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1 Einleitung
Der hohe und gleichzeitig steigende Erhaltungsbedarf des Straßennetzes verlangt nach angepassten Verfahren für die strukturierte und strategische Planung von Erhaltungsmaßnahmen auf Netzebene aber auch auf Objektebene. Unerlässlich hierfür sind Eingangsgrößen, die eine verlässliche Bewertung der vorhandenen Infrastruktur zulassen.
Die Aufgabe der Bestimmung dieser Eingangsgrößen gewinnt in Abhängigkeit der Größe des zu bewertenden Objektes oder Netzes an Komplexität. Aufgrund dieser Komplexität, dem damit verbundenen finanziellen Umfang, aber auch aufgrund technischer Grenzen, erfolgt die derzeitige Bewertung der Substanz der Straßenverkehrsinfrastruktur – insbesondere auf Netzebene – anhand von Abschreibungsmodellen und anhand von Oberflächenmerkmalen.
Abschreibungsmodelle besitzen den Vorteil, dass die erforderliche Datenbasis in großem Umfang relativ einfach zu aggregieren ist. Die Umsetzung auf Netzebene, insbesondere für strategisch motivierte Entscheidungen, ist somit gegeben. Das vorhandene System der zyklischen Zustandserfassung und -bewertung ZEB für das Bundesfernstraßennetz bildet dabei eine geeignete Datenbasis um den Abschreibungsmodellen eine engere bautechnisch geprägte Anknüpfung zu verleihen. Durch die schnellfahrenden und zerstörungsfrei arbeitenden Messverfahren der ZEB ist die netzweite Erfassung der Messgrößen gegeben. Perspektivisch kommen hierbei hochauflösendere Techniken und Routinen zum Einsatz, die eine vertieftere Interpretation, insbesondere zur Klassifizierung von Schadensmerkmalen und von Schadensursachen, ermöglichen werden.
Für eine vollumfängliche Bewertung, der vor allem durch Verkehr und Witterung verursachten Substanzverluste der inneren Struktur einer Straßenbefestigung, ist die direkte „performance orientierte“ prüftechnische Ansprache erforderlich. Durch Hinzuziehen der oben genannten „indirekten“ Methoden werden die strategisch motivierten Entscheidungsprozesse hiermit sinnvoll mit technisch motivierten Entscheidungsprozessen unterstützend verknüpft.
Für die Anwendung auf Netzebene stellen die zur Verfügung stehenden Verfahren zur direkten Ansprache der strukturellen Straßensubstanz derzeit noch eine Herausforderung dar, da sie entweder auf der Entnahme von Bohrkernen oder auf Ergebnissen von stationär arbeitenden Messverfahren beruhen. In den letzten Jahren sind jedoch deutliche Innovationsschritte gelungen, die schnellfahrende Verfahren für Tragfähigkeitsmessungen und die Erfassung von Aufbaudaten hervorgebracht haben.
Im Rahmen laufender BMVI-finanzierter Forschung werden – insbesondere für netzweite Betrachtungen – die Möglichkeiten und Grenzen der Substanzbewertung mit zerstörend und zerstörungsfrei arbeitenden Verfahrensweisen in mehreren Projekten ausgelotet.
2 Vorgehen bei der Substanzbewertung
Das Thema „Substanzerfassung und Substanzbewertung“ lässt sich grob in vier Module gliedern (Bild 1). Diese Module können wie folgt kurz beschrieben werden:
- Substanzerfassung anhand von Materialuntersuchungen: Auf der Grundlage von Bohrkernentnahmen kann der Zustand der Straßenbefestigung und deren Restnutzungsdauer labortechnisch sowie rechnerisch festgestellt werden. Die sich im Entwurf befindlichen „Richtlinien zur Bewertung der strukturellen Substanz des Oberbaus von Verkehrsflächen in Asphaltbauweise“ (RSO Asphalt) bilden hierfür derzeit die Grundlage.
- Substanzerfassung anhand zerstörungsfreier Messungen: Der Zustand der Straßenbefestigung (Oberfläche und innere Struktur) kann mittels zerstörungsfreier Messverfahren erfasst und anschließend bewertet werden. Für die Erfassung der Oberflächeneigenschaften hat sich das System der Zustandserfassung und -bewertung ZEB in Deutschland etabliert. Für die Erfassung der inneren Struktur stehen verschiedene Techniken (fahrend und stationär arbeitend) zur Verfügung bzw. werden derzeit noch entwickelt, deren Möglichkeiten und Grenzen derzeit noch evaluiert werden.
- Substanzbewertung anhand von Abschreibungsmodellen:Die Straße ist ein Investitionsgegenstand, der ebenso rein rechnerisch über seine Nutzungszeit abgeschrieben werden kann. Eine derartige Betrachtungsweise wird derzeit vor allem zur Bewertung auf strategischer Ebene netzweit im Rahmen der „Systematischen Straßenerhaltung“ angewendet.
- Substanzerfassung und -bewertung auf Netzebene: Die Substanzerfassung und -bewertung auf Netzebene ist eine besondere Herausforderung, da hierbei nicht nur die technische Durchführung und Bewertung im Vordergrund stehen, sondern auch die Bereitstellung von geeigneten Strategien und Routinen. Die ZEB kann hierbei als Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung genannt werden.
Bild 1: Module zur Substanzerfassung und Substanzbewertung
Grundlage jeder Substanzbewertung ist eine geeignete und vollständige Datengrundlage. Da sich die Einflüsse u. a. aus Verkehr, Klima, Baustoffen und Einbauprozessen sehr komplex auf das Alterungsverhalten und somit den Zustand der Straßenbefestigung auswirken, ist die Verschneidung verschiedenster Datenquellen vorteilhaft. Ein idealer Datenmix könnte somit aus den im Bild 2 dargestellten Elementen bestehen. Unter anderem aus ökonomischen Gesichtspunkten sollte jedoch überlegt werden, inwieweit ein vollständiger Datenmix für die verschiedensten Fälle in situ notwendig ist. So sind beispielsweise eine umfangreiche Beprobung mittels Bohrkernen und die darauf folgenden Laboruntersuchungen bei einer sehr alten und mit ausgeprägten Oberflächenschäden versehenen Straße auf ihre Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Bild 2: Idealer Datenmix für die Substanzbewertung
3 Stand der Forschung und Technik
3.1 Zustandserfassung und -bewertung
Die Zustandserfassung und -bewertung ZEB wird seit Jahren erfolgreich netzweit angewendet. Zum Einsatz kommen ausschließlich schnellfahrende und zerstörungsfrei arbeitende Messverfahren. Aus der somit erfassten Ebenheit und der Aufnahme der Oberflächenschäden lässt sich mit Hilfe einer Normierungsfunktion der sogenannte Substanzwert(Oberfläche) bilden [1] (Bild 3).
Dieser Wert kann einen Hinweis auf den Zustand der inneren Substanz der Straße geben. Es können allerdings nur solche strukturelle Schwächen bewertet werden, die bereits Schäden an der Oberfläche der Straßenbefestigung hinterlassen haben. Bild 3: Berechnungsverfahren Substanzwert(Oberfläche)
3.2 Abschreibungsmodell
Ein Verfahren für die Substanzbewertung, das ebenfalls schon angewendet wird, ist das sogenannte Dickenäquivalenzverfahren. Mittels Äquivalenzfaktoren werden die vorhandenen Schichtdicken des zu betrachtenden Aufbaus über ihre Nutzungszeit hin abgeschrieben. Diese reduzierten und sogenannten äquivalenten Schichtdicken werden dann den nach einer Dimensionierung mit aktuellen Verkehrsdaten erforderlichen Schichtdicken gegenübergestellt. Aus dem Vergleich der äquivalenten Schichtdicken (Ist) und den Schichtdicken aus der Dimensionierung (Soll) lässt sich der normierte Substanzwert(Bestand) ableiten [2] (Bild 4).
Das Verfahren befindet sich im Rahmen der systematischen Straßenerhaltung und eines Pavement-Management-Systems in der Anwendung. Sehr vorteilhaft ist, dass die Anzahl der Eingangsgrößen für dieses Verfahren relativ gering ist und eine netzweite Anwendung daher umsetzbar ist. Es ist jedoch zu beachten, dass in situ Einflüsse auf das Alterungsverhalten einer Straßenbefestigung mit dem Dickenäquivalenzverfahren alleine nicht berücksichtigt werden können. Bild 4: Berechnungsverfahren Substanzwert(Bestand)
3.3 Tragfähigkeitsmessungen
Ein wesentliches Merkmal für den Zustand einer Straßenbefestigung stellt die Tragfähigkeit dar. Die Tragfähigkeit kann nur durch eine direkte mechanische Ansprache der Straßenbefestigung gemessen werden, bzw. hieraus abgeleitet werden. Weltweit stehen eine Vielzahl von Tragfähigkeitsmesssystemen zur Verfügung. Die, auch in Deutschland, gebräuchlichsten sind das Falling-Weight-Deflectometer, der Deflectograph Lacroix und das Curviameter (Bild 5).
Das Falling-Weight-Deflectometer FWD arbeitet stationär [3]. An einem Messpunkt werden definierte Kraftstöße auf die Straßenoberfläche aufgebracht. Mittels Geofonen im Lastzentrum und in definierten Abständen hiervon, wird die kurzzeitige Verformung der Oberfläche erfasst. Die Verweildauer pro Messpunkt beträgt ca. 1,5 bis 2 Minuten. Die Messpunktabstände sind in Abhängigkeit der Aufgabenstellung zu wählen. Sie betragen in der Regel 25 oder auch 50 m.
Der Deflectograph Lacroix bewegt sich kontinuierlich mit ca. 5 km/h [3]. Das Prinzip beruht auf dem Benkelman-Balken, das heißt es wird ein Messbalken mit Tastspitze auf die Straßenoberfläche gelegt, und dieser wird zwischen der Zwillingsbereifung der Hinterachse des Belastungsfahrzeuges überrollt. Die Verformung der Straßenoberfläche wird dabei aufgezeichnet. Der Messpunktabstand beträgt drei bis sechs Meter.
Das Curviameter bewegt sich kontinuierlich mit ca. 18 km/h [3]. In der Rollspur des Fahrzeuges wird eine Gliederkette mit Geofonen auf die Straßenoberfläche abgelassen. Diese wird zwischen der Zwillingsbereifung der Hinterachse des Belastungsfahrzeuges überrollt. Mittels der Geofone wird dann die Verformung der Straßenoberfläche als Verformungsmulde erfasst. Der Messpunktabstand beträgt fünf Meter. Allen drei genannten Tragfähigkeitsmesssystemen ist gleich, dass sie insbesondere bei Anwendung im Bundesfernstraßennetz erhöhte Anforderungen an die Verkehrssicherung stellen, da sie sich deutlich langsamer als der fließende Verkehr bewegen. Zudem sind die erzielbaren Tagesleistungen, bei netzweiter Betrachtung, relativ gering. Die Systeme eignen sich daher unter anderem besonders auf Projektebene und in Straßennetzen mit geringer Verkehsbelastung. Erst innerhalb des letzten Jahrzehnts wurde ein schnellfahrendes Tragfähigkeitsmesssystem entwickelt. Das sogenannte Traffic-Speed-Deflectometer TSD erlaubt zerstörungsfreie Tragfähigkeitsmessungen bei Geschwindigkeiten bis zu 80 km/h (Bild 5). Beim TSD wird dabei über die hintere Achse eines Lkw-Aufliegers eine definierte Achslast auf die Straße aufgebracht. Mittels Doppler-Laser Sensoren werden die sich einstellenden kurzzeitigen Verformungen der Straßenoberfläche achsnah und in bestimmten Abständen davon kontinuierlich erfasst [4]. Das System mit dem aktuellen serienreifen Entwicklungsstand ist derzeit weltweit achtmal vertreten. Bild 5: Gebräuchliche Tragfähigkeitsmessverfahren
3.4 Georadarmessungen
Die Kenntnis der Schichtdicken und von eventuell vorhandenen Inhomogenitäten im Straßenoberbau ist bedeutend für die Substanzbewertung. Hierzu bietet sich der Einsatz von Georadarsystemen an (Bild 6). Mittels des Georadarverfahrens ist es möglich schnellfahrende und zerstörungsfreie Inventarisierungen von Straßennetzen durchzuführen. Messgeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h sind durchaus möglich. Zukünftig werden vermehrt Systeme eingesetzt, bei denen mehrere Antennen nebeneinander gekoppelt werden. Somit ist es möglich mit nur einer Überfahrt die gesamte Breite des Fahrstreifens zu erfassen. Die auch daraus erstellbaren dreidimensionalen Visualisierungen erleichtern die Interpretation der Ergebnisbilder.
Es ist hervorzuheben, dass die Auswertung von Georadarmessungen, also die Erstellung und Interpretation sogenannter Radargramme, fast vollständig manuell erfolgt. Die Anforderungen an die Qualifikation und vor allem an die Erfahrung des Auswertepersonals sollten daher hoch sein, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. Zudem ist darauf zu achten, dass für die Aufgabenstellung geeignetes Equipment zum Einsatz kommt. Der FGSV-Arbeitskreis 4.4.2 hat hierzu die Bearbeitung eines Arbeitspapiers nahezu abgeschlossen [5]. Bild 6: Georadar – Prinzipskizze und Messequipment mit Hornantenne
3.5 RSO-Verfahren
Im FGSV-Arbeitskreis 4.4.3 wurde ein Entwurf für die „Richtlinien zur Bewertung der strukturellen Substanz des Oberbaus von Verkehrsflächen in Asphaltbauweise“ (RSO Asphalt) ausgearbeitet [6]. Im FGSV-Arbeitskreis 4.4.4 wird derzeit das Pendant für die Betonbauweise erstellt.
Das Vorgehen bei der Substanzbewertung gemäß den RSO Asphalt gliedert sich in vier Hauptschritte (Bild 7). Zunächst sind für den zu betrachtenden Streckenabschnitt homogene Abschnitte zu bilden. Hierbei kommen unter anderen die oben genannten zerstörungsfreien Messverfahren der ZEB, Tragfähigkeitsmesssysteme und das Georadarverfahren zum Einsatz. Die Ergebnisse dieser Messungen dienen nach den RSO Asphalt allerdings nur zur Bildung der homogenen Abschnitte und nicht zur Bewertung der Substanz. Innerhalb der homogenen Abschnitte sind dann Bohrkerne zu entnehmen. Für den ersten Kilometer eines homogenen Abschnitts sind 16 Bohrkerne zu entnehmen, für jeden weiteren Kilometer eines homogenen Abschnitts sind weitere fünf zu entnehmen. Im Labor sind dann an den entnommenen Bohrkernen die Steifigkeiten und die Ermüdungsfunktionen zu ermitteln. Aus diesen wird dann mittels ‚umgekehrter‘ Dimensionierungsrechnung in Anlehnung an das RDO Verfahren die Restnutzungsdauer ermittelt.
Durch die direkte mechanische Prüfung der Asphaltprobekörper unter Laborbedingungen sind relativ genaue Ergebnisse zu erwarten. Das Verfahren eignet sich aufgrund der umfangreichen Bohrkernentnahmen und der darauf folgenden zeitintensiven Laborprüfungen insbesondere für die Projektebene. Bild 7: Prinzip der RSO Asphalt
4 Praxiserprobung der RSO Asphalt auf längerem Autobahnabschnitt
Die Bearbeitung des Entwurfs der RSO Asphalt ist weitestgehend abgeschlossen. Innerhalb der letzten weit vorangeschrittenen Bearbeitungsphase wurde ein Projekt initiiert, in dem der Entwurf auf einem längerem Autobahnabschnitt in allen Phasen angewendet werden sollte. Die Ergebnisse daraus sollten und wurden jeweils direkt im zugehörigen FGSV-Arbeitskreis diskutiert und gegebenenfalls im Entwurf berücksichtigt.
Für die Testanwendung wurde ein Autobahnabschnitt ausgewählt, der sich aufgrund seiner bisherigen Nutzungszeit theoretisch am Ende seiner Lebensdauer befindet. Hierdurch sollte sich sowohl eine Tendenz bei der Plausibilisierung der Ergebnisse ergeben als auch negative Aspekte einer weiteren Schädigung durch über das erforderliche Maß umfangreiche Beprobung mittels Bohrkernentnahmen minimiert werden. Ein Streckenabschnitt der diese Voraussetzungen erfüllt wurde auf der BAB A 7 nördlich von Hamburg gefunden. Der Abschnitt zwischen Hamburg und dem Autobahndreieck Bordesholm wurde im Rahmen eines ÖPPProjektes im September 2014 einem Konsortium privater Unternehmen zur Erhaltung und dem anschließenden Betrieb übergeben. Projektbeginn des BASt-Projektes war im März 2014 mit dem Ziel, die notwendigen Untersuchungen in situ vor dem Beginn des ÖPP-Projektes abzuschließen.
Unter anderem aufgrund der Zielvorgabe Eingriffe in den hoch belasteten Autobahnabschnitt möglichst verträglich zu gestalten, wurden am nördlichen Ende des Autobahnabschnittes zwei jeweils 25 km lange Abschnitte für die genauere Betrachtung ausgesucht. Das Alter der Asphalttragschicht in diesem Bereich beträgt ca. 44 Jahre, dass der Asphaltdeckschicht ca. 10 bis 15 Jahre. Im Laufe der Bearbeitung stellte sich heraus, dass sich im ausgewählten Bereich eine Zementverfestigung unterhalb des Asphaltoberbaus befindet. Obwohl hierdurch ein interessanter Fall betrachtet wird, der weniger im Netz zu finden ist und auch nicht explizit in den RSO vorgesehen ist, wurde die Bearbeitung des Projektes unter Berücksichtigung der Verfestigung fortgesetzt.
Im ersten Bearbeitungsschritt wurden Daten zur Bildung homogener Abschnitte gesammelt, bzw. es wurden ergänzende Messungen hierzu durchgeführt. So wurden ZEB-Daten, Aufbaudaten und Verkehrsdaten ausgewertet sowie Messungen mit dem Georadar und dem TrafficSpeed-Deflectometer durchgeführt. Aus der Fülle der gesammelten Daten ergibt sich ein komplexes Bild, das durch ingenieurtechnischen Sachverstand zu beurteilen ist. Insbesondere viel hierbei auf, dass die Wahl geeigneter Maßstäbe zur Visualisierung aber auch zur Bewertung besonders wichtig ist. So können beispielsweise Tragfähigkeitsschwankungen innerhalb eines kurzen Abschnittes mit einer Länge von zum Beispiel 2 km deutlich anders beurteilt werden, als bei der Betrachtung eines Erhaltungsabschnittes von 50 km Länge. An dieser Stelle sei nochmals betont, dass die homogene Abschnittsbildung im Rahmen der RSO alleine die Homogenität von Abschnitten beurteilt, das heißt eine technische Bewertung zum Zustand der Straßenbefestigung (z. B. hohe oder niedrige Tragfähigkeit) wird hierbei nicht durchgeführt. Generell ist festzuhalten, dass die Erhöhung der Anzahl der zu betrachtenden Eingangsgrößen bei der Abschnittsbildung das Ergebnis auf eine solidere Basis stellt, die Aufgabe der Abschnittsbildung wird jedoch umso komplexer und kann dann auch auf subjektiverer Meinung beruhen. Bild 8: Beispiel für die Datengrundlage zur Ermittlung homogener Abschnitte, hier: Auswertung von Tragfähigkeitsmessungen mit Hilfe der kumulierten Summe Bild 9: Bildung der homogenen Abschnitte am Beispiel BAB A 7 Im Projektbeispiel wurden insgesamt 25 homogene Abschnitte identifiziert (Bild 9). Bei einer vollständigen Beprobung nach den RSO Asphalt wären ca. 580 Bohrkerne zu entnehmen und labortechnisch zu prüfen. Eine Reduzierung der Anzahl der homogenen Abschnitte durch Zusammenlegung von Abschnitten mit vergleichbaren Eigenschaften ermöglicht die Reduzierung der Abschnitte und somit Bohrkerne. Die RSO Asphalt geben hierfür Hinweise.
Für die Beprobung im Rahmen der Testanwendung wurden zwei homogene Abschnitte ausgewählt. Innerhalb dieser Abschnitte erfolgten für die Testanwendung die Bohrkernentnahmen über das gemäß RSO Asphalt erforderlich Maß hinaus. Somit sollten insbesondere folgende Fragestellung der Substanzbewertung beantwortet werden:
a) Für die probabilistische Bewertung gemäß den RSO ist vorzugweise die Abschnittsbeprobung zu verwenden. Die Querschnittsbeprobung wird jedoch nicht ausgeschlossen. Im Rahmen des Projektes soll ein Vergleich der Bewertung bei Abschnittsbeprobung gegenüber der Querschnittsbeprobung innerhalb eines homogenen Abschnittes erfolgen. – 2x Querschnittsbeprobung innerhalb des homogenen Abschnitts und – 1x Abschnittsbeprobung innerhalb des homogenen Abschnitts.
b) Die RSO geht davon aus, dass durch die Abschnittsbeprobung die vorhandenen Streuungen innerhalb des homogenen Abschnitts ausreichend erfasst werden. Mit Hilfe einer Doppelbeprobung (unabhängig zu bewerten) soll die resultierende Streuung bei der Bewertung analysiert werden. – Zweite Abschnittsbeprobung innerhalb des homogenen Abschnitts.
Die Entnahme der insgesamt 108 Bohrkerne erfolgte an zwei Tagen mit einer mit vier Personen über das normale Maß gut ausgestatteten Kolonne unter idealen Witterungs- und Verkehrsbedingungen.
In der noch laufenden Projektbearbeitung werden die entnommenen Bohrkerne im Asphaltlabor gemäß der AL Sp-Asphalt [7] geprüft und entsprechende Berechnungen zur Substanzbewertung nach dem deterministischen und probabilistischem Verfahren durchgeführt. Die Ergebnisse werden nach Abschluss zeitnah veröffentlicht.
Wie bereits angedeutet, zeigte sich bislang bei der Testanwendung, dass die entscheidende Bildung der homogenen Abschnitte eine nicht zu unterschätzende komplexe Aufgabe darstellt.
5 Zusammenfassung und Ausblick
Anwendbare Verfahren und Techniken für die Substanzerfassung und -bewertung existieren oder sind im Entstehen. Innerhalb des letzten Jahrzehnts ist dabei ein deutlicher Innovationsschub bei der Fortentwicklung zerstörungsfreier Messverfahren festzustellen. Gegenstand der laufenden Forschung ist unter anderem die eindeutige Identifizierung der Vor- und Nachteile und somit der Anwendbarkeit dieser Verfahren und Techniken. Übergeordnetes Ziel sollte sein, technisch und ökonomisch optimierte Verfahren für eine vorrausschauende Substanzbewertung bereitzustellen.
Dienlich hierfür wird auch die Anwendung aktuellster technischer Möglichkeiten bei der ZEB sein. So erlaubt beispielsweise der Einsatz der Laserscannertechnologie eine dreidimensionale Verknüpfung der Oberflächenmerkmale Längs- und Querebenheit und der Einsatz hochauflösender Zeilenkameras die Identifizierung kleinster Rissweiten bei hohen Erfassungsgeschwindigkeiten (Bild 11). Durch die bessere Ausdifferenzierung der Oberflächenmerkmale, beispielsweise der unterschiedlichen Rissbilder, ist zudem eine bessere Verknüpfung zur Schadensursache möglich. Bild 11: Beispiel für ein 3-D-Oberflächenbild (links) und ein hochauflösendes Oberflächenbild (rechts) Die weitere Erfahrungssammlung mit dem nun vorgelegten Entwurf der RSO Asphalt sowie die Erarbeitung einer RSO Beton gehören zu den vordringlichen zeitnahen Zielen. Darüber hinaus sind die Kenntnisse über Schädigungsmechanismen innerhalb der Straßenbefestigung, zum Beispiel mit Hilfe des mobilen Längsbelasters MLS10 [8], ständig zu erweitern.
Als Fernziel kann die periodische Erfassung des Zustandes im Gesamtnetz mittels zerstörungsfreier Technologien und die (Teil-)automatisierte Auswertung und Bewertung durch die Verschneidung unterschiedlichster Datenquellen gesehen werden. Es ist zu vermuten, dass dennoch Bohrkernentnahmen und darauf folgende Laboruntersuchungen an ausgewählten Stützstellen für belastbare Erhaltungsplanungen notwendig sein werden.
Literaturverzeichnis
1 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Systematik der Straßenerhaltung – Reihe A: Auswertung – Abschnitt A 1: Zustandsbewertung, Ausgabe 2001, Köln (490 AP 9) 2 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Systematik der Straßenerhaltung – Reihe S: Substanzwert (Bestand), Ausgabe 2003, Köln (490 AP 9 S) 3 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitspapier Tragfähigkeit von Verkehrsflächenbefestigungen Teil A Messsysteme, Ausgabe 2013, Köln (433 A) 4 H i l d e b r a n d, G.; R a s m u s s e n, S.: Development of a High Speed Deflectograph, Danish Road Institute, Roskilde, 2002 5 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitspapier Anwendung des Georadar zur Substanzbewertung von Straßen (Entwurf) 6 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien zur Bewertung der strukturellen Substanz des Oberbaus von Verkehrsflächen in Asphaltbauweise (RSO Asphalt) (Entwurf) 7 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitsanleitung zur Bestimmung des Steifigkeits- und Ermüdungsverhaltens von Asphalten mit dem Spaltzug-Schwellversuch als Eingangsgröße in die Dimensionierung (AL Sp-Asphalt 09), Ausgabe 2009, Köln (FGSV 430) 8 W a c k e r, B.; S c h e r k e n b a c h, M.; R a b e, R.; G o l k o w s k i, G.: Zeitraffende Verkehrsbelastung mit dem Mobile Load Simulator MLS10 und Sensorik zur Beanspruchungsdetektion, In: Straße und Autobahn, Ausgabe 01/2014 |