FGSV-Nr. FGSV 001/22
Ort Düsseldorf
Datum 08.10.2008
Titel Ansprache des Abteilungsleiters Straßenbau, Straßenverkehr im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Autoren Prof. Dr.-Ing. Josef Kunz
Kategorien Kongress
Einleitung

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Gerbens, sehr geehrter Herr Präsident a. D. Dr. Sparmann, Herr Dr. Bröhl, Herr Professor Reichelt, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zunächst möchte ich Ihnen, Herr Gerbens, ganz herzlich zu Ihrem neuen Amt gratulieren und wünsche Ihnen eine gute Hand bei der Führung eines so großen und für uns so wichtigen Vereins wie der FGSV. Ihnen, Herr Dr. Sparmann, möchte ich für Ihr unermüdliches Engagement in all den Jahren danken und Ihnen alles Gute bei bester Gesundheit für die vielen Aktivitäten wünschen, die Sie sich für die Zukunft vorgenommen haben.

Im Programm ist vorgesehen, dass Herr Bundesminister Wolfgang Tiefensee jetzt eine Ansprache hält. Seine Anwesenheit ist heute jedoch bei der Verkehrsministerkonferenz in Dessau zwingend erforderlich, und er bedauert sehr, hier nicht teilnehmen zu können. Dafür freue ich mich, als sein Vertreter auf diesem Kongress umso mehr, Ihnen herzliche Grüße von Herrn Minister Tiefensee überbringen zu können und dem Kongress einen guten Verlauf zu wünschen. Und auch ich persönlich begrüße Sie alle sehr herzlich, besonders auch die Gäste aus dem Ausland. Herzlich Willkommen!

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

Sehr verehrte Damen und Herren!

Unser wichtigstes verkehrspolitische Ziel ist die Sicherung der Mobilität von Personen und Gütern. Wie Sie wissen, übernimmt die Straße dabei eine bedeutsame Rolle. Und ich freue mich, dass die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen mit der Entwicklung von Technischen Regelwerken bedeutsame fachliche Grundlagen für die Sicherung unserer Mobilität auf der Straße leistet. Die Arbeit der FGSV ist für das BMVBS deswegen von hoher Bedeutung.

Für ihre Arbeit spielen Grundsatzfragen der Verkehrsplanung, der Verkehrssicherheit, Innovationen des Straßenbaus, das Mobilitätsmanagement und der Umweltschutz in einer integrierten Betrachtungsweise eine große Rolle. Auf dem Deutschen Straßen- und Verkehrskongress werden die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiet des Straßen- und Verkehrswesens präsentiert und diskutiert. Dieser Kongress ist eine Plattform für den Meinungsaustausch zwischen Straßen- und Verkehrsverwaltungen, Wissenschaft und Bauwirtschaft. Das Programm dieses Kongresses mit insgesamt sechs Vortragsreihen ist wieder einmal vielversprechend und wir alle erhoffen uns aus den Fachvorträgen und den Gesprächen wertvolle Impulse und Anregungen.

Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam weiter an der Erhaltung, der Pflege und dem gezielten Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur arbeiten. Ich möchte im Weiteren speziell auf einige Themen eingehen, die diese Aufgabe massiv beeinflussen. Lassen Sie mich mit der Finanzierungssituation im Straßenbau-Haushalt beginnen!

Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses vom 2. Juli 2008 zum Haushaltsentwurf 2009 und zur Finanzplanung bis 2012 erhöht sich der Investitionsansatz für die Bundesfernstraßen 2009 gegenüber dem Ansatz der alten Finanzplanung um ca. 650 Mio. €; gegenüber 2008 ist dies eine Steigerung um ca. 300 Mio. €.

Für Investitionen sind insgesamt 5,2 Mrd. € vorgesehen, davon für Bedarfsplanmaßnahmen ca. 2,4 Mrd. €, und für Erhaltungsinvestitionen ca. 2 Mrd. €. In der Summe 2009 bis 2012 erhöhen sich die Ansätze um insgesamt ca. 1,9 Mrd. €, die vorwiegend durch Mautmehreinnahmen bedingt sind. Diese sind jedoch wiederum abhängig von der Zustimmung des Bundesrates zur Mauthöheverordnung. Vorbehaltlich der Verabschiedung des Haushaltsentwurfes durch den Deutschen Bundestag stehen damit in 2009 für die Bundesfernstraßen insgesamt ca. 6,2 Mrd. € an Ausgabemitteln zur Verfügung. Der Anteil der Mautmittel über die VIFG beträgt davon 2,2 Mrd. €. Zurzeit, also im 1. Halbjahr 2008 lag der Mautumsatz bei fast 1,8 Mrd. €, der Wert lag für das 1. Halbjahr 2007 bei ca. 1,6 Mrd. €. Dies entspricht für das 1. Halbjahr 2008 einer Steigerung von 9,6 % gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr.

Die Umsetzung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen verläuft äußerst zufriedenstellend. Wie Sie wissen, weist der Bedarfsplan ein vordringliches Investitionsvolumen für den Aus- und Neubau von Bundesfernstraßen von ca. 51,5 Mrd. € auf. Wir können feststellen, dass bis heute Schwerpunkte der Bedarfsplanmaßnahmen mit einem Volumen von fast 20 Mrd. € realisiert wurden. Für weitere im Bau befindliche Projekte sind noch ca. 7 Mrd. € abzufinanzieren.

Der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit wurde im Bundesverkehrswegeplan und im aktuellen Investitionsrahmenplan auf die Erhaltung der Straßeninfrastruktur gelegt. Die Erhaltung der bestehenden Verkehrsinfrastruktur ist von herausragender volkswirtschaftlicher Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Mobilität der Bürger. Aus dieser Bedeutung erwächst der Anspruch an eine nachhaltige Erhaltungspolitik, die auf einen hohen Gebrauchs- und Sicherheitswert der Verkehrsinfrastruktur ohne Substanzverzehr zu Lasten künftiger Generationen ausgerichtet sein muss. Wir schaffen und sichern damit auch Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und in den damit verbundenen Wirtschaftszweigen.

Eine ausreichende Qualität der Bundesfernstraßen kann nur mit einer verstärkt substanzorientierten Erhaltung gesichert werden. Dabei kommt einer technisch, wirtschaftlich und baubetrieblich optimierten Erhaltungsplanung eine verstärkte Bedeutung zu. Zur Unterstützung dieser netzweiten Optimierung der Erhaltungsplanung wurde in den letzten Jahren ein bundesweites Erhaltungsmanagement vom BMVBS mit Unterstützung der Straßenbauverwaltungen der Bundesländer, der BASt und der FGSV entwickelt und sukzessive eingeführt. Ziel der mit den Bundesländern koordinierten Erhaltungsplanung ist es, auf verkehrlich hoch belasteten Strecken baustellenbedingte Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten und somit dem Verkehrsteilnehmer eine leistungsfähige und sichere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.

Mit den veranschlagten Bundesfernstraßeninvestitionen wird es möglich sein, die Vorhaben des Masterplans Güterverkehr und Logistik umzusetzen. Vor dem Hintergrund der Globalisierung und der zunehmenden Arbeitsteilung wird die Güterverkehrsleistung in Deutschland nach aktuellen Verkehrsprognosen bis zum Jahr 2025 im Straßenfernverkehr um 84 % wachsen. Dieser Anstieg leistet einerseits einen unverzichtbaren Beitrag zu Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Beschäftigung, andererseits bringt er aber auch Belastungen für Mensch und Umwelt mit sich. Der am 16. Juli 2008 vom Bundeskabinett verabschiedete Masterplan setzt darauf, die infrastrukturellen Herausforderungen durch eine effizientere Nutzung der Verkehrswege, durch eine Vermeidung unnötiger Verkehre, gute Arbeitsbedingungen und qualitativ hochwertige Ausbildung der Beschäftigten im Güterverkehr und Logistik, bei einer zugleich verbesserten Berücksichtigung der Anforderungen von Umwelt- und Klimaschutz zu meistern.

Wo Engpässe bestehen und wo eine Entmischung von Personen- und Güterverkehr Entlastung und mehr Effizienz verspricht, werden Ausbau- und Neubaumaßnahmen in Angriff genommen. Um die Durchlassfähigkeit und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sollen betroffene Bundesautobahnen 6 bis 8-streifig ausgebaut werden. Neben dem Aus- und Neubau werden wir deshalb noch stärker als bisher den Ausbau der Verkehrslenkungs- und Verkehrsmanagementsysteme vorantreiben. Auch das Baustellenmanagement wollen wir vor allem durch kürzere Bauzeiten deutlich verbessern. Alle Maßnahmen des Masterplans berücksichtigen gleichzeitig ökonomische, ökologische und soziale Interessen. Sie zielen auf wirtschaftliche Effizienz, Umweltfreundlichkeit und Sozialverantwortung.

Mit dem deutlich gestiegenen Verkehrsaufkommen der letzten Jahre hat auch der Ausbau der Rastanlagen auf den Bundesautobahnen nicht überall Schritt halten können. Durch die Einhaltung der im Rahmen der EG-Sozialvorschriften für Fahrpersonal vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechungen und Ruhepausen der Lkw-Fahrer kommt es trotz der beträchtlichen Zahl der verfügbaren Lkw-Parkstände vor allem auf den Rastanlagen der Hauptachsen von Montag bis Donnerstag abends und nachts immer wieder zu Engpässen entlang den Bundesautobahnen. Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer durchgeführten bundesweiten Erhebung zeigen, dass heute bereits ca. 14 000 Lkw-Parkstände fehlen.

Im BMVBS haben wir bereits zum 1. Oktober letzten Jahres eine Projektgruppe gegründet, die sich mit dem Thema Lkw-Parkengpässe auf den Bundesautobahnen befasst und Lösungswege aufzeigen soll. Wir setzen das laufende Ausbauprogramm zur Verbesserung des Parkflächenangebots auf Rastanlagen der Bundesautobahnen gemeinsam mit den Ländern beschleunigt um. Dafür sind bis 2015 insgesamt 260 Mio. € vorgesehen.

Erste Pilotprojekte zur besseren Auslastung vorhandener Parkplätze sind bereits angelaufen. Mit innovativen Ideen und modernster Technik soll die Parkraumbewirtschaftung in den kommenden Jahren deutlich verbessert werden. Elektronischen Anzeigen ermöglichen Lkw-Fahrer frühzeitig zu erkennen, ob an der nächsten Rastanlage freie Parkplätze zur Verfügung stehen. Ergänzt werden kann dies – analog zur Aktion Staumelder – durch Meldungen über die aktuelle Lkw-Parkplatzsituation im Radio. Entsprechend sind auch die bisherigen „Richtlinien für Rastanlagen an Straßen“ (RR 2001) und weitere bestehende Regelungen zu Rastanlagen zu überarbeiten. Der Arbeitskreis „Rastanlagen“ der FGSV hat den Entwurf der neuen „Richtlinien für Rastanlagen an Straßen“ (RR) vorgelegt. Bei der Bearbeitung wurden die aus der vorhandenen Engpasssituation resultierenden Erkenntnisse berücksichtigt. Die Einführung der neuen „Richtlinien für Rastanlagen an Straßen“ ist für das Jahr 2009 vorgesehen. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich an die Kollegen in den Ländern wenden und mich ihres zielgerichteten Engagements vergewissern. Diese politisch herausragende Aufgabe und die damit verbundenen großen Herausforderungen können wir nur meistern, wenn wir gemeinsam unsere Ideen und unsere Lösungskompetenz einbringen. Wir sitzen in einem Boot.

Ein weiteres Thema, das ich hier ansprechen möchte, ist das Thema Public Private Partnership (PPP). Mittlerweile sind bereits drei A-Modell-Pilotprojekte erfolgreich auf den Weg gebracht (A 8 Augsburg-München, A 4 Umfahrung Hörselberge und A 1 AD Buchholz – AK Bremen) und das vierte Pilotprojekt befindet sich ebenfalls auf einem guten Weg, so dass ich sehr zuversichtlich bin, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres auch den Konzessionsbeginn auf der A 5 (Baden-Baden-Offenburg) werden starten können. Diese Pilotprojekte haben gezeigt, dass es in Deutschland einen Markt für PPP-Projekte gibt und – was mich nicht minder interessiert – dass die Projekte aus heutiger Sicht wirtschaftlich sind. Diese Art der Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft bedeutet bei den bisherigen Projekten mehr Effizienz, weil Bau, Betrieb und Erhaltung aus einer Hand erfolgen.

Und PPP bedeutet auch schnelleres Bauen, was aus volkswirtschaftlicher Sicht bzw. aus Sicht jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers als sehr positiv zu bewerten ist.

Denn wer steht schon gerne jahrelang im Stau? Damit steht insgesamt eine interessante Beschaffungsvariante zur Verfügung, die aber keinesfalls die bisherigen Vorgehensweisen ersetzen wird. In Anbetracht der sehr starken Zunahme der Verkehrsleistungen im Güterverkehr und eines zwar soliden, aber doch engen Finanzierungsrahmens werden wir auch in Zukunft sehr genau darauf achten müssen, dass wir die Steuergelder möglichst effektiv einsetzen. Und deshalb werden wir auch künftig ausgewählte Straßenbauprojekte als PPP-Maßnahmen umsetzen – sofern die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung diese Variante als vorteilhaft ausweist. Im Juni diesen Jahres hat Herr Minister Tiefensee daher die Durchführung 8 weiterer PPP-Projekte angekündigt. Derzeit wird die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die beiden ersten Projekte durchgeführt – die A 8 im Abschnitt Ulm – Augsburg und die A 9 Hermsdorf – Schleiz. Aus den Pilotprojekten haben wir gelernt, dass wir vor allem im Bereich der Vergütungsstruktur Änderungen vornehmen müssen und dass die Ausschreibung noch funktionaler ausgestaltet werden sollte. Denn nur dann haben die Unternehmen ausreichend Freiraum für Innovationen und die Ausschöpfung von Effizienzen.

Auch mit dem Funktionsbauvertrag wird ein neuer Weg bei der Vergabe von Bauleistungen gegangen, der dem Auftragnehmer mehr Verantwortung (und mehr Freiheit) überträgt als beim konventionellen Bauvertrag. Derzeit erstreckt sich der Funktionsbauvertrag in der Regel auf die Erneuerung einer Straße und deren bauliche Erhaltung über eine Zeitspanne von bis zu 30 Jahren.

Über die gesamte Vertragslaufzeit werden dabei die vertragsgemäßen Gebrauchseigenschaften einer Straße ausschließlich über funktionale Anforderungen an den Straßenzustand, beispielsweise Ebenheit und Griffigkeit definiert und nicht mehr an bautechnischen Größen wie bestimmte Baustoffe, Bindemittelgehalt und -menge etc. festgemacht. Für die Bauwirtschaft ergibt sich damit die Möglichkeit, innovative Bauweisen und -verfahren einzusetzen. Die Baufirma ist nicht an das bestehende Regelwerk gebunden, sondern kann davon losgelöst innovative Bauweisen entwickeln und anbieten und so ihre Kompetenz zeigen. Von Vorteil für die Baufirma sind aber auch die kalkulierbaren Erhaltungsaufwendungen während der Vertragslaufzeit mit ihren gesicherten Einnahmen.

Derzeit sind vier Pilotprojekte unter Verkehr und zwei in Bau. Weitere Funktionsbauverträge sollen folgen. Sie sollen zudem auf weitere Bereiche ausgedehnt werden: war es bisher nur der Oberbau, bei den letzten Projekten auch der Erdbau und die Entwässerungseinrichtungen, geht der Weg zukünftig auch in Richtung Straßenausstattung, Ingenieurbauwerke, Landschaftsbau.

Den Vorteil des Funktionsbauvertrages für den Bauherrn sehe ich darin, dass die ausführende Baufirma daran interessiert sein muss, die Straßenbaumaßnahme möglichst wirtschaftlich durchzuführen. Dies ist nur bei guter Ausführungsqualität möglich. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass bei der Funktionsbauleistung eine hohe Qualitätsstufe erzielt wird, um den späteren Erhaltungsaufwand, der mit hohen Kosten verbunden ist, zu minimieren. Den Vorteil haben dann beide Seiten, Auftraggeber wie Auftragnehmer, vor allem aber auch die Verkehrsteilnehmer, die weniger Baustellen und dadurch bedingte Staus ertragen müssen. Im Gegensatz zu den Betreibermodellen wird beim Funktionsbauvertrag keine Konzession vergeben. Eine Finanzierung durch Dritte ist nicht erforderlich. Die Projekte werden aus dem laufenden Haushalt finanziert. Dies kommt der mittelständischen Bauwirtschaft zugute, die beim Funktionsbauvertrag gute Chancen hat, ihre Kompetenz zu zeigen. Auch deshalb sehen wir mit dem Funktionsbauvertrag einen Weg, der weiterverfolgt werden soll. Auch hier werden wir die Pilotprojekte auswerten und möglicherweise Änderungen, die sich als sinnvoll erweisen, vornehmen.

Um die Akzeptanz der Bevölkerung für unser Verkehrssystem zu erhalten sind vor dem Hintergrund eines steigenden Verkehrsaufkommens Fortschritte beim Verkehrslärmschutz notwendig.

Das BMVBS hat im Februar letzten Jahres das Nationale Verkehrslärmschutzpaket vorgestellt. Das Verkehrslärmschutzpaket fasst neue und laufende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm zusammen. Ziel ist die in der Koalitionsvereinbarung vorgezeichnete Trendwende bei der Lärmbelastung der Bevölkerung. Das Paket setzt auf drei Strategien, die sich gegenseitig ergänzen:

  1. die planerische und die administrative Lärmvorsorge,
  2. die Lärmreduktion durch technische Innovationen, Forschung und
  3. die Lärmsanierung, Investitionen und Lärmaktionspläne.

Das Nationale Verkehrslärmschutzpaket macht den hohen Stellenwert der Lärmreduzierung für die Verkehrspolitik deutlich. Eine zusammenfassende Agenda zum Verkehrslärmschutz ist ein Signal für alle Beteiligten, den Verkehrslärmschutz konzentriert und beschleunigt anzugehen. Das Paket ist eine gute Grundlage für ein entschlossenes Vorgehen in diesem wichtigen Aspekt einer nachhaltigen Verkehrspolitik.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang kurz auf das Forschungsprojekt „Leiser Straßenverkehr“ eingehen, dass uns Geräusch-Reduktionspotenziale zwischen Fahrbahn und Pkw-Reifen aufzeigt. Im Rahmen von „Leistra 1“ haben sich beachtliche Lärmminderungspotenziale gezeigt:

Fahrbahn: - 5 bis 6 dB(A),

Reifen: - 2 bis 3 dB(A).

Beim Nachfolgeprojekt „Leiser Straßenverkehr 2“ soll es um die Potenziale zwischen Fahrbahn und Lkw-Reifen gehen. Insgesamt 10 Partner aus Industrie, Ingenieurbüros, Universitäten und Straßenbauverwaltung sind involviert. Die BASt hat die Aufgabe des Projektmanagements übernommen. Die Projektkosten wurden auf 4,5 Mio. € veranschlagt und werden jeweils zu 50 % vom BMWi und den Forschungspartnern getragen.

Der Bau der Erprobungsstrecken wird aus Baumitteln finanziert. Auf diese Weise unterstützt und fördert das BMVBS das Projekt. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse des Forschungsprojekts, das im Juni 2009 abgeschlossen werden soll.

Es wird entscheidend darauf ankommen, die Forschungsergebnisse im Rahmen von Untersuchungsstrecken (Versuchs-, Erprobungs- und Beobachtungsstrecken) auf ihre Alltagstauglichkeit testen und verifizieren zu können. Dies kann nur gemeinsam mit den zuständigen Auftragsverwaltungen erfolgen, die ich hiermit bitten möchte, uns zu unterstützen und für Neues offen zu sein.

Das entsprechende Handwerkszeug liegt mit dem überarbeiteten „Merkblatt für Straßenbautechnische Untersuchungsstrecken“ in Kürze vor. Meine Bitte geht aber auch an die Bauwirtschaft; sie ist nun gefordert, ihre Ideen auch zur Anwendungsreife zu bringen. Wir brauchen mehr Dynamik bei den Innovationen und bei der Umsetzung neuer Konzepte und Technologien für den Straßenbau.

Bei unseren Anstrengungen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur wird deutlich, wie hoch belastet viele Autobahnen in Deutschland sind. Verkehrsmanagement hat in Deutschland und in vielen anderen Ländern bereits eine lange Entwicklungsphase durchlaufen. Verkehrsabhängige Lichtsignalsteuerungen in den Städten sind heute Stand der Technik. Auf den Bundesautobahnen sind bzw. werden die Hot Spots mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausgerüstet. Die Verkehrsinformationsdienste mit Rundfunkanstalten und kommerziellen lnformationsdienstleistern tragen ihren Beitrag zur Information der Verkehrsteilnehmer über erwartete oder entstandene Verkehrsstörungen bei. Die genannten Maßnahmen und Techniken sind entstanden auf der Basis von langjährigen Erfahrungen sowie ausgeklügelten Berechnungen und Simulationen. Ich kann feststellen, dass die Verkehrstechnik einen hohen Stand erreicht hat. Gleichwohl gibt es weiterhin großen Handlungsbedarf. Noch längst sind nicht alle hoch belasteten Streckenabschnitte im Bundesfernstraßennetz mit straßenverkehrstelematischen Einrichtungen ausgestattet. Auch hier sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, um für die kommenden Herausforderungen gewappnet zu sein.

Staus und Unfälle sind aber nach wie vor ein erheblicher „Störfaktor“ im täglichen Verkehrsgeschehen. Staus werden – grob gesagt – zu je einem Drittel durch Unfälle, Überlastungen und Baustellen verursacht. Verbesserungspotenzial sehe ich insbesondere bei der Organisation des Verkehrsmanagements im eigenen Zuständigkeitsbereich sowie bei der Kooperation mit anderen Partnern. Dies bedingt u. a., die Betrachtung der Probleme nicht nur auf den eigenen Zuständigkeitsbereich zu beschränken.

Auf einem Straßen- und Verkehrskongress darf das Thema Straßenverkehrssicherheit und insbesondere Straßeninfrastruktursicherheit nicht fehlen. Die Straßeninfrastruktursicherheit in Deutschland wird durch den bedarfsgerechten Ausbau des Bundesfernstraßennetzes und die – den Sicherheitsbelangen Rechnung tragende – Weiterentwicklung des Technischen Regelwerkes für den Straßenentwurf kontinuierlich verbessert.

Die Weiterentwicklung des Technischen Regelwerkes für den Entwurf von Straßen trägt in besonderem Maße den Belangen der Verkehrssicherheit Rechnung.

Mit den neuen Regelquerschnitten in den „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen“ (RAA) ist – auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse – zu erwarten, dass die Verkehrssicherheit gesteigert werden kann, dies insbesondere im Baustellenbereich.

Die in Erarbeitung befindlichen „Richtlinien für die Anlage von Landstraßen“ (RAL) sehen wegen der Unfallsituation auf diesen Straßen besondere Maßnahmen zur Anhebung des Sicherheitsniveaus vor, beispielsweise sicheres Überholen und Gestaltung der Knotenpunkte. In den letzten Jahren wurden auf Initiative des BMVBS Technische Regelwerke mit dem Ziel erarbeitet, ein systematisches Straßeninfrastruktursicherheitsmanagement auf den Bundesfernstraßen zu etablieren. Ich erwähne hier die „Empfehlungen für die Sicherheitsanalyse von Straßennetzen“ (ESN), die „Empfehlungen für das Sicherheitsaudit an Straßen“ (ESAS) und die „Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume“ (ESAB).

Deutschland verfügt damit im Wesentlichen bereits über alle Instrumente, die zur Umsetzung der „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur“ erforderlich sind. Mit dieser Richtlinie, die vom Europäischen Parlament in erster Lesung am 19. Juni 2008 angenommen wurde, soll ein Beitrag geleistet werden, um die Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Europäischen Union bis 2010 – gegenüber 2001 – zu halbieren. Die Auswirkungen auf die in Deutschland geübte Praxis der Sicherheitsanalyse, -bewertung, -auditierung oder -überprüfung unserer Straßen werden morgen en detail dargestellt.

Das aktuelle Verkehrssicherheitsprogramm im Straßenverkehr und die dort vorgesehenen Maßnahmen sind im Wesentlichen umgesetzt bzw. sind – wie z. B. Verkehrssicherheitsprogramme für Kinder, Senioren oder junge Verkehrsteilnehmer – Daueraufgaben, die fortlaufend aktuellen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Was liegt deshalb näher, als dieses Programm zu überarbeiten, zu aktualisieren. Mit der Fortschreibung des Verkehrssicherheitsprogramms werden wir deshalb im kommenden Jahr beginnen.

Lassen Sie mich gegen Ende meiner Rede – zurückblickend auf das Jahr 2007 – den Welt-Straßenverband erwähnen. Die AIPCR/PIARC hielt im September vergangenen Jahres in Paris ihren 23. Welt-Straßenkongress ab, zusammen mit der 100-jährigen Feier ihres Bestehens. Aus diesem Anlass hatte sich Deutschland mit einem gemeinsamen Ausstellungsstand der Partner BMVBS, Bauindustrie, TÜV Rheinland und Toll Collect präsentiert.

Die Organisation lag in der Hand des Sekretärs des Deutschen Nationalen Komitees im Welt-Straßenverband; Herr Horz, Ihnen möchte ich an dieser Stelle nochmals besonderen Dank sagen für die von Ihrer Seite hervorragend geleistete Arbeit.

Der Erfolg war so überzeugend, dass wir uns zu einer weiteren Präsentation dieses Gemeinschaftsstandes anlässlich des 2.Europäischen Straßenforschungskongresses TRA (Transport Research Arena) in Ljubljana im April diesen Jahres entschlossen hatten. Diese Reihe wird heute fortgesetzt. BMVBS und BASt geben Ihnen mit einem gemeinsamen Ausstellungsstand auf dem Deutschen Straßen- und Verkehrskongress hier in Düsseldorf Einblick in Innovationen und den aktuellen Stand der Forschung und Entwicklung im Straßenwesen.

Ich empfehle Ihnen den Rundgang und freue mich auf die Gespräche mit Ihnen.

 

Sehr verehrte Damen und Herren!

Abschließend möchte ich allen ehrenamtlichen Mitarbeitern der FGSV, die zur Wissensplattform der FGSV auf den Gebieten Verkehrsplanung, Straßenentwurf, Verkehrsmanagement, Infrastrukturmanagement, Straßenbau, Straßenbetrieb und Straßenerhaltung beitragen, sehr herzlich danken.

Ihnen allen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen interessante und erfolgreiche Kongresstage und Erkenntnisse für unser wichtigstes verkehrspolitische Ziel: die Sicherung der Mobilität von Personen und Gütern.