FGSV-Nr. FGSV 001/28
Ort Dortmund
Datum 05.10.2022
Titel Fit für die urbane Mobilität der Zukunft
Autoren M. Sc. Simon Hummel, Dr.-Ing. Marco Irzik, RR Dr.-Ing. Bernhard Kollmus
Kategorien Kongress
Einleitung

Dieser Beitrag stellt die Urbane Mobilität und insbesondere den Rad- bzw. in kleinen Teilen noch den Fußverkehr in den Mittelpunkt. Auf Basis einer grundsätzlichen Analyse der Verkehrsstärken und Unfallkennziffern erfolgt die Vorstellung von drei Sicherheitsforschungsprogrammen der BASt mit dem Schwerpunkt der Aktiven Mobilität. Beispielhaft werden vier infrastrukturseitige Forschungsprojekte aus diesen Programmen vorgestellt. Es wird herausgearbeitet, dass der Rad- und Fußverkehr vom allgemeinen Trend des Unfallrückgangs nicht profitiert und das laufende und abgeschlossene Forschungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit einen Beitrag leisten bzw. leisten können. Abschließend werden die Inhalte fachlich eingeordnet und es erfolgt ein kurzer Ausblick in mögliche zukünftige Forschungsfelder.

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1 Einleitung

Mobilität ist nach den aktuellen FGSV-Begriffsbestimmungen ein Oberbegriff für die Möglichkeit von Personen zur Ortsveränderung bzw. die räumliche, zeitliche, modale und wegezweckspezifische Ausprägung einer solchen. Der Zusatz „Urban“ spezifiziert das Thema auf Raumeinheiten, die mehrheitlich der Wohnfunktion dienen und wird hier synonym für den Innerorts-Bereich verwendet. (FGSV, 2020)

Fachlich sind unter der Urbanen Mobilität somit der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), der fließende Kraftfahrzeugverkehr (Kfz), der Radverkehr, der Fußverkehr sowie weitere Verkehre wie z. B. Elektrokleinstfahrzeuge zu verstehen, die sich innerhalb von Ortschaften bewegen. Im Fokus dieses Beitrages soll dabei vor allem der Rad- und in kleinen Teilen auch der Fußverkehr stehen (Aktive Mobilität).

Insgesamt begann in den 1980er Jahren auf dem Gebiet der Urbanen Mobilität ein Wandel: Bis dahin standen Maßnahmen meist im Zusammenhang mit der Verbesserung der Bedingungen für den Kfz-Verkehr im Vordergrund. Galt zuvor die Motivation noch nahezu ausschließlich der Schaffung eines ungestörten Flusses für den Kfz-Verkehr – und damit der Beseitigung des Rad- und Fußverkehrs als Störfaktor aus dem Kfz-genutzten Verkehrsraum – änderte sich dies zunehmend hin zu Ansätzen, welche zumindest den Radverkehr insgesamt als System auffassten (Witte, 2012). Im Zuge aufkommender Leitbilder nachhaltiger, umweltschonender Verkehrsplanung wurde auch dem Rad- und Fußverkehr innerhalb der Urbanen Mobilität wieder eine entsprechende Bedeutung beigemessen – ein Prozess, der bis in die Gegenwart andauert und nicht zuletzt im Rahmen des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 29. 4. 2021 zum Klimaschutzgesetz und der damit verknüpften neuen Klimaziele hochaktuell ist. Damit geht zwangsläufig auch eine gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit einher.

Der beschriebene fortschreitende Wandel im Bereich der Urbanen Mobilität bringt eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich – die Thematik der Verkehrsunfälle des Fuß- und Radverkehr stellt dabei einen Aspekt von zentraler Bedeutung dar. Ein Blick auf die aktuellen Unfallzahlen im innerörtlichen Bereich zeigt, dass im Jahr 2021 rund 55 Prozent der Verunglückten der Aktiven Mobilität zuzurechnen waren (Destatis, 2021). Das Technische Regelwerk und die einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften wurden – meist auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse – in regelmäßigen Abständen zwar an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst. Es ist jedoch offensichtlich, dass die jüngsten Entwicklungen und abzusehenden Trends auch weiterhin große Anstrengungen und Anpassungen erfordern werden.

2 Ein paar Zahlen

Die prozentualen Anteile des Fußverkehrs an allen zurückgelegten Wegen (Modal Split) im Zeitverlauf seit 2002 sind in Tabelle 1 zu sehen. Nach einem Zuwachs um einen Prozentpunkt vom Erhebungsjahr 2002 zum Jahr 2008 hat es zum Jahr 2017 einen Rückgang um drei Prozentpunkte gegeben. Der Fußverkehrsanteil an den Personenkilometern ist mit einem Anteil von drei Prozentpunkten stabil geblieben. Das Gesamtverkehrsaufkommen war im Zeitraum zwischen 2002 und 2017 um fünf Prozent rückläufig. Wies der Fußverkehr im Jahr 2002 noch 64 Millionen Wege auf, so sind seine Wege 2017 auf 56 Millionen zurückgegangen (-13 Prozent). Damit war der Rückgang des Fußverkehrsaufkommens überproportional hoch. Im Gegensatz zur Pro-Kopf-Anzahl der Fußwege, die von 2,3 Wegen pro Tag im Jahr 2002 auf 2,1 Wege pro Tag im Jahr 2017 zurückging, wuchs die Fußverkehrsleistung von durchschnittlich 88 Millionen Personenkilometern pro Tag auf 93 Millionen Personenkilometer. Dies bedeutet einen Zuwachs um sechs Prozentpunkte (Nobis, 2019).

Tabelle 1: Anteil des Fußverkehrs an allen Wegen und an den Personenkilometern in Deutschland im Zeitverlauf (Nobis, 2019)

Tabelle 2: Anteil des Radverkehrs an allen Wegen und an den Personenkilometern in Deutschland im Zeitverlauf (Nobis, 2019)

Leicht anders verhält es sich beim Radverkehr. In der ersten Spalte von Tabelle 2 ist der prozentuale Anteil des Radverkehrs an allen zurückgelegten Wegen im Zeitverlauf seit 1982 zu erkennen. Zunächst wird deutlich, dass der Modal Split des Radverkehrs in Deutschland insgesamt im Jahr 2017 auf dem gleichen Stand lag wie im Jahr 1982, allerdings mit einem Anstieg um 2 Prozentpunkte seit dem Jahr 2002. Die seit dem Jahr 2002 vorgenommene Diversifizierung der Radverkehrsanteile nach Ortslage zeigt jedoch ein differenziertes Bild. Während der Modal Split des Radverkehrs im Jahr 2002 in ganz Deutschland mit 9 – 10 Prozent etwa auf dem gleichen Niveau lag, haben sich die Trends je nach Ortslage unterschiedlich entwickelt. In den Metropolen und Regiopolen ist der Anteil des Radverkehrs an allen Wegen bis auf 15 Prozent im Jahr 2017 gestiegen. Im kleinstädtischen/dörflichen Raum ist er auf 7 Prozent gesunken.

Diese Trends zeigen sich auch in der Verkehrsleistung des Radverkehrs – also in den gefahrenen Kilometern pro Person. Diese sind in der zweiten Spalte von Tabelle 2 zu sehen. Abgebildet sind die Anteile der Personenkilometer, die mit dem Fahrrad zurückgelegt wurden für die Jahre 2002 und 2017. Die im Vergleich meist kurzen Reichweiten des Radverkehrs führen zu den dort abgebildeten, geringen, stellenweise gleichbleibenden Prozentwerten. Der Blick auf die Entwicklungen innerhalb der verschiedenen Ortslagen zeigt aber auch hier, dass der Radverkehr vor allem in den Metropolen Steigerungen erfahren hat. Im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln verzeichnen die dort gefahrenen Personenkilometer einen Anstieg von 3 Prozent auf 5 Prozent und somit eine beachtliche Steigerung der gefahrenen Distanzen pro Person um mehr als 50 Prozent im betrachteten Zeitraum. Im mittel- und kleinstädtischen Raum hat sich die Verkehrsleistung des Radverkehrs, zumindest im ganzzahligen Prozentbereich, horizontal entwickelt. Der Trend zu mehr Radverkehr ist somit ein innerörtlicher Trend, der vor allem im großstädtischen Bereich auftritt.

Dies zeigt sich ansatzweise – da ohne weitere Differenzierung nach der Lage und Größe der Stadt – auch im Unfallgeschehen. Im Jahr 2020 lagen rund 87 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden und Radverkehrsbeteiligung im innerörtlichen Bereich (Destatis, 2021).

Im Bild 1 ist die absolute Anzahl der Verunglückten innerorts als Zeitreihe zu sehen. Das Diagramm zeigt einerseits, dass die Verkehrssicherheitsarbeit enorme Erfolge vorzuweisen hat. Die Anzahl der verunglückten Personen in Pkw innerorts lag im Jahr 2020 um 60.000 Fälle pro Jahr niedriger als 1979 und liegt damit aktuell so niedrig wie noch nie. Auch was die Anzahl der verunglückten Zufußgehenden betrifft, fand eine deutliche Reduktion von rund 60.000 auf rund 20.000 Verunglückte von 1979 bis 2020 statt. Im gleichen Zeitraum ist allerdings die absolute Anzahl der verunglückten Personen, die mit einem Fahrrad innerorts unterwegs waren, von etwa 40.000 Personen im Jahr 1979 auf über 80.000 Personen im Jahr 2020 angestiegen. Damit sind im Jahr 2020 innerorts zum ersten Mal mehr Personen mit dem Fahrrad als Pkw-Insassen verunglückt. Eine Reduktion von über 40 Prozent bezüglich der Anzahl der verunglückten Personen in Pkw innerorts sowie von zwei Drittel bei den verunglückten Zufußgehenden im Gegensatz zu einer Verdoppelung der verunglückten Radfahrenden in den letzten 40 Jahren sind eindeutige Trends, sodass hier – anders als bei der Betrachtung von beispielsweise nur den letzten Jahren – pandemiebedingte Einflüsse als vernachlässigbar angesehen werden können.

Ein Blick auf die zehn Jahre vor der Pandemie muss jedoch bei der Bewertung der Entwicklung der Verunglückten im Fußverkehr erfolgen. Das Bild 1 lässt erkennen, dass von 2010 bis 2019 der zuvor erfolgte Rückgang bei den verunglückten Zufußgehenden stagniert. Die Erfolge in der Reduktion der Verunglückten im Fußverkehr sind somit insbesondere Erfolge aus dem Zeitraum 1979 bis 2009.

Bild 1: Zeitreihe der Verunglückten innerorts in Deutschland (Destatis, 2021)

Das Risiko, im Straßenverkehr zu verunglücken, stellt sich für den Kfz-, Rad- und Fußverkehr gemessen an der täglichen Verkehrsleistung unterschiedlich dar. Im Vergleich zum Kfz-Verkehr hat der Fußverkehr ein mehr als 3-mal so hohes Risiko, das fahrleistungsbezogene Risiko, mit dem Fahrrad in einen Unfall verwickelt zu werden, ist aktuell sogar mehr als 5-mal so hoch im Vergleich zur Pkw-Nutzung (Gerlach, 2020).

Die Entwicklung der Verkehrssicherheit für Radfahrende hängen auch mit einer immer größeren Beliebtheit des Fahrrads in der Bevölkerung zusammenhängt. Allein im Jahr 2020 wurden in Deutschland rd. 5 Mio. Fahrräder verkauft, so dass der Fahrradbestand mit rd. 80 Mio. Fahrrädern einen neuen Höchststand erreicht hat. Diese Entwicklung wird besonders durch die ansteigenden Verkaufszahlen von E-Bikes geprägt (ZIV, 2022). Dies lässt höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten, insbesondere auch bei älteren fahrradbenutzenden Personen, erwarten. (Unfallforschung der Versicherer, 2014) Hinzu kommt, dass der Fahrradanteil 2017 zwar über alle Altersklassen recht konstant bei 10 Prozent lag, der fortschreitende demographische Wandel jedoch dazu führt, dass hierdurch in absoluten Zahlen vermehrt ältere Personen mit Fahrrad im Straßenverkehr unterwegs sind (Nobis, 2019). Die pandemische Lage der vergangenen Jahre hat den Trend zu mehr Radverkehr ebenfalls nochmals verstärkt (Fahrradmonitor 2021, 2021).

Es ist also davon auszugehen, dass der Anstieg des Verkehrsaufkommens, der Verkehrsleistung und eine älterwerdende Nutzergruppe in Verbindung mit einer vermehrten Verbreitung von E-Bikes zu einem weiteren Anstieg der Unfallzahlen mit Personenschäden unter Radverkehrsbeteiligung beitragen (Destatis, 2021; Nobis, 2019; Panwinkler; Holz-Rau, 2021). Wie sind das technische Regelwerk, die Infrastruktur selbst und die dort geltenden Verkehrsregelungen auf diese Entwicklungen vorbereitet und welchen Beitrag liefert die Forschung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) dazu? Auf diesen Aspekten liegt der Fokus dieses Beitrags.

3 Forschungsprogramm Straßenverkehrssicherheit der Bundesanstalt für Straßenwesen

Um den dynamischen Trends der Aktiven Mobilität gerecht zu werden und mit Forschung auf diese reagieren bzw. proaktiv wirken zu können, hat die BASt erstmalig im Jahre 2016 ihrem „Forschungsprogramm Straßenverkehrssicherheit (SiFo)“ eine thematische Überschrift gegeben. Vor dem Hintergrund der bereits in Ziffer 2 aufgezeigten steigenden Unfallzahlen im Radverkehr widmet sich das SiFo 2016 der Verbesserung der „Radverkehrssicherheit auf Innerortsstraßen“.

Um die unterschiedlichen Forschungsbelange aller Fachbereiche großflächig abzudecken, ist das auf mehrere Jahre ausgelegte SiFo 2016, wie auch alle anderen SiFo, interdisziplinär aufgebaut. Grundsätzlich hat das SiFo 2016 das Ziel, Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur (Planung und Entwurf), dem Verkehrsverhalten und der -technik zu entwickeln und zu validieren, mit denen Verkehrssicherheitsprobleme auf Innerortsstraßen im Radverkehr weiter abgebaut werden können.

Wie in Ziffer 2 aufgezeigt, sind die Unfallzahlen für den Fußverkehr innerhalb der letzten Jahrzehnte insgesamt zwar rückläufig, jedoch stagniert dieser Trend seit etwa 2010. Aus diesem Grund wurde für das SiFo 2017 das Thema „Fußgängersicherheit innerorts“ als Schwerpunkt aufgegriffen. Ziel des Schwerpunktthemas „Fußgängersicherheit innerorts“ ist es, Grundlagen zu schaffen und Maßnahmen zu entwickeln, um die Verkehrssicherheit für Zufußgehende weiter zu erhöhen. Dabei werden sowohl Verhaltens- als auch infrastrukturelle und fahrzeugtechnische Aspekte betrachtet.

Aufbauend auf dem SiFo 2016 und aufgrund der immer stärker einsetzenden Dynamik im Radverkehr wurde im Jahr 2021 das SiFo „Sicheres Radfahren in einem gemeinsam genutzten Straßenraum“ erarbeitet (Koßmann, et al., 2021). Dabei werden Interaktionen, insbesondere zwischen Rad-, Kfz- und Fußverkehr, auf innerörtlichen Straßen betrachtet, um letztendlich wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse und Maßnahmenansätze für diese Thematik bereitstellen zu können. Folgende Forschungsthemen stehen im Fokus:

  • Verkehrskultur, -klima und rücksichtsvolles Miteinander,
  • Gefahrenwahrnehmung und -bewertung,
  • Bekanntheit und Einhaltung von Verkehrsregeln,
  • Infrastrukturelemente entwickeln und pilothaft untersuchen,
  • Maßnahmenumsetzung und deren Hindernisse in der Praxis sowie
  • Technische Maßnahmen.

Derzeit befindet sich das SiFo für das Jahr 2022 in Erarbeitung. Dieses wird als Forschungsschwerpunkt das Thema Lastenfahrräder behandeln. Lastenfahrräder sind innerhalb der letzten Jahre als eigene Ausprägungsform des Radverkehrs immer stärker in Erscheinung getreten und bringen neue Herausforderungen und Anforderungen an Mensch und Infrastruktur mit sich, die im Zuge des Programms eingehend beforscht werden sollen.

4 Infrastrukturelle und verkehrsplanerische Aspekte

Der in der Einleitung (vgl. Ziff. 1) beschriebene Wandel der Leitbilder im Zusammenhang mit dem Radverkehr führte insbesondere im Zuge der damit einhergehenden Stärkung des Aspekts der Verkehrssicherheit zwangsläufig auch zu tiefgreifenden Veränderungen und Anpassungen in den eng verzahnten Bereichen von Infrastruktur, Planung und Betrieb: Zunehmend intensiv und fokussiert betriebene Forschungen mit dem expliziten Ziel der Verbesserung der Sicherheit für den Radverkehr fanden mit ihren Ergebnissen Eingang in das einschlägige technische Regelwerk, führten dort zu tiefgreifenden Veränderungen und Anpassungen und ebneten neuen – in der gegenwärtigen Praxis mittlerweile selbstverständlichen – Instrumenten den Weg. Dieser kontinuierliche Prozess dauert unvermindert an, gerade in jüngster Zeit ist die Umsetzung zahlreicher – oft auch innovativer – Maßnahmen, insbesondere im städtischen Bereich, an der Tagesordnung.

Nachfolgend sollen vier Beispiele aus der BASt-Forschung zur Aktiven Mobilität aktuelle Erkenntnisse aus zwei abgeschlossenen, beziehungsweise gegenwärtigen, Fragestellungen aus zwei laufenden Projekten aufzeigen:

Im BASt-Forschungsprojekt mit dem Titel „Akzeptanz und Verkehrssicherheit des Radverkehrs im Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen“, das Teil des SiFo-Programms „Radverkehrssicherheit auf Innerortsstraßen“ von 2016 ist, wurden die Akzeptanz und die Verkehrssicherheit des Radverkehrs bei einer Führung im Mischverkehr auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen betrachtet. Die Untersuchung umfasste eine Auswertung aller polizeilich registrierten innerörtlichen Verkehrsunfälle mit Personenschaden und Radverkehrsbeteiligung für einen fünfjährigen Betrachtungszeitraum vom 1. 1. 2012 bis 31. 12. 2016. Die Ergebnisse zeigen, dass Radfahrende innerorts gehäuft an den Knotenpunkten und dort vor allem beim Einbiegen und Kreuzen sowie bei Abbiegevorgängen verunglücken (vgl. Bild 2).

Bild 2: Unfalltypen mit Radverkehrsbeteiligung und Personenschäden auf Innerortstraßen (U(P), 2012-2016) (Schüller, et al.)

Dieser allgemeinen, makroskopischen Auswertung wurde eine spezifische Unfallanalyse gegenübergestellt. Diese umfasste 136 Streckenabschnitte von Hauptverkehrsstraßen inklusive Einmündungen und Grundstückszufahrten. Knotenpunkte mit anderen Hauptverkehrsstraßen und deren Annäherungsbereiche wurden aus der Betrachtung ausgeklammert. Radverkehrsanlagen oder einschlägige Instrumente der Verkehrsregelung wie z. B. Schutzstreifen, eine Freigabe des Gehweges für den Radverkehr oder das Weglassen der Mittelmarkierungen waren auf diesen Abschnitten nicht vorhanden. Auf 13 Prozent der untersuchten Abschnitte war die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt.

Die Betrachtung der polizeilich registrierten Unfälle in den untersuchten Streckenabschnitten zeigte, dass Radfahrende bei einer Führung im Mischverkehr ohne Schutzstreifen am häufigsten im Zusammenhang mit dem ruhenden Kfz-Verkehr verunfallen, dabei kamen insbesondere „Dooring-Unfälle“ häufig vor. Auslöser hierfür sind plötzlich öffnende Pkw-Türen auf Längsparkständen. Weiterhin konnte ein Zusammenhang zwischen der Kfz-Verkehrsstärke und Unfällen mit Radverkehrsbeteiligung festgestellt werden. (Schüller, et al.)

Die Betrachtung der Flächennutzung des Radverkehrs zeigte, dass die Akzeptanz der Mischverkehrsführung zwischen den betrachteten Straßenräumen stark schwankte. Je nach Untersuchungsfall nutzten zwischen 0 und 90 Prozent der Radfahrenden bevorzugt den Gehweg gegenüber der Fahrbahn. Im Mittel fuhren etwa 20 Prozent der Radfahrenden auf dem Gehweg (Schüller, et al.). „Die Fahrbahn sei zu unsicher“ wurde als häufigster (subjektiver) Beweggrund für die Gehwegnutzung von den befragten Radfahrenden genannt (Schüller, et al.). Im Zuge einer tiefergehenden multikriteriellen Analyse zeigte sich, dass höhere Radverkehrsstärken, niedrigere Kfz-Verkehrsstärken auf der Fahrbahn sowie eine niedrigere zugelassene Höchstgeschwindigkeit (unter 50 km/h) positiv auf die Akzeptanz des Mischverkehrs als Führungsform für den Radverkehr wirken (Schüller, et al.).

Im Hinblick auf den innerörtlichen Fuß- und Radverkehr wurde in dem bereits abgeschlossenen Bast-Forschungsprojekt „Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen für Fußgänger und Radfahrer über Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken“ die Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen über Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken beforscht. Dieses Projekt wurde im Rahmen der SiFo-Programme „Radverkehrssicherheit auf Innerortsstraßen“ von 2016 und „Fußgängersicherheit innerorts“ von 2017 durchgeführt. Die Signalisierung an Überquerungsstellen für den Fuß- und Radverkehr an Straßen- und Stadtbahnstrecken erfolgt in vielen Städten nach unterschiedlichen Ausbaustandards im Hinblick auf Verkehrssicherheit, Steuerung und Gestaltung sowie Bauausführung (vgl. Bild 3). Auch wenn Unfälle mit Straßen- und Stadtbahnen eher selten auftreten, so sind derartige Unfälle häufig durch eine besondere Unfallschwere gekennzeichnet. Oftmals kommt es in Folge von Unachtsamkeit oder Fehleinschätzung des Fuß- und Radverkehrs zu Unfällen. Besonders vor dem Hintergrund des demographischen Wandels stellen Überquerungsanlagen ein besonderes Gefahrenpotenzial für ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte Personen dar.

Durch die Analyse vorhandener Anlage- und Signalisierungsformen sollte im Forschungsvorhaben eine Kategorisierung und Generalisierung der unterschiedlichen Formen von Überquerungsstellen für Fußgänger und Radfahrer an Straßen- und Stadtbahnstrecken vorgenommen werden. Diese sollten anschließend auf ihre Vor- und Nachteile im Hinblick auf Sicherheit, Steuerung und Kosten bewertet werden.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass Unfälle an Gleisquerungen über besondere und unabhängige Bahnkörper der Straßenbahnen sehr seltene Ereignisse sind. Systematische Zusammenhänge mit der Infrastruktur konnten nicht identifiziert werden – weder über eine umfassende Unfallanalyse noch über Verhaltensbeobachtungen im Realverkehr oder im Rahmen umfangreicher Audits.

Bild 3: Prinzipskizzen: Geradlinige Gleisquerung, Gleisquerung in Z-Form (im Beispiel mit Fußgängerüberwegen über die angrenzenden Fahrbahnen) und Gleisquerung mit Versatz (FGSV, 2013)

Vielmehr scheint das Verhalten der Personen eine entscheidende Rolle für Unfälle zu spielen. So wurde z. B. die eigene Unaufmerksamkeit als maßgeblicher Grund für eine persönlich erlebte Gefahrensituation beim Queren der Gleise genannt. Auch Untersuchungen Dritter lassen vermuten, dass die bewusste Missachtung von Verkehrsregeln oder die Benutzung mobiler elektronischer Geräte einen entscheidenden Einfluss auf die Verkehrssicherheit haben könnten.

Insofern sollte eine kontinuierliche Verkehrssicherheitsarbeit angestrebt bzw. konsequent fortgeführt werden, beispielsweise durch Verkehrsschauen und Sicherheitsaudits, da sich bestätigt hat, dass Verhaltensweisen und das subjektive Sicherheitsempfinden der querenden Personen stark von ortstypischen Merkmalen abhängen. Unterstützend können zudem öffentlichkeitswirksame Kampagnen mit Hinweisen zum verkehrssicheren Verhalten an Gleisquerungen wirken.

Um die Aufmerksamkeit und die Verkehrssicherheit querender Personen zu unterstützen, wird – v. a. bundesweit betrachtet – Verbesserungspotenzial bei der Ausstattung von Gleisquerungen durch einheitliche Gestaltungsrichtlinien im Sinne einer Musterlösung gesehen. Eine Gestaltung, die verkehrssicheres Verhalten unterstützt, z. B. durch Verlängerung von Absperrelementen zur Vermeidung von Trampelpfaden, stellt einen weiteren Baustein dar. Hinsichtlich einer barrierefreien Gestaltung fehlt in den Regelwerken vor allem ein Hinweis auf die Gestaltung bezüglich einer taktil erkennbaren Unterscheidung der beiden Sicherungsarten (durch Übersicht und signalisiert). Auch die die Begehbarkeit bzw. Berollbarkeit der Gleisbereiche sollte durch unterschiedliche Maßnahmen verbessert werden. Außerdem war festzustellen, dass bezüglich der Informationstiefe und der Datenqualität sowohl bei den Unfalldaten als auch Bestandsdaten der Infrastruktur Verbesserungspotenzial besteht. Das Projekt begann im Oktober 2015 und endete im Dezember 2019. Die Ergebnisse fließen in die Fortschreibung verschiedener FGSV-Regelwerke wie z. B. die „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen“ (RASt) oder die „Empfehlungen für die Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs“ (EAÖ).

Das laufende BASt-Forschungsprojekt „Gestaltung innerörtlicher Verkehrswegenetze“ als Bestandteil des SiFo 2021 „Sicheres Radfahren in einem gemeinsam genutzten Straßenraum“ hat zum Ziel, Methoden und Verfahrensbeschreibungen für eine effizientere und praxistaugliche Möglichkeit zur funktionalen Gliederung innerörtlicher Verkehrswegenetze gemäß den „Richtlinien für integrierte Netzgestaltung“ (RIN) zu liefern, die somit eine bessere Einbindung von modalen und intermodalen netzbezogenen Aspekten in innerörtliche Verkehrsplanungsprozesse als bisher erlauben sollen.

Auf Basis einer nationalen und internationalen Literaturanalyse sowie Expertenworkshops werden die besonderen Anforderungen innergemeindlicher Verkehrswegenetze abgeleitet, dokumentiert und systematisiert. Es folgt eine beispielhafte Anwendung der RIN in ausgewählten Kommunen mit unterschiedlichen Randbedingungen (z. B. Einwohnerzahl, Verkehrsnetze im Bestand).

Als Ergebnis werden grundlegende Hinweise zur Anwendung der RIN innerorts sowie ggf. eine methodische Erweiterung der RIN-Anwendung hinsichtlich der spezifischen Anforderungen der innergemeindlichen Netzplanung erwartet (vgl. Bild 4). Diese umfassen beispielsweise

  • eine methodische Hilfe zur Erstellung und Kategorisierung der Netze des Kfz-Verkehrs, des Radverkehrs, Fußgängerverkehrs und des ÖPNV im innergemeindlichen Bereich,
  • eine methodische Hilfe zur Abwägung zwischen einer räumlichen Trennung und einer Integration dieser Netze im gemeinsamgenutzten Straßenraum,
  • die Integration der Anforderungen des Verkehrsmanagements hinsichtlich der Abstimmung von Strategien zur Führung des Verkehrs im Fall von Veranstaltungen oder Störungen auf Ebene der Netzplanung,
  • die Berücksichtigung der Anforderungen der Verkehrssicherheit B. bei der Einbindung der Schulwegenetze in die Netzplanung auf Quartiersebene,
  • die Einbindung der Anforderungen der Stadtplanung B. der Freiraumplanung auf Netzebene und
  • die Anforderungen der Umwelt an die Lärmminderung und die Luftreinhaltung hinsichtlich der Bündelung des Kfz-Verkehrs oder einer Verteilung des Kfz-Verkehrs auf alternative Routen.

Bild 4: Anforderungen und Ziele an die innergemeindliche Netzgestaltung, die mit RIN-Prinzipien erreicht werden sollen (Quelle: Friedrich, et al., 2022 (Zwischenbericht, unveröffentlicht))

Durch die globale Vernetzung werden für den Radverkehr immer häufiger Ideen aus dem Ausland aufgegriffen und deren Einsatz auch in Deutschland gefordert. Bislang fehlen jedoch belastbare Erkenntnisse zur Sicherheitsbewertung solcher Vorschläge, auf deren Basis ein praktischer Einsatz in Kommunen empfohlen werden könnte. In diesem Kontext werden „geschützte Kreuzungen“ (Protected Intersections) (vgl. Bild 5) als neue Möglichkeit der sicheren und zugleich für den Radverkehr komfortablen Knotenpunktgestaltung gehandelt und im Rahmen des BASt-Projektes „Sicherheit und mögliche Einsatzbereiche von „geschützten Kreuzungen“ (Protected Intersections)“ beforscht. Auch dieses Projekt ist Teil des SiFo 2021 „Sicheres Radfahren in einem gemeinsam genutzten Straßenraum“. Einige Elemente der „geschützten Kreuzung“ werden jedoch auch kritisch diskutiert. Insgesamt fehlt es an wissenschaftlichen Erkenntnissen zur (positiven bzw. negativen) Wirkung von „geschützten Kreuzungen“ und einheitlich anwendbaren Empfehlungen.

Übergeordnetes Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es daher, Grundlagenwissen zur Knotenpunktform „geschützte Kreuzung“ in Deutschland zu erlangen und bereitzustellen. Konkret sollen die Auswirkungen von „geschützten Kreuzungen“ auf die objektive und subjektive Sicherheit, das Verkehrsverhalten sowie auf die Attraktivität für die unterschiedlichen Verkehrsarten (u. a. den Fußverkehr) abgeleitet werden.

Bild 5: Prinzipskizze und Foto einer geschützten Kreuzung

Auf Basis einer nationalen und internationalen Literaturanalyse erfolgt eine Auswahl von Knotenpunkten in den Niederlanden und in Deutschland. Im Fokus stehen dabei Knotenpunkte, welche einerseits einer „geschützten Kreuzung“ im niederländischen Sinne entsprechen (z. B. Furtabsetzung > 3,5 m; räumliche/bauliche Trennung zwischen Rad- und Kfz-Infrastruktur) und andererseits Knotenpunkte, die einer „klassischen Kreuzung“ im Sinne der Regelwerke der FGSV entsprechen (z. B. Furtabsetzung < 2 m; keine bauliche Trennung zwischen Rad- und Kfz-Infrastruktur). Die Stichprobe wird einer makroskopischen und einer mikroskopischen Unfallanalyse unterzogen. Weiterhin sind Verkehrskonfliktbeobachtungen und eine Befragung ausgewählter Probanden geplant. Zusätzlich erfolgen Experteninterviews und ein Workshop.

Mit Hilfe der Projektergebnisse sollen für die ersten Kommunen, die in Deutschland einen Umbau vorhandener Kreuzungen nach dem Prinzip der „geschützten Kreuzung“ planen, zeitnah und im Vorgriff auf eine spätere Thematisierung im Regelwerk Informationen zur Verfügung gestellt werden.

5 Fazit und Ausblick

Die einschlägigen technischen Regelwerke wurden im Laufe der Zeit kontinuierlich an sich verändernde Umstände auch und gerade im Bereich der Aktiven Mobilität angepasst. Dabei wurden und werden entsprechende Bedarfe und Notwendigkeiten aufgegriffen. Weiterhin stellen die Novellierungen von StVO und VwV-StVO aus den Jahren 2020 und 2021 insbesondere den Radverkehr fördernde Fortschreibungen dar, welche Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus der Praxis gezielt übernommen haben. Die stetigen sowie steigenden Unfallzahlen der Aktiven Mobilität machen deutlich, dass dennoch weiterhin ein erheblicher Handlungsbedarf besteht. Hier leistet die BASt mit den SiFo-Programmen seit einigen Jahren einen gezielten Beitrag.

Die beispielhaft vorgestellte Studie zur Verkehrssicherheit des Radverkehrs auf Hauptverkehrsstraßen macht deutlich, dass Radfahrende innerorts besonders häufig an Knotenpunkten von und mit Hauptverkehrsstraßen verunfallen. Dies ist auch Ergebnis anderer Untersuchungen und lässt den Schluss zu, dass die Verkehrssicherheitsarbeit und weitere Forschung diese Thematik adressieren sollten.

Mit den Bemühungen, die Klimaschutzziele im Verkehr einzuhalten, werden auch die Stadt-Umland-Beziehungen beim Thema Radverkehr vermehrt in den Fokus rücken, beispielsweise durch den Ausbau von Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten. Hier sind potentielle Konfliktpunkte außerhalb städtischer Gebiete absehbar. Erkenntnisse dazu soll ein aktuelles Forschungsprojekt der BASt liefern.

Ein erster Schritt hin zu weniger Unfällen mit Beteiligung von Zufußgehenden oder Radfahrenden (trotz mehr Aktiver Mobilität in den Kommunen) kann die Bündelung und gegebenenfalls räumliche Trennung der Verkehrsströme durch eine gelungene und durchgehende Netzplanung sein. Hierzu wird das vorgestellte Projekt zur Gestaltung innerörtlicher Verkehrswegenetze voraussichtlich einen wichtigen Beitrag liefern.

Es wird weiterhin deutlich, dass das Themenfeld der subjektiven Sicherheitsbewertung von Infrastrukturen der Aktiven Mobilität in allen vorgestellten Forschungen einen relevanten Anteil hat. So wurden beispielsweise die Akzeptanz der Mischverkehrsführung für den Radverkehr mit einer multikriteriellen Analyse und einer Befragung dezidiert untersucht und valide Ergebnisse hierzu erarbeitet. Ebenso hat die Untersuchung zu den Überquerungsstellen von Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken gezeigt, dass das subjektive Sicherheitsempfinden des Fußverkehrs stark von ortstypischen Merkmalen abhängt. Auch die Untersuchung zu den „geschützten Kreuzungen“ wird das Thema entsprechend berücksichtigen.

Grundsätzlich können valide Daten zur subjektiven Sicherheitsbewertung dazu beitragen, Forschungserbnisse und insbesondere Unfallanalysen besser einzuordnen. Beispielsweise können durch Diskrepanzen zwischen Unfallkennziffern und subjektiver Sicherheitsbewertung Verbesserungspotentiale sichtbar gemacht werden, die – ganz im Sinne der EU-Richtlinie für das Infrastruktursicherheitsmanagement – eine proaktive Bewertung von Infrastrukturen auch im innerörtlichen Bereich ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund lässt zur Sicherung und Ordnung der Aktiven Mobilität im Stadtverkehr in manchen Fällen ein anderer Ansatz als beim Kfz-Verkehr entsprechende Erfolge erwarten: Anders als beim Kfz-Verkehr üblich sind zum Beispiel innergemeindliche Verkehrsnetze für den Rad- und Fußverkehr sehr engmaschig. Häufig führen mehrere parallele Routen zum Ziel. Wurde die Infrastruktur in einem Straßenraum (unter subjektiver Beurteilung der potenziellen Nutzergruppen) nur in ungenügender Qualität umgesetzt, wird in den entsprechenden Fällen die Nebenstraße genutzt oder der Gehweg befahren. Dies kann dann dazu führen, dass bekannte, für den Kfz-Verkehr entwickelte Werkzeuge zur Gefahrenabwehr und zur Bewertung der Sicherheit von Infrastrukturen ins Leere laufen (z. B. eher flächige Verteilung der Unfälle im Stadtgebiet als nach „Merkblatt zur Örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen“ (M Uko) identifizierbare und räumlich klar abgrenzbare Unfallhäufungen).

Spannend ist dabei die Frage wie sich diese neuen Erkenntnisse auf die Infrastrukturgestaltung auswirken werden. Welche (Mindest-) Breiten, welche angestrebten Fahrtgeschwindigkeiten, welche Mischverkehre (Rad/Kfz; Fuß/Rad) und Umwege-Faktoren sind vertretbar, sodass die Infrastruktur die Bandbreite der Nutzergruppe angemessen bedienen kann? Hier besteht auch unter Berücksichtigung der fortschreitenden Diversifizierung des Radverkehrs (und damit z. B. auch einer Vergrößerung der Bandbreite der gefahrenen Geschwindigkeiten oder geänderter Maße und Gewichte der Fahrzeuge) noch erheblicher Forschungsbedarf.

Anders als beim Radverkehr liegt für den Fußverkehr noch keine bundesweite Strategie vor. Im Koalitionsvertrag von 2021 wurde allerdings angekündigt, dass der Bund eine eigene Fußverkehrsstrategie verabschieden möchte. Weiterhin gibt es Vorschläge der Ad-hoc-AG Fußverkehrspolitik der Verkehrsministerkonferenz vom März 2021, die neue Entwicklungen für die Urbane Mobilität der Zukunft erwarten lassen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Nachfrage nach wissenschaftlich-gestützten Erkenntnissen aufgrund der Dynamik in der Urbanen Mobilität mit einer Zunahme von Rad- und Fußverkehr und den Anforderungen von Vision Zero in der Verkehrssicherheit ansteigt. Dabei sind die fortschreitende Digitalisierung und der Klimaschutz besonders zu berücksichtigen. Die gezeigten Beispiele in diesem Beitrag machen deutlich, dass die BASt die Aktive Mobilität aktuell und auch in Zukunft intensiv beforscht und begleitet. Die Ergebnisse aller BASt-Forschungen werden in der Regel in Berichtsform veröffentlicht und können direkt und kostenlos über die Webseite der BASt (www.bast.de) heruntergeladen werden.

Literaturverzeichnis

Destatis (2021): Bevölkerung und Demographie – Auszug aus dem Datenreport 2021, Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Abgerufen am 8. Februar 2022 von https://www.destatis.de/DE/Service/ Statistik-Campus/Datenreport/Downloads/datenreport-2021-kap-1.html

Destatis (2021): Verkehrsunfälle – Zeitreihen, Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, Abgerufen am 4. 2. 2022 von https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Publikationen/Downloads-Verkehrsunfaelle/verkehrsunfaelle-zeitreihen-pdf-5462403.html

Fahrradmonitor 2021 (14. April 2021): bmvi.de. Abgerufen am 08. Februar 2022 von https://www.bmvi. de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Radverkehr/fahrradmonitor-2020.html

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2012): Merkblatt zur Örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen (M Uko), Köln (FGSV 316/1)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2013): Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs (EAÖ), Köln (FGSV 289)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2020): Begriffsbestimmungen für das Straßen- und Verkehrswesen (BBSV), Köln (FGSV 005/1)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2006): Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06), Köln (FGSV 200)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2008): Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN), Köln (FGSV 121)

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Alle Bilder ohne Quelle sind eigene Aufnahmen bzw. in der BASt.