FGSV-Nr. | FGSV 002/137 |
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Ort | Bergisch Gladbach |
Datum | 19.04.2023 |
Titel | Quellspezifische Quantifizierung der abriebbedingten Emissionen im Schienenverkehr |
Autoren | Prof. Dr. Johann Peter Sturm, Daniel Fruhwirt, Johannes Rodler, Martin Leitner, Peter Brunnhofer, Gina Bode, Giuseppe Bucca |
Kategorien | Luftqualität |
Einleitung |
AbstractNichtverbrennungsbedingte Emissionen werden aufgrund neuer Antriebsarten sowie eines zunehmenden Elektrifizierungsgrads der Eisenbahn immer bedeutender. Daher werden in einem Forschungsprojekt des DZSF Untersuchungen zur quellspezifischen Quantifizierung dieser Emissionen durchgeführt. Bisher wurden Messkampagnen an einem Stromabnehmer und einem Rad-Schiene-Prüfstand durchgeführt. Die Ergebnisse brachten PM10 Emissionsfaktoren im Bereich von 0,14 bis 0,62 g/km für den Kontakt zwischen Stromabnehmer und Fahrdraht sowie im Bereich von 0,33 bis 5,57 g/km für den Rad-Schiene-Kontakt hervor. Die Streubreite der Emissionsfaktoren ergibt sich durch die Variation der maßgebenden Einflussgrößen wie Fahrgeschwindigkeit, Stromstärke, Anpresskraft zwischen Schleifleiste und Fahrdraht respektive Radaufstandkraft und Kurvenradius. Die Emissionen von Stromabnehmer und Fahrdraht bestimmen sich aus mechanischen und elektrischen Einflüssen und erreichen ihr Maximum bei einer Kombination aus geringer Anpresskraft und hoher Stromstärke. Die Emissionen des Rad-Schiene-Kontakts sind speziell bei engen Kurvenradien besonders hoch. Dieser Artikel fasst die wesentlichen Erkenntnisse aus beiden Messkampagnen zusammen und gibt einen Ausblick auf die Messungen an einem Bremsenprüfstand, in Bahnhofumgebung sowie auf die abschließende Ausbreitungsrechnung zur Berechnung der luftgetragenen Ausbreitung sowie zur Ermittlung der Feinstaubbelastung für Personen und Umwelt. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1. EinleitungEisenbahnen gelten im Allgemeinen als nachhaltiges Transportmittel. Dies ist die Folge eines hohen Elektrifizierungsgrades, welcher speziell im europäischen Schienennetz erreicht wurde. Bei genauerer Betrachtung existieren jedoch beachtliche nationale und regionale Unterschiede. Führend bei der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken sind die Schweiz (100%), Luxemburg (91%) sowie Belgien (88%) (Allianz pro Schiene e.V., 2022). Der Elektrifizierungsgrad des deutschen Schienennetzes ist aktuell noch deutlich niedriger (61%). Nichtsdestotrotz beeinflusst die fortschreitende Elektrifizierung die Bedeutung der verbrennungsbedingten Emissionen aus dem Schienenverkehr. Zeitgleich nimmt die Bedeutung der nicht-verbrennungsbedingten Emissionen durch Abriebprozesse und Aufwirbelung zu. Die diesbezüglich maßgebenden Emissionsquellen wurden bereits mit den Bremsen, dem Rad-Schiene Kontakt sowie mit dem Kontakt zwischen Stromabnehmer und Oberleitung identifiziert. Zudem haben Forscher aus der Schweiz (Jürg Heldestab and Natascha Kljun, 2007) versucht, die durch Abrieb entstehenden Emissionen des Schienenverkehrs zu quantifizieren. Gemäß (Jürg Heldestab, 2002) beträgt der Anteil der PM10 Emissionen aus dem Schienenverkehr 11% (2800 to/a) der gesamten PM10 Emissionen in der Schweiz. Dies hebt die Bedeutung dieser Emissionen eindrucksvoll hervor. Daher wurden in den vergangenen Jahren einige Studien (Abbasi et al., 2013, 2012, 2012, 2011) (Olofsson et al., 2013) zu diesem Thema durchgeführt. Um entsprechende Emissionsfaktoren abzuleiten, wurden jedoch unterschiedliche Methoden angewandt. Unter anderem haben (Burkhardt et al., 2008) einen analytischen Ansatz gewählt, bei dem versucht wird, über die Austauschzyklen der maßgebenden Komponenten im System Bahn den Materialverschleiß zu bestimmen und anhand der erzielten Laufleistung Emissionsfaktoren abzuleiten. Im Vergleich dazu wurden diverse Messkampagnen in Tunnelanlagen (Fridell et al., 2010; Fruhwirt et al., 2021; Sturm et al., 2022) sowie onboard an ausgewählten Zügen (Cha et al., 2018; Fridell et al., 2011) durchgeführt. Zusätzlich existieren einzelne Studien, bei denen die Emissionen einzelner Quellen (Anders Söderberg et al., 2008; International Union of railway - UIC, 2011) anhand von Prüfstandtests näher betrachtet wurden. Nichtsdestotrotz ergeben die bisherigen Untersuchungen ein sehr heterogenes Bild, da die abgeleiteten Emissionsfaktoren um bis zum Zehnfachen voneinander abweichen. Dies ist primär durch die angewendete Methode zur Bestimmung der Emissionsfaktoren begründet. Tabelle 1 zeigt einen kleinen Auszug über die veröffentlichten Emissionsfaktoren. Tabelle 1: Non-exhaust PM10 Emissionsfaktoren des Schienenverkehrs aus der Literatur (Fruhwirt D. et al., 2023). Auch der Verbleib der abriebbedingten Emissionen in der Umwelt wird von immer größerer Bedeutung. So konnten beispielsweise in verschiedenen Studien bahnrelevante Schwermetalle wie Eisen und Kupfer im Gleisschotter sowie in Boden- und Sickerwasserproben entlang von Schienenwegen nachgewiesen werden (Samarska et al., 2020; Zingelmann M. et al., 2022). Um die Datenlage zu verbessern und die Unsicherheiten zu minimieren, wurde vom Deutschen Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF) beim Eisenbahn-Bundesamt ein Forschungsprojekt realisiert (DZSF, 2022), welches eine quellspezifische Quantifizierung der Abriebemissionen sowie eine Berechnung des Eintrags in Böden und Gewässer derselben zum Ziel hat. Im Zuge dessen sollen zunächst quellspezifische Emissionsfaktoren anhand von Untersuchungen an geeigneten Prüfständen ermittelt werden. Des Weiteren wird eine Messkampagne in Bahnhofsumgebung durchgeführt, um Messergebnisse für die Validierung des Ausbreitungsmodells zu erlangen. Die abschließende Ausbreitungsrechnung soll Aufschluss über den Eintrag der emittierten Abriebpartikel in die Umweltkompartimente Böden und Gewässer geben. Dieser Artikel stellt einen Überblick über die bereits durchgeführten Messkampagnen dar und gibt einen Ausblick auf die weiteren Untersuchungen im gegenständlichen Projekt. 2. PrüfstandmessungenFür jede der oben genannten, relevanten Emissionsquellen wird eine eigenständige Messkampagne durchgeführt, aus der schlussendlich quell-spezifisch Emissionsfaktoren abgeleitet werden sollen. Bisher wurden Messkampagnen an einem Pantographen- und einem Rad-Schiene Prüfstand durchgeführt. Im Folgenden sollen deren Ergebnisse näher erläutert werden. 2.1 MesstechnikDie eingesetzte Messtechnik war bei beiden Messkampagnen dieselbe, sodass an dieser Stelle eine zentrale Beschreibung erfolgt. Generell umfassten die zu erfassenden Größen die Partikelmassenkonzentration der Fraktionen PM1, PM2,5 und PM10, die Partikelanzahlkonzentration im Bereich von 5,6 nm bis 32 µm. Zudem sollte eine chemische Analyse der Staubinhaltstoffe durchgeführt werden. Um diese Messziele zu erreichen, wurden unterschiedliche Messgeräte eingesetzt. Einerseits wurde der optische Partikelanalysator GRIM EDM180 eingesetzt. Das GRIMM EDM180+ ist ein automatisches (Partikel-) Messsystem (AMS) zur Messung der Feinstaub-Massenkonzentration. Um eine gravimetrische Referenz zur Validierung der optischen Messung zu haben, wurde zusätzlich ein PartisolPlus Sequential Air Sampler der Fa. ThermoFisher Scientific eingesetzt. Dieses Messgerät wurde mit einem PM10 Abscheidekopf ausgestattet, sodass die emittierte PM10 Fraktion auf einem Filterplättchen gesammelt werden konnte. Durch Wägung der Filterplättchen im Leerzustand und nach erfolgter Beprobung kann auf die emittierte PM10 Masse geschlossen werden. Die Wägung der Filterplättchen erfolgte unter konditionierten Bedingungen und mit Hilfe der Analysewaage Modell 82/220 g der Fa. ATP Messtechnik GmbH. Zur Bestimmung der Partikelanzahlkonzentration diente einerseits wiederum der Grimm EDM180 Analysator, welcher in der MC-Version die Möglichkeit der simultanen Messung der Partikelanzahlkonzentration in 31 Partikelgrößenkanälen von 0,25 bis 32 µm bietet. Für den Bereich der ultrafeinen Partikel (UFP: 5,6 – 560 nm) wurde zusätzlich ein Engine Exhaust Particle Sizer 3090 (EEPS) der Fa. TSI eingesetzt. Zusätzlich zur Wägung der auf den Filterplättchen gesammelten PM10 Masse, wurde die am PoliMi Prüfstand vorhandene Wäge Einrichtung zur Ermittlung der Massenabnahme der Schleifleiste nach jedem Testlauf genutzt. Des Weiteren wurde vor Beginn und nach Beendigung der Versuchsreihe das Volumen des Kupfer-Fahrdrahtes mittels Laserscann gemessen und so die Massenabnahme des Fahrdrahts bestimmt. Die Kohlenstoffparameter wurden mit einem thermo-optischen Verfahren (OCEC Analysators ,Sunset Lab Inc., EUSAAR2) bestimmt (Bauer J., 2009)(Cavalli F. et al., 2010). Die Analyse der Schwermetalle wurde gemäß ISO 30011 (2010- 10) mit einem ICP-MS der Fa. Thermo Fisher durchgeführt. 2.2 Pantograph-Prüfstand2.2.1 Prüfstand und Messaufbau Die Untersuchungen der Emissionen aus dem Kontakt zwischen Stromabnehmer und Fahrdraht wurden am Pantographen Prüfstand des Politecnico di Milano (PoliMi) durchgeführt. Dieser zeigte sich als besonders geeignet, da er die Relativbewegung zwischen Schleifleiste und Fahrdraht sowohl in Längs- als auch in Querrichtung abbilden kann. Abbildung 1 zeigt den Prüfstand des PoliMi, welcher aus einer angetriebenen Drehscheibe mit aufgespanntem Fahrdraht und einem Schlittensystem, auf welchem die Schleifleiste montiert ist und welches die Querbewegung zur Fahrtrichtung eines Pantographen simuliert, besteht. Zudem verfügt der Prüfstand über ein Zuluft-Abluft-System, dessen Leistung direkt über der Drehzahl der Drehscheibe (maximale Zuggeschwindigkeit 220 Km/h) gesteuert wird, um den Kühleffekt des Fahrtwinds bei realen Zugfahrten zu erzeugen und die emittierten Partikel abzusaugen. Der Prüfstand kann wahlweise mit einer Stromstärke von bis zu 1000 A (DC), 500 A (AC) 16 2/3 Hz und 350 A (AC) 50 Hz betrieben werden. Abbildung 1: Stromabnehmerprüfstand des Politecnico di Milano (PoliMi). (Quelle: (Politecnico di Milano, 2023)). Die Entnahme des Probenstroms erfolgte direkt aus dem Abluftkanal des Prüfstands. Auf Grund der hohen Strömungsgeschwindigkeiten in diesem Kanal konnte dies jedoch nicht direkt für die jeweiligen Partikelanalysatoren erfolgen. Aus diesem Grund wurde ein Probenahmesystem bestehend aus einem Entnahmerohr (D=7 cm), Spirorohren (D=25 cm) und diversen Formstücken (Bögen, Querschnittserweiterung etc.) gebaut. Den erforderlichen Probenstrom erzeugte ein nachgeschalteter Radialverdichter. Die Entnahme des Probenstroms aus dem Abluftkanal erfolgte in Abhängigkeit der simulierten Zuggeschwindigkeit entweder iso- oder hyperkinetisch, um die Probenahmeverluste so gering wie möglich zu halten. Dasselbe Prinzip wurde auf die Extraktion der Probenströme für die einzelnen Partikelanalysatoren angewandt. Abbildung 2 zeigt die Anordnung der Messgeräte sowie den Aufbau des Probenahmesystems. In der Abbildung ist ebenfalls die Kontaktstelle zwischen Schleifleiste und Fahrdraht (9) zu sehen. Abbildung 2: Probenahmesystem für den Einsatz am Stromabnehmerprüfstand am PoliMi; (1) Partisol Plus, (2) EDM180, (3) EEPS, (4) Querschnittserweiterung, (5) Probenahme-Rohr, (6) Abluftkanal, (7) horizontales Probenrohr, (8) Radialventilator, (9) Schleifkontakt (Fruhwirt D. et al., 2023). 2.2.2 Versuchsträger und PrüfprogrammFür unterschiedliche Anwendungen existieren unterschiedliche Schleifleisten. Im gegenständlichen Projekt wurde eine auf einer Kohlenstoffmatrix basierende Schleifleiste mit 25%iger Kupfer-Imprägnierung als Versuchsträger gewählt. Der Kohlenstoff der Grundmatrix ist in der Regel ein Abfallprodukt der Erdölindustrie. Aufgrund seiner nachteiligen mechanischen Eigenschaften (z.B. Reibwiderstand) werden oftmals Zusätze respektive Imprägnierungen verwendet, um diese Eigenschaften zu verbessern. Kupfer mit seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit eignet sich hierfür besonders. Tabelle 2 zeigt die wesentlichen Kenndaten der verwendeten Kohlenstoff-Schleifleiste. Tabelle 2: Kenndaten der eingesetzten Kohlenstoff-Schleifleiste (Fruhwirt D. et al., 2023). Auf Seiten der Fahrdrähte existieren ebenfalls unterschiedliche Typen. Das Grundmaterial ist bei allen Kupfer, welches je nach Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften wahlweise als Reinstoff (Cu-ETP) oder mit Legierungszusätzen wie Silber (Ag) oder Magnesium (Mg) verwendet wird. Jeder dieser Fahrdrahttypen wird sowohl auf dem deutschen als auch auf dem europäischen Schienennetz eingesetzt, sodass sich daraus kein bevorzugter Versuchsträger ableiten lässt. Im laufenden Projekt wurde entschieden, einen Fahrdraht aus Cu-ETP bei den Tests einzusetzen, da davon ausgegangen wurde, dass dieser hinsichtlich des Emissionsverhaltens einen besonders interessanten Fall darstellt. Abbildung 3 zeigt beide Versuchsträger sowie eine Detailansicht des Reibkontakts. Hier ist zu sehen, dass sowohl die Schleifleiste als auch der Fahrdraht vor Beginn der Messkampagne eingefahren wurden, sodass die Oberflächenbeschaffenheit beider Reibpartner möglichst repräsentativ war. Abbildung 3: Versuchsträger; links - Schleifleiste, rechts oben - Fahrdraht, rechts unten –Kontaktfläche (Fruhwirt D. et al., 2023). Die Testreihe am Stromabnehmerprüfstand des PoliMi umfasste 13 Testkonfigurationen (A bis M), die sich durch die Variation aus Fahrgeschwindigkeit, Anpresskraft der Schleifleiste auf den Fahrdraht sowie die Stromstärke ergaben. Generell wurde versucht, eine Unterscheidung von Güterzug- und Personenzugkonfigurationen zu erzielen. So wurde die Geschwindigkeit bei der Simulation von Güterzugfahrten zwischen 60, 80 und 100 km/h variiert. Bei der Simulation von Personenzugfahrten wurden Fahrgeschwindigkeiten von 100, 160, 200 und 220 km/h definiert. Der Überschneidungsbereich bei 100 km/h diente der Untersuchung des Einflusses der Anpresskraft, welche zwischen 50 N (Güterzüge) und 90 N (Personenzüge) variiert wurde. Mit Ausnahme des Tests bei einer Geschwindigkeit von 220 km/h, wurde jede Kombination der sich aus Variation von Fahrgeschwindigkeit und Anpresskraft ergebenden Testkonfigurationen zudem bei Stromstärken von 500 A sowie 800 A getestet. Tabelle 3 zeigt einen Überblick über das vollständige Prüfprogramm. Die Laufleistung wurde bei allen Testläufen mit 50 km konstant belassen, wodurch sich unter Berücksichtigung der Fahrgeschwindigkeiten Testdauern im Bereich von 13,6 bis 50 Minuten ergaben. Tabelle 3: Prüfprogramm für die Messkampagne am PoliMi Stromabnehmerprüfstand (Fruhwirt D. et al., 2023). 2.2.3 Ergebnisse2.2.3.1 Partikelmasse Der Großteil der in Tabelle 3 angeführten Tests wurden mehrmals durchlaufen, sodass sich Aussagen über die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse treffen lassen. Die von den Testläufen abgeleiteten TSP Emissionsfaktoren sind in Abbildung 4 dargestellt. Generell konnten Emissionsfaktoren im Bereich von 0,04 bis 0,28 g/km abgeleitet werden. Bei näherer Betrachtung der Ergebnisse lässt sich eine quadratische Abhängigkeit der emittierten Partikelmasse von der Fahrgeschwindigkeit erkennen. Diese ist primär durch den Effekt der mechanischen Reibung bedingt. Die höchsten Emissionen entstanden jedoch bei niedriger Geschwindigkeit, geringer Anpresskraft und hoher Stromstärke, sodass von weiteren Einflüssen auf das Emissionsverhalten ausgegangen werden kann. Diese weiteren Einflüsse haben elektrischen Ursprung und treten durch zwei unterschiedliche Mechanismen auf. Einerseits führen Ablösungen zwischen Schleifleiste und Fahrdraht zu elektrischen Lichtbögen, welche Partikel aus der Kohlenstoffmatrix herausreißen. Die Bedeutung dieses Effekts nimmt mit steigender Stromstärke zu und wird durch geringe Anpresskräfte begünstigt. Andererseits kommt es bei einem hohen Leistungsbedarf der Züge auch zu steigenden Partikelemissionen, die durch den sogenannten Joule-Effekt bedingt sind. Hierbei führen besonders hohe Energiedichten zu einem rapiden Anstieg der Temperatur der Reibpartner, wodurch sich deren mechanische Eigenschaften (z.B. Verschleißfestigkeit) ändern können. Der Beitrag dieser Mechanismen kann unter anderem durch einen Vergleich der PM Emissionsfaktoren (siehe Tabelle 4) bei einer Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h beobachtet werden. Hier wurde bei einer Kombination aus hoher Anpresskraft und geringer Stromstärke (Test G) die geringste PM10 Masse emittiert (ca. 0.14 g/km). Eine Senkung der Anpresskraft bei gleicher Stromstärke (Test E) führte zu einer Erhöhung der PM10 Emission auf 0,27 g/km. Die emittierte PM10 Masse bei hoher Anpresskraft in Kombination mit hoher Stromstärke (Test H) betrug 0,31 g/km. Bei niedriger Anpresskraft und niedriger Stromstärke (Test F) konnte ein PM10 Emissionsfaktor auf ähnlichem Niveau (0,3 g/km) abgeleitet werden. Die durchgeführten Tests zeigten, dass die Emissionen maßgebend von der Oberflächenbeschaffenheit der beiden Reibpartner abhängen. Speziell die Oberfläche der Schleifleiste zeigte starke Veränderungen in Abhängigkeit der Beanspruchung (z.B. Anzahl an Überschlägen). Dies führt naturgemäß zu einer moderaten Streuung der abgeleiteten Emissionsfaktoren (siehe Abbildung 4). In diesem Kontext ist anzumerken, dass die PM Emissionsfaktoren aus Tabelle 4 den gemittelten Werten der Einzeltests entsprechen. Abbildung 4: Abgeleitete TSP Emissionsfaktoren (Schleifleiste) in Abhängigkeit der Testspezifikation. (Dreiecke – 50N Anpresskraft, Kreise – 90N Anpresskraft, blaue Symbole – 500 A Stromstärke, rote Symbole – 800 A Stromstärke) (Fruhwirt D. et al., 2023). Tabelle 4: PM Emissionsfaktoren des Pantograph-Fahrdraht Kontakts in Abhängigkeit der Testkonfiguration (Fruhwirt D. et al., 2023). 2.2.3.2 GrößenverteilungNeben der emittierten Partikelmasse ist auch die Partikelanzahl von besonderem Interesse. Dies gilt vor allem für die ultrafeinen Partikel im Größenbereich 5,6 bis 560 nm, deren Masse gering ist, die jedoch tief in die Atemwege, die Lunge und den Blutkreislauf vordringen können. Abbildung 5 zeigt den Vergleich der Partikelgrößenverteilung der ultrafeinen Partikel für vier ausgewählte Testläufe. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass die Partikelanzahlkonzentrationen bei Tests mit geringer Anpresskraft einer großen Streuung unterliegen. Dies konnte sowohl während der einzelnen Testläufe beobachtet werden als auch im Vergleich der entsprechenden Testläufe (z.B. Test 12 und Test 33 in Abbildung 5) zueinander. Im Vergleich dazu, konnte bei Tests mit hoher Anpresskraft nur eine geringe Streuung bezogen auf die Partikelgrößenverteilung beobachtet werden. Die Peak-Anzahlkonzentration konnte für Partikel mit einem Durchmesser von ca. 10 – 25 nm erfasst werden. Diese lag bei den ausgewählten Tests im Bereich von 0,18 bis 1,3 Millionen Partikel je Kubikzentimeter. Abbildung 5: Median der Größenverteilung der ultrafeinen Partikel für ausgewählte Testläufe. 2.2.3.3 Chemische Analyse der StaubinhaltstoffeDie chemische Analyse der Staubinhaltstoffe gab abschließend noch Anhaltspunkte für die Zuordnung der emittierten Partikelmasse zu deren Quelle. Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse der Filteranalyse für acht ausgewählte Filterproben (Testläufe). Im Mittel lagen die massebezogenen Anteile für Kupfer und Kohlenstoff (TC) bei 40,7% bzw. 59,3%. Unter Berücksichtigung der Kupferimprägnierung der Schleifleiste, kann der Anteil der beiden Reibpartner an der Gesamtemission im Mittel mit ca. 1/3 (Fahrdraht) und 2/3 (Schleifleiste) beziffert werden. Bei genauerer Betrachtung können jedoch Unterschiede bei den einzelnen Testläufen erkannt werden, die auf den Beitrag der Verschleißmechanismen zurückzuführen sind. So stechen vor allem die beiden Tests der Testkonfigurationen B und F mit einem erhöhten Kupferanteil (47,6 und 51,2%) hervor. Dies deutet darauf hin, dass durch Lichtbögen die Emissionen des Fahrdrahts steigen. Tabelle 5: Ergebnisse der Filteranalyse für ausgewählte Filterproben (Fruhwirt D. et al., 2023). 2.3 Rad Schiene Prüfstand2.3.1 Prüfstand und Messaufbau Die Prüfstandtests zur Quantifizierung der Emissionen aus dem Rad-Schiene Kontakt wurden auf dem Rad-Schiene Prüfstand A der DB Systemtechnik in Kirchmöser an der Havel durchgeführt. Dieser Prüfstand verfügt über eine Schienenrolle mit einem Durchmesser von 2,1 m, eine Aufnahme für die Radsätze und ein Hydrauliksystem, mit dem der Radsatz in die gewünschte Position (z.B. Anstellwinkel) gebracht werden kann. Abbildung 6 zeigt eine allgemeine Ansicht auf den Prüfstand. Der Radsatztyp ist grundsätzlich frei wählbar, solange dessen Durchmesser im Bereich von 400 bis 1250 mm liegt. Hinsichtlich des Radsatzmaterials bestehen keine Einschränkungen. Das Schienenmaterial (R260) sowie das Schienenprofil (60E2) sind hingegen vordefiniert. Abbildung 6: Rad-Schiene-Prüfstand A – Rollenprüfstand (Quelle: (DB Systemtechnik GmbH, 2022)). Abbildung 7 zeigt einen Überblick über den Messaufbau am Rad-Schiene Prüfstand, dessen Hauptbestandteil wiederum das bereits am Pantographenprüfstand eingesetzte Rohrsystem war. Lediglich die Probenahme wurde auf die Anforderungen der auf Bodenniveau vorhandenen Emissionsquelle angepasst und die Einmündung in das Probenahmerohr so gestaltet, dass die Emission möglichst ganzheitlich erfasst wurde. Die eingesetzte Messtechnik war ebenfalls dieselbe wie sie bereits zuvor am Stromabnehmerprüfstand verwendet wurde. Die Strömungsgeschwindigkeit im horizontalen Probenahmerohr wurde wiederum so gewählt, dass die Probenströme der Partikelanalysatoren iso- bzw. hyperkinetisch entnommen werden konnten. Abbildung 7: Probenahme-System für den Einsatz am Rad-Schiene Prüfstand der DB Systemtechnik; (1) Einmündung, (2) Hoch- und Seitverzug des Probenahmerohrs, (3) Probenahmerohr, (4) Radial-ventilator, (5) Partisol Plus, (6) EDM180, (7) EEPS. 2.3.2 Versuchsträger und PrüfprogrammAls Versuchsträger wurde ein Radsatz der Stahlgüte ER8 verwendet. Dieser wurde von Seiten der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) zur Verfügung gestellt und verfügte vor Versuchsbeginn über eine Laufleistung von ca. 160.000 km. Dennoch entsprach der Radsatz allen Kriterien hinsichtlich Rundlauf und Laufflächenprofil. Die Zusammensetzung eines ER8 Radsatzes ist in (DIN e.V., 2020) definiert. Die maximal zulässigen Anteile an Legierungszusätzen sind zudem in Tabelle 6 angeführt. Tabelle 6: Prozentualer Maximalgehalt der Legierungszusätze eines ER8 Radsatzes (DIN Deutsches Institut für Normung e. V, 2020). Der Schienenwerkstoff wird im Allgemeinen mit R260 bezeichnet. Die entsprechende Materialcharakteristik kann Tabelle 7 entnommen werden. Generell handelt es sich um einen Kohlenstoff-Mangan Stahl. Tabelle 7: Materialeigenschaften der Schienenrolle am Rad-Schiene Prüfstand der DB Systemtechnik (PMC Rail International Academy, 2022). Das Prüfprogramm bestand im Wesentlichen aus 12 Testkonfigurationen, welche sich aus der Variation der Zuggeschwindigkeit, der Radaufstandkraft sowie dem Kurvenradius unterschieden. Generell erfolgte wiederum eine Unterscheidung zwischen Güterzug- und Personenzugfahrten. Diese bezieht sich primär auf die Fahrgeschwindigkeit sowie die Radaufstandkraft. In Testszenarien, in denen Kurvenfahrten simuliert wurden, wurde zudem von einer imaginären Drehgestelllänge von 1,8 m (Güterzüge) bzw. 2,5 m (Personenzüge) ausgegangen. Diese hatte direkten Einfluss auf die Wahl des Anstellwinkels sowie bei der Berücksichtigung des Schlupfs. Hinsichtlich des Kurvenradius wurde einerseits der maximal mögliche Radius (Geradeausfahrt) sowie andererseits der minimal zulässige Radius gemäß (Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung (EBO) 8.Mai 1967, Zuletzt geändert durch Art. 2 V v. 5.4.2019 I 479) gewählt. Die Berechnung des minimal zulässigen Kurvenradius erfolgte hierbei gemäß Gleichung (1). Hierbei bezeichnet v die Fahrgeschwindigkeit, u die Überhöhung der Gleise sowie uf den Fehlbetrag der Überhöhung. Nach unten hin wurde der minimale Kurvenradius jedoch mit 300 m festgehalten, da dies ein allgemeiner Kennwert für einen Kurvenradius ist, den jede herkömmliche Lokomotive noch bewältigen kann. Basierend auf den gewählten Geschwindigkeitsniveaus im Bereich von 60 bis 200 km/h ergeben sich demnach Kurvenradien im Bereich von 300 bis 1.530 m. Tabelle 8: Testszenarien für die Messungen am Rad-Schiene Prüfstand. 2.3.3 Ergebnisse2.3.3.1 Partikelmasse Die Tests wurden gemäß dem Prüfprogramm wiederum mehrmals durchlaufen, sodass Aussagen über die Reproduzierbarkeit möglich waren. Die abgeleiteten PM10 Emissionsfaktoren aller Testläufe sind in Abbildung 8 dargestellt. Demnach liegen die PM10 Emissionen eines Einzelrades im Bereich von 2,2 bis 106,5 mg/km. Während das Emissionsniveau bei Geradeausfahrten annähernd konstant ist (2,2 – 12 mg/km), zeigt sich speziell bei engen Kurvenfahrten eine starke Streuung der Ergebnisse. Kurvenfahrten bei hohen Geschwindigkeiten führen auf Grund der großen Kurvenradien zu ähnlichen Emissionen wie bei Geradeausfahrt. Abbildung 8: PM10 Emissionsfaktoren für ein Einzelrad in Abhängigkeit der Testkonfiguration; (Dreiecke – 200 kN Aufstandkraft, Kreise – 150 kN Aufstandkraft, blaue Symbole – Geradeausfahrt, rote Symbole – Kurvenfahrt). Um eine Vergleichbarkeit der Gesamtemissionen aus einzelnen Quellen zu ermöglichen, müssen die Emissionen aus einem Einzelrad jedoch auf einen gesamten Zug hochgerechnet werden. Dies erfordert die Definition eines Referenz-Güterzugs bzw. eines Referenz-Personenzugs. Eine statistische Auswertung von mehr als 50.000 Zugfahrten ergab, dass ein durchschnittlicher Güterzug aus Wagons mit 100 Achsen besteht. Im Vergleich dazu wurde ein Personenzug mit 32 Achsen vgl. ICE 4 – 28 Achsen) als Referenz-Personenzug definiert. Bei Geradeausfahrt wurden demnach die für Einzelräder abgeleiteten Emissionsfaktoren mit der zweifachen Achszahl multipliziert, um auf die Emissionen eines Ganzzuges zu schließen (siehe Gleichung (2)). Da die Belastungen für Innen- und Außenrad deutliche Unterschiede aufweisen, ist eine direkte Hochrechnung nicht möglich. Diese unterschiedlichen Belastungen zeigen sich auch im Verschleißbild der Räder (siehe Abbildung 9). Um diesen offensichtlichen Unterschieden gerecht zu werden, wurde für Kurvenfahrten ein alternativer Ansatz zur Berechnung der Emissionen eines Gesamtzuges angewandt. Dieser stellt eine Kombination aus den Emissionen der Innen- und Außenräder dar. Für jene der Innenräder wurden die Emissionsfaktoren für Geradeausfahrten herangezogen und die Emissionsfaktoren der Außenräder entsprechen jenen von Kurvenfahrten (siehe Gleichung (3)). Abbildung 9: Vergleich des Verschleißbildes von Innen- und Außenrad bei Kurvenfahrt. Mit den gezeigten Ansätzen konnten die Emissionsfaktoren für die Fraktionen PM1, PM2,5 und PM10 wie in Tabelle 9 gezeigt abgeleitet werden. Die PM10 Emissionen lagen im Bereich von 0,33 bis 5,38 g/km, wobei vor allem bei engen Kurvenfahrten die höchsten Emissionen erfasst werden konnten. Hierbei zeigt sich, dass sich die lange Drehgestelllänge von Personenzügen negativ auf das Emissionverhalten auswirkt. Die niedrigere Achszahl im Vergleich zu Güterzügen kompensiert diesen Nachteil jedoch. Tabelle 9: Emissionsfaktoren der Fraktionen PM10, PM2,5 und PM1 in Abhängigkeit der Testkonfiguration. 2.3.3.2 GrößenverteilungEin Vergleich der Partikelanzahlkonzentrationen der ultrafeinen Partikel zeigt eindeutige Unterschiede zwischen Geradeausfahrten und Kurvenfahrten. Diese Unterschiede werden unter anderem in Abbildung 10 deutlich, die einen Vergleich der Partikelgrößenverteilungen dieser zwei Fahrmodi (Gerade und Kurve) zeigt. Grundsätzlich konnten bei beiden Kurven drei Peaks bei ca. 10 nm, bei ca. 32 nm und bei 160 nm festgemacht werden. Die Ausprägung dieser Peaks ist bei Kurven- und Geradeausfahrt jedoch deutlich zu unterscheiden. Während bei Geradeausfahrt der 10 nm Peak dominant ist, dominiert bei Kurvenfahrt jener bei einem Partikeldurchmesser von 160 nm. Wobei gesagt werden kann, dass die Partikelanzahlkonzentration im gesamten Größenbereich bei Kurvenfahrten höher ist als jene bei Geradeausfahrten. Abbildung 10: Vergleich der Partikelgrößenverteilung bei Geradeaus- und Kurvenfahrt. 2.3.3.3 Chemische Analyse der StaubinhaltstoffeBei der chemischen Analyse der Staubinhaltstoffe zeigte sich, dass die Legierungszusätze des Radsatzes vor allem bei Kurvenfahrten einen relevanten Anteil an der emittierten Partikelmasse hatten. Bei Geradeausfahrt hingegen lag die Partikelmasse durchwegs unter dem Detektionslimit. Dennoch stellen Eisen, Kohlenstoff und Mangan den überwiegenden Anteil an der emittierten Masse dar. Dennoch existieren bezogen auf die emittierte Masse an Eisen- und Manganpartikeln auch hier gravierende Unterschiede zwischen Geradeaus- und Kurvenfahrt. So konnten bei Kurvenfahrten um bis zu 5-Mal höhere Partikelmassen diesen beiden Elementen zugeordnet werden. Im Vergleich dazu konnte dieser Trend bei der emittierten Kohlenstoffmasse nicht beobachtet werden. Tabelle 10 zeigt die gesammelten Ergebnisse der chemischen Analyse. Tabelle 10: Ergebnisse der chemischen Analyse (Masse je Filter) ausgewählter Filterproben. 3. Ausblick3.1 BremsenprüfstandmessungenIm weiteren Projektverlauf sind weitere Prüfstandmessungen zur Quantifizierung der Emissionen von Bremsen geplant. Diese Messkampagne wird in zwei Sub-Kampagnen unterteilt, bei denen zunächst die Emissionen von Scheibenbremsen und anschließend jene von Klotzbremsen erfasst werden sollen. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei den unterschiedlichen Bremsbelägen (organische Beläge vs. Gesinterte Beläge vs. Graugussbeläge) zu. Erstere werden zunehmend eingesetzt, da sie im Vergleich zu Sinter- und Graugussbelägen geringere Geräuschemissionen verursachen. Dieses Thema wurde bereits auf EU-Ebene diskutiert und Lösungen speziell für Güterzüge gefunden. Hier existieren zum Beispiel die sogenannten „K-Sohlen“ aus Kompositwerkstoffen, die eine entsprechende Lärmreduktion bewirken. Mittlerweile werden alte Güterwagons auch mit einer Weiterentwicklung, der „LL – low noise, low friction“ Sohle, umgerüstet. Bezogen auf die Partikelemissionen existieren jedoch nur wenige valide Informationen zu diesen Neuentwicklungen. Aus diesem Grund ist eines der Ziele im gegenständlichen Projekt, einen Vergleich der unterschiedlichen Bremsbeläge zu ermöglichen. Neben den partikelfömigen Emissionen sollen speziell bei organischen Bremsbelägen auch die Emissionen von volatilen organischen Komponenten (VOCs) miterfasst werden. Die Messkampagnen werden im ersten Halbjahr 2023 am neu aufgebauten Bremsenprüfstand an der TU Graz (Christoph Pelzl, 2022) durchgeführt. 3.2 Messungen in Bahnhofumgebung und AusbreitungsrechnungZusätzlich zu den Prüfstandmessungen werden Messungen in einer Bahnhofumgebung durchgeführt. Diese Messungen sollen einerseits die Belastung der Bahnreisenden, Bahnmitarbeiter und Anrainer durch Abriebbedingte Emissionen aus dem Schienenverkehr erfassen und dienen andererseits wiederum zur Validierung des Rechenmodells zur Ausbreitungsrechnung. Hierfür wird das an der TU Graz entwickelte Ausbreitungsmodell GRAMM/GRAL (Öttl Dietmar, 2021) eingesetzt. Mit dem generierten Rechenmodell sollen abschließend die Einträge der Abriebbedingten Emissionen in die Umweltkompartimente Böden und Gewässer ermittelt werden. 4. ZusammenfassungDurch die zunehmende Elektrifizierung der europäischen Eisenbahnstrecken nimmt die Bedeutung der nichtverbrennungsbedingten Emissionen aus dem Schienenverkehr zu. Die bisher durchgeführten Untersuchungen zu diesem Thema führten zur Identifizierung der maßgebenden Emissionsquellen, zeigten jedoch große Unterschiede bezogen auf die Quantität der Emissionen. Das gegenständliche Projekt soll diesbezüglich neues Datenmaterial liefern und vergleichbare Ergebnisse hervorbringen. Neben der quellspezifischen Quantifizierung der Emissionen, stellt die Ausbreitung dieser Emission sowie der Eintrag in die diversen Umweltkompartimente einen Kernpunkt der Untersuchungen dar. Im bisherigen Projektverlauf wurden Messungen an einem Stromabnehmerprüfstand sowie an einem Rad-Schiene Prüfstand durchgeführt. Die Messungen am Stromabnehmerprüfstand brachten PM10 Emissionsfaktoren im Bereich von 0,14 bis 0,62 g/km hervor. Drei unterschiedliche Verschleißmechanismen, mechanische Reibung, elektrische Lichtbögen sowie der Joule Effekt, konnten als wesentliche Ursachen für das Emissionsverhalten identifiziert werden. Der Einfluss dieser drei Mechanismen variierte in Abhängigkeit von den gewählten Testbedingungen. Während eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit eine quadratische Zunahme der emittierten PM10 Masse durch mechanische Reibung verursachte, führten eine Erhöhung der Stromstärke sowie eine Reduktion der Anpresskraft zwischen Schleifleiste und Fahrdraht zu erhöhten Emissionen durch elektrische Einflüsse. Eine chemische Analyse der Staubinhaltstoffe zeigte, dass im Mittel ca. 1/3 der emittierten Masse ihren Ursprung im Fahrdraht hat und 2/3 der Masse von der Schleifleiste emittiert wird. Die Messungen am Rad-Schiene Prüfstand zeigten ebenfalls große Unterschiede, die besonders deutlich in einem Vergleich von Geradeaus- und Kurvenfahrten waren. Die auf einen Gesamtzug hochgerechneten PM10 Emissionen lagen im Bereich von 0,33 bis 5,57 g/km, wobei jene für Geradeausfahrten annähernd konstant auf niedrigerem Niveau (0,33 bis 1,48 g/km) waren. Im Vergleich dazu wurden speziell bei enger Kurvenfahrt Emissionsfaktoren von über 5 g/km sowohl für Güter- als auch Personenzüge abgeleitet. Diese Unterschiede zeigten sich auch bei der Partikelgrößenverteilung im Bereich der ultrafeinen Partikel. Hier ergab sich, dass bei Kurvenfahrt die maximale Partikelanazahlkonzentration bei größeren Partikeldurchmessern zu finden ist, als dies bei Geradeausfahrt der Fall ist. Die abschließende chemische Analyse der Staubinhaltstoffe zeigte, dass speziell bei Kurvenfahrt signifikante Anteile von Legierungszusätzen des Radsatzes nachgewiesen werden konnten. Nichts desto trotz stellen die Komponenten Eisen, Kohlenstoff und Mangan die Hauptbestandteile dar. Im weiteren Projektverlauf werden weitere Prüfstandtests am Bremsenprüfstand der TU Graz durchgeführt. Hierbei gilt dem Vergleich zwischen organischen, gesinterten und Graugussbelägen ein spezielles Augenmerk. Des Weiteren werden in-situ Messungen in einer Bahnhofumgebung durchgeführt, um die Feinstaubbelastung für Bahnreisende, Bahnmitarbeiter und Anrainer zu erfassen. Abschließend soll eine Ausbreitungsrechnung Auskunft über die Einträge in die Umweltkompartimente Böden und Gewässer geben. DanksagungDie vorliegende Forschungs- und Entwicklungsarbeit des BMDV-Expertennetzwerk „Wissen – Können – Handeln“ wurde durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) finanziert. Referenzen
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