45 B/T S (skalierte Sieblinien nach TL Asphalt-StB) zeigten dieses Problem deutlich weniger ausgeprägt. Varianten dieser Mischgutsorte mit Bindemittelgehalten um 4,0 M.-% zeigten Hohlraumgehalte innerhalb des definierten Anforderungsbereiches und eine homogene Verteilung der Gesteinsfraktionen (Bild 3).

Bild 2: Anschnitt eines Marshall-Probekörpers mit Sollsieblinie AC 45 T S nach Weller, B = 4,1 M.-%

Bild 3: Anschnitt eines Marshall-Probekörpers mit Sollsieblinie AC 45 B/T S, B = 4,5 M.-%

Mischgutempfehlung AC 45 B/T S

Aus den Vorüberlegungen und Laboruntersuchungen wurden die nachstehend tabellarisch dargestellten Anforderungen für ein Mischgut AC 45 B/T S abgeleitet. Diese Rezeptur war Ausgangspunkt für die Erstprüfung, die Probemischung im Mischwerk Hauneck und die Versuchsfelder auf dem Betriebshof der Firma Kirchner in Bad Hersfeld.

Tabelle 1: Anforderungen an das Mischgut AC 45 B/T S

2.2 Maschinentechnik

Für das vorliegende Projekt waren eine sehr dicke Asphalttragschicht mit grobkörnigem Asphaltmischgut und eine dünne Asphaltdeckschicht mit gleicher Einbaugeschwindigkeit gleichzeitig einzubauen. Diese Anforderungen an den Einbau erfordern Änderungen an der Bohle zum Einbau der Asphalttragschicht, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  • Erhöhung der Mischgutvorlage,
  • Anpassungen an Kanal- und Abweisblechen, um Entmischungen zu reduzieren,
  • Vergrößerung des Einzugswinkels an der Bohlenvorderwand,
  • Abflachung des Tamper-Anstellwinkels und Anfasung der Vorderkante des Glättblechs,
  • statische Erhöhung des Bohlengewichtes (Auflast) und Verstärkung der Bohlenabstützung,
  • Adaption eines Kantenformers mit Außenvibration und ausreichender Tiefenwirkung zur Stabilisierung der Randbereiche,
  • Verwendung maximaler Einstellwerte am Tamper (Hubhöhe, Drehzahl), am Glättblech (Vibration, Druck, Drehzahl) und der Pressleiste/n (Druck, Frequenz) zur Erzielung einer hohen Vorverdichtung.

An der Deckschichtbohle waren gegenüber der konventionellen Kompaktasphaltbauweise keine wesentlichen konstruktiven Änderungen vorzusehen. Aufgrund der geringen Einbaugeschwindigkeit und geringen Schichtdicke sollte mit minimalen Einstellwerten gearbeitet werden.

2.3 Einbauprozesse

Die Fragestellung des Projektes umfasst die Optimierung von Prozessen auf zwei Ebenen. Einerseits müssen die technischen Einbau- und Verdichtungsprozesse für die modifizierte Kompaktasphaltbauweise mit einer sehr dicken Tragschicht angepasst werden. Andererseits erfordert das Ziel einer Bauzeitenverkürzung in Kombination mit hohem Mischgutbedarf die Verbesserung von baustellenlogistischen Prozessen.

Fräsgutlogistik

Bei Erneuerungen mit teilweisem Ersatz der vorhandenen Befestigung (als vorrangiges Anwendungsgebiet der modifizierten Kompaktasphaltbauweise) muss gewährleistet sein, dass Fräsgut möglichst schnell vom Fräsort abtransportiert wird. Ziel ist die Reduzierung der Baustellendauer schon während der Fräszeit. Vorbereitend zum Einbau an einer projektbegleitenden Versuchsstrecke (B 68) wurde ein entsprechendes, detailliertes Fräskonzept erstellt und erfolgreich umgesetzt. Folgende Punkte haben sich hinsichtlich des Umganges mit großen Fräsgutmengen als besonders wichtig herausgestellt:

Abstimmung des Gesamtkonzeptes und der jeweiligen Kapazitäten unter allen Beteiligten vor dem Maßnahmenbeginn, genaue Taktung der Transportfahrzeuge unter Vorhaltung von Reserven,

  • Abstimmung der Fräsleistungen auf die Transportkapazitäten, ggf. Anpassung der Taktung bei Änderungen im Fräsbetrieb,
  • Nummerierung und farbliche Markierung der Fräsen und Transportfahrzeuge,
  • Bereitstellung ausreichend großer Aufstellflächen, Rangierwege und Reinigungsplätze,
  • zentrale Koordination.

Mischgutlogistik

Nur durch eine unterbrechungsfreie Mischgutversorgung der Baustelle kann der Einbau mit konstanter Geschwindigkeit durchgeführt werden. Allerdings kann der hohe Materialbedarf der Bauweise nur durch die gleichzeitige Belieferung von mehreren Mischanlagen gedeckt werden. Die Koordination der Produktionsleistungen der einzelnen Asphaltmischanlagen sowie mehrerer Transportdienstleister stellt eine besondere baubetriebliche Herausforderung dar.

An der Versuchsstreck B 68 wurden entsprechende Mischgutlogistikkonzepte erfolgreich erprobt. Bei diesem Bauvorhaben kam überdies ein Fertiger-Terminal zum Einsatz, das die Dokumentation von Lieferscheinen und Kenndaten der Mischgutübergabe beschleunigt. Zur Beschleunigung der Mischgutübergabe selbst wurde zudem mit Beschickern gearbeitet. Außerdem wurden Transportfahrzeuge mit Abschiebemodul erprobt, deren Übergabezeit geringer ist.

Einbau und Verdichtung

Der Einbau- und Verdichtungsprozess ist überwiegend von maschinentechnischen Konfigurationen und Einstellungen abhängig. Zu Beginn des Forschungsprojektes lagen keine Erfahrungen zum Verdichtungsverhalten und somit zur endgültigen Einbaudicke einer dicken Tragschicht aus grobkörnigem Mischgut nach der Bohlen- und Walzverdichtung vor. Dies betrifft auch die Stabilität der Randbereiche während der Walzübergänge. Aufgrund der hohen Relevanz des Verdichtungsergebnisses für die Gebrauchstauglichkeit (Ebenheit) und Dauerhaftigkeit (Verdichtungsgrad, Hohlraumgehalt) eines Asphaltaufbaus waren daher auf den Versuchsfeldern und -strecken verschiedene Walzschemata zu erproben.

3 Versuchsfelder

Konzept

Vor der erstmaligen Anwendung der modifizierten Kompaktasphaltbauweise und des Mischgutes AC 45 B/T S auf realen Strecken war eine Erprobung auf kleinmaßstäblichen Versuchsfeldern (je ca. 4 x 25 m) auf dem Betriebsgelände der Fa. Kirchner in Bad Hersfeld vorgesehen. Hierzu wurden als Anwendungsfälle der Neubau einer geringbelasteten Straße (Belastungsklasse 3,2 nach RStO 12) und die Erneuerung bei teilweisem Ersatz der vorhandenen Befestigung an hochbelasteten Straßenkonstruktionen (Bk100, RStO 12) abgebildet. Zu Vergleichszwecken waren zudem Referenzfelder in konventioneller Befestigung nach RStO 12 vorgesehen (Bild 4). Da die Referenzfelder hinsichtlich der Oberflächeneigenschaften Längs- und Querebenheit als unkritisch eingestuft wurden und das Lastabtragungsverhalten maßgeblich von der Tragschicht abhängt, wurde dort auf den Einbau von Binder- und Deckschichten verzichtet.

Bild 4: Aufbauten der Versuchsfelder in Bad Hersfeld

Einbauvorbereitung

Zur Vorbereitung musste die Zusammensetzung des Asphaltmischguts AC 45 B/T S noch leicht angepasst und seine Beschaffenheit und Eigenschaften in einer Probemischung überprüft werden. Zusätzlich mussten die bereits angesprochenen Änderungen am Kompaktasphaltfertiger vorgenommen werden. Zudem waren die Einbaufelder vorzubereiten (Bild 5).

Bild 5: Vorbereitete Unterlagen (links ungebunden, rechts gebunden)

Einbau

Der Einbau der Versuchsfelder erfolgte am 14. Mai 2014 bei wechselhaften Witterungsbedingungen. Als Einbaugerät kam auf allen Versuchsfeldern der entsprechend ausgerüstete Fertiger des Fabrikats Dynapac AM 300 mit Kompaktasphaltmodul zum Einsatz. Auf den Kompaktasphalt-Feldern wurde zusätzlich mit einem Beschicker vom Typ Dynapac MF 300 gearbeitet (Bild 6).

Bild 6: Einbau der Versuchsfelder

Die vorverdichtete Oberfläche der kombinierten Binder-/Tragschicht unmittelbar hinter der Bohle zeigte sich eben und als dichtes Gefüge gelagert (Bild 7). Auch die Oberfläche der Kompaktasphaltdeckschicht wirkte direkt hinter dem Fertiger eben und gleichmäßig geschlossen (Bild 8).

Bild 7: Oberfläche der Binder-/Tragschicht von Versuchsfeld 3 (mod. Kompaktasphalt 22+2 cm) vor der Deckschichtbohle

Bild 8: Deckschicht von Versuchsfeld 3 (mod. Kompaktasphalt 22 + 2 cm) vor der Walzverdichtung

Die dicken Kompaktasphaltpakete wurden (aufbauend auf bisherigen Erfahrungen mit konventionellem Kompaktasphalt) zunächst angewalzt, mit vier Übergängen vibrierend verdichtet und abschließend statisch geglättet. Dabei hat sich herausgestellt, dass ein spezieller Kantenformer mit Verdichtungswirkung gebraucht wird. Eine konventionelle Kantenwalzvorrichtung, z. B. an einer statischen Walze reicht nicht aus. Das Bild 9 zeigt erhöhte Einsenkmaße in Randbereichen. Dem Bild 10 ist der Vergleich zwischen unbefriedigendem Kompaktasphalt-Kantenbild (rechts) und sauberem Kantenbild an einem Referenzfeld (links) zu entnehmen.

Bild 9: Erhöhtes Einsenkmaß bei dynamischem Walzübergang am modifizierten Kompaktasphalt

Bild 10: Ungleichmäßiges Kantenbild an den dicken Kompaktasphaltaufbauten (rechts) gegenüber typischer Kantenverdichtung am 12 cm-Referenzfeld (links)

Einbauergebnisse

Bei der Prüfung des Asphaltmischgutes wurden durchweg erstprüfungskonforme Ergebnisse festgestellt. Eine Untersuchung mittels Entmischungsapparatur zeigte keine auffälligen Entmischungsneigungen des Mischgutes.

Die geplanten Schichtdicken wurden zuverlässig eingehalten (z. B. Bohrkern im Bild 11).

Bild 11: Bohrkern aus Versuchsfeld 3 (mod. Kompaktasphalt 22 + 2 cm auf geb. Unterlage)

Die Längsebenheiten an den Deckschichten der Kompaktasphaltaufbauten erwiesen sich als sehr gut (Bild 12). Die Grenzwerte von 6 bzw. 4 mm nach ZTV Asphalt-StB, Abschnitt 4.2.5 (Ausgabe 2007/Fassung 2013) wurden an keiner Stelle überschritten.

Bild 12: Längsebenheit an Versuchsfeld 3

Die Querebenheit der Kompaktasphaltdeckschichten wurde in Abständen von 5 m als Querprofile mittels 4-m-Latte erfasst. In Feldmitte wurden die Anforderungswerte von 6 bzw. 4 mm nach ZTV Asphalt-StB, Abschnitt 4.2.5 (Ausgabe 2007/Fassung 2013) zuverlässig eingehalten. An den Rändern der Befestigung nahmen die Unebenheitsmaße deutlich zu (Bild 13).Es ist anzunehmen, dass die geringere Vorverdichtung der Kanten zu einer unzureichenden Stabilität der Randbereiche führt.

Bild 13: Querebenheit an Versuchsfeld 3

Zur Bestimmung des Schichtenverbundes wurde das „Abscherverfahren nach Leutner“ angewandt. Es konnte festgestellt werden, dass der Schichtenverbund an den Schichtgrenzen innerhalb des Kompaktasphaltaufbaus höher ist als zwischen einer konventionellen Tragschicht AC 32 T S und der gebundenen Unterlage (Bild 14). Ursächlich für den besseren Verbund sind vermutlich die Verwendung polymermodifizierten Bitumens und der Einbau „heiß auf heiß“ (zwischen Trag- und Deckschicht).

Bild 14: Schichtenverbund an den Versuchsfeldern

Um die Entwicklung der Verdichtungsgrade mit zunehmender Tiefe messen zu können, wurden die Tragschichten der untersuchten Bohrkerne in zwei oder drei Scheiben geteilt. An den einzelnen Scheiben wurde dann der jeweilige Verdichtungsgrad bestimmt. Die Ergebnisse gehen aus (Bild 15) hervor.

Es zeigt sich, dass im oberen Drittel der kombinierten Trag-/Binderschicht sehr hohe Verdichtungsgrade (bis 103,0 %) festgestellt werden können. Die Werte verringern sich mit zunehmender Tiefe zunächst wenig, ehe sie einen deutlicheren Abfall zur Schichtunterseite hin zeigen. Hier wurde der ungünstigste Wert zu 97,5 % bestimmt. Über die Höhe gemittelt liegen die Verdichtungsgrade der dicken Schichten bei ca. 100 %.

An den 12 cm dicken Referenzfeldern mit dem Tragschichtmischgut AC 32 T S fallen die Verdichtungsgrade im oberen Schichtbereich deutlich geringer aus (ca. 100,5 %) und sinken zur Schichtunterseite auf ca. 99,5 % ab. Der Abfall des Verdichtungsgrades pro Tiefeneinheit ist ungefähr gleich groß, wie bei der Asphalttragschicht aus Kompaktasphalt. Der über die Höhe gemittelte Verdichtungsgrad liegt auch hier bei ca. 100 %.

Bild 15: Verdichtungsgrade in unterschiedlichen Tragschichttiefen der Versuchsfelder

Die Tragfähigkeiten der einzelnen Versuchsfelder wurden vor und nach dem Einbau über dynamische Messungen mit dem Falling-Weight-Deflectometer (FWD) bestimmt. Dabei wurden mittlere E-Moduln von hochbelasteten Asphaltaufbauten angesetzt (Bald et al, 2011) um aus den gemessenen Verformungsmulden auf die Gesamtdicken der lastverteilenden Aufbauten rückrechnen zu können. Da diese Gesamtdicken durch Bohrkernentnahmen bekannt waren, konnte durch einen Vergleich zwischen Rückrechnung und gemessener Dicke festgestellt werden, ob die angenommenen Verformungsmoduln zutreffend waren. Im Falle von Versuchsfeld 3 betrug die gemessene Gesamtdicke im Mittel 35,9 cm, während die Rückrechnung mit einem typischen E -Modul von 1600 N/mm2 einen theoretischen Mittelwert von ca. 34 cm ergab (Bild 16). Unter Berücksichtigung üblicher Versuchsstreuungen des Verfahrens kann gefolgert werden, dass die Tragfähigkeit des Kompaktasphaltaufbaus jener typischer hochbelasteter Straßen entspricht.

Bild 16: E-Moduln und rückgerechnete lastverteilende Dicken am Versuchsfeld 3

Zum Vergleich der theoretischen Lebensdauern wurden an Bohrkernen der Versuchsfelder weitere Materialparameter ermittelt. Eine Berechnung mit dem Tool PADESTO lieferte dabei für den modifizierten Kompaktasphalt tendenziell geringere Ermüdungszustände.

4 Versuchsstrecke B 68

Für das vorliegende Projekt konnte ein Sanierungsvorhaben an der B 68 als Versuchsstrecke zur ersten Erprobung der neuen Bauweise gewonnen werden. Im Abschnitt Quakenbrück-Badbergen galt es, den Oberbau durch teilweisen Ersatz der vorhanden Schichten zu erneuern. Hierzu kam die modifizierte Kompaktasphaltbauweise mit dem gleichzeitigen Einbau einer 20 cm dicken Trag-/Binderschicht AC 45 B/T S und einer 2,5 cm dicken Deckschicht AC 8 D S zur Anwendung. Der vorhandene Oberbau wurde zuvor bis auf die entsprechende Tiefe abgefräst.

Der Asphalteinbau an dem ca. 1.200 m langen Abschnitt fand am 29. August 2014 statt und dauerte ca. 12 Stunden. Bei konventionellem Einbau von drei Asphaltschichten hätte die reine Einbauzeit drei Werktage betragen.

Aus baubetrieblicher Sicht erwiesen sich die zuvor erarbeiteten Fräs- und Mischgutlogistikkonzepte als unverzichtbar. Die geringe Einbaubreite von 6,50 m bewirkte, dass nur ein einzelner Beschicker verwendet werden konnte und dass die beengten Verhältnisse langsame Rangierprozesse und höhere Wartezeiten von Lkw mit Asphaltmischgut auslösten. Der Umgang mit einem hohen Verbrauch an Asphaltmischgut bei gleichzeitig engen Einbauverhältnissen stellt somit hohe Anforderungen an die Organisation und die Koordination des Bauprozesses.

Die technischen Einbauergebnisse waren größtenteils anforderungskonform und vergleichbar mit konventionellen Bauweisen. Eine Ausnahme stellt hier die Ebenheit dar. In Längs- und Querrichtung zeigten sich Überschreitungen der zulässigen Toleranzen. Ursächlich hierfür können Unregelmäßigkeiten in der Unterlagenbeschaffenheit, häufige Profilwechsel, eine unzureichende Stabilität der Randbereiche, Fertigerstillstände und geänderte Verdichtungseigenschaften des Asphaltmischguts (durch Zugabe von Asphaltgranulat) sein.

Bild 17: Einbau mit modifizierter Kompaktasphaltbauweise an der Versuchsstrecke B 68

5 Zusammenfassung und Ausblick

In vorliegendem Projekt wurde die Idee einer modifizierten Kompaktasphaltbauweise zur Bauzeitenverkürzung durch gleichzeitigen Einbau von Trag- und Deckschicht untersucht. Das hierzu konzipierte Trag-/Binderschichtmischgut AC 45 B/T S ließ sich in konventionellen Asphaltmischanlagen großtechnisch homogen produzieren und auf Versuchsfeldern sowie auf der Versuchsstrecke B 68 in Dicken von 20-22 cm gleichzeitig mit einer dünnen Deckschicht lagegerecht einbauen. Die Einbauergebnisse waren hinsichtlich technischer Anforderungen überwiegend gleichwertig mit Standardbauweisen, die Einbaudauer konnte jedoch deutlich verkürzt werden. Als schwierig erwies sich die Einhaltung einer ausreichenden Ebenheit. Unstrittig ist, dass gegenüber dem mehrlagigen Einbau keine Ausgleichsmöglichkeiten für die Ebenheit vorliegen und somit erhöhte Anforderungen an die Unterlage und die Einbauprozesse gestellt werden müssen. Außerdem zeigte sich, dass dicke Schichtpakete in Randbereichen verformungsanfällig sind und eine Entwicklung spezieller Kantenverdichtungsmodule erfordern. Weiterer Forschungsbedarf besteht in der Beschreibung des Verdichtungsverhaltens und der Entwicklung alternativer Prüfmethoden für grobkörniges Mischgut.

Literaturverzeichnis

  1. Bald, J.S.; Nguyen, A.-D.; Schwebel, N.; Böhm, S. (2011): Optimierung von Maßnahmen zur Erhaltung einer funktionstüchtigen Straßeninfrastruktur – Ermittlung des Substanzwertes, Forschungsvorhaben, FE-Nr. 88.0100/2009, TU Darmstadt
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2012): Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12), Köln (FGSV 499)
  3. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2007/2013): Technische Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbestigungen (TL Asphalt-StB 07/13), Köln (FGSV 797)
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2007/2013): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 07/13), Köln (FGSV 799)
  5. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2009/2013): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen – Asphaltbauweisen (ZTV BEA-StB 09/13), Köln (FGSV 798)
  6. Welle r, A. (2013): Konzeption einer groben Asphalttragschicht, Diplomarbeit, Fachgebiet Straßenwesen, TU Darmstadt