FGSV-Nr. FGSV C 12
Ort Bamberg
Datum 05.03.2013
Titel Baupraktische Aspekte bei der Ausführung geokunststoffbewehrter Erdbauwerke am Beispiel der A 2 Utrecht-Amsterdam
Autoren Dipl.-Ing. Lars Vollmert, Dipl.-Ing. Walter Ewert, Civil Engineer (MSC) Arjen Ramkema, Dipl.-Ing. Geurt Verhoeff
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Im Zuge des fünfspurigen Ausbaus je Richtungsfahrbahn der A 2 Amsterdam ­ Eindhoven in den Niederlanden schneidet die Trasse die Stadt Utrecht im Bereich des neu entwickelten Stadtgebietes ,,Leidsche Rijn". Zum Lärmschutz werden Teilbereiche der Trasse überbaut, mit Wällen versehen bzw. in ein Trogbauwerk eingebettet. Eingesetzt wurden verschiedene Bauweisen der geogitterbewehrten Erde, Polsterböschungen in Bauzwischenzuständen, Gründungspolster auf weichem Untergrund und bewehrte, erddruckabschirmende Schüttungen in Widerlagerkonstruktionen. Diese wurden auf mehrere Meter mächtigen Klei- und Torflagen gegründet, die zum Teil durch bis zu 15 m hohe Vorkonsolidierungsschüttungen verbessert wurden. Das Projekt wurde durch eine bisher einmalige Zusammenstellung eines Konsortiums aus Auftraggeber, Planer und Bauausführung umgesetzt und ausgeführt.

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1 Einleitung

Die Autobahn A 2 in den Niederlanden erstreckt sich von Amsterdam im Nord-Westen über Utrecht und Eindhoven bis nach Maastricht im äußersten Süden. Sie ist damit die wichtigste Nord-Süd-Verbindung des Landes. Gleichzeitig ist sie abschnittsweise Bestandteil des Stadtringes Utrecht.

Die hohe Bevölkerungsdichte und die wirtschaftliche Prosperität führen zu einer entsprechenden Mobilität, die die bestehenden Autobahntrassen nicht störungsfrei ableiten können. 1995 erstellte Verkehrsprognosen wurden bereits fünf Jahre später deutlich übertroffen.

Für die A 2 wurde daher ein Maßnahmenplan verabschiedet, der den massiven Ausbau von drei auf bereichsweise fünf Fahrstreifen je Fahrtrichtung zuzüglich städtischen Regionalstraßen vorsieht. Insgesamt wurden für die Strecke Amsterdam ­ Limburg 20 Großprojekte definiert, die den durchgängigen Ausbau der A 2 bis 2012 sicherstellen sollen.

Für den hier betrachteten Teilabschnitt A 2 Hooggelegen an der Anschlussstelle Utrecht wurde auf einer Länge von 2 km auf einer Fläche von ca. 100 ha der Bau von 10 Autobahnfahr- zuzüglich -standstreifen, einer 4-streifigen Bundesstraße, ca. 4,5 km Lärmschutzwänden und der Bau bzw. die Sanierung von 8 Brücken erforderlich.

Die Autobahntrasse schneidet Utrecht im Bereich des neu entwickelten Stadtgebietes Leidsche Rijn, das mit einer Kapazität von 80.000 Einwohnern und 700.000 m² Büronutzfläche zu den ehrgeizigsten Stadtentwicklungsprojekten Europas zählt.

Die gesamte Trasse ist daher im Anschluss an einen in offener Bauweise hergestellten Tunnel in einem landschaftlich verträglichen, künstlich hergestellten Trog zu führen, um zum einen höhenfreie Übergänge zu schaffen, zum anderen den Lärmschutz zu verbessern.

Der gesamte Ausbau muss unter laufendem Verkehr mit > 180.000 Fzg/d erfolgen. Der gesamte technische Planungs- und Ausführungszeitraum ist auf 2007 bis 2010 begrenzt. Mit der Ausführung konnte 2008 begonnen werden, die Verkehrsfreigabe erfolgte Mitte 2010.

Bild 1: Anschlussstelle Utrecht nach Verkehrsfreigabe 2010

2 Allianz A 2 Hooggelegen

Aus den Eckdaten ergeben sich kritische Pfade hinsichtlich Bauzeit, Budget und gesellschaftlichem Umfeld bzw. Akzeptanz. Nicht akzeptabel wären z. B. Bauzeitverzögerungen infolge Rechtsstreitigkeiten. Für die Umsetzung wurde daher ein in dieser Größenordnung bisher einmaliges Konzept einer Alliantie (Allianz) gewählt (Bild 2). Die staatliche Straßenbaubehörde Rijkswaterstaat (RWS) arbeitet dabei unter vordefinierten Budget- und Leistungsanforderungen mit einem für dieses Projekt gebildeten Konsortium aus Baukonzernen (TrajectumNovum) unmittelbar zusammen. Der geschuldete Erfolg wird mit einem Bonus-Malussystem in der Aufteilung 50/50 zwischen RWS und TrajectumNovum belegt.

Bild 2: Struktur der Alliantie A2 Hooggelegen (vereinfacht)

Unter der Prämisse einer Zusammenarbeit auf der Basis gleichwertiger Partner und gegenseitigem Vertrauen (Verstraaten 2010) sollen damit alle Beteiligten unmittelbar am Erfolg arbeiten und beteiligt werden. Geleitet durch ein zentrales Projektmanagement und Planungsteam (design & build) arbeiten vier Ausführungsteams für die Segmente

– ­ Brücken und Massivbauwerke, ­

– Verkehrsmanagement,

–­ Lärmschutzwände,

–­ Erd- und Straßenbau

direkt zusammen. Sie verantworten ein Budget von 130 Mio. Euro.

3 Bauwerke und Nachweiskonzept

Neben den Fahrbahnen selbst und den Lärmschutzwänden, die die Hauptfahrspuren von Neben- und Abbiegespuren trennen, wird die Trasse durch künstliche, seitliche Auffüllungen in einem Trog geführt. Die Trogböschung (Grondwerken, Bild 3) soll als ,,grünes Band" die A 2 seitlich einfassen.

Die Anbindung der Stadt Utrecht erfolgt über eine Brücke über den Amsterdam-Rijnkanaal mit dem kreisförmigen Bauwerk De Krul (Bild 3, X).

Bild 3: Bauwerke im Abschnitt Hoogelegen

Alle Böschungen des Bauwerks De Krul und der Grondwerken mussten übersteil als geogitterbewehrte Erdbauwerke hergestellt werden. Hierbei werden Geogitter als flächige Bewehrungselemente lagenweise im Erdbauwerk verlegt und nehmen statisch die Zugkräfte in potenziellen Bruchfugen auf. Entscheidende Vorteile dieser Bauweise sind unter anderem die

–­ ­ ­ ­ ­ hohe Flexibilität in Bauwerkslängsachse (Setzungstoleranz),

– die hohe Toleranz der Bauweise gegenüber Abweichungen bei den Bodenkennwerten (zum Teil wurde nicht verdichtbarer Boden verbaut),

– die Möglichkeit, abschnittsweise zu bauen und bündig auch bei zu erwartenden Setzungsdifferenzen anschließen zu können,

– die gestalterische Vielfältigkeit, unter anderem mit vollflächiger Begrünung, und

– die wirtschaftliche Attraktivität.

Der Gesamtauftrag für die Lieferung der statisch und konstruktiv erforderlichen Geokunststoffe wurde an den Hersteller NAUE GmbH & Co. KG, Espelkamp/D, und den örtlichen Vertreter CITEKO, Zwolle/NL, vergeben.

Zwar liegen eingeführte niederländische Regelwerke für Geokunststoffe vor. Da jedoch mit der Neufassung der EBGEO (2010) wirtschaftliche Vorteile erkennbar waren und hiermit umfangreiche Erfahrungen beim Nachweisverfasser BBG Bauberatung Geokunststoffe GmbH & Co. KG vorlagen, wurde das Nachweiskonzept einheitlich auf DIN 1054:2005 ausgelegt. Damit ist das Bauwerk im Vorgriff analog zur EBGEO 2010 geplant und ausgeführt worden.

4 Baugrund

Der Baugrund ist im nahezu gesamten Trassenverlauf durch organisch durchsetzte Kleischichten mit Mächtigkeiten zwischen 2 m und 5 m gekennzeichnet. Die Kleischichten werden zum Teil durch anthropogene und quartäre Schichten mit geringen Schichtmächtigkeiten überlagert. Aufgrund der großen Massen wurde ein Austausch nicht in Betracht gezogen. Als realistische Maßnahme wurde eine Vorlastschüttung, zum Teil ergänzt um Vertikaldräns, mit Höhen von bis zu 15 m erachtet und umgesetzt. Die erforderlichen Spülsande wurden abschnittsweise als Vorschüttung genutzt und anschließend im Bereich der Dammstrecken verbaut. Böden, die in Teilbereichen ausgehoben werden mussten, wurden wieder unmittelbar als Baustoff für Bauwerke, die nicht unter Verkehrslasten liegen, eingesetzt.

Um ausreichende Massen zu erhalten, mussten Klei-Depots genutzt werden, die weiche bis steife, bereichsweise eine nahezu schlammige Konsistenz aufwiesen.

5 De Krul

Im äußeren Randbereich des Bauwerks, das sich aus einer 3,5 m mächtigen Grundaufschüttung und einem aufgesetzten Lärmschutzwall mit einer Höhe über Gelände von 12 m zusammensetzt (Bild 4), konnte vor Baubeginn keine Vorlastschüttung durchgeführt werden. Damit lagen im Bauabschnitt mit der größten Bauwerkshöhe und der verkehrsbedingt kürzesten Bauzeit die ungünstigsten Baugrundverhältnisse vor.

Architektonisch sollte der Wall mit einer Außenhaut versehen werden, die farblich dem Mauerwerk einer Stadtmauer gleicht und durch Ranken begrünt werden kann. Gewählt wurde eine nicht verzinkte Halbgabione mit Steinschüttung (Bilder 5, 6, 7).

Der Nachweis der Beanspruchung und des Anschlusses zwischen Halbgabione und den statisch erforderlichen Geogittern erfolgt durch Reibung gemäß EBGEO 2010, vgl. auch Ramkema, Vollmert 2009.

Bild 4: De Krul

Bild 5: Halbgabione System Hooggelegen

Bild 6: Querschnitt System Hooggelegen

Bild 7: Eingesetzte Baustoffe System Hooggelegen

Im Entwurf der Konstruktion wurde deutlich, dass eine Gründung des Bauwerks unmittelbar auf den gering tragfähigen und nicht vorbelasteten Kleischichten nicht möglich ist. FE-Berechnungen zeigen die erwarteten Verquetschungen (Bild 9 b). Durch die Anlage eines umlaufenden Randgrabens unmittelbar vor der Steilböschung wird die Situation weiter verschärft. Ebenso wies der neu in den EBGEO 2010 aufgenommene Nachweis gegen ,,Ausquetschen des Untergrundes" auf die unzureichende Tragfähigkeit hin. Geländebruchberechnungen, wie im Bild 9a für den kritischen Querschnitt im Globalsicherheitskonzept dargestellt, zeigen diesen Effekt demgegenüber nicht immer zuverlässig an.

In der Überarbeitung des Systems wurde ein lokaler Bodenaustausch gewählt. Dieser dient als Sperre gegen ein Ausquetschen der Weichschichten, während hochzugfeste Geogitter mit relativ langer Verankerungslänge die Geländebruchsicherheit gewährleisten. Die Lage und Abmessung des Bodenaustauschs wurde durch Variationsrechnungen optimiert.

Ziel war dabei eine weitgehend rotationsfreie Verformung des Lärmschutzwalls infolge der nachträglich hinter dem fertiggestellten Wall aufgebrachten Überlastschüttung (Bild 8). Diese wurde erst nach Fertigstellung der Asphalttragschichten der späteren Fahrbahn aufgebaut, da die Fahrbahn zwischenzeitlich bereits temporär für den Verkehr freigegeben werden musste. Für die gewählte Geometrie wurde eine reine Translationsbewegung berechnet (Bild 9 c) und durch geodätische Messungen bestätigt.

Bild 8: De Krul mit fertiggestellter Fahrbahn und Sandschüttung hinter dem Lärmschutzwall

Bild 9 a: Geländebruchnachweis mit nachträglicher Vorlastschüttung (ohne Bodenaustausch)

Bild 9 b: Ausquetschen der nicht vorkonsolidierten Weichschichten unter der Dammlast und Rotation (überhöhte Darstellung) des Lärmschutzwalls

Bild 9 c: Lokaler Bodenaustausch unter dem Böschungsfußpunkt und translatorische Verformung (zweifach überhöhte Darstellung) des Lärmschutzwalls

Das Bauwerk wurde im März 2009 begonnen. Die bis zum Redaktionsschluss gemessenen Setzungen von ca. 0,5 m harmonisieren sehr gut mit den Berechnungsergebnissen der FEModelle, die Vertikalverformungen von 59 cm ausweisen.

Die im Bild 10 dargestellten Setzungsraten weisen bereits zum Zeitpunkt der weitgehenden Fertigstellung (25. 8. 2009) nur noch sehr geringe Setzungszunahmen aus. Der Endausbau der Fahrbahn erfolgte bereits Ende 2009. Die aktuellen Setzungsraten gehen gegen Null. Deutlich zu erkennen ist im Bild 10 die bei 2 m Abstand vom Nullpunkt geringere Setzungsrate unter dem Böschungsfuß (geringe Auflast, Bodenaustausch) im Verhältnis zur Setzungsrate in ca. 10 m Entfernung vom Fußpunkt (nachträgliche Überlastschüttung, kein Bodenaustausch).

Bild 10: Setzungsraten im Bereich De Krul

6 Grondwerken

Die Wälle der Grondwerken sind ca. 5 m hoch und mit ca. 80° geneigt. Im Gegensatz zu den Ausführungen für De Krul, bei dem sehr ungünstige Baugrundverhältnisse mit einer hoch belasteten und filigranen, verformungsempfindlichen Konstruktion überbaut werden mussten, werden die Grondwerken im Regelfall nicht belastet und dienen als Landschaftsbauwerke dem Lärmschutz. Allerdings mussten hier sehr weiche inhomogene Böden verbaut werden. Nachlaufende Setzungen infolge Konsolidierung konnten akzeptiert werden.

Hinsichtlich der Standsicherheit kann eine mangelhafte Scherfestigkeit der Füllböden durch eine stärkere Zugfestigkeit der Geogitter ausgeglichen werden. Als Kennwert der Füllböden wurde lediglich eine Scherfestigkeit von ´ = 20° und c = 2,5 kN/m² in Ansatz gebracht. Damit ergab sich bei der Auswahl der Böden die Forderung, steife, unter Eigenlast weniger setzungsempfindliche Böden im Frontbereich der Wälle einzubauen. Vorwiegend weiche Böden wurden daher im Hinterfüllbereich eingesetzt. Teilweise wurden, soweit nur sehr weiche Böden zur Verfügung standen, Klei- und Sandlagen in Sandwichbauweise lagenweise eingebaut. Die Kriterien ergaben sich vorwiegend aus Anforderungen an die Verformungsbegrenzung hinsichtlich optischer Gestaltung.

Die gewählten Polsterböschungen (Bild 11) schließen nahtlos an die Brückenbauwerke an (Bild 12) und werden anschließend mit einer Erosionsschutzmatte als mechanischer Schutz und UV-Schutz überspannt (Bild 13).

Der Schutz gegen Fahrzeuganprall wird durch Leiteinrichtungen übernommen.

Bild 11: Systemskizze zur Herstellung einer Polsterböschung

Bild 12: Aufbau einer geogitterbewehrten Polsterböschung mit Hilfsschalung

Bild 13: Aufbringen der Erosionsschutzmatte als Träger der Spritzbegrünung

Bild 14: Voll begrüntes Grondwerk im Anschluss an den Tunnel in offener Bauweise

Die Konstruktion wird auf Wunsch des Architekten durch eine Anspritzbegrünung voll begrünt (Bild 14). Hierzu sind gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes in der Böschung zu ergreifen.

Der Bau der Konstruktion wird im Wesentlichen durch die Phasen

–­ Umsetzen und Aufstellen der Hilfsschalung,

– ­ Verlegung der Geokunststoffe,

–­ Einbau und Verdichtung der Erdstoffe

gekennzeichnet. Der wesentliche Anteil des lohnintensiven Personalaufwandes entfällt dabei auf das Handling der Geokunststoffprodukte und der Hilfsschalung.

Um die geforderte Bauleistung erbringen zu können, wurde eine sehr effektive Arbeitsvorbereitung umgesetzt. Wesentliche Elemente waren dabei ­

– detaillierte, farblich markierte Ausführungszeichnungen und Verlegepläne, die im Rahmen des Planungs- und Lieferauftrages der Geokunststoffe erstellt wurden,

­ – bauseitig erstellte Stücklisten,

–­ Anlegen von zentralen Materiallagern je Bauabschnitt, ­

– Zuschneideplätze und Transportboxen für die Geogitter und ­

– Schulung und Einarbeitung der Verlegekolonnen.

In den Verlegeplänen wurden die insgesamt fünf unterschiedlichen Geogittertypen farblich dargestellt, sodass die Farbmarkierungen eindeutig und bauseitig leicht umzusetzen waren. Die erforderlichen Einbindelängen wurden so gestaffelt, dass nur eine begrenzte Anzahl unterschiedlicher Längen je Los erforderlich wurden.

7 Sonderbauwerke

Im Zuge der Gesamtmaßnahme wurde, bedingt durch die zeitlichen Zwangspunkte der Verkehrsführung, der Bau mehrerer temporärer Stützkonstruktionen erforderlich.

Die Anrampungen an das Taatse Viaduct und Viaduct Hooggelegen (vgl. Bild 3) wurden beispielsweise bauzeitlich als geogitterbewehrte Stützkonstruktion in Umschlagmethode (Bild 11) ausgeführt und in Betrieb genommen. Die Stützkonstruktionen wurden nachfolgend durch die Grondwerken angeschüttet. Die Geokunststoffe verbleiben im Boden und müssen nicht rückgebaut werden, da sie kein Hindernis z. B. beim Bohren oder Rammen nachfolgender Gewerke darstellen.

Bild 15: Quer- und Längsschnitt Brückenwiderlager Leidse Rijn

Im Übergang über den Kanal Leidse Rijn, den die BAB A 2 zwischen dem neuen Tunnelbauwerk und De Krul kreuzt, wurden Brückenwiderlager erforderlich. Alternativ zu dem ursprünglich vorgesehenen massiven Spundwandkasten wurde während der Bauphase aufgrund der positiven Erfahrung mit den geogitterbewehrten Böschungen ein Spundwandkasten mit innenliegendem Erddruckfänger ausgeführt (Bild 15). Die innenliegende Polsterböschung reduziert den Erddruck auf die Spundwand und ermöglicht so die schlankere und wirtschaftlichere Bemessung der Widerlagerhinterfüllung (Bild 16).

Bild 16: Ausführung der innenliegenden Polsterböschung als Erddruckfänger

8 Schlussbemerkung

Mit der Verkehrsfreigabe Mitte 2010 wurde innerhalb der vorgesehenen Bauzeit ein komplett neuer Verkehrsknotenpunkt fertiggestellt. In den Aufschüttungen, Lärmschutzwällen und dem Lärmschutztrog wurden zur Herstellung der Steilböschungen und Gründungen ca. 630.000 m² Geokunststoffe eingesetzt. Der Anteil der Materialkosten der Geokunststoffe an der Bausumme liegt dabei deutlich unter 1 %.

Ohne den Einsatz der geogitterbewehrten Steilböschungen und Stützkonstruktionen wäre die Baumaßnahme kaum umsetzbar gewesen. Alternative Bauweisen wie z. B. Winkelstützen oder andere Stahlbetonkonstruktionen hätten auf dem verformungsintensiven Untergrund einer Tiefgründung, eines Vollbodenaustausches oder intensiver Baugrundverbesserungen bedurft. Höhenfreie Kreuzungsbauwerke und die seitlichen Lärmschutzeinrichtungen würden als Stahlbetonkonstruktionen frei und weit sichtbar das zukünftige Stadt- und Landschaftsbild nachhaltig stören und nicht definierbare Wartungsaufwendungen nach sich ziehen.

Verfügbare und minderwertige Böden konnten sinnvoll und wirtschaftlich zur angestrebten Flächenaufhöhung genutzt werden. Ein ökologischer Vergleich kann kaum erstellt werden, dürfte aber auf Basis bestehender Untersuchungen (Egloffstein, 2009) eindeutig zugunsten der gewählten Lösung ausgehen.

Die veranschlagte Bausumme wurde durch die Wahl innovativer Konzepte und die termingerechte Herstellung unterschritten, sodass ein Bonus zur Auszahlung kommen wird.

Wir, die an der Planung und am Bau beteiligten Ingenieure und Kaufleute, sind mit der gesellschaftlichen Aufgabe betraut, anforderungsgerechte Verkehrstraßen zur Verfügung zu stellen. Insbesondere in dicht besiedelten Gebieten ergeben sich dabei nur schwer zu lösende Konflikte und Zwangspunkte. Die erforderlichen Bauwerke müssen landschaftlich und ökologisch verträglich und finanzierbar sein. Die flächen- und ressourcenschonende Bauweise der geogitterbewehrten Erde kann und wird dabei in Zukunft eine zentrale Rolle einnehmen.

Die Autoren, die direkt in die Planung, Bauüberwachung und Projektvorbereitung eingebunden waren, danken stellvertretend den Projekt-, Planungs- und Baubeteiligten für die konstruktive, partnerschaftliche und zielführende Zusammenarbeit.

Literaturverzeichnis

Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e. V. (2010): EBGEO ­ Empfehlungen für den Entwurf und die Berechnung von Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunststoffen, 2. Auflage 2010, Verlag Ernst & Sohn, Berlin

DIN 1054 (2005-01): Baugrund ­ Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau, Verbreding A 2, Traject Amsterdam ­ Utrecht, A 2 Beter En Betrouwbaar, Rijkswaterstaat, Ministerie van Verkeer en Waterstaat, Stand 27. Februar 2009

Ve r s t r a a t e n, W. (2010): A 2 Hoogelegen ­ hét voorbeeldproject voor het succesvol, samen realiseren van een integraal projectvoor en met de omgeving (unveröffentlicht)

R a m k e m a, A.; Vo l l m e r t, L. (2010): Gewapende Grond als Landschapselement? geokunst, 1/2010, S. 63­65

E g l o f f s t e i n, T. (2009): Bauverfahren mit mineralischen Baustoffen und Bindemitteln im ökologischen Vergleich mit dem Einsatz von Geokunststoffen, Tagungsband zum GeokunststoffKolloquium 2009, Hrsg. NAUE GmbH & Co. KG