FGSV-Nr. FGSV A 38
Ort Stuttgart
Datum 08.05.2007
Titel Forschung und Entwicklung im Asphaltstraßenbau von 2005 bis 2007
Autoren Dipl.-Ing. Lothar Drüschner
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt der Arbeitsgruppe „Asphaltbauweisen“ in den vergangenen zwei Jahren von 2005 bis 2007 war die europäische Normung. Zwischenzeitlich ist die Umsetzung der Europäischen Normen in die nationalen Anwendungsdokumente „Technische Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen (TL Asphalt-StB 07)“, „Technische Prüfvorschriften für Asphalt (TPA)“, „Technische Lieferbedingungen für Straßenbaubitumen und gebrauchsfertige polymermodifizierte Bitumen (TL Bitumen-StB 07)“ und „Technische Lieferbedingungen für Bitumenemulsionen (TL BE-StB 07) abgeschlossen worden. Die aufgrund der Umsetzungen notwendigen Änderungen der ZTV Asphalt-StB 01 sind ebenfalls als „Zusätzliche Technischen Vertragbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 07)“ fertiggestellt worden. In der Arbeitsgruppe 7 hat die Forschung einen hohen Stellenwert. Seit 2005 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden und werden durch die Arbeitsausschüsse und die Arbeitskreise der Arbeitsgruppe 20 Forschungsvorhaben betreut. Die Themen sind im Wesentlichen in die Gruppen Bindemittelprüfungen und -verhalten, Asphaltprüfungen und Langzeitverhalten von Asphalt, Wiederverwendung, Temperaturabsenkung und Griffigkeit einzuordnen. Der Stand der Technik für die Temperaturabsenkung bei der Herstellung und beim Einbau von Asphalt ist mit einem Merkblatt beschrieben worden. Neue Ansätze werden bei der Lärmminderung des Straßenverkehrs, bei der hochwertigen Wiederverwertung von Asphalt, bei der Griffigkeit und beim Einbau von Asphalt verfolgt.

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1  Vorbemerkung

Auf der letzten Asphaltstraßentagung in Bremen trug die Arbeitsgruppe 7 noch den Namen „Asphaltstraßen“. Im Zuge der Strukturreform der Forschungsgesellschaft wurde der Name dieser Arbeitsgruppe angepasst. Die Änderung auf den Namen „Asphaltbauweisen“ ist eine der wenigen Änderungen, die durch die Strukturreform die Arbeitsgruppe betroffen hat. Alle Arbeitsausschüsse, teilweise mit neuen Namen und Kennziffern, konnten erhalten werden (Bild 1).

Diskussionen gibt es allerdings nach wie vor bei den Arbeitskreisen, die nur noch temporär im Auftrag des Lenkungsausschusses bzw. der Arbeitsausschüsse arbeiten sollen. Dieses Thema ist aber nicht neu, es wurde bereits schon vor über 30 Jahren diskutiert. 1977 wurde berichtet, dass die Arbeitsgruppe neben dem Lenkungsausschuss aus 14 Arbeitsausschüssen mit 24 Arbeitskreisen, 4 Unterausschüssen und einer Bearbeitergruppe, also insgesamt 44 Gremien, bestand. Nach der Strukturreform 2006 setzt sich die Arbeitsgruppe aus 8 Arbeitsausschüssen mit zurzeit 22 Arbeitskreisen zusammen. Insgesamt sind 460 Personen in den Arbeitsgremien registriert, wobei Mehrfachmitgliedschaften in den einzelnen Gremien nicht erfasst sind. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Arbeitsgruppe 7 bereits vor der Strukturreform so aufgestellt war, dass die vorhandene Struktur im Wesentlichen erhalten werden konnte. In den Gremien ist die Straßenbauwirtschaft mit 43 %, die Wissenschaft mit 12 %, die Straßenverwaltung mit 19 % vertreten. Die Ingenieurbüros haben einen Anteil von 15 %. Der Rest von 11 % ist unter Sonstige vermerkt, also keiner der genannten Gruppen zuzuordnen. Eine paritätische Zusammensetzung kann hier nicht zwingend abgeleitet werden.

Bild 1: Aufbau der Arbeitsgruppe 7

Eine Mehrheit der Straßenbauwirtschaft ist offensichtlich. Da aber in der Regel keine Abstimmungen erfolgen, entstehen auch keine Fraktionen, die sich durchsetzen wollen. Vielmehr basieren die Entwicklungen des Regelwerkes auf dem Konsens zwischen allen Beteiligten. Diesem Konsens gehen manchmal lange Diskussionen voraus und er ist ebenso häufig auch schwer herzustellen. Leider werden die erzielten Kompromisse nicht immer durch die Länder, Landkreise oder Gemeinden mitgetragen. Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zur Einführung empfohlenen Regelwerke werden durch eigene Regelungen manchmal konterkariert. Ein Beispiel: Einige Bundesländer, aber auch Gemeinden, tragen die Regelungen für die Wiederverwendung von Ausbauasphalt nicht mit. Damit stellen sie sich nicht nur gegen das Regelwerk, sondern sie stehen auch eindeutig außerhalb der geltenden Rechtsposition des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, das eine Wiederverwendung auf der höchsten Stufe vorsieht und im § 35 die Behörden des Bundes sowie die der Aufsicht des Bundes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Pflicht anhält, durch ihr Verhalten zur Erfüllung des Gesetzeszweckes beizutragen.

Ein weiteres Beispiel sind Formulierungen von Abzügen in den regionalen Regelwerken, die in dieser allgemeingültigen Form aufgrund eines Urteiles des Bundesgerichtshofes nicht zulässig sind. Aus der Sicht der Forschungsgesellschaft im Allgemeinen und der Arbeitsgruppe im Besonderen, gibt es keinen Grund die Regelwerke durch regionale oder lokale Variationen abzuändern.

Basis für das Regelwerk sind neben den persönlichen Erfahrungen aus der Praxis die Ergebnisse aus der Forschung. Mit der Forschung werden, um im Sprachgebrauch des Straßenbaues zu bleiben, Wege für gegenwärtige Fragen geebnet und für zukünftige Entwicklungen vorbereitet. Nach wie vor stehen aber aus der Sicht der Arbeitsgruppe zu wenig Forschungsmittel zur Verfügung. Sie haben seit mehreren Jahren eine relativ konstante Größenordnung und sind durch die Mehrwertsteuererhöhnung in diesem Jahr faktisch wieder reduziert worden. Die Versprechen der Politik, die Forschung stärker zu fördern, sind beim Asphaltstraßenbau bisher nicht angekommen. Offensichtlich hat die Forschung in diesem Bereich keinen großen Stellenwert.

Durch die Europäische Normung ist noch zusätzlicher Forschungsbedarf entstanden. Für die von CEN veröffentlichen Prüfnormen für Asphalt der Normenreihe EN 12697 sind in vielen Fällen keine Angaben zur Präzision der Prüfverfahren oder nur national ermittelte Verfahrenspräzisionen mitgeteilt worden. Diese zunächst belanglos klingende Feststellung hat aber durchaus vertragliche Auswirkungen in Deutschland, da bei Schiedsuntersuchungen die Verfahrenspräzision für die Mittelwertbildung durchaus eine Rolle spielt. Die Verfahrenspräzisionen europäischer Prüfnormen allein auf nationaler Ebene zu bestimmen macht allerdings wenig Sinn, denn sie sollten im Anwendungsbereich der Normen allgemeingültig sein.

Neben den Ergebnissen aus der Forschung sind die Erfahrungen und die Kenntnisse der Gremienmitarbeiter über die Asphaltbaustoffe eine wesentliche Quelle für die Regelwerke.

An dieser Stelle danke ich allen Kolleginnen und Kollegen für ihre Mitarbeit in den Gremien. Erst durch dieses Engagement sind die Anliegen der Arbeitsgruppe zu realisieren und geben der Arbeitsgruppe das Profil und Ansehen. Natürlich ist diese Mitarbeit in den Gremien nicht kostenlos, denn sie verursacht durch die Freistellung von der täglichen Arbeit Kosten. Deshalb gleichfalls einen Dank an die Arbeitgeber in der Bauwirtschaft, in den Straßenbauverwaltungen, in den Lehranstalten und in den Ingenieurbüros für die Unterstützung. Auf der anderen Seite erfolgt durch die Diskussionen in den Gremien auch ein Wissenstransfer, der zur ständigen Fortschreibung der Kenntnisse der einzelnen Mitarbeiter beiträgt. Dieser Vorteil der Mitarbeit wird häufig unterschätzt oder gar nicht registriert.

Regelwerke, das ist bereits schon oben angesprochen worden, sind von Kompromissen geprägt, die möglichst allen gefallen sollten. Sie unterliegen aber oftmals aufgrund ihrer Eigenart einer Kritik. Dem einen gefällt dieses, dem anderen jenes nicht. Dem nächsten sind die Beschlüsse zu konservativ, dem anderen vielleicht sogar zu fortschrittlich. Es jedem recht zu machen, fällt schwer. Das ist aber auch nicht das angestrebte Ziel. Es ist vielmehr das Ziel, die technisch und vertraglich sinnvolle Lösung für die baulichen Aufgaben zu entwickeln und zu erzielen.

 

2  Umsetzung der Europäischen Normen in das nationale Regelwerk

Die Arbeitsgruppe 7 hat in den vergangenen 2 Jahren intensiv an der Umsetzung der europäischen Asphaltnormen gearbeitet. Diese Aufgabe hat sehr viel Kraft und Energie gekostet, so dass andere, zum Teil wichtige Aufgaben noch nicht bearbeitet werden konnten. Die Europäischen Normen müssen zum 1. März 2008 in die nationalen Regelwerke umgesetzt sein und angewendet werden. In Deutschland haben wir das europäische Normenwerk für Asphalt, das aus Produktnormen, aus Qualitätsnormen und Prüfnormen besteht, in „Technische Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen (TL Asphalt-StB)“ und in „Technische Prüfvorschriften für Asphalt (TP Asphalt-StB)“ umgesetzt. Die bisher bekannten „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen von Asphalt (ZTV Asphalt-StB)“ wurden ebenfalls fortgeschrieben, allerdings enthalten sie nur noch die für die Bauausführung notwendigen Erläuterungen und die vertraglichen Passagen.

Parallel zu der Umsetzung der Europäischen Normen für Asphalt werden die Europäischen Normen für Straßenbaubitumen, die EN 12591, und für polymermodifizierte Bitumen, die EN 14023, in das deutsche Regelwerk zusammengefasst als „Technische Lieferbedingungen für Straßenbaubitumen und gebrauchsfertige polymermodifizierte Bitumen (TL Bitumen-StB)“ umgesetzt werden. Die zeitgleiche Umsetzung der Europäischen Normen und der Europäischen Asphaltnormen wurde für die durchgängige Regelwerksentwicklung bewusst vorgenommen, obwohl der Zeitrahmen für die Bitumennormen zum Zeitpunkt der Einführung der Asphaltnormen noch nicht abgelaufen sein wird. Entsprechendes gilt im Übrigen für die Technischen Lieferbedingungen für Bitumenemulsionen (TL BE-StB)“ in denen die Anforderungen an kationische Bitumenemulsionen im Straßenbau aus der EN 13808 umgesetzt sind.

Ausgangspunkt bei der Umsetzung der Europäischen Normen war es, so wenig wie möglich gegenüber den bisher geltenden Regelwerken zu ändern, um den bisher vorhandenen Erfahrungshintergrund nicht zu verlieren. Da eine Wahlfreiheit besteht und nicht alles aus der Europäischen Normung in die nationalen Regelungen übernommen werden muss, wurden nur die in Deutschland notwendigen Produktnormen ausgewählt. Es war auch keine Frage, dass die empirische Spezifikation mit Anforderungen an die Zusammensetzung und mit einer indirekten Ansprache der Asphalteigenschaften, wie Spurbildungstest, gewählt wird. Für eine Einführung der fundamentalen Spezifikation und deren Umsetzung in vertragliche Regelungen fehlen zurzeit noch die notwendigen Bewertungskriterien.

Die Arbeiten an den Europäischen Normen zeigten allerdings auch Defizite auf. So sind einige Probleme, die sich durch die Verknüpfung mit den bauvertraglichen Anforderungen ergeben, bis jetzt noch nicht abschließend gelöst. Das komplexe europäische Normenwerk enthält bei den Prüfnormen einige Fallen. Offensichtlich war bei ihrer Erstellung der Blickwinkel nur auf die Prüfungen selbst gerichtet und nicht auf die Folgen für den Bauvertrag, der auch die Einbauleistung bewertet. Im Grundsatz spiegelt dieser Widerspruch die Philosophie der Europäischen Normung wider, da das Bauproduktengesetz von 1992 auf der Basis der europäischen Bauproduktenrichtlinie von 1988 sich lediglich auf das Bauprodukt Asphalt im nicht eingebauten Zustand ausrichtet. Die Europäische Normung endet mit der Ausstellung des Lieferscheines am Werkstor der Mischanlage. Im Prinzip sind die Europäischen Normen auf den Liefervertrag und nicht auf den Bauvertrag als Werkvertrag ausgelegt.

Die vorhandenen Defizite zeigen aber auch deutlich, dass, aus welchen Gründen auch immer, in der Vergangenheit keine ausreichende Verknüpfung zwischen der Europäischen Normenarbeit und den national notwendigen Ansprüchen erfolgt ist. In der letzten Sitzung des Lenkungsausschusses der AG 7 im April dieses Jahres wurden deshalb Maßnahmen getroffen, um die Schnittstellen besser zu koordinieren. Gerade vor dem Hintergrund der folgenden Generation der Europäischen Normung ist dieses ein wichtiger Schritt. Auch wenn es im Augenblick den Anschein hat, dass die Europäische Normung abgeschlossen ist, so ist das nur scheinbar der Fall. Denn die Phase der zweiten Generation der Europäischen Normung hat bereits schon angefangen, und die empirische Spezifikation wird dann sehr wahrscheinlich der Vergangenheit angehören. Diese Entwicklung ist sehr eng zu begleiten, um Fehler zu vermeiden und Unzulänglichkeiten auszuschließen.

An dieser Stelle rufe ich alle im Asphaltbereich Tätigen auf, weiterhin aktiv an der Europäischen Normung mitzuwirken.

Ungeachtet dieser Entwicklungen wird zurzeit auf europäischer Ebene überlegt, die Bauproduktenrichtlinie und damit das Bauproduktengesetz für den Asphalt zu suspendieren. Denn Asphalt ist sicher kein ausgeprägtes Exportprodukt, so dass keine Notwendigkeit der CE-Kennzeichnung besteht. Allerdings steht Deutschland mit einer Zustimmung für diesen Plan zusammen mit Dänemark allein. Hier bedarf es noch weiterer Abstimmungsarbeit.

Auch bei dem Regelwerk „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen von Asphalt“ sind noch nicht alle Fragen gelöst. So wünscht das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) eine Anhebung der Verjährungsfrist für Mängelansprüche auf 5 Jahre. Nach Ansicht des Bundesministeriums soll zukünftig auch die Teilabnahme entfallen, so dass sich die Verjährungsfrist für Mängelansprüche in bestimmten Fällen durchaus verdoppeln kann.

Vor zwei Jahren ist auf der Asphaltstraßentagung in Bremen von mir über das Unbehagen der Arbeitsgruppe 7 über das unbefriedigende Konformitätsnachweisverfahren 2+ für die Bindemittel nach EN 12591 und EN 14023 hingewiesen worden. Deutschland hat deswegen die Normen nicht akzeptiert, ist jedoch von den anderen teilnehmenden Staaten überstimmt worden, so dass das in den Normen angegebene Konformitätsnachweisverfahren nicht geändert wurde. Zurzeit ist formuliert, dass die Erstprüfung nur dann zu wiederholen ist, „wenn Änderungen in den Ausgangsstoffen oder im Produktionsprozess eintreten, die einen signifikanten Einfluss auf eine oder mehrere Eigenschaften haben“. In der Praxis ist bei beispielsweise bei einer Änderung der Polymerzusammensetzung oder die Verwendung einer anderen Rohölressource keine erneute Erstprüfung notwendig, wenn sich dadurch keine wesentliche Änderung in einer oder mehreren Eigenschaften, wie Erweichungspunkt Ruk oder Penetration, ergibt.

Die Regelwerke für Asphalt und für Bindemittel sind im Februar 2007 in einer Sondersitzung des Lenkungsausschusses der Arbeitsgruppe 7 verabschiedet worden. Zurzeit befinden sie sich in der Länderumfrage. Im September 2007 werden die Einsprüche und die Anregungen abschließend besprochen, so dass mit dem Erscheinen der Regelwerke im Oktober oder November 2007 gerechnet werden kann. Ein Hindernis bei der Terminplanung könnte sich aus der schleppenden Anerkennung der Überwachungs- und Zertifizierungsstellen für die Fremdüberwachung ergeben, die die ca. 700 Mischanlagen im Rahmen der Erstinspektion nach DIN EN 13108-21 abnehmen müssen. Obwohl der gesamte formale Rahmen abgesteckt ist, könnte durch die Untätigkeit des Deutschen Institutes für Bautechnik ein Abnahmestau entstehen, der dazu führt, dass Asphalt ab dem 1. März 2008 nicht mit dem CE-Zeichen ausgeliefert werden kann.

Neben der Umsetzung der Europäischen Normen stand die Entwicklung des Merkblattes für temperaturabgesenkte Asphalte im Vordergrund. Dieses Merkblatt ist im Frühjahr 2006 zum Beginn der Bausaison erschienen. Die Technik der Temperaturabsenkung ist aus heutiger Sicht ein wichtiger Schritt in die Zukunft, da die europäische Bitumenindustrie Bitumen bei der Europäischen Kommission nach dem REACH-Verfahren nur für Anwendungszwecke bis zu 200 °C anmelden will. REACH ist das Acronym für Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals. Darunter wird ein Verfahren auf Veranlassung der Europäischen Kommission zur Anmeldung, Bewertung und Zulassung von ca. 30 000 chemischen Stoffen verstanden. Kernpunkte des Vorschlages sind die Registrierung aller chemischen Stoffe, von denen mehr als eine Tonne hergestellt werden und die Zulassung von besonders gefährlich angesehenen Chemikalien. Nach REACH-Definition sind Bitumen, Füller und Zusätze, nicht aber mineralische Rohstoffe, als Chemikalien eingestuft und unterliegen daher REACH. Asphalt als Mischung ist selbst nicht betroffen. Der Lieferant des als Chemikalie eingestuften Stoffes muss ein Sicherheitsassessment durchführen, um das Risiko des Benutzens des Stoffes für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt abzuschätzen. Der Lieferant muss ferner alle Expositionsszenarien durchspielen und seine Kunden entsprechend informieren. Der Kunde muss seinerseits dem Lieferanten bestätigen, dass die Nutzung des Stoffes mit den Szenarien des Lieferanten übereinstimmt. Ab dem 1. Juli 2008 wird eine neue europäische Behörde in Finnland entsprechende Zulassungen erteilen. Bis zum 31. Dezember 2010 müssen alle unter REACH eingestuften Chemikalien dort angemeldet werden. Auch wenn der Zeitraum bis 2010 zunächst beruhigend erscheint, so führt eine frühere Anmeldung zur sofortigen Beschränkung, die sich unmittelbar auf die Herstellung von Gussasphalt auswirken kann. Deshalb wird sich die FGSV weiterhin verstärkt mit der Temperaturabsenkung, insbesondere für Gussasphalte, beschäftigen.

Zwischenzeitlich wurde das Griffigkeitsmessverfahren SCRIM aus rechtlichen Gründen in Seitenkraftmesser, oder kurz SKM, umbenannt. Die mit der Einführung des Verfahrens SCRIM festgestellt 32-Punkte-Mängelliste ist abgearbeitet worden. Im Übrigen ist es zwischenzeitlich um das Thema Griffigkeit etwas ruhiger geworden, zumal keine gravierenden Griffigkeitsmängel nach dem Ablauf der Verjährungsfrist für Mängelansprüche bekannt geworden sind, die seit Einführung der Griffigkeitsanforderungen im Jahre 2002 erstmalig im vergangenen Jahr hätten beseitigt werden müssen.

3    Regelwerke

Neben diesen Themen konnten in den Arbeitsausschüssen und in den Arbeitskreisen in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Arbeitsbelastung mit der Umsetzung der Europäischen Normen nur wenige Regelwerke und Wissensdokumente überarbeitet, neu entwickelt und veröffentlicht werden, im Einzelnen war es das

  • Merkblatt für Temperaturabsenkung von Asphalt (MTA)
    Zu dem Merkblatt gehört eine Liste über bewährte Produkte zur Temperaturabsenkung, die bei der Bundesanstalt für Straßenwesen geführt wird. Diese Liste, die auch die Ergebnisse der Forschungsvorhaben BAB A 7 und B 106 in Mecklenburg-Vorpommern führt, kann über das Internet eingesehen werden. Die Liste wird außerhalb der FGSV fortgesetzt. Die Aufnahme neuer Produkte in diese Liste erfolgt durch die BASt, die dabei durch ein externes Expertengremium unterstützt wird.

Weiter wurde das Arbeitspapier

  • Verwendung von Vliesstoffen, Gittern und Verbundstoffen im Asphaltstraßenbau veröffentlicht, das sich mit dem aktuellen Stand der Erkenntnisse auf dem Gebiet der Asphalteinlagen befasst. Ziel dieses Arbeitspapier ist es, einwandfreie Definitionen und Produktbeschreibungen zu schaffen sowie Handhabungen für den Einbau und die Wirksamkeit der verschiedenen Produktarten für den Ausschreibenden zusammenfassen.

Die bereits oben im Zusammenhang mit den Länderregelungen erwähnten

  • Technischen Lieferbedingungen für Asphaltgranulat (TL AG-StB)
    sind Ende des vergangenen Jahres in überarbeiteter Form herausgegeben worden. Sie sind aus der nicht harmonisierten DIN EN 13108-8 „Ausbauasphalt“ entwickelt worden. Mit diesem Regelwerk ist eine hochwertige, sichere und höchstmögliche Wiederverwertung für Asphaltgranulat geschaffen worden.

Der Arbeitskreis 7.3.5 „Kompaktasphalt“ hat über die verschiedenen Kompaktasphalt-Bauverfahren eine nicht veröffentlichte Studie über die im Kompaktasphaltverfahren ausgeführten Baumaßnahmen zusammengestellt und auf dieser Basis eine Empfehlung für die bauvertragliche Regelung zum Kompaktasphalt erarbeitet. Die Studie wird außerdem in eine Überarbeitung des vorhandenen Merkblattes für Kompaktasphalt einfließen.

4   Forschung

In der Arbeitsgruppe 7 hat die Forschung einen hohen Stellenwert. Die Forschungsthemen für das Gemeinsame Forschungsprogramm BMVBS/FGSV werden in den Arbeitskreisen und Arbeitsausschüssen entwickelt und anschließend im Lenkungsausschuss der Arbeitsgruppe beraten und ausgewählt. Diese Auswahl wird dann zusammen mit den anderen Vorschlägen der bautechnischen Arbeitsgruppen im Koordinationsausschuss Bau beraten. Eine abschließende Bewertung der Forschungsanträge durch den Forschungsbeirat wird in diesem Jahr erstmals nicht mehr vorgenommen werden. Auch wenn jetzt eine Hürde weniger zu überqueren ist, so wird es nur scheinbar leichter einen Forschungsantrag durchzusetzen, denn letztlich sind die zur Verfügung stehenden Geldmittel entscheidend. So kann schon einmal ein sehr interessanter Forschungsansatz das Ziel nicht erreichen. Eine Ablehnung eines Forschungsvorschlages ist deshalb nicht als Niederlage oder als Geringschätzung zu werten. Zukünftig, so ein Beschluss in der letzten Sitzung des Lenkungsausschusses der Arbeitsgruppe 7, sollen Schwerpunktthemen als Leitmotive entwickelt werden, um eine zukunftsorientierte Forschung in einzelnen Arbeitsabschnitten einzuleiten. Mit diesem top down-Ansatz innerhalb der Arbeitsgruppe soll keineswegs die Entwicklung der bottom up-Ansätze aus den Arbeitskreisen unterbunden werden. Vielmehr werden mit dieser Vorgehensweise die vielfältigen Aktivitäten innerhalb der Arbeitsgruppe gebündelt und effektiver eingesetzt.

Seit 2005 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden und werden durch die Arbeitsausschüsse und die Arbeitskreise der Arbeitsgruppe 13 Forschungsvorhaben betreut. Die Themen sind im Wesentlichen in die Gruppen Bindemittelprüfungen und -verhalten, Asphaltprüfungen und -verhalten, Ausbauasphalt, Temperaturabsenkung und Griffigkeit einzuordnen.

Der Arbeitsausschuss 7.2 „Bindemittel“ setzt den Weg zur Beschreibung der Bindemittel mit neuen Prüfverfahren, die eine Anwendung der Ergebnisse auf das Gebrauchsverhalten des Asphaltes zulassen, fort. Es handelt sich dabei um das Vorhaben:

  • Weiterentwicklung der Prüfung des Kälteverhaltens von Straßenbaubitumen und PmB mit dem Bending Beam Rheometer (BBR).

Die anderen Vorhaben aus diesem Ausschuss setzen sich mit dem Praxisverhalten der Bindemittel und der praxisorientierten Ansprache von Bindemitteln auseinander. Es sind die Themen:

  • Einfluss von modifizierten Bitumen auf die Kälte- und Ermüdungseigenschaften von Asphalt und deren Veränderung während der Nutzungsdauer
  • Zusammenhang des Wertes für die elastische Rückstellung von zurückgewonnenem polymermodifizierten Bindemittel und den Gebrauchseigenschaften des Asphaltmischgutes zur Schaffung eines Bewertungsmaßstabes

Im Arbeitsausschuss 7.3 „Bauweisen“ wird aktuell das Forschungsvorhaben

  • Absenkung der Produktions- und Verarbeitungstemperatur von Asphalt durch Zugabe von Bitumenverflüssigern betreut. Bei dieser Arbeit handelt es sich um ein Langzeitprojekt, das bis 2012 laufen wird. Dabei steht die Bewertung von Asphalten, die durch Zugabe von Bitumenverflüssigern in der Temperatur abgesenkt wurden, im Focus.

Der Arbeitsausschuss 7.5 „Erhaltungstechnologie“ ist in das Forschungsvorhaben

  • Systematische Anwendung abtragender griffigkeitsverbessernder Maßnahmen auf Splittmastixasphalt 0/11S eingebunden. Deckschichten aus Splittmastixasphalt 0/11S haben im Vergleich zum Asphaltbeton eine geringere Mikrorauheit, so dass verschiedentlich die Griffigkeit beeinträchtigt ist. Mit diesem Vorhaben soll die gezielte Anwendung verschiedener griffigkeitsverbessernder Maßnahmen in Abhängigkeit von der Ursache untersucht und deren Dauerhaftigkeit bewertet werden.

Der Arbeitsausschuss 7.6 „Prüfverfahren“ hat naturgemäß einen großen Anteil an der Forschung. In diesem Arbeitsausschuss werden folgende Forschungsarbeiten begleitet:

  • Zusammenhang zwischen den an Bohrkernen gewonnenen Ergebnissen der Polier- und Griffigkeitsmessung mit den Ergebnissen von SCRIM-Messungen.

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Bewertungshintergrund für die Prüfverfahren zur Griffigkeitsprognose zu gewinnen.

Auch die folgende Arbeit befasst sich mit einer Prognose, es geht dabei um

  • Anwendungsgrenzen und Präzision des Spurbildungsversuches mit Vollgummirad für Hintergrund dieses Vorhabens ist die Europäische Normung, in der für die Prüfung des Verformungswiderstandes von Walzasphalt mit dem Spurbildungstest eine Vielzahl von Variationen aufgelistet war. Da die Anzahl der Untersuchungsvarianten reduziert werden mussten und die deutsche Variante mit Stahlrad und Prüfung im Wasserbad nicht durchsetzbar war, ist dieses Forschungsvorhaben im Nachgang eines bereits abgeschlossenen Vorhabens initiiert worden.

Weiter werden im Arbeitsausschuss 7.6 zum besseren Verständnis der Europäischen Normung die Vorhaben

  • Adhäsion von Bitumen am Gestein (Haftverhalten) – Verfahren zur quantitativen Bestimmung auf Grundlage der Europäischen Normen
  • Verfahren zur Bestimmung der Ermüdungseigenschaften von Asphalt unter Berücksichtigung der Europäischen Normung – Schaffung eines Bewertungshintergrundes
  • Die Referenzdichte in der europäischen Normung und die Auswirkung auf Hohlraumgehalt und Verdichtungsgrad

betreut.

In der Europäischen Normung wird zur Bestimmung der Ermüdungseigenschaften der 2-Punkt-Biegeversuch an trapezoiden Prüfkörpern und der 4-Punkt-Biegeversuch an prismatischen Prüfkörpern beschrieben. Für beide Verfahren bestehen in Deutschland praktisch keine Erfahrungen oder Bewertungshintergründe. Da für die 2. Generation der Europäischen Normung sehr wahrscheinlich nur noch ein Verfahren bestehen bleiben wird, muss hier eine Kenntnislücke geschlossen werden. Ziel ist es beide Prüfverfahren zu vergleichen und zu überprüfen, ob die Ergebnisse mit der Beurteilung der Ermüdung über die Zug-Schwell-Prüfsystematik korrespondieren. Als weiteres Ziel soll das geeignete europäische Verfahren festgelegt werden und ein Bewertungshintergrund im Sinne von Anforderungen erarbeitet werden.

Bei dem Forschungsvorhaben „Referenzdichte“ werden die Auswirkungen der von der Bindemittelviskosität abhängigen Herstelltemperatur der Probekörper und die unterschiedlichen Raumdichteprüfverfahren auf den deutschen Standard für den Hohlraum und für den Verdichtungsgrad überprüft.

Das

  • Schnellverfahren zur Eingangskontrolle von Ausbauasphalt auf Anwesenheit teer/pechhaltiger Substanzen ist ein wichtiger Beitrag zur umweltgerechten Behandlung von Straßenausbaustoffen. Dieses Forschungsvorhaben wird ebenfalls durch den Arbeitsausschuss 7.6 begleitet.

Ebenfalls im Zusammenhang mit Straßenausbaustoffen steht das Forschungsprojekt

  • Verwendung von Fräsasphalt aus offenporigen Asphaltdeckschichten auf möglichst hohem Wertschöpfungsniveau,

das im Arbeitsausschuss 7.8 „Wiederverwertung von Asphalt“ betreut wird. Mit diesem Vorhaben soll der Fräsasphalt aus Offenporigen Asphaltdeckschichten, der in der Regel Erweichungspunkte über 70 °C aufweist und deshalb nicht wiederverwendet werden könnte, auf Einsatzmöglichkeiten für die Heißaufbereitung in der Mischanlage untersucht werden.

Zwei weitere Forschungsvorhaben aus dem Asphaltbereich, die durch die Forschungsgesellschaft vorgeschlagen wurden, sind bei D-A-CH angebunden. Unter dem Begriff D-A-CH ist das regelmäßige Treffen zum Gedankenaustausch zu Fragen des Straßen- und Verkehrswesens der Staaten Deutschland, Österreich und Schweiz. Erstmalig ist dieser Informationsaustausch um gemeinsame Forschungsvorhaben erweitert worden. Dazu wählen die Länder aus den vorgeschlagenen Themen gemeinsam interessierende Themen aus, die dann auch gemeinsam von den nationalen Forschungsstellen bearbeitet werden. Die Finanzierung der Forschungsvorhaben erfolgt durch die Länder zu gleichen Teilen.

Unter dem D-A-CH – Forschungsprogramm laufen zurzeit 2 Themen:

  • Entwicklung optimaler Mischgutrezepturen und Auswahl dafür geeigneter bitumenhaltiger Bindemittel – Stand der Technik

Dieses Vorhaben ist zukunftsorientiert vor dem Hintergrund des zunehmenden Transitverkehrs des Güterverkehrs in Europa ausgewählt worden. Zurzeit läuft die Phase der Bestandsaufnahme und der Vergleichbarkeit der verschiedenen nationalen Konzepte.

Das zweite Thema ergab sich aus dem Wunsch nach Lärmminderung aufgrund des ständig zunehmenden Verkehrs und der damit verbundenen Anwendung Offenporiger Asphaltdeckschichten, es lautet

  • Nutzungsdauer offenporiger Asphaltdeckschichten.

Auch hier liegt der Optimierungsgedanke für diese Asphaltart zugrunde.

5  Schlussbemerkung

Im Rahmen einer Asphaltstraßentagung kann nur ein kleiner Ausschnitt aus der gesamten Arbeit der einzelnen Gremien der Arbeitsgruppe 7 vorgestellt werden, so dass ebenfalls interessante und hervorragende Arbeiten an dieser Stelle nicht erwähnt oder durch einen persönlichen Vortrag nicht gewürdigt werden können. Jedem Mitarbeiter in den Arbeitskreisen und in den Arbeitsausschüssen danke ich an dieser Stelle noch einmal für seinen Einsatz und das Engagement in der Sache. Daran schließt sich die Bitte an, die Arbeit der Arbeitsgruppe 7 in der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen weiterhin zu fördern, zu unterstützen und zu begleiten. Es steht eine Vielzahl von neuen Aufgaben vor uns, denen wir uns stellen müssen und die wir lösen müssen. Die Fortentwicklung und der technische Fortschritt im Asphaltstraßenbau werden, auch wenn manchmal die Arbeit in der Außendarstellung etwas schwerfällig erscheint oder die Ergebnisse der Arbeit nicht die Vorstellungen Einzelner treffen, einer der Schwerpunkte bleiben.