FGSV-Nr. FGSV 002/137
Ort Bergisch-Gladbach
Datum 19.04.2023
Titel Der Einfluss verschiedener Verkehrsträger auf die Luftqualität von Hamburg: Konzepte und erste Ergebnisse des DLR-Projekts ELK
Autoren Dipl. Inf. Daniel Krajzewicz, Thilo Ebertseder, V. Mathias, M. Mertens, R. Badeke, F. Baier, J. Handschuh, E. Khorsandi, M. Ramacher, M. Quante, C. Thaller, M. Righi
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Zusammenfassung

Gesamtstädtische Simulationen von Luftschadstoffen in Hamburg werden mit den Modellsystemen PALM-4U und EPISODE-CityChem durchgeführt, um Immissionen räumlich und zeitlich hochaufgelöst zu quantifizieren. Zielsetzung ist dabei einerseits den Einfluss von Emissionen verschiedener Sektoren und Verkehrsmodi wie Straßenverkehr, Schifffahrt und Luftfahrt auf die Luftqualität zu untersuchen und andererseits die Ergebnisse unterschiedlicher Modellsysteme zu vergleichen.

Die Analysen werden im Rahmen des gemeinsamen DLR / Hereon-Projekts ELK (EmissionsLandKarte) durchgeführt. Neben globalen Emissionskatastern werden Emissionen für die Modellregion Hamburg aufgrund ihrer spezifischen verkehrlichen Eigenschaften auf lokaler Skala untersucht: Die Stadt Hamburg ist an das überregionale Straßen-, Eisenbahn- und Binnenwasserstraßennetz angebunden und verfügt über einen Flug- und Seehafen. Als Großstadt ist Hamburg charakterisiert durch ein größeres Einzugsgebiet mit nennenswerten Pendler- und Wirtschaftsverkehren. Die aktuelle Verkehrstransformation kann mittels Verhaltensänderungen simuliert und mit Ergebnissen basierend auf realem Verkehrsgeschehen verglichen werden.

Für die Abbildung der Emissionen verschiedener Sektoren bzw. Verkehrsträger werden sowohl das agentenbasierte Nachfragemodell TAPAS und die mikroskopische Verkehrsflusssimulation SUMO eingesetzt als auch die Emissionsmodelle HiMEMO, MoSES, UECT und MEGAN. Für die Luftqualitätsmodellierung wird das Stadtklimamodellsystem PALM-4U mit dem global-regionalen Klimachemiemodell MECO(n) gekoppelt. Für das Chemietransportmodell EPISODE-CityChem werden Randbedingungen mit dem regionalen Chemietransportmodell CMAQ erzeugt. Im Rahmen von ELK wird die Ausbreitung von Gasen und Partikeln für die Stadtregion Hamburg in einer räumlichen Auflösung von ≤ 100 m, in ausgewählten Tochterdomänen bis wenige Meter, und typische saisonale Episoden simuliert.

Gezeigt werden erste ausgewählte Ergebnisse zum Einfluss verschiedener Verkehrsträger und Umweltfaktoren auf die Luftqualität: i) Dreidimensionale Verteilung und Dynamik von Luftschadstoffen durch Emissionen des bodengebunden Verkehrs, ii) Beiträge von Schiffsemissionen auf die Luftqualität in der Umgebung, sowie iii) Emission flüchtiger organischer Verbindungen von Vegetation unter Trockenstress und Auswirkungen auf die Ozonbelastung.

Die Erstellung konsistenter drei- und vier-dimensionaler Kataster der urbanen gas- und partikelförmigen Emissionen über alle Verkehrsmodi, der Energieerzeugung und verwandter Sektoren sowie das darauf aufbauende Immissionskataster für die Stadtregion Hamburg sollen als Beitrag und Planungsgrundlage für Politik, Forschung und Gesellschaft dienen, um die Luftqualität an Straßen und damit die Lebensqualität vor Ort zu verbessern.

 

 

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1. Einleitung

Verkehr und die damit verbundenen Wirtschaftssektoren führen zu nachteiligen Auswirkungen auf die Luftqualität und tragen erheblich zum Klimawandel bei. Die Emissionen aus diesen Sektoren führen mitunter zu Überschreitungen der empfohlenen Grenzwerte der WHO für Luftschadstoffe (WHO, 2022) und stellen die Erreichung des Pariser Abkommens in Frage. Keines der derzeit verfügbaren Emissionsinventare berücksichtigt konsistent die Emissionen (Gas, Partikel und Lärm) aller Transportmodi (Landtransport, Luftfahrt und Schifffahrt) und gleichzeitig die Emissionen aus der verkehrsbezogenen Energieproduktion, industriellen Prozessen und Infrastruktur (Righi et al., 2022). Darüber hinaus enthalten die meisten verfügbaren Kataster keine Informationen auf Subsektorebene, so unterscheiden sie beispielweise weder verschiedene Fahrzeugtypen, noch ziehen sie, die Emissionen ergänzende, verkehrsbezogene Schlüsselgrößen in Betracht. Emissionsinventare in einer solchen Detailgenauigkeit sind jedoch für eine zuverlässige Quantifizierung der Auswirkungen des Verkehrs auf globaler, nationaler und regionaler Ebene von wesentlicher Bedeutung. Darüber hinaus sind für die Entwicklung künftiger Emissionsszenarien konsistente Emissionsinventare erforderlich, um die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität, zur Verringerung der Lärmbelastung und der Klimapolitik zu bewerten. Um diese herausfordernde Aufgabe umzusetzen, kombiniert das neue strategische Impulsprojekt ELK8) das interdisziplinäre Fachwissen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) durch eine Zusammenarbeit von 24 Instituten und des Helmholz-Zentrums Hereon (Righi et al., 2023).

ELK zielt darauf ab, eine primäre Informationsquelle für verschiedene Interessengruppen und Akteure zu etablieren, wie z. B. politische Entscheidungsträger, die Industrie, Forschende, die sich mit Luftqualitäts-, Lärm- und Klimamodellierung befassen, sowie das Intergovernmental Panel for Climate Change (IPCC). Ein kollaborativer und interdisziplinärer Ansatz ist erforderlich, um das breite Spektrum der Themen abzudecken, die der Zusammenstellung von Emissionsinventaren innewohnt. Dies umfasst beispielsweise Transportnachfrage, Emissionsindizes und die Entwicklung von Modellen sowie dedizierte Methoden zur Datenvisualisierung und -verwaltung. Die Vielfalt der Datenquellen und die Heterogenität von Datenformaten aus verschiedenen Sektoren und Datenanbietern erfordern die Kombination verschiedener Modellierungswerkzeuge und -ansätze sowie die Verwendung von Messungen und Satellitendaten. Verfügbare DLR-Daten und Daten von externen Anbietern werden verarbeitet und als Eingabe verwendet, um räumlich und zeitlich aufgelöst Transportvolumina und Emissionsverteilungen zu quantifizieren. Basierend auf bereits verfügbaren Beständen werden genaue Kriterien für die Gestaltung der Emissionsinventare in ELK definiert und ihre Qualität und Verwendbarkeit in realen Anwendungen bewertet. Schließlich werden eine Datenbank und eine Benutzeroberfläche entwickelt, um einen einfachen und zuverlässigen Zugriff auf die Endprodukte sowohl für interne als auch für externe Nutzer zu gewährleisten.

8) https://verkehrsforschung.dlr.de/de/projekte/elk

Die Möglichkeiten, Verkehr sowie Schadstoffemissionen auf einer räumlich fein aufgelösten Ebene zu modellieren, werden über die Abbildung der Modellregion Hamburg demonstriert. Die Stadt Hamburg ist nicht nur an das überregionale Straßen-, Eisenbahn- und Binnenwasserstraßennetz angebunden, sondern verfügt auch über einen Flug- und Seehafen. Dadurch kann der Einfluss aller Verkehrsmodi auf die Luftqualität quantifiziert werden. Zusätzlich können die aktuelle Verkehrstransformation sowie Trends in Verhaltensänderungen simuliert und mit Ergebnissen basierend auf realem Verkehrsgeschehen verglichen werden. Die räumliche Abgrenzung des Untersuchungsraums erfolgte anhand relevanter Verkehrsbeziehungen einschließlich der Pendler- und Wirtschaftsverkehre.

Für die Modellregion wird das menschliche Mobilitätsverhalten mit der agentenbasierten Verkehrsnachfragesimulation TAPAS (Heinrichs et al., 2017) umgesetzt. Die so für jeden einzelnen Menschen berechneten Fahrten während eines üblichen Arbeitstages werden mittels der mikroskopischen Verkehrsflusssimulation SUMO (Alvarez Lopez et al., 2018) auf das Straßennetz umgelegt, um die aus dem Mobilitätsverhalten resultierenden Verkehrsflüsse zu erhalten. Zudem werden die bisher in der Simulationskette nicht beachteten Pendlerverkehre berücksichtigt. Die Fahrzeugtrajektorien werden für die Berechnung von Schadstoff- und Lärmemissionen übergeben. Für die Quantifizierung weiterer Emissionen verschiedener Sektoren bzw. Verkehrsträger werden die Emissionsmodelle HiMEMO (siehe z.B. Matthias et al., 2021), MoSES (Schwarzkopf et al., 2021), UECT (Hamer et al., 2019, Karl et al., 2019) und MEGAN (Guenther et al., 2012, 2020) eingesetzt.

Gesamtstädtische Simulationen von Luftschadstoffen in Hamburg werden mit den Modellsystemen PALM-4U (Maronga et al., 2020) und EPISODE-CityChem (Karl et al., 2019) durchgeführt, um Immissionen räumlich und zeitlich hochaufgelöst zu quantifizieren. Zielsetzung ist dabei einerseits den Einfluss von Emissionen verschiedener Sektoren und Verkehrsmodi wie Straßenverkehr, Schifffahrt und Luftfahrt auf die Luftqualität zu untersuchen und andererseits die Ergebnisse unterschiedlicher Modellsysteme zu vergleichen. Mittels des Stadtklimamodells PALM-4U werden ausgewählte Episoden mit typischen Bedingungen für Winter, Frühjahr und Sommer simuliert, wobei es mit Randbedingungen des global-regionalen Klimachemiemodells MECO(n) (Mertens et al., 2016) angetrieben wird. Parallel wird das Chemietransportmodell Episode-CityChem für die Abbildung längerer Zeiträume eingesetzt, wobei die Randbedingungen hier mit dem regionalen Chemietransportmodell CMAQ (Byun and Schere, 2006) erzeugt werden.

Neben der Konzeptualisierung werden in diesem Beitrag erste ausgewählte Ergebnisse zum Einfluss verschiedener Verkehrsträger und Umweltfaktoren auf die Luftqualität von Hamburg vorgestellt: i) Horizontalverteilungen von Luftschadstoffen durch Emissionen des bodengebunden Verkehrs aus gebäudeauflösenden Simulationen, ii) Beiträge von Schiffsemissionen auf die Luftqualität in der Umgebung, sowie iii) Emission flüchtiger organischer Verbindungen durch Vegetation unter Trockenstress und Auswirkungen auf die Ozonbelastung.

2. Daten und Methoden

2.1 Untersuchungsgebiet

Als Modellregion wurde die Hansestadt Hamburg (760 km2, 1,86 Mio. Einwohner in 2022) aufgrund ihrer spezifischen verkehrlichen Eigenschaften und Rahmenbedingungen ausgewählt: Die Stadt ist an das überregionale Straßen-, Eisenbahn- und Binnenwasserstraßennetz angebunden, zudem sind das Stadtgebiet und große Teile des Umlandes durch ein engmaschiges Netz öffentlicher Verkehrsmittel erschlossen. Als Großstadt ist Hamburg charakterisiert durch ein größeres Einzugsgebiet mit Pendler- und Wirtschaftsverkehren. Darüber hinaus gibt es nicht nur einen Flughafen, sondern – anders als etwa in der Region Berlin-Brandenburg – auch einen Seehafen, sodass alle Verkehrsmodi abgebildet werden können. Zudem kann auf eine gute Datenlage (z. B. Soziodemographie, Verkehrsnetze, Infrastruktur, Verkehrsnachfrage) und die Weiterentwicklung anpassungsfähiger Verkehrs- und Emissionsmodelle aufgebaut werden. Daher ist die Hansestadt Hamburg als Anwendungsfall für das ELK-Projekt prädestiniert. Zudem gestaltet die Stadt Hamburg aktuell die Transformation des Verkehrs. Die Abbildung des Verkehrs im Rahmen von ELK bietet die Möglichkeit, die Stadt hierbei zu unterstützen. Des Weiteren kann das reale Verkehrsgeschehen mit den Simulationsergebnissen verglichen werden, sodass bislang in den Modellen nicht berücksichtigte Verhaltensänderungen erkennbar werden.

In Hamburg sind die maritimen Einflüsse und ihre Auswirkungen auf die städtischen atmosphärischen Prozesse sowie die atmosphärischen Veränderungen durch die städtische Umwelt von großem Interesse (Scherer et al., 2020). Wind ist ein prägendes Element des Stadtklimas in Hamburg und steuert dessen grundlegende physikalische Prozesse. So werden über Turbulenz und Transport die räumliche Verteilung von Luftschadstoffen in der Umgebungsluft reguliert. Eine realistische Simulation des urbanen Windfelds ist neben der Emissionsdynamik daher eine Grundvoraussetzung für die Modellierung der Luftqualität. Der Wind wird durch die allgemeine Wettersituation der Stadt aufgeprägt, während die Stadtstrukturen nur lokal das Windfeld modifizieren. Daher kommt dem mesoskaligen Antrieb bei der Modellsimulation eine besondere Bedeutung zu.

Das Untersuchungsgebiet wurde letztlich so ausgewählt, dass das Verkehrsnetz für die mikroskopische Verkehrssimulation mit SUMO 20 km über die Grenzen der Hansestadt Hamburg hinausreicht, hauptsächlich, um Randeffekte bei der Betrachtung der Stadt zu vermeiden (Abbildung 1).

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet und Modellregion Hamburg.

2.2 Modellierungsansatz

Die Komponenten des ELK-Modellierungskonzepts für die Stadtregion Hamburg werden in Abbildung 2 dargestellt. Den beiden Modellsystemen CMAQ/EPISODE-CityChem und MECO(n)/PALM-4U liegen dieselben Gesamtemissionsinventare zu Grunde. Beide Chemietransportmodelle auf der urbanen Skala werden jedoch durch unterschiedliche mesoskalige Modelle angetrieben. Zielsetzung ist dabei einerseits den Einfluss verschiedener Verkehrsträger und Umweltfaktoren emissions- und immissionsseitig zu quantifizieren und andererseits verschiedene Modellansätze hinsichtlich ihrer Genauigkeit und Grenzen der Anwendungsmöglichkeit für stadtklimatologische und lufthygienische Fragestellungen zu evaluieren.

Abbildung 2: Konzept der Emissions- und Luftqualitätsmodellierung für die Stadtregion Hamburg. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird nur eine Auswahl der Komponenten dargestellt.

2.3 Emissionen

2.3.1 CAMS/GRETA/BUKEA

Die bisher eingesetzten Basisemissionsinventare entstammen dem Copernicus Atmospheric Monitoring Service (CAMS-REG-v4, Kuenen et al., 2022) und GRETA (Schneider et al., 2016) unter Nutzung der Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA). Beide wurden mittels einer am DLR entwickelten Methode zeitlich dynamisiert und in ihrer räumlichen Auflösung durch satelliten-gestützte Beobachtungen und andere Geodaten verbessert (Khorsandi et al., 2018). Einen skizzenhaften Überblick zu den Verkehrsträgern Straßen-, Schiffs- und Flugverkehr bietet Abbildung 3. Für Hamburg liegen Emissionsinventare verschiedener Sektoren in unterschiedlichen Aktualisierungszyklen durch die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) vor.

Abbildung 3: Überblick zu Emissionen verschiedener Verkehrsträger für Hamburg basierend auf GRETA (UBA) (Schneider et al., 2016), zeitlich und räumlich dynamisiert nach Khorsandi et al. (2018).

2.3.2 HiMeMo/MoSeS/MEGAN

Das am Hereon entwickelte Emissionsmodell HiMEMO (Highly Modular Emission MOdel) wird zur Erzeugung von zeitlich und räumlich hochaufgelösten Emissionsdatensätzen für das Chemietransportmodell CMAQ auf der regionalen Skala verwendet. Es ist hoch-modular aufgebaut, so dass es flexibel an neue Aufgabenstellungen angepasst werden kann und Neuerungen einfach umzusetzen sind. Als Eingangsdaten dienen typischerweise aggregierte Emissionsdatensätze für einzelne Länder und Emissionssektoren, die dann mit HiMEMO unter Zuhilfenahme von Proxydaten wie z.B. Bevölkerungsdichte oder Landnutzung zeitlich und räumlich verteilt werden. Bereits gegitterte Daten können ebenfalls verwendet werden. Für stofflich aggregierte Emissionen wie flüchtige organische Verbindungen (VOC) oder Feinstaub (PM) wird je nach Emissionssektor eine Aufteilung in chemische Komponenten vorgenommen, wie sie in CMAQ benötigt werden. Eine zeitliche Verteilung erfolgt aufgrund von standardisierten Jahres-, Wochen- und Tagesgängen individuell für den jeweiligen Emissionssektor. Mit HiMEMO können auch gezielt Änderungen der Emissionsstärke in einzelnen Emissionssektoren oder während ausgewählter Zeiträume vorgenommen werden, siehe z.B. Matthias et al. (2021) für eine Anwendung des Modells auf die Lockdown-Situation im Frühjahr 2020 in Europa.

MoSES (Modular Ship Emission model System) (Schwarzkopf et al., 2021) ist ein ebenfalls hoch modular aufgebautes Modellsystem für Schiffsemissionen. Die Emissionen werden hier bottom-up auf Basis von Schiffsbewegungsdaten und technischen Information über das jeweilige Schiff berechnet. Dabei wird zunächst die vom Schiff zum Betrieb aller Anlagen und Motoren benötigte Energie (in kWh) ermittelt und diese dann mit Emissionsfaktoren für wichtige Schadstoffe und Treibhausgase, die der Literatur entnommen wurden, verknüpft. Als Ergebnis entsteht ein sehr genauer Emissionsdatensatz, der in nahezu beliebiger räumlicher Auflösung erzeugt werden kann. Er wird zusammen mit den HiMEMO Emissionsdaten in einen 4-dimensionalen Datensatz integriert, der alle relevanten anthropogenen Emissionen auf dem von CMAQ vorgegebenen dreidimensionale räumlichen Gitter in einer stündlichen Auflösung enthält.

Biogene Emissionen werden mit dem weit verbreiteten Emissionsmodell Model of Emissions of Gases and Aerosol from Nature Version 3 (MEGAN3) (Guenther et al., 2012, 2020) unter Verwendung derselben meteorologischer Daten, die von CMAQ genutzt werden, berechnet. Sie werden ebenfalls als externer Datensatz eingelesen, während Seesalzemissionen online in CMAQ erzeugt werden. Staub wird nur am Rand des Modellgitters aus einer globalen Simulation (typischerweise von IFS-CAMS) in das Modellgebiet eingetragen. Staubemissionen im Modellgebiet selbst werden vernachlässigt.

2.3.3 Bodengebundener Verkehr TAPAS/SUMO

Das Personenverkehrsaufkommen innerhalb der Stadt Hamburg wird mittels der agentenbasierten Nachfragesimulation TAPAS (Heinrichs et al. 2017) berechnet. TAPAS bildet eine Region über eine personenfeine Bevölkerung ab, bei der jede Person über ihre soziodemografischen Attribute wie Alter, Geschlecht oder Erwerbsstatus beschrieben ist. Eine Besonderheit von TAPAS ist, dass Personen zu Haushalten gruppiert sind, wodurch die Zuweisung von Mobilitätsressourcen, wie z.B. dem Familien-Pkw zu verschiedenen Personen über den Tag ermöglicht wird (Beige et al. 2017). Entsprechend berechnet TAPAS die Verkehrsnachfrage in einem Gebiet, indem es zunächst über die Haushalte, dann über die Personen des aktuell betrachteten Haushaltes iteriert. Für jede Person wird zunächst aus einer Menge von ca. 50‘000 im Rahmen der empirisch erhobenen Tagespläne stochastisch einer ausgewählt, der zu den soziodemografischen Eigenschaften der aktuell betrachteten Person passt (Radke & Heinrichs, 2021). Für die in diesem Tagesplan enthaltenen Aktivitäten sucht TAPAS darauffolgend passende Orte innerhalb des modellierten Gebietes, an denen die jeweilige im Tagesplan hinterlegte Aktivität durchgeführt werden kann. Hierbei sind sowohl Wohn- als auch Aktivitätenorte gebäudefein innerhalb des Modells abgelegt. Parallel zur Wahl des Aktivitätenortes findet die Bestimmung des genutzten Verkehrsmodus statt. Diese findet über eine aus einer multinomialen logistischen Regression der Ergebnisse der Mobilitätsbefragung „Mobilität in Deutschland“ (Nobis et al., 2019) abgeleiteten Funktion statt, in die Eigenschaften der Fahrt und der Person einfließen. Nach der Berechnung des Tagesplans einer Person wird dieser auf Durchführbarkeit geprüft und bewertet. Kann ein Plan aufgrund falscher Annahmen nicht durchgeführt werden, wird er verworfen, und ein neuer Tagesplan für die Person wird generiert. Abbildung 4 stellt den Ablauf des Modells TAPAS schematisch dar.

Abbildung 4: Schematische Darstellung des Ablaufs des Modells TAPAS.

Das Ergebnis der Berechnung sind Wegeketten aller modellierten Personen für einen durchschnittlichen Wochentag. Durch die Berücksichtigung der soziodemografischen Eigenschaften der Bevölkerung wie auch der Preise und Reisezeiten, ist das Modell sensitiv auf Veränderungen in der Verkehrsinfrastruktur, im Verkehrsangebot wie auch in der Demografie der modellierten Bevölkerung. Die Eigenschaften der Bevölkerung können auch herangezogen werden um die Ergebnisse nicht nur räumlich und zeitlich gruppiert zu betrachten, sondern auch die Auswirkungen für verschiedene Bevölkerungsgruppen zu quantifizieren.

Die von TAPAS erzeugten Wegeketten von Personen bilden die durchgeführten Fahrten über Eigenschaften wie Fahrtbeginn und -dauer, die Orte, gebäudefein, an denen die Fahrt begonnen wird und endet sowie den genutzten Verkehrsmodus ab. Für eine Abbildungen des Verkehrs muss jedoch die Dynamik bei der Durchführung dieser Fahrten simuliert werden. Dies wird durch die Verkehrsflusssimulation SUMO (Alvarez Lopez et al., 2018) geleistet. SUMO kann TAPAS-Ergebnisse einlesen und den entsprechenden Verkehr im Verkehrsnetz meso- oder mikroskopisch simulieren (Heinrichs et al., 2018). SUMO simuliert einzelne Verkehrsteilnehmer, in dem es in festen simulierten Zeitintervallen, zumeist von einer Sekunde, die Geschwindigkeit sowie ggf. Spurwechsel der Verkehrsteilnehmer bestimmt, Infrastruktur sowie den Verkehrszustand in der Umgebung betrachtend (Abbildung 5).

Abbildung 5: links: Beispiel für die gebäudefeine Verortung von Infrastrukturen (hier: Einkaufsmöglichkeiten) in TAPAS; rechts: Abbildung des Gebietes in SUMO.

SUMO liefert somit Trajektorien einzelner Verkehrsteilnehmer, bestehend aus Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung, sowie der aktuell belegten Straße und Spur, über einzelne Fahrten, Strecken, Spuren oder Bereiche im Verkehrsnetz aggregierte verkehrliche Kenngrößen oder Ausgaben simulierter Detektoren. SUMO kann auch die Mengen der emittierten Schadstoffe über eingebaute Emissionsmodelle liefern (Krajzewicz et al., 2014).

Die Kombination aus TAPAS und SUMO ist bereits für verschiedene Fragestellungen genutzt worden, so auch für die Bemessung von Auswirkungen von Maßnahmen zur Luftreinhaltung (Krajzewicz et al., 2016), die Auswirkungen des Online-Lebensmittelhandels auf Schadstoffemissionen (Heldt et al., 2019). Die Abbildung des bodengebundenen Verkehrsgeschehens in Hamburg wird ergänzt durch Modelle des Wirtschaftsverkehrs, insb. der Lebensmitteleinzeldistribution und der Paket- und Expressdienste. Zudem werden Pendlerverkehre sowie das Verkehrsaufkommen innerhalb des betrachteten Gebietes (vgl. Abbildung 1) jenseits der Stadt Hamburg dem deutschlandweiten Verkehrsmodell „DEMO“ (Mocanu, 2019) entnommen.

Innerhalb des Projektes wird so für die Stadt Hamburg eine Abbildung des Verkehrsaufkommens für das Jahr 2019 als Basisjahr sowie für das Prognosejahr 2030 erzeugt. Darauf aufbauend werden innerhalb des Projektes mögliche Zukunftsszenarien abgeleitet und simuliert, um die jeweiligen Auswirkungen auf Schall- und Schadstoffemissionen zu erhalten.

2.4 Chemie-Transport-Modelle

2.4.1 MECO(n)

MECO(n) ist die Abkürzung für MESSy-fied ECHAM- und COSMO-Modelle, die n-mal verschachtelt sind (Mertens et al., 2016). Es verfügt über eine Online-Kopplung des COSMO-CLM-Modells, ausgestattet mit der Modular Earth Submodel System (MESSy)-Schnittstelle (genannt COSMO/MESSy), mit dem globalen Atmosphärenchemiemodell ECHAM5/MESSy for Atmospheric Chemistry (EMAC, Jöckel et al., 2010). Diese Online-Kopplung ermöglicht eine durchgängige Modellkette hinsichtlich chemischer und meteorologischer Randbedingungen von der globalen Skala bis zur regionalen Kilometerskala.

2.4.2 CMAQ

Das Community Multiscale Air Quality (CMAQ) Modellsystem wurde von der US Umweltbehörde EPA bereits in den 90er Jahren aufgebaut. Es ist frei verfügbar und wird weltweit von einer großen Community genutzt sowie stetig weiterentwickelt (Byun and Schere, 2006). Es handelt sich um ein regionales Chemietransportmodell, das mit Daten aus unterschiedlichen mesoskaligen meteorologischen Modellen angetrieben werden kann, z. B. WRF oder COSMO-CLM. CMAQ enthält eine detaillierte Gasphasen- und Aerosolchemie auf dem neuesten Stand des Wissens. Emissionsdaten werden typischerweise mit Emissionsmodellen wie HiMEMO in der notwendigen zeitlichen und räumlichen Auflösung erzeugt und dann tageweise eingelesen. Seesalzemissionen werden innerhalb des Modells erzeugt, da sie von den meteorlogischen Bedingungen abhängen. Biogene Emissionen können sowohl innerhalb von CMAQ berechnet als auch aus externen Quellen verwendet werden.

2.4.3 EPISODE-CityChem

Das Modellsystem EPISODE-CityChem ist ein bei Hereon stetig weiter entwickeltes stadtskaliges Eulersches Chemietransportmodell mit sub-skaliger Verfeinerung bis 100 m räumlicher Auflösung (Karl et al., 2019). Es enthält einen detaillierten Chemiemechanismus für Gasphasen- und Aerosolchemie inklusive ultrafeiner Partikel (UFP). Es kann sowohl von vierdimensionalen meteorologischen Daten aus dem Luftqualitätsmodell TAPM (The Air Pollution Model) (Hurley et al., 2005) als auch mit Beobachtungsdaten von Wettermasten angetrieben werden. Emissionsdaten für EPISODE-CityChem werden mit dem UECT (Urban Emission Conversion Tool) aus gegitterten Daten auf das Zielgitter interpoliert und mit Sektor-spezifischen Standardprofilen zeitlich verteilt. Randbedingungen für das ca. 50 x 50 km² umfassende Modellgebiet stammen von CMAQ.

2.4.4 PALM-4U

Für gesamtstädtische Simulationen von Luftschadstoffen in der Stadtregion Hamburg wird das gebäudeauflösende Stadtklimamodell PALM-4U (Maronga et al., 2020) eingesetzt. Es basiert auf dem seit 1997 am Institut für Meteorologie und Klimatologie (IMUK) der Leibniz Universität Hannover (LUH) entwickelten Modellsystem PALM. Durch den Large-Eddy-Simulationsansatz (LES) dient es der Untersuchung von mikro- und mesoskaligen turbulenten Grenzschichtströmungen in der Atmosphäre. Zur Bewältigung wetter- und klimabedingter Auswirkungen sowie zur Analyse der Luftverschmutzung in Städten wird derzeit im Rahmen des deutschen Forschungsprogramms Stadtklima im Wandel – Urban Climate Under Change [UC]² (2018-2023) das neue Stadtklimamodell PALM-4U entwickelt, getestet und für den Einsatz in Forschung und Praxis evaluiert (Scherer et al., 2019; Erbertseder et al., 2022).

Die Erweiterungen umfassen die explizite Behandlung von Topographie und Gebäuden, städtischen Oberflächen, chemischen Prozessen und Strahlungsprozessen, aber auch das LES-Nesting und das Nesting in größere Modelldomänen mit nichtzyklischen Randbedingungen und turbulenter Strömung. Das Modellsystem ist dadurch in der Lage, nach Stand der Forschung die gesamte Bandbreite der zeitlichen und räumlichen Skalen urbaner atmosphärischer Prozesse abzubilden. Bisher verfügbare Stadtklimamodelle waren entweder zu grobmaschig, um die gerade für die Planung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftgüte so wichtigen mikroskaligen (Gebäude und Straßenschluchten) und lokalskaligen (Stadtquartiere) Prozesse auflösen zu können, oder sie decken nur kleinere Stadtgebiete ab und können nicht an großräumige numerische Modelle gekoppelt werden, wie sie in der Wettervorhersage oder für regionale Klimaprojektionen zum Einsatz kommen.

Die detaillierte Initialisierung von PALM-4U u.a. über satelliten-gestützte Basisinformationen zum Gebäude- und Siedlungsbestand sowie andere fernerkundliche Daten ist dabei essentiell. PALM-4U ist für eine hohe Leistung auf allen modernen Prozessorarchitekturen optimiert und lässt sich auf mehrere Zehntausend Prozessoren skalieren. Im Rahmen des Forschungsprojekts Stadtklima im Wandel [UC]² wurde PALM-4U bereits erfolgreich für gesamtstädtische Simulationen von Luftschadstoffen und thermischer Belastung in München eingesetzt (Erbertseder et al., 2022).

3. Erste Ergebnisse

3.1 Dreidimensionale Verteilung und Zirkulationseffekte von Luftschadstoffen

Zur Umsetzung der Projektziele wurde begonnen die Modellkette MECO(n)PALM-4U für Hamburg zu implementieren. Die Verschachtelung der Domänen und die jeweilige räumliche Auflösung sind in Abbildung 6 dargestellt. Während die gesamte Stadtregion Hamburg von PALM-4U derzeit mit 100m Auflösung erfasst wird, kann das innerste Nest der Hamburger Innenstadt mit Ringwall, Binnenalster und Teilen des Hafens mit Fährterminals derzeit mit 5m Auflösung simuliert werden.

Abbildung 6: Übersicht der MECO(n) – PALM-4U Nestingkette. Dabei werden räumliche Auflösungen von mesoskalig 2.8 km bis zu mikroskalig (5 m) erreicht. Die innerste Domäne deckt dabei die Hamburger Innenstadt sowie Teile des Hafens ab und wurde so gewählt, dass fünf in-situ Messstationen zur Evaluierung umfasst werden (orange Symbole).

Für den statischen Treiber wurde die dreidimensionale Realisierung aller Gebäude durch den LOD2-Datensatz der Stadt Hamburg ermöglicht. Das Straßennetz, Straßentyp und Wasserflächen wurden aus Open Street Map extrahiert. Die Lage und Eigenschaften der Bäume in der Stadt entstammen dem Small Woody Feature (SWF) Datensatz des Copernicus Land Service. In einem ersten Ansatz werden die Emissionen des Straßenverkehrs über den Straßentyp parametrisiert. Um die Rechenzeit zu reduzieren und in den ersten Schritten eine numerisch stabile Simulation zu erreichen, wurde vorerst das einfachste Chemiemodell verwendet Es besteht aus einem einfachen Photolyseschema mit 3 Reaktionen für NO2, NO und O3 sowie dem passiven Transport von PM10, soll aber durch CB4 ersetzt werden. Die PALM-4U Simulationen in ELK werden im Rahmen der Kooperation Terrabyte auf Clustern des Leibniz Rechenzentrums (LRZ) in Garching bei München durchgeführt.

Exemplarisch für die Simulationen mit PALM-4U (V22) zeigt Abbildung 7 die NO2-Verteilung in der Umgebungsluft der Hamburger Innenstadt am 15. März 2022, 9:00 Uhr resultierend aus Emissionen des bodengebundenen Verkehrs. Die Ergebnisse basieren auf der innersten Tochterdomäne mit 5m räumlicher Auflösung (dx, dy, dz).

Abbildung 7: NO2-Verteilung [ppm] in der Umgebungsluft der Hamburger Innenstadt am 15. März 2022, 9:00 Uhr resultierend aus Emissionen des bodengebundenen Verkehrs. Die Ergebnisse basieren auf der innersten Tochterdomäne einer PALM-4U (V22) Simulation mit 5m räumlicher Auflösung (dx, dy, dz).

Erwartungsgemäß zeigen die Ergebnisse höhere Konzentrationen des NO2 entlang der Hauptverkehrsstraßen, einerseits emissionsbedingt, andererseits durch Kanalisierungseffekte in den Straßenschluchten. Gleichwohl ist die räumliche Variabilität des NO2 entlang der Straßen mitunter stark ausgeprägt. Insbesondere in den Kreuzungsbereichen werden lokale Turbulenzeffekte sichtbar. Sehr schön kann mit zunehmender Auflösung die Verwirbelung in den Straßenschluchten repräsentiert werden. Bei Vertikalschnitten ist hier deutlich die Verwirbelung des Luftschadstoffe im Lee der Anströmung des erkennen. Es kommt zu ausgeprägten Stagnations- und Rezirkulationseffekten, die zu einer starken Akkumulation der Luftschadstoffe auf der jeweils luvseitigen Straßenseite führen können. Bemerkenswert ist auch der Vertikaltransport aus der städtischen Hindernisschicht (UCL) heraus und die Einmischung in die urbane Grenzschicht (UBL). Dies wird durch Experimente im Windkanal zur Evaluierung des dynamischen Kerns von PALM-4U bestätigt (Groenemeier et al., 2021). Je nach mesoskaliger Anströmung der Stadt können die Luftschadstoffe somit (je nach chemischer Lebensdauer) durch die städtische Abluftfahne in das Umland transportiert werden.

Die ersten Simulationsergebnisse werden derzeit gegenüber in-situ Messungen der Umgebungsluft sowie, vertikal und horizontal integriert, satelliten-gestützten Beobachtungen evaluiert. Satellitenbasierte Beobachtungen von Sentinel-5P/TROPOMI haben ihr Potenzial für die flächenhafte Erfassung von städtischen Verschmutzungsinseln und Abgasfahnen sogar in Städten mit komplexem Gelände wie Stuttgart gezeigt (Samad et al., 2023). Dieser neue Sensor stellt eine Ergänzung zu herkömmlichen Messaufbauten zur Kartierung stadtweiter und mesoskaliger Spurengasverteilungen, zum Schließen von Massenbilanzen sowie zu vertikal integrierten Datensätzen zur dreidimensionalen Evaluierung von Stadtklimamodellen dar (Erbertseder et al., 2020; Müller et al., 2022).

3.2 Beiträge von Schiffsemissionen auf die Luftqualität in der Umgebung

EPISODE-CityChem wurde bereits mehrfach für die Simulation von Luftschadstoffkonzentrationen in Hamburg verwendet (u.a. Karl et al, 2019, Ramacher et al. 2020, Lauenburg et al., 2022, Badeke et al., 2022), besonderes Augenmerk liegt dabei oftmals auf dem Einfluss von Schiffsemissionen auf die Konzentration von NO2, PM2.5 oder ultrafeiner Partikel. So haben Lauenburg et al. (2022) ein Emissionsinventar für ultrafeine Partikel in Hamburg entwickelt und dabei insbesondere die Emissionen von Fährschiffen betrachtet (siehe Abb. 8). Besonders in der Nähe von Anlegestellen wurde eine signifikante Erhöhung der Konzentration ultrafeiner Partikel sowohl modelliert als auch gemessen. Diese überstiegen kurzzeitig sogar die an vielbefahrenen Straßen.

Abbildung 8: Modellierung ultrafeiner Partikel in Hamburg unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der Emissionen von Fährschiffen. Gezeigt ist die Partikelanzahl und der Effekt auf verschiedene Raumeinheiten (Lauenburg et al., 2022).

Die Auswirkungen der Vertikalverteilung von Schiffsemissionen im Hamburger Hafen wurden ebenfalls mit einer EPISODE-CityChem Simulation untersucht (Badeke et al., 2022). Das Setup der Studie ist in Abbildung 9 skizziert, ein einzelnes Schiff liegt bei südlicher Anströmung an einem Kai des Containerterminals im Hamburger Hafen. Die Schiffsabgasfahne breitet sich entsprechend in Richtung des Hamburger Stadtgebiets aus. Die Vertikalverteilung der Abgasfahne wurde nun in einer Sensitivitätsstudie modifiziert. Die gewählten Profile wurden dabei gemäß einer vorangegangenen Modell-Untersuchung (Badeke et al., 2021) zur Abhängigkeit der Vertikalverteilung von Schiffsemissionen von Schornstein- und Abgasparametern, meteorologischer Situation und Einfluss des Schiffskörpers gewählt. Es zeigt sich, dass bei neutraler Schichtung und einer Windgeschwindigkeit von 5 m/s bis zu einer Entfernung von 1,5 km signifikante Unterschiede im Konzentrationsmaximum entlang der Abgasfahne auftreten (Abb. 10).

Abbildung 9: Abgasfahne eines einzelnen Schiffes (graue Schattierung) im Hamburger Hafen in einer EPISODE-CityChem Simulation (Badeke et al., 2022).

Abbildung 10: Konzentration in Bodennähe in Abhängigkeit der Distanz für unterschiedliche Vertikalverteilungen bzw. Parametrisierungen der Schiffsemissionen (Badeke et al., 2022).

3.3 BVOC-Emissionen unter Trockenstress und Auswirkungen auf die Ozonbelastung

Von vielen Pflanzen ist bekannt, dass sie biogene flüchtige organische Verbindungen (BVOC) emittieren. Unter bestimmten Bedingungen verstärken BVOCs die photochemische Bildung von Ozon (O3) und beeinflussen die Konzentration von atmosphärischen Photooxidantien. Es wird erwartet, dass BVOC-Emissionen in Städten bei einem massiven Ausbau der grünen Infrastruktur in Zukunft weiter zunehmen. In städtischen Gebieten, die unter dem Einfluss des Klimawandels stehen, besteht möglicherweise ein Risiko erhöhten Ozonbildungspotenzialen ausgesetzt zu sein, da abiotische Stressfaktoren wie Hitze und Trockenheit die BVOC-Emissionen stimulieren können. Es ist jedoch weitgehend ungewiss, wie eine Kombination aus Hitzeepisoden und verringerten Bodenwasserpotenzialen die Luftqualität in Städten beeinflusst.

In einer Studie (Feldner et al. 2022) wurden die Nettoauswirkungen von Trockenstress auf Isopren und andere BVOC-Emissionen aus der Vegetation im Stadtgebiet von Hamburg und seinem Umland durch Anwendung des BVOC Emissionsmodells MEGAN3 (Günther et al. 2020) und des stadtbezogenen CTM EPISODE-CityChem, aktualisiert, um mehr BVOC-Substanzen im Rahmen des Chemie-Mechanismus zu berücksichtigen.

Im Fokus stand hier der im Klimawandel wichtige Trockenstress und seine Auswirkung auf die BVOC-Emissionen. Als Leitsubstanz wurde Isopren intensiver betrachtet, aber auch weitere BVOCs wurden berücksichtigt. Abbildung 11 zeigt die Reduktion der Isopren-Konzentrationen unter Trockenstress für Hamburg.

Die Auswirkungen des Trockenstresses auf BVOC-Emissionen und dem nachfolgenden Einfluss auf die Ozonbelastung waren gering (< 1%). Insgesamt war auch der BVOC-Einfluss mit der jetzigen Stadtvegetation auf die O3-Bildung im Vergleich zu einer anderen Studie (Berlin, Churkina et al., 2017) recht gering. Hier sind sicher weitere Untersuchungen erforderlich. Es ist aber wahrscheinlich, dass eine weitere Verringerung der anthropogenen NOx-Emissionen und/oder erhöhte BVOC-Emissionen durch den Ausbau der grünen Infrastruktur und den langfristigen Temperaturanstieg zu einer verstärkten photochemischen Ozonbildung in Hamburg in Zukunft führen können.

Abbildung 11 Isopren-Konzentrationsverteilung in dem EPISODE-CityChem-Modelgebiet für Hamburg für den Juli 2018 und die Auswirkungen von Trockenstress. (4a) veranschaulicht die modellierten Isopren-Konzentrationen unter nicht-stress Bedingungen (Basisfall), (4b) zeigt die relative Verringerung der Isopren-Konzentrationen aufgrund von aufgrund von Trockenstress (Differenz Trockenheit - Basis) (Feldner et al. 2022).

4. Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen des ELK-Projekts wird derzeit ein Multimodellsystem implementiert bzw. gekoppelt, um detaillierte Analysen zur Luftqualität an Straßen in der Stadtregion Hamburg durchführen zu können. Zielsetzung ist dabei einerseits den Einfluss verschiedener Verkehrsträger und Umweltfaktoren emissions- und immissionsseitig zu quantifizieren und andererseits verschiedene Modellansätze in ihrer Repräsentativität miteinander zu vergleichen. Als Untersuchungsjahr wurde 2019 ausgewählt, da dieses Jahr noch nicht pandemiebeeinflusst ist. Neben einer vollständigen Simulation für das gesamte Jahr 2019 mit ca. 100 x 100 m für die Stadtregion Hamburg, sollen ausgewählte Episoden mit bis zu 5m räumlicher Auflösung in der Hamburger Innenstadt gerechnet und analysiert werden. Die ersten Ergebnisse zeigen das große Potential (turbulenzauflösender) Chemie-Transport-Modelle zur gesamtstädtischen Analyse und Bilanzierung der Luftqualität in Straßen. Um die Auswirkungen der Verkehrswende auf die Luftqualität zu untersuchen, werden Szenarien für 2019 und 2030 basierend auf TAPAS/SUMO Ergebnissen simuliert. Die Kopplung von PALM-4U mit dem Klima-Chemiemodell MECO(n) ermöglicht über Klimaprojektionen die Analyse von Effekten des Klimawandels auf die Luftqualität und andere stadtklimatologische Größen. Die hochaufgelösten Emissions- und Immissionskataster sollen für Nutzergruppen und Bedarfsträger aus den Bereichen Politik, Forschung und Gesellschaft über verschiedene Schnittstellen und Medien bereitgestellt werden.

Danksagung

Das ELK-Projekt wird gefördert vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) und verbindet die Forschungsprogramme aus den Bereichen Luftfahrt, Raumfahrt, Verkehr und Energie.

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