FGSV-Nr. FGSV 002/106
Ort Stuttgart
Datum 02.04.2014
Titel Nachfragephänomene von Free Floating Car Sharing-Systemen – Räumlich-Zeitliche Angebots-Nachfrage-Asymmetrie
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus Bogenberger, Simone Weikl
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Dieser Artikel befasst sich mit Nachfragephänomenen bei free floating Carsharing Systemen (FFCS), die zu Ungleichgewichten zwischen dem Fahrzeugangebot und der Fahrzeugnachfrage führen. Basierend auf reellen historischen Buchungsdaten eines FFCS in München werden allgemeine Eigenschaften der Carsharing Nachfrage durch eine umfangreiche Clusteranalyse hergeleitet. Anschließend können im Vergleich zu anderen Wochentagen ungewöhnlich buchungsschwache Montage identifiziert werden. Der Abgleich der Fahrzeugverteilung dieser Montage mit der Buchungsverteilung der buchungsstarken Tage zeigt, dass unterschiedliche Nutzungsmuster an Wochenenden und Werktagen einen Fahrzeugmangel in den nördlichen Zonen des Geschäftsgebiets sowie einen Fahrzeugüberschuss in den südlichen Zonen verursachen.

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1 Einleitung

Das Mobilitätskonzept Carsharing verzeichnete in den letzten 5 Jahren einen bemerkenswerten Kundenzuwachs. Dies liegt vor allem an der Entwicklung neuer sogenannter free floating Carsharing Systeme, die die klassischen stationsgebundenen Systeme ergänzen. Diese neuen Systeme ermöglichen dem Kunden Ein-Weg-Fahrten und zeichnen sich somit durch eine höhere Flexibilität aus. Der Anbieter definiert ein Geschäftsgebiet, in dem der Kunde nicht an Stationen gebunden ist. Für den erfolgreichen Betrieb eines free floating Carsharing Systems ist es von besonderer Wichtigkeit, dass zumindest ein Fahrzeug in der Nähe eines jeden potentiellen Kunden steht ([1]). Dies ist jedoch nicht immer gewährleistet, da Ein-Weg-Fahrten teils ein Ungleichgewicht zwischen Carsharing Angebot und Nachfrage verursachen. Mögliche Folgen sind also Zonen mit Fahrzeugmangel wohingegen andere Zonen einen Fahrzeugüberschuss aufweisen. Im Normalfall ist diese Abweichung marginal und beeinflusst den Systembetrieb nicht. Jedoch ist anzunehmen, dass die Abweichung in manchen Fällen schwerwiegend ist und durch dynamische Reallokation von Fahrzeugen aus überversorgten in unterversorgte Gebiete beseitigt werden sollte. Ein ähnliches Problem stellt die Re-Positionierung leerer Container im Bereich der Frachtlogistik dar. Die unterschiedliche Nutzung der Container führt zum Überschuss oder zum Mangel von Containern an Häfen (oder Container Depots).

Der Forschungsschwerpunkt beim Carsharing lag bislang vor allem im Bereich der Effekte dieses Mobilitätskonzepts auf Verkehr, Raum, Umwelt und Gesellschaft (z.B. [2]-[6]). Außerdem wurde die historische und zukünftige Entwicklung und die Potentialabschätzung dieses neuen Mobilitätskonzepts (z.B. [7], [8]) eingehend untersucht. Bezüglich der möglichen Abweichung zwischen räumlich-zeitlichem Fahrzeugangebot und -nachfrage konzentrierte man sich bislang ausschließlich auf Strategien und Algorithmen, die diese Abweichung mittels Fahrzeugumsetzungen durch den Betreiber optimal lösen (z.B. [9]-[11]). Ob, warum, wann, und in welchem Ausmaß solche Ungleichgewichte entstehen, wurde noch nicht eingehend untersucht. Dies ist jedoch unerlässlich, um die Dynamik der neuen free floating Carsharing Systeme zu verstehen und Versorgungsengpässen ggf. präventiv vorbeugen zu können. Für verschiedene Städte und Carsharing Systeme können Nachfragephänomene unterschiedlicher Ausprägung festgestellt werden. In dieser Arbeit wird exemplarisch ein free floating Carsharing System in München bezüglich dieser Fragestellung untersucht. Dazu werden reale historische Buchungsdaten des Systems umfangreich analysiert.

Um Nachfragephänomene identifizieren zu können, müssen zunächst allgemeine Eigenschaften der Carsharing Nachfrage des betrachteten Systems hergeleitet werden. Zunächst sollte Kenntnis darüber herrschen, an welchen Tagen und unter welchen äußeren Einflüssen Nachfragemuster ähnlich waren. Anschließend können dann eventuelle Abweichungen der Nachfrage bzw. Buchungsanzahl vom Normalfall abgeleitet werden. Im ersten Teil dieses Artikels folgt deshalb eine Clusteranalyse historischer Carsharing Buchungsdaten des Zeitraums November 2011 bis Oktober 2012. Diese Analyse erfolgt differenziert für 7 verschiedene Tages-Zeitscheiben. Aus datenbasierten Nachfrageindikatoren werden für jede Zeitscheibe und jeden Tag spezielle mehrdimensionale Nachfragevektoren erstellt, die anschließend mittels Hauptkomponentenzerlegung auf den zweidimensionalen Raum projiziert werden. Schließlich kann eine Clustermethode angewandt werden, die für jede Zeitscheibe Punkte bzw. Tage mit ähnlicher räumlich-zeitlicher Buchungsanzahl bündelt.

Im zweiten Teil dieser Arbeit werden dann die Ergebnisse der Clusteranalyse für die erste Zeitscheibe genauer betrachtet. Mehrere Montage weisen im Vergleich zu anderen Werktagen in dieser Zeitscheibe geringere Buchungsanzahlen auf. Diese Montage werden umfassend analysiert und somit die Ursachen der geringeren Nutzung des Systems bestimmt. Ist eine ungeeignete Verteilung der Fahrzeuge ursächlich, wird schließlich untersucht, wie diese zustande kam. Dabei spielen unterschiedliche Nutzungsmuster und – zwecke, wie sie beispielsweise an Werktagen und Wochenenden auftreten, eine entscheidende Rolle. Folglich zeigt der zweite Teil dieses Artikels, dass Fahrzeugreallokationen aufgrund unvorteilhafter Nachfragephänomene bei free floating Carsharing Systemen notwendig sind.

2 Betrachtetes Carsharing System und Datenbasis

Das betrachtete Carsharing System ist ein free floating Carsharing System in München. Das Geschäftsgebiet ist in Bild 1 dargestellt. Es umfasst eine Fläche von ca. 60 km2 im Stadtzentrum von München. Aufgrund von Parkrestriktionen ist die historische Altstadt vom Geschäftsgebiet ausgeschlossen.

Bild 1: Geschäftsgebiet des untersuchten free floating Carsharing Systems in München mit der für die Analyse definierten Unterteilung in 10 Zonen.

Mittlerweile wurde das Gebiet erweitert und umfasst einen etwas größeren Teil des Stadtgebiets. Die Kunden sind nicht an Stationen gebunden. Die Carsharing Fahrzeuge können auf jedem beliebigen Parkplatz innerhalb des Geschäftsgebiets abgestellt werden. Das Preismodell setzt sich aus einer festen Anmeldegebühr und einer zeitabhängigen Nutzungsgebühr sowie einer geringeren zeitabhängigen Parkgebühr zusammen. Diese Arbeit nutzt reale historische Carsharing Buchungsdaten des betrachteten Carsharing Systems für einen Zeitraum von einem Jahr von November 2011 bis Oktober 2012. Die Daten bestehen aus den Start- und Endzeiten, den GPS-Positionen der Starts und Enden, der Gesamtbuchungsdauern und der Fahrt- und Parkdauern jeder Carsharing Buchung im betrachteten Zeitraum.

3 Folgerungen aus vorhergehenden Datenanalysen

SCHMÖLLER UND BOGENBERGER [12] analysierten reale Buchungen/Fahrten eines free floating und eines Hybrid-Carsharing Systems in München. Hybrid-Carsharing Systeme basieren auf kleinen Parkraumquartieren und lassen im Vergleich zu free floating Systemen lediglich Rundfahrten zu. Jedes Fahrzeug ist einem Parkraumquartier zugeordnet. Die Rückgabe des Fahrzeugs muss innerhalb dieses Parkraumquartiers erfolgen. Die Untersuchungen zeigten, dass sich die Verteilung der Buchungen über die verschiedenen Werktage bei einem free floating System von derjenigen eines Hybridsystems mit Rundfahrten unterscheidet. Montage weisen bei free floating Systemen die geringste Buchungsanzahl auf, wobei im Wochenverlauf eine Steigerung der Buchungsanzahl festzustellen ist. Dies ist ungewöhnlich, da Montage bezüglich MIV und ÖPNV aufgrund der verstärkten Pendlerverkehre zu den Tagen mit der höchsten Verkehrsstärke bzw. der höchsten Auslastung zählen. Im Falle der Hybridlösung mit Rundfahrten ist dieses Phänomen der buchungsschwachen Montage jedoch nicht erkennbar. Montage weisen bezüglich der Buchungsanzahl Ähnlichkeiten zu anderen Werktagen auf, lediglich an Freitagen wird Carsharing wie auch im free floating System stärker genutzt. Dies lässt vermuten, dass das betrachtete free floating Carsharing System am Wochenanfang aufgrund von Versorgungsengpässen und einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gewisse Anlaufschwierigkeiten aufweist. SCHMÖLLER UND BOGENBERGER identifizierten ähnliche Phänomene für ein free floating Carsharing System in Berlin. Dies legt nahe, dass Angebots-Nachfrage-Asymmetrien ein generelles Problem von free floating Carsharing Systemen darstellen.

In diesem Artikel wird anhand empirischer Datenanalysen gezeigt, dass diese Ungleichgewichte tatsächlich auftreten und dass dies an den unterschiedlichen Nutzungsmustern und –zwecken an Werktagen und Wochenenden liegt.

4 Clusteranalyse der Carsharing Buchungsdaten

Da Montage, wie zuvor erwähnt, bezüglich der Buchungsanzahl bei FFCS die schwächsten Werktage darstellen, werden diese eingehend untersucht. Für das betrachtete Carsharing System identifizierten WEIKL UND BOGENBERGER in [13] für sechs verschiedene Zeitscheiben Gruppen von Tagen mit ähnlichen räumlichen Buchungsmustern. Dieser Ansatz wird im Folgenden erklärt.

Für die räumlich-zeitliche Carsharing Nachfrage werden charakteristische Indikatoren definiert. Der Hauptindikator für einen Buchungs-Hot-Spot ist eine sehr hohe Buchungsfrequenz oder eine sehr hohe Anzahl an Buchungsanfragen pro Zeitintervall. Sei N = 366 die Anzahl der im Datensatz der Carsharing Buchungen enthaltenen Tage und sei s = 10 die Anzahl der Analysezonen des Geschäftsgebiets. Für die makroskopische Modellierung wird das Geschäftsgebiet in 10 Analysezonen unterteilt (siehe Bild 1). Jede Zone besteht aus 6 oder 7 Verkehrszellen des Verkehrsumlegungsmodells der Stadt. Für die Definition der Analysezonen wird eine optimale Diskretisierung des Geschäftsgebiets, wie sie beispielsweise DAGANZO [14] vorschlägt, nicht berücksichtigt. Jeder der 366 analysierten Tage wird in sechs 3-Stunden-Intervalle von 6 Uhr bis 24 Uhr und ein 6-Stunden-Intervall von 0 Uhr bis 6 Uhr zerlegt. Zur Identifikation von räumlich-zeitlichen Buchungsmustern in einem bestimmten Zeitintervall werden die Nachfrageindikatoren für jede der 10 Zonen des Geschäftsgebiets und jeden Tag im betrachteten Zeitintervall berechnet. Der erste Indikator für Carsharing Nachfrage ist gegeben durch die Buchungsanzahl ni,,k in Zone i im j-ten Zeitintervall an Tag k, i = 1: s, j = 1: 7 und k = 1: N. Der zweite Indikator ist der Erwartungswert der Standzeiten der Fahrzeuge in Zone i, E(si,,k). Dieser enthält Informationen darüber, ob die Zone einen Fahrzeugmangel oder einen Fahrzeugüberschuss im betrachteten Zeitintervall aufwies. Hohe Standzeiten führen zu der Annahme, dass die Anzahl verfügbarer Fahrzeuge die Nachfrage überstieg. Für geringe Standzeiten kann hingegen das Gegenteil angenommen werden. Diese Information erleichtert die Entscheidung, ob Carsharing Fahrzeuge zwischen Zonen reallokiert werden sollten. Schließlich indiziert auch die Anzahl unerfüllter Buchungsanfragen ui,,k, ob die Fahrzeuganzahl in Zone i ausreichend war oder nicht. Zusätzliche Indikatoren, die in unserem Modell aus Komplexitätsgründen vernachlässigt wurden, sind die Zu- und Abflüsse von Fahrzeugen der Zone i pro Zeitintervall.

Anhand dieser drei Nachfrageindikatoren wird eine (3 ∗ s) x N Nachfragematrix für jede der 7 Zeitscheiben generiert. Bild 2 zeigt solch eine Nachfragematrix für die erste Zeitscheibe von 6 bis 9 Uhr.

Bild 2: (a) Ursprüngliche und (b) reduzierte Matrix der Carsharing Nachfrageindikatoren für Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr).

Die Zeilen entsprechen den verschiedenen Nachfrageindikatoren für die betrachtete Zeitscheibe und die Spalten entsprechen den einzelnen Tagen. Ziel ist es, Tage mit ähnlichen Buchungsmustern im betrachteten Zeitintervall zu bündeln. Dies geschieht durch eine Clustermethode, die Gruppen von räumlich in Beziehung stehenden zwei- dimensionalen Punkten bildet. Die in den Spalten der Matrix stehenden Buchungsvektoren für jeden der N Tage haben die Dimension 30. Sie können nur als zweidimensionale Punkte dargestellt werden, falls ihre Dimensionen reduziert werden. Durch Identifikation der zwei ersten Hauptkomponenten der Nachfragematrix wird die Matrix auf die Dimensionen 2 x N reduziert. Die Hauptkomponenten werden unter Zuhilfenahme der Software MATLAB berechnet. Die betrachteten zwei Hauptkomponenten sollten einen bestimmten Prozentanteil der Varianz der Nachfragevektoren beschreiben. Während der Analyse stellte sich heraus, dass die Nachfrageindikatoren 2 und 3 zu keinem signifikant besseren Ergebnis beitragen. Aus Gründen der Vereinfachung und Rechenintensität wird die Buchungsanzahl ni,j,k als einziger Nachfrageindikator genutzt. Für die Hauptkomponentenanalyse wird die reduzierte s x N Nachfragematrix in Bild 2(b) verwendet. Der Prozentanteil der Varianz, der durch die abgeleiteten Hauptkomponenten beschrieben wird, liegt zwischen 61% und 74% abhängig von der Zeitscheibe. Die beiden ersten Hauptkomponenten der betrachteten N Tage sind für Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr) in Bild 3 dargestellt. Verschiedene Wochentage sind in unterschiedlichen Formen und Farben dargestellt. Horizontale Abweichungen zwischen den Punkten illustrieren abweichende Werte der Buchungsanzahl (ansteigende Gesamtbuchungsanzahl von links nach rechts). Vertikale Abweichungen zeigen unterschiedliche räumliche Buchungskonzentrationen bezüglich der definierten s Zonen auf.

Die zweidimensionalen Punkte, die die Buchungen der verschiedenen Tage beschreiben, werden nun mit Hilfe der Clustermethode K-Means in MATLAB in Gruppen unterteilt. Die Methode K-Means wird aufgrund ihrer Einfachheit und Recheneffizienz bevorzugt. Außerdem eignet sie sich gut bei Daten mit wenigen Ausreißern und vergleichbarer Dichte und Größe der Cluster, was bei Betrachten der Hauptkomponenten anzunehmen war. Diese Methode partitioniert die Punkte der Nachfragematrix in l Cluster, indem die quadratische Summe der Euklidischen Distanzen zwischen den Punkten und den Clustermittelpunkten für jeden Cluster minimiert wird. Die Anzahl l der Cluster wurde für alle Zeitscheiben gleich 6 gesetzt. Diese Anzahl wurde während des Analyseprozesses als die für die Darstellung der Punkteverteilung geeignetste Zahl identifiziert. Die Zielfunktion der Clustermethode lautet wobei Ci dem i-ten Cluster, ci dem i-ten Clusterzentrum und dist dem euklidischen Abstand entspricht. Die Ergebnisse der Clustermethode sind für Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr) in Bild 3 dargestellt.

Bild 3: Ergebnisse der Clustermethode K-Means angewandt auf die ersten beiden Hauptkomponenten für die betrachteten 366 Tage in Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr)

Im Anschluss an die räumliche Identifikation der sechs Cluster werden deren Charakteristika durch Analyse ihrer enthaltenen Tage hergeleitet. Die Cluster werden bezüglich folgender Eigenschaften unterschieden: der Verteilung ihrer Tage über die einzelnen Wochentage und Jahreszeiten, der Anzahl an Feiertagen, der Anzahl an Tagen mit Großereignissen wie Fußballspielen, Konzerten oder Festivals, der Anzahl an Tagen mit Betriebsstörungen des öffentlichen Verkehrs und der Anzahl an Tagen mit plötzlichem Wetterumschwung. In den meisten Fällen ist die Charakterisierung anhand der Wochentagsverteilung die einzig signifikante Charakterisierung. Außerdem wird für jeden Cluster die durchschnittliche Buchungsanzahl im jeweiligen Zeitintervall und dessen Abweichung von der durchschnittlichen Buchungsanzahl aller Tage in dieser Zeitscheibe berechnet. Somit können Cluster mit reduzierter, durchschnittlicher oder erhöhter Anzahl an Buchungen im jeweiligen Zeitintervall identifiziert werden. Die Ergebnisse der Clustercharakterisierung für Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr) sind in Tabelle 1 dargestellt. Es ist offensichtlich, dass Werktage in dieser frühen Zeitscheibe eine höhere Buchungsanzahl aufweisen als Wochenenden.

Tabelle 1: Charakterisierung der Nachfragecluster für Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr)

Ein weiteres Ziel der Clusteranalyse ist eine Vorhersage der zukünftigen Nachfrage, die als Input für die optimale Reallokation der Carsharing Fahrzeuge benötigt wird. Für jede Zeitscheibe wird die Entwicklung der Cluster in der nächsten Zeitscheibe identifiziert. Dies ermöglicht die Antwort auf Fragen wie: „Die Carsharing Nachfrage verhält sich momentan gemäß Cluster A6 (Werktag mit maximaler Buchungsanzahl). Bleibt die Buchungsanzahl auch in der nächsten Zeitscheibe maximal? Was ist die voraussichtliche Buchungsanzahl (gesamt und pro Zone) für die nächste Zeitscheibe?“.

Betrachten wir beispielsweise die Entwicklung der sechs Cluster von Zeitscheibe 1 (6-9 Uhr) nach Zeitscheibe 2 (9-12 Uhr). Die Ergebnisse der Clustermethode für Zeitscheibe 2 sind in Bild 4 dargestellt. Die Ergebnisse der Clustercharakterisierung für Zeitscheibe 2 sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Bild 4: Ergebnisse der Clustermethode K-Means angewandt auf die ersten beiden Hauptkomponenten für die betrachteten 366 Tage in Zeitscheibe 2 (9-12 Uhr)

Tabelle 2: Charakterisierung der Nachfragecluster für Zeitscheibe 2 (9-12 Uhr)

Für jeden Cluster in Zeitscheibe 1 wird die Verteilung der enthaltenen Tage auf die Cluster in Zeitscheibe 2 berechnet. Diese Verteilung ist als Von-Zu-Matrix in Tabelle 3 dargestellt. Hohe Prozentanteile sind rot und geringe Prozentanteile grün markiert.

Tabelle 3: Zeitliche Entwicklung der Nachfragecluster in Zeitscheibe 1

Wochenenden oder offizielle Feiertage mit minimaler Buchungsanzahl (Cluster A1) haben mit einer Wahrscheinlichkeit von 66% eine reduzierte oder durchschnittliche Buchungsanzahl (Cluster B2 und B3) in Zeitscheibe 2. Die vorhergesagte Buchungsanzahl in Zeitscheibe 2 für diese Tage wird also als Durchschnitt der charakteristischen Buchungszahlen von Cluster B2 und B3 berechnet. Diese Berechnung wird für alle anderen Clusterentwicklungen wiederholt. Für Tage mit reduzierter Buchungsanzahl (meist Samstag bis Montag, Cluster A2) ist es schwierig, die Buchungsentwicklung zu identifizieren aufgrund der relativ homogenen Verteilung der Tage auf alle Cluster in Zeitscheibe 2. Die meisten dieser Tage verfügen über eine erhöhte Buchungsanzahl in Zeitscheibe 2 (Cluster B5). Werktage mit durchschnittlicher Buchungsanzahl in Zeitscheibe 1 (Cluster A3) tendieren zu reduzierter oder durchschnittlicher Buchungsanzahl in Zeitscheibe 2 (Cluster B2 und B4). Werktage mit erhöhter Buchungsanzahl in Zeitscheibe 1 (Cluster A4) sind mit einer Wahrscheinlichkeit von 63% Werktage mit durchschnittlicher Buchungsanzahl in Zeitscheibe 2 (Cluster B3 und B4). Werktage mit stark erhöhter Buchungsanzahl (Cluster A5) tendieren zu erhöhter oder durchschnittlicher Buchungsanzahl in Zeitscheibe 2 (Cluster B4 und B5). Schließlich haben Werktage mit maximaler Buchungsanzahl in Zeitscheibe 1 (Cluster A6) mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhöhte oder sogar stark erhöhte Buchungsanzahl in Zeitscheibe 2 (Cluster B5 und B6). Zusammenfassend entwickeln sich die meisten Cluster zu Clustern von gleichem Rang in Zeitscheibe 2. Dies wird auch anhand der roten Einträge der Von-Zu-Matrix ersichtlich, die sich meist nahe der Matrixdiagonalen befinden. Eine Ausnahme bildet der Cluster A2 (reduzierte Buchungsanzahl, meist Samstag bis Montag) mit einer nahezu homogenen Verteilung auf alle Cluster in Zeitscheibe 2. Dies ist zurückzuführen auf die Verteilung der unterschiedlichen Werktage in Cluster A2 auf die verschiedenen Cluster in Zeitscheibe 2.

Die durchgeführte Clusteranalyse identifizierte die Entwicklungen der Buchungsanzahl für den Übergang zwischen Zeitscheibe 1 und Zeitscheibe 2. Diese Vorgehensweise wird für alle anderen Übergänge zwischen verschiedenen Zeitscheiben wiederholt. Die makroskopischen Ergebnisse sind Vorhersagen der Buchungsanzahl des nächsten Zeitintervalls. Für die Reallokation der Carsharing Fahrzeuge sollten die Buchungsvorhersagen auf einer mikroskopischen (Zonen-)Ebene vorhanden sein. Für jeden Cluster kann die durchschnittliche Buchungsanzahl pro Zone einfach berechnet werden. Da vertikale Abweichungen zwischen den Hauptkomponentenpunkten verschiedene räumliche Buchungskonzentrationen repräsentieren, könnte jeder Cluster in Tage mit positiver zweiter Hauptkomponente und Tage mit negativer zweiter Hauptkomponente zerlegt werden. Dies würde zu einer Verbesserung der mikroskopischen Ergebnisse führen. Für Zeitscheibe 1 würde die Anzahl der Cluster beispielsweise auf 10 erhöht, da die Cluster A1, A2, A3 und A6 in jeweils 2 Cluster zerlegt würden. Dies hat den Effekt, dass die verschiedenen Cluster auch Tage mit ähnlichen räumlichen Buchungskonzentrationen enthalten und nicht nur Tage mit ähnlicher Gesamtbuchungsanzahl. Für jeden der 10 Cluster in Zeitscheibe 1 wird die Buchungsanzahl dann auf Zonenebene berechnet. Wie zuvor wird eine Von-Zu-Matrix für die 10 Cluster hergeleitet.

5 Detailanalyse buchungsschwacher Montage

Wochenenden und Feiertage haben in Zeitscheibe 1 (6 Uhr bis 9 Uhr) minimale Nachfrage, da das System an diesen Tagen offensichtlich zeitlich erst etwas später stärker genutzt wird. Auffällig ist die im Vergleich zu anderen Werktagen größere Anzahl an Montagen in Cluster A2 mit reduzierter Buchungsanzahl. Zusätzlich kann festgestellt werden, dass Montage in ihren Buchungsanzahlen stärker streuen als andere Wochentage. Dies könnte an den unterschiedlichen Nutzungsmustern an Sonntagen (Freizeitfahrten) liegen, die zu möglicherweise unterschiedlich stark ausgeprägten suboptimalen Ausgangsverteilungen der Fahrzeuge für die darauf folgenden Montage (Berufsfahrten) führen. Es stellt sich die Frage, wie sich die identifizierten Montage mit geringerer Anzahl an Buchungen in den nächsten Zeitscheiben entwickeln und ob für die geringeren Buchungsanzahlen tatsächlich eine Abweichung zwischen dem räumlichen Fahrzeugangebot und der räumlichen Fahrzeugnachfrage ursächlich ist.

5.1 Prozentuale Vergleiche von Fahrzeug- und Buchungsverteilung

Zunächst wird die durchschnittliche räumliche Fahrzeugverteilung der Montage in Cluster A2 um 6 Uhr, also zu Beginn der Zeitscheibe 1, berechnet. Jedem der 10 Zonen des Geschäftsgebiets wird dabei die durchschnittliche Anzahl der darin verfügbaren Fahrzeuge an diesen Montagen um 6 Uhr zugeordnet. Die prozentuale durchschnittliche Fahrzeugverteilung dieser Montage ist in Bild 5 links oben dargestellt. Um eine Aussage darüber zu erhalten, inwieweit diese Fahrzeugverteilung von der tatsächlichen Nachfrage an Wochentagen abweicht, wird der Werktags-Cluster A6 mit maximaler Anzahl an Buchungen analysiert. Es wird vorausgesetzt, dass an diesen Tagen eine bessere Fahrzeugverteilung zu einer höheren Buchungsanzahl führte. Für alle 10 Zonen wird nun die durchschnittliche Anzahl an Buchungen dieses Clusters berechnet. Daraus ergibt sich die durchschnittliche räumliche Buchungsverteilung der Werktage mit maximaler Buchungsanzahl in dieser Zeitscheibe. Die jeweiligen Prozentanteile sind in Bild 5 links unten dargestellt. Anschließend vergleicht man diese Buchungsverteilung des Maximalclusters mit der zuvor berechneten Ausgangsverteilung der Fahrzeuge an Montagen mit schwacher Auslastung. Dabei stellt ein im Vergleich zur Buchungsanzahl höherer Prozentsatz der Fahrzeuganzahl je Zone einen prozentualen Fahrzeugüberschuss dar, wohingegen ein geringerer Prozentsatz der Fahrzeuganzahl einen prozentualen Fahrzeugmangel indiziert. Dies ist in Bild 5 oben rechts dargestellt. Das Balkendiagramm im selben Bild unten rechts verdeutlicht, dass an den schwachen Montagen in Zeitscheibe 1 prozentuales Angebot und prozentuale Nachfrage in Zone 4 nahezu ausgeglichen ist. Die südlichen Zonen 2,5 und 7 weisen einen prozentualen Fahrzeugüberschuss von ca. 2%, 1% und 2% auf. Der Fahrzeugüberschuss ist in den Zonen 1,3 und 6 sogar signifikanter mit Prozentanteilen von 6%,  4% und 3%. Die nördlichen Zonen 8,9 und 10 zeigen mit -7%, -4% und -6% einen deutlichen prozentualen Fahrzeugmangel. Es kann also eine Nord-Süd-Asymmetrie identifiziert werden (siehe rote Linie in der Karte rechts in Bild 5) – Fahrzeuge sammeln sich an Sonntagen im Süden des Geschäftsgebiets, während sie an den darauf folgenden Montagen im Norden benötigt werden.

Bild 5: Vergleich zwischen durchschnittlicher Fahrzeugverteilung der Montage in Cluster A2 unddurchschnittlicher Buchungsverteilung des Maximalclusters A6.

5.2 Ungleichgewichtsindex

Im vorherigen Abschnitt wurde die durchschnittliche Fahrzeugverteilung der buchungsschwachen Montage mit der durchschnittlichen Buchungsverteilung der Tage mit maximaler Buchungsanzahl verglichen. Dabei wurden Prozentwerte verglichen, die einen prozentualen Fahrzeugmangel in bestimmten Gebieten identifizierten. Dies bedeutet, dass eine Verschiebung von Fahrzeugen in diese Gebiete aufgrund der abweichenden prozentualen Buchungsverteilung im Geschäftsgebiet sinnvoll gewesen wäre. Absolute Fahrzeugmängel oder Fahrzeugüberschüsse wurden durch diese Methode nicht identifiziert. Um zu zeigen, dass die Fahrzeugverteilungen an Wochentagen in Cluster A6 besser waren als an buchungsschwachen Montagen in Cluster A2, wird zusätzlich zur vorherigen Berechnung ein Ungleichgewichtsindex berechnet. Zunächst werden die Hot Spots der Buchungen der buchungsstarken Tage in Cluster A6 berechnet. Dies geschieht durch Überlagerung des Geschäftsgebiets mit einem Gitter kleiner Zellen der Kantenlänge 200 Meter. Hot Spots sind diejenigen Zellen des Geschäftsgebiets, die im Vergleich zum Durchschnittswert aller Zellen eine statistisch signifikant höhere Anzahl an Buchungen aufweisen. Diese Hot Spots werden mittels des Geoinformationssystems ArcGIS berechnet. Die durchschnittlichen Hot Spots des Clusters A6 sind mit ihren geographischen Mittelpunkten in Bild 6 links rot dargestellt.

Anschließend werden die Fahrzeugverteilungen aller 10 schwachen Montage in Cluster A2 und der 27 Tage im Maximalcluster A6 untersucht. Für jede Fahrzeugverteilung wird die Summe der Euklidischen Abstände eines jeden Fahrzeugs zum nächstgelegenen Mittelpunkt der durchschnittlichen Hot Spots des Clusters A6 berechnet. Diese Summe wird durch die Gesamtanzahl der im Geschäftsgebiet verfügbaren Fahrzeuge geteilt. Das Ergebnis ist die durchschnittliche Euklidische Distanz eines Fahrzeugs zu den Hot Spots des Maximalclusters. Die systematische Berechnung des Ungleichgewichtsindex ist in Bild 6 erklärt. Die einzelnen Werte des Ungleichgewichtsindex sind in der Farbskala in Bild 6 als schwarze Pfeile dargestellt. Links sind die Werte der Fahrzeugverteilungen des Maximalclusters aufgetragen und rechts die Werte der Fahrzeugverteilungen der buchungsschwachen Montage. Der Median des Ungleichgewichtsindex der Tage des Maximalclusters ist geringer als der Median der schwachen Montage. Dies zeigt, dass die Verteilung der Carsharing Fahrzeuge an den Tagen in Cluster A6 besser war und dass dies der Grund für eine höhere Buchungsanzahl im Vergleich zu den buchungsschwachen Montagen war.

Bild 6: Durchschnittliche Buchungs-Hot-Spots der Tage des Maximalclusters A6 der Zeitscheibe 1 und systematische Berechnung des Ungleichgewichtsindex.

6 Mögliche Gründe für die Asymmetrien zwischen Angebot und Nachfrage

Um die Ursachen für dieses Versorgungsungleichgewicht zu identifizieren, werden zunächst die Zonen mit Fahrzeugüberschuss bezüglich ihrer Lage und ihres Charakters etc. untersucht. So können die montags auftretenden Fahrzeugüberschüsse in gewissen Gebieten den im Vergleich zu Werktagen abweichenden Fahrtzwecken am Wochenende zugeordnet werden. Betrachtet man sozio-demographische Daten der Zonen 1 bis 7, so fällt auf, dass diese Zonen eine relativ geringe Bevölkerungsdichte und eine geringe Firmendichte aufweisen (siehe Bild 7). Das Überangebot an Fahrzeugen in diesen Zonen entsteht also durch die (Ein-Weg-)Freizeitfahrten in diese Zonen am Wochenende. Betrachtet man die Zonen 8 bis 10 mit Fahrzeugmangel, so zeichnen sich diese durch eine hohe Bevölkerungsdichte und somit durch eine hohe Anzahl an Wohnplätzen potentieller Kunden aus. Der Fahrzeugmangel in diesen Gebieten trägt dazu bei, dass Fahrten zum Arbeitsplatz montagmorgens nicht durchgeführt werden können.

Bild 7: Einwohner pro Quadratkilometer (links) und Firmen pro Quadratkilometer (rechts)

Diese Annahmen werden durch die durchschnittlichen Fahrt- und Parkdauern, die durchschnittlichen Distanzen und die durchschnittlichen Endzeiten der letzten Buchungen vor 6 Uhr morgens an buchungsschwachen Montagen bestätigt (siehe Tabelle 4). Die letzten Carsharing Fahrten, die in überversorgten Zonen vor 6 Uhr morgens an buchungsschwachen Montagen endeten, hatten durchschnittlich längere Fahrtdauern und längere Distanzen als die Fahrten, die in unterversorgten Zonen endeten (27,8 Fahrminuten vs. 22,6 Fahrminuten und 13,7 km vs. 9,8 km). Außerdem weisen die Fahrten zu überversorgten Zonen geringere durchschnittliche Parkdauern als Fahrten zu unterversorgten Gebieten auf. Dies trifft vor allem auf die am stärksten überversorgte Zone 1 zu (11,8 Parkminuten vs. 16,8 Parkminuten). Die höheren durchschnittlichen Fahrtdauern und Distanzen zusammen mit den geringeren durchschnittlichen Parkdauern lassen vermuten, dass es sich bei den Fahrten in die südlichen Zonen um Ein-Weg-Freizeitfahrten handelt, wohingegen in den nördlichen Zonen mehr Rundfahrten enden. Tatsächlich ist der Anteil der Rundfahrten für die Fahrten in überversorgte Zonen geringer (26% vs. 31,1%). Zusätzlich endeten die letzten Fahrten an Wochenenden vor buchungsschwachen Montagen in überversorgten Gebieten früher als in unterversorgten Gebieten. Beispielsweise endeten die letzten Buchungen in Zone 1 durchschnittlich sonntags um 11:20 Uhr wohingegen dies in den unterversorgten Zonen 8 und 10 durchschnittlich etwa zwei Stunden später um 14:34 Uhr der Fall war. Diese unterschiedlichen räumlich-zeitlichen Buchungsmuster resultieren schließlich in Angebots-Nachfrage-Asymmetrien.

7 Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Artikel wurden Nachfragephänomene, die zu einem Ungleichgewicht zwischen Fahrzeugangebot und Fahrzeugnachfrage führen, für ein free floating Carsharing System in München identifiziert. Zunächst wurden allgemeine Eigenschaften der Carsharing Nachfrage durch eine umfassende Clusteranalyse historischer Carsharing Buchungsdaten hergeleitet. Dazu wurden für jeden der betrachteten 365 Tage des Datensets und sechs verschiedene Zeitscheiben mehrdimensionale Nachfragevektoren erstellt. Diese Vektoren wurden mittels Hauptkomponentenzerlegung auf den zweidimensionalen Raum projiziert. Eine Clustermethode bündelte dann Tage mit ähnlichen Nachfragemustern für jede der sechs Zeitscheiben. Die Charakteristika der einzelnen Cluster wurden schließlich durch Analyse der enthaltenen Tage identifiziert.

Tabelle 4: Vergleich zwischen allen Buchungen des Datensets und den letzten Buchungen vor buchungsschwachen Montagen (6 Uhr morgens): Durchschnittliche Fahrt- und Parkdauern, durchschnittliche Distanzen, durchschnittliche Endzeiten der letzten Buchungen und Prozentanteil der Rundfahrten

Ein weiteres Ergebnis der Clusteranalyse stellt die Vorhersage der zukünftigen Carsharing Nachfrage dar, die als Input für die optimale Reallokation bzw. Verteilung der Carsharing Fahrzeuge benötigt wird. Dazu wurde die Entwicklung der einzelnen Cluster einer Zeitscheibe im Übergang zur nächsten Zeitscheibe untersucht. Die Verteilung der in einem Cluster enthaltenen Tage auf die Cluster in der nächsten Zeitscheibe dient dann der Prognose der zukünftigen Nachfrage basierend auf der momentanen Buchungsanzahl und Buchungsverteilung.

Im zweiten Teil dieses Artikels wurden anhand der zuvor hergeleiteten Clustereinteilung Angebots-Nachfrage-Asymmetrien identifiziert. Das untersuchte free floating System wurde an Montagen im Vergleich zu anderen Wochentagen weniger häufig genutzt. Dies führte zu der Hypothese, dass Montage aufgrund einer suboptimalen Fahrzeugverteilung gewisse Anlaufschwierigkeiten aufweisen. Aus diesem Grund wurden auffällig buchungsschwache Montage in Zeitscheibe 1 mit den Tagen des Clusters mit maximaler Buchungsanzahl in dieser Zeitscheibe verglichen. Prozentuale Abweichungen zwischen der durchschnittlichen Fahrzeugverteilung der buchungsschwachen Montage und der durchschnittlichen Buchungsverteilung des Maximalclusters zeigten eine Angebotsasymmetrie zwischen den nördlichen und südlichen Zonen des Geschäftsgebiets. Fahrzeuge sammelten sich während des Wochenendes in den südlichen Zonen während sie an den folgenden Montagen zur Nutzung in den nördlichen Zonen fehlten. Zusätzlich zu dieser prozentualen Betrachtung wurde ein Ungleichgewichtsindex berechnet. Dieser zeigte, dass die Fahrzeugverteilung im Vergleich zu den Buchungs-Hot-Spots an Tagen mit stärkerer Nutzung des Systems suboptimal war. Eine Überlagerung der Zonen mit den Bevölkerungs- und Firmendichten zeigte, dass das Ungleichgewicht durch verschiedene Nachfragemuster an Wochenenden und Werktagen verursacht wird. An Wochenenden werden überwiegend Ein-Weg-Fahrten mit Freizeitzweck in die südlichen Zonen durchgeführt während an Werktagen Fahrten vom Wohnsitz zur Arbeit aus nördlichen Zonen überwiegen. Dies wurde auch durch Betrachtung der durchschnittlichen Fahrt- und Parkdauern, der durchschnittliche Distanzen, der durchschnittlichen Endzeiten der letzten Buchungen am Sonntag und dem Prozentanteil der Rundfahrten der verschiedenen Zonen deutlich.

Zusammenfassend sollte erwähnt werden, dass Fahrzeugreallokationen bei free floating Carsharing Systemen in gewissem Ausmaß notwendig sind, um eine bessere Fahrzeugverfügbarkeit zu gewährleisten. Fahrzeugreallokationen erhöhen einerseits den Gewinn des Betreibers, falls der durch zusätzliche Kundenfahrten generierte Gewinn die Transferkosten übersteigt. Andererseits werden die Zuverlässigkeit des Systems sowie die Kundenzufriedenheit durch die optimierte Verteilung der Fahrzeuge gesteigert. Dies erweitert die Zielgruppe des Carsharing und dient der positiven Entwicklung hin zum alltagstauglichen Mobilitätskonzept für Jedermann. Gerade hinsichtlich der positiven Effekte des Carsharing auf Verkehr, Raum, Umwelt und Gesellschaft sind Fahrzeug-Reallokationen also durchaus positiv zu bewerten.

Schließlich sollten die identifizierten Angebots-Nachfrage-Asymmetrien zukünftig als Input für die Entwicklung mathematischer Reallokationsmodelle für free floating Carsharing Systeme genutzt werden.

8 Danksagung

Die Autoren danken dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die Förderung dieser Arbeit im Rahmen des Projekts E-Plan München.

9 Literatur

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