FGSV-Nr. FGSV 001/21
Ort Karlsruhe
Datum 11.10.2006
Titel Lärmarme Fahrbahnoberflächen: Möglichkeiten und Grenzen von offenporigen Asphaltdeckschichten
Autoren MR Dipl.-Ing. Gernot Rodehack, Dr.-Ing. Thomas Beckenbauer
Kategorien Kongress
Einleitung

In Bayern werden seit 1992 offenporige Asphaltdeckschichten (OPA) gebaut. Auf Grund der Erfahrungen mit diesen Strecken lässt sich einerseits feststellen, dass die Möglichkeiten der OPA noch nicht ausgereizt sind, andererseits muss man aber auch feststellen, dass die Grenzen beim Bau äußerst eng gesetzt sind.

Neben den bautechnischen Grenzen sind OPA Grenzen in betrieblicher Hinsicht gesetzt, da z.B. bei gewissen Wetterlagen trotz intensivsten Winterdienstes die Verkehrssicherheit nicht gewährleistet werden kann.

Verschiedene Projekte in den vergangenen drei Jahren haben gezeigt, dass bei der Herstellung von ein- und zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten durch Schichtdicken, die anhand schalltechnischer Kriterien an die Verkehrszusammensetzung angepasst sind, erhebliche Fahrgeräuschminderungen erzielt werden können. Damit sind optimierte offenporige Asphalte grundsätzlich geeignet, die Straßenverkehrsgeräusche auch innerstädtisch zu mindern. Aus bau- und betriebstechnischen Gründen ist hier jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob die örtlichen und verkehrlichen Gegebenheiten im in Frage kommenden Straßenabschnitt den Einbau eines OPA zulassen.

Mit Hilfe der schalltechnischen Ergänzung der bautechnischen Eignungsprüfungen durch Messungen des Schallabsorptionsgrades und des Strömungswiderstandes für Luft kann die Festlegung der Mischgutzusammensetzung auch anhand der bei den Messungen ermittelten zu erwartenden Pegelminderung abgesichert werden. Da die Messverfahren zerstörungsfrei auch an der fertigen Schicht eingesetzt können, lassen sich auch Rückschlüsse auf die erzielte akustische Qualität der fertigen Deckschicht ziehen.

Der Einbau von zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten verringert zwar die Verschmutzungsgefahr des OPA, kann diese jedoch nicht beseitigen. Im Verbundprojekt „Leiser Straßenverkehr 2“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie wird daher untersucht, ob durch den Einsatz von Polymer-Nanotechnologie zur Modifizierung der Hohlraumwandungen Schmutzanlagerung in der porösen Deckschicht möglichst von Anfang an vermieden werden kann.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Das von der bayerischen Straßenbauverwaltung betreute Straßennetz umfasst ca. 2 400 km Autobahnen, 6 500 km Bundesstraßen, und 13 500 km Staatsstraßen. Auf ca. 70 km zweibahniger Straßen, das heißt auf 140 Fahrbahn – km kommen seit 1992 offenporige Asphaltdeckschichten (OPA) zur Anwendung.

Bild 1: Strecken mit offenporigen Asphaltdeckschichten in Bayern

Zudem ist die Verwendung von OPA als Lärmschutzmaßnahme bei vielen der derzeit in der Planung befindlichen Ausbauabschnitte, wie beispielsweise der BAB A 8 Ost, Rosenheim – Salzburg, vorgesehen. Bei diesen Strecken reicht die Bebauung oft bis nahe an die Autobahn bzw. liegt topografisch so ungünstig, dass der erforderliche Lärmschutz sonst nur mit sehr hohen Lärmschutzwänden oder gar Einhausungen erreicht werden kann.

 

2  Möglichkeiten

2.1      Lärmminderung

OPA bieten eine Reihe von Vorzügen und Möglichkeiten. Die Reduzierung der Verkehrsgeräusche zählt zu den wichtigsten. Durch derartige Bauweisen kann eine Geräuschreduzierung an der Quelle der Geräuschentstehung und damit eine flächendeckende Lärmreduzierung erreicht werden. Dadurch wird auch der Schutz von Objekten möglich, die durch andere aktive Lärmschutzmaßnahmen wie Wälle oder Wände nicht geschützt werden könnten. Zudem weisen OPA, um langfristig die geforderten -5 dB(A) Lärmminderung zu gewährleisten, eine hohe Anfangsminderung auf. So konnten bei einschichtigen OPA Anfangsminderungen von über -8 dB(A) und bei der im Jahr 2005 auf der BAB A 9 zwischen Garching und Eching gebauten zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschicht (ZWOPA) sogar über -9 dB(A) Lärmreduzierung gemessen werden. Diese Lärmreduzierung entspricht einer Reduktion auf 1/8 der Verkehrsmenge!

Diese Reduzierungen wurden erreicht, obwohl noch Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Die Aussage, dass eine anfängliche Lärmminderung von -10 dB(A) und darüber erreichbar ist, ist daher, obwohl sie bisher tatsächlich noch nicht erreicht wurde, nicht aus der Luft gegriffen.

Gleiches gilt für die dauerhafte Lärmreduzierung: Nach dem derzeit gültigen Statuspapier der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) sind -5 dB(A) über einen Zeitraum von 6 Jahren nachgewiesen. Andererseits weist die OPA – Strecke am Bindlacher Berg auf der BAB A 9 bei Bayreuth, die im Rahmen eines Versuchs jährlich gemessen wird, nach 8 Jahren Liegedauer immer noch eine Lärmminderung von über -7 dB(A) auf, so dass die Sicherstellung der erforderlichen Lärmminderung für die gesamte bautechnische Lebensdauer sehr wohl erreichbar erscheint.

In diese Richtung zielt auch die Entwicklung der zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten. Dieser Belag soll zum einen durch seinen zweischichtigen Aufbau die Verschmutzung des Belages und die damit verbundene Reduzierung der Lärmminderung verringern. Zum anderen wird aber mit den zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten auch ein breiteres Frequenzspektrum absorbiert, weshalb dieser Belag auch zu einer Lärmreduktion bei Lkw-Reifen führt und die Lärmminderungswirkung insgesamt verbessert wird.

2.2      Verkehrssicherheit

Neben den schalltechnischen Vorteilen weisen OPA aber noch einen weiteren Vorteil auf. Dieser war der eigentliche Grund für die Entwicklung dieser Belagsart, was bei der Diskussion der Vor- und Nachteile gern vergessen wird: Durch das Abfließen des Wassers im Belag bilden sich keine Sprühfahnen und verringert sich die Gefahr des Aquaplanings, so dass die Verkehrssicherheit deutlich erhöht wird.

 

3  Grenzen

Die Verwendung von OPA bietet jedoch nicht nur Möglichkeiten, man stößt auch an Grenzen, die teilweise noch überwunden werden müssen, aber auch überwunden werden können.

3.1      Einbau

Die Ebenheit des Belages spielt eine wesentliche Rolle für die Lärmminderung. Hier sind jedoch die kurzen Wellen bis 50 cm entscheidend, an die bisher keine bauvertraglichen Anforderungen gestellt werden. Diese Wellen werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie z. B. die Anregung durch die Bohle des Fertigers, den Walzeneinsatz oder die Ebenflächigkeit der Unterlage. Beeinflusst werden diese Wellen aber auch durch die Konstanz des Einbaues. Die Gleichmäßigkeit des Einbaues ist daher für das Gelingen des OPA ebenso von Bedeutung wie die Gleichmäßigkeit des Hohlraumgehaltes und der Zugänglichkeit der Hohlräume oder die Gleichmäßigkeit des Bindemittels. Leider mussten beim Bau der zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschicht auf der BAB A 9 nördlich von München gerade bei der Gleichmäßigkeit des Bindemittels, trotz angekündigter intensiver Kontrollprüfungen, erhebliche Schwankungen festgestellt werden.

Beim Herstellen von Asphaltdeckschichten spielen natürlich auch immer die Umgebungseinflüsse und hier speziell die Temperaturen eine Rolle. Nachdem es sich bei OPA, wie Graf*) es auf der Asphaltstraßentagung 2005 zutreffend formuliert hat, um eine Bauweise auf des „Messers Schneide“ handelt, müssen diese Einflüsse besonders beachtet werden. Ein zu schnelles Auskühlen muss unter allen Umständen vermieden werden, um nicht frühzeitig sanieren zu müssen.

3.2      Winterdienst

OPA haben auch im Hinblick auf ihre „Wintertauglichkeit“ Grenzen. In aller Regel kann man zwar die Verkehrssicherheit durch das Aufbringen einer größeren Salzmenge und gegebenenfalls die Verkürzung des Streuintervalls gewährleisten, doch bei machen Wetterlagen kann auch die dadurch aufgebrachte bis zu vierfache Salzmenge nicht helfen. Der Belag vereist, so dass eine Streckensperrung erforderlich wird. Diese Situation tritt immer dann auf, wenn drei Faktoren zusammentreffen: Wenig Verkehr, geringer Niederschlag und tiefe Temperaturen. In diesem Fall wird die Salzlauge nicht ausreichend in Bewegung gehalten und an die Oberfläche gesogen, so dass sie ihre auftauende Wirkung dort nicht entfalten kann.

Für die Straßen- bzw. Autobahnmeister ist zudem problematisch, dass OPA auf Grund der offenen Struktur schneller auskühlen. Dadurch ist oft schon ein vorbeugender Streueinsatz erforderlich, wenn dies auf den angrenzenden dichten Belägen noch nicht der Fall ist.

3.3      Beschädigungen

Betriebliche Probleme können neben dem Winterdienst auch Unfallschäden bereiten. So mussten die OPA-Strecken betreuenden Autobahnmeistereien in Bayern feststellen, dass neben Öl und Benzin auch das Blut verunfallter Tiere das Bindemittel des OPA angreift und in kürzester Zeit zu seiner Zersetzung führt. Dadurch wird nach solchen Unfällen meist eine vollständige Reparatur des Belages erforderlich. Wird sie kleinflächig ausgeführt, ist sie jedoch nur in Asphaltbeton möglich, der neben der fehlenden Lärmminderung auch den Wasserabfluss im Belag behindert. Um dies zu vermeiden müsste die Sanierung großflächig über die gesamte Fahrbahnbreite ausgeführt werden, mit dem entsprechenden Aufwand an Verkehrssicherung und den damit verbundenen Behinderungen für die Verkehrsteilnehmer.

Neben den Unfallschäden werden OPA aber auch immer wieder mechanisch beschädigt. So führen z. B. defekte Lkw-Reifen immer wieder dazu, dass langfristig eine Sanierung notwendig wird.

Auch die Markierung ist bei OPA mit den meisten bisher zur Verfügung stehenden Produkten nicht unproblematisch, da sich gezeigt hat, dass Markierungsfarben mit dem Bindemittel unverträglich sind und nicht jede Folienmarkierung auf OPA ohne Probleme haftet. Dauermarkierungen wiederum führen durch das Ausfräsen bei eventuell notwendigen Änderungen zu Beschädigungen des Belages. Neue, auf die Bauweise angepasste Produkte können hier Abhilfe schaffen.

*) Graf, K. (2005): Offenporige Asphaltdeckschichten, Asphaltstraßentagung 2005, Bremen, 1./2.6.2005, Tagungsband FGSV A 37, S. 108–117, Köln

3.4      Lebensdauer

Grenzen haben OPA immer noch im Bezug auf die Lebensdauer. Die Liegedauer der OPA auf den bayerischen Strecken beträgt zwischen 7 und 14 Jahren. Leider kommt es jedoch wegen der Dauerhaftigkeit der Beläge nicht zur Liegedauer von 14 Jahren. Vielmehr ist diese lange Liegedauer der Haushaltslage geschuldet, da notwendige Erneuerungen immer wieder zurückgestellt werden müssen. In der Regel wäre die Erneuerung bereits nach 10 Jahren erforderlich, wohingegen bei Splittmastixasphalt von einer Lebensdauer von 15 Jahren und bei Asphaltbeton sogar von bis zu 25 Jahren auszugehen ist.

Schalltechnisch ist derzeit, dem Statuspapier der BASt gemäß, eine Lebensdauer von 6 Jahren gesichert. Eine längere Wirksamkeit muss im Einzelfall nachgewiesen werden. Bei neueren OPA und vor allem bei zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten wird gegenüber der planungsrechtlich erforderlichen Lärmminderung von -5 dB (A) ein akustisches Vorhaltemaß bis zu über 4 dB (A) erreicht. Dieses Vorhaltemaß verlängert die akustische Lebensdauer in der Regel deutlich, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Lärmminderung von -5 dB(A) über die bisherige Lebensdauer von 10 Jahren sichergestellt werden kann. Eine Anpassung des Statuspapiers wäre daher gerechtfertigt.

 

4  Einsatz von OPA

OPA ist auf Grund seiner Eigenschaften nicht überall einsetzbar. Da für OPA zudem über die kürzere Lebensdauer etwa die dreifachen Kosten aufzuwenden sind, die für einen SMA aufzuwenden wären, und die Bauweise betriebliche Probleme mit sich bringt, muss auch ein Blick auf andere Bauweisen geworfen werden. So sind z.B. Lärmreduzierungen für Pkw bis zu -5 dB(A) auch mit Bauweisen wie einem DSH-V oder einem hohlraumreicheren SMA erreichbar. Allerdings ist bei diesen Bauweisen die Dauerhaftigkeit der Lärmminderung bisher nicht nachgewiesen.

Um den wirtschaftlichsten Lärmschutz zu erreichen, müssen alle Belange abgewogen werden. Dabei müssen neben den Vorteilen des OPA die Kosten, die für die Unterhaltung und Erneuerung entstehen, ebenso berücksichtigt werden wie die betrieblichen Probleme oder die stärkeren Beeinträchtigungen der Verkehrsteilnehmer. Vor- und Nachteile müssen einander – wie bei jeder Entscheidung – gegenübergestellt werden, um sich auch der Probleme, die die jeweilige Lösung mit sich bringt, bewusst zu werden. In vielen Fällen wird der Weg nicht am Einsatz von OPA bzw. der zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten vorbeiführen. Vor allen Dingen dann, wenn Lkw einen erheblichen Anteil am Verkehrsaufkommen haben, oder ohne hochwirksame geräuschmindernde Fahrbahnbeläge nicht mehr realisierbare oder unzumutbar hohe Abschirmeinrichtungen erforderlich wären. Auch kann eine Kombination aus (ZW)OPA und einer niedrigeren Abschirmeinrichtung wirtschaftlicher sein als die alleinige Errichtung einer höheren Abschirmeinrichtung.

 

5   Weiterentwicklung von OPA

5.1      Verbesserungen

Aus diesen Gründen wurde gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine Untersuchung aller bayerischen OPA-Strecken initiiert, die Grundlagen für die Weiterentwicklung von offenporigen Asphaltdeckschichten bietet. Die Untersuchung, die die Institute Müller-BBM und IFB Gauer durchführen, umfasst sowohl bautechnische als auch schalltechnische Aspekte.

Bei allen Strecken wurde zunächst mit der CPX-Messmethode, das heißt mit Hilfe von Messungen der Rollgeräusche genormter Reifen im Nahfeld in einem speziellen Anhänger (Bild 2), das akustische Verhalten der OPA und deren Gleichmäßigkeit untersucht. Das Bild 3 gibt die Ergebnisse dieser Messungen zusammengefasst wieder.

Bild 2: CPX – Messanhänger

Das Kollektiv der OPA-Strecken in Bayern umfasst sowohl einschichtige OPA 0/8 und OPA 0/11 als auch ZWOPA 0/8-11/16. Die Baujahre der Deckschichten umfassen den Zeitraum von 1993 bis 2005. Im Ergebnis der Nahfeldmessungen ist fest zu stellen, dass die OPA-Strecken in Bayern einen sehr großen Streubereich der akustischen Eigenschaften aufweisen. Der Streubereich liegt bei ca. 10 dB(A). Diese Unterschiede gelten jeweils für die Mittelwerte über ganze Baulose. Zwischen Baujahr und vorhandener akustischer Wirkung kann praktisch kein Zusammenhang gefunden werden. Es gibt alte Beläge, die sehr hohe Messwerte zeigen und neue Beläge mit niedrigen CPX-Werten, aber auch alte Beläge, die nach wie vor gute akustische Daten aufweisen. Genauso sind auch neu gebaute Beläge mit ungünstigen akustischen Eigenschaften im Kollektiv der erfassten Messungen enthalten. Die mit zweischichtigen offenporigen Asphaltdeckschichten erzielbare Lärmminderung übertrifft die besten einschichtigen OPA noch um ca. 3 dB(A).

Bild 3: CPX Index aller OPA-Strecken in Bayern

Auf der Grundlage dieser Messungen wurden insgesamt 38 Stellen ausgewählt, an denen jeweils 8 Bohrkerne entnommen wurden, die bautechnisch, schalltechnisch und mit Hilfe der Computertomografie untersucht wurden. Über einzelne Ergebnisse der Untersuchung wird zeitnah gesondert berichtet werden. Vorläufig seien diese wie folgt zusammengefasst.

Das Erreichen akustisch optimaler Ergebnisse ist bei Einhalten der Anforderungen der bisherigen Merkblätter nicht immer gewährleistet. Dies liegt zum einen daran, dass die Prüfverfahren beispielsweise für den für die Lärmminderung ausschlaggebenden Hohlraumgehalt nicht ausreichend zuverlässig, aber auch Anforderungen an Ausführung und Prüfung nicht eindeutig formuliert sind. So ist neben einem hohen Hohlraumgehalt auch die Dicke der offenporigen Schicht maßgebend, um optimale akustische Eigenschaften zu erzielen. Die wichtige „akustisch wirksame Schichtdicke“, die erheblich von der bautechnischen Schichtdicke der offenporigen Asphaltdeckschicht abweichen kann, wurde in den bisherigen Kontrollprüfungen nicht ermittelt. Die Bohrkernproben werden bislang so präpariert, dass der versuchstechnisch größtmögliche Hohlraumgehalt gemessen wird. Hier ist ein Ansatz für die Verbesserung der Prüftechnik im Rahmen der Eignungs- und Kontrollprüfungen zu sehen. Die Messung des Hohlraumgehaltes sollte derart verändert werden, dass eine eindeutige Verfahrensweise für die Vorbereitung von Bohrkernproben vorgegeben wird.

Es hat sich gezeigt, dass das CPX-Verfahren hervorragend für die Kontrolle der erreichten Gleichmäßigkeit und des Niveaus der Lärmminderung eines Bauabschnittes geeignet ist. Insbesondere ist hervorzuheben, dass die CPX-Methode in Verbindung mit bautechnischen Untersuchungen sehr gut zur gezielten „Fehlersuche“ und Feststellung von Mängeln geeignet ist.

Mit den in dem bayerischen Projekt erhobenen Daten können die vorliegenden Erfahrungen ergänzt und fortgeschrieben werden. Ziel muss es sein, die lärmtechnischen Anforderungen dauerhaft und sicher zu erfüllen, ohne die bautechnischen Anforderungen zu hoch anzusetzen. Die Überbetonung einer Eigenschaft, z. B. eines zu erreichenden Hohlraumgehaltes oder einer extremen Ausfallkörnung, führt zur Vernachlässigung anderer wichtiger Eigenschaften oder zu einem Zusammenbruch des gesamten Systems. Auch das beste Bindemittel kann ein Einkorngerüst ohne Füll- und Stützkorn nicht dauerhaft zusammenhalten. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass derartige Anforderungen aber auch nicht notwendig sind, um akustisch wirkungsvolle offenporige Asphaltdeckschichten herzustellen.

Viel wichtiger ist, dass die bereits in der Eignungsprüfung und in den Kontrollprüfungen eingesetzten Prüfverfahren dazu geeignet sind, die tatsächlichen physikalischen und für das akustische Verhalten maßgeblichen Eigenschaften der Proben zuverlässig richtig wiederzugeben, nicht zuletzt um auch gegebenenfalls notwendige Verbesserungen des Mischgutes und des Einbaues gezielt zu ermöglichen. Ergänzende akustische Prüfverfahren können helfen, dieses Ziel zu erreichen. Dem Parameter der akustisch wirksamen Schichtdicke muss dabei besondere Beachtung geschenkt werden. Durch Ablaufen von Bindemittel und/oder Aufsteigen von Bindemittel aus der SAMI in die offenporige Deckschicht beim Einbau kann sich die Dicke der von zugänglichen Hohlräumen durchsetzten und damit der für die akustische Wirkung alleine verantwortlichen Restschicht derart verringern, dass sich kaum noch eine lärmmindernde Wirkung einstellt. Die akustisch wirksame Schichtdicke muss mindestens 4 cm betragen. Je nach Verkehrszusammensetzung, das heißt je nach Geschwindigkeitsniveau und Lkw-Anteil auf dem betreffenden Straßenabschnitt, können bis zu 7 cm akustisch wirksamer Schichtdicke notwendig werden. Dies hängt damit zusammen, dass die Dicke der offenporigen Deckschicht, also des Schallabsorbers, umso größer werden muss, je tieffrequenter das Verkehrsgeräusch ist. Je geringer die Geschwindigkeit und je höher der Lkw-Anteil am Verkehrsaufkommen ist, desto tieffrequenter fällt das Verkehrsgeräusch aus.

5.2      Innovationen

Der hohen Effektivität von OPA steht die begrenzte Nutzungsdauer gegenüber, die eng mit der Verschmutzungsanfälligkeit dieser Bauweise verbunden ist. Nicht alle eindringenden Schmutzpartikel werden durch die Saugwirkung der überrollenden Reifen entfernt, sondern lagern sich über die Betriebsdauer in der Deckschicht ab und führen zum Verstopfen der Hohlräume. Die bislang im Einsatz befindlichen Hochdruck-Reinigungsverfahren haben wenig zufriedenstellende Ergebnisse erzielt. Außerdem weisen sie eine schlechtere Reinigungswirkung auf als schnell rollender Verkehr. Dieser Unterschied ist noch nicht geklärt.

Mit der Zielstellung, neue wirksame Konzepte für eine Erhöhung der Nutzungsdauer zu entwickeln und die akustische Effektivität von OPA weiter zu steigern, ist 2005 das Forschungsprojekt „Leiser Straßenverkehr 2 – Integrale Verbesserung offenporiger Asphalte“ begonnen worden. Folgende Teilpakete, deren Inhalte und Beteiligte im Bild 4 auf der nachfolgenden Seite in einer Übersicht dargestellt sind, werden darin bearbeitet:

Teilpaket 1 „Polymer-Nanotechnologie zur Modifizierung von Poreninnenwandungen“ (Universität Stuttgart)

In diesem wichtigen Forschungsansatz soll versucht werden, die Schmutzanlagerung in der Deckschicht möglichst von Anfang an zu vermeiden. Hier ist der Einsatz von Polymer-Nanotechnologie zur Modifizierung der Hohlraumwandungen vorgesehen, um stark hydrophobe, also Wasser abstoßende, oder alternativ stark hydrophile, also optimal benetzende Oberflächen zu erzeugen. Beide Varianten könnten ein Anhaften der Schmutzpartikel verhindern. In der praktischen Anwendung ist die nachträgliche Beschichtung der fertigen Deckschicht, oder die Beimengung von Polymeren zum Mischgut vor dem Einbau denkbar. Die Wirksamkeit der erfolgten Modifizierung soll durch gezielte Durchströmung von Probekörpern in Zeitrafferversuchen mit Simulation von Wetterereignissen (Temperatur- und Niederschlagsschwankungen) und künstlicher Verschmutzung nachgewiesen werden.

Teilpaket 2 „Untersuchung der Strömungsverhältnisse in offenporigen Fahrbahndecken“ (TU München)

In diesem Teil soll durch die Analyse und rechnerische Simulation der Strömungsvorgänge in der offenporigen Schicht geklärt werden, wie die Anlagerung der Schmutzpartikel abläuft und wie eine effektive Reinigung ablaufen müsste.

Teilpaket 3 „Umweltanalytik und Verbesserung des Schallabsorptionsvermögens von offenporigen Fahrbahnbelägen“ (Müller-BBM)

Ergänzt wird das gesamte Vorgehen durch die Optimierung der geometrischen Hohlraumstruktur, die das Schallabsorptionsvermögen und die hydromechanischen Eigenschaften verbessern soll. Die akustische Effektivität und die Nutzungsdauer können damit erhöht werden. Umweltverträgliche Rezepturen für Reinigungsmittel und dazugehörige Reinigungsmethoden sollen zusätzlich in diesem Paket entwickelt werden.

Teilpaket 4 „Strukturkennzeichnung von Asphalten mit besonderen geräuschmindernden Eigenschaften“ (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung)

Unterstützung erfährt das gesamte Teilprojekt durch den Einsatz von Computertomographie, die eine Darstellung und Quantifizierung der Verteilung und Zugänglichkeit der Hohlräume im Innern einer offenporigen Deckschicht ermöglicht. Durch den Einsatz dieses Verfahrens lassen sich zum einen die Anlagerung des Schmutzes und der Erfolg einer Reinigung präzise verfolgen, zum anderen die Optimierung der Hohlraumstrukturen kontrollieren.

Bitumen- und Asphalttechnologie sowie die Herstellung von Probekörpern werden in diesem Projekt von namhaften Firmen der Straßenbau- und Erdölindustrie beigesteuert.

Sollte es gelingen, die Verschmutzungsneigung von OPA durch chemisch physikalische Passivierung der Hohlrauminnenwandungen zu vermindern und die Anfangslärmminderung durch verbesserte Hohlraumstrukturen zu erhöhen, ist davon auszugehen, dass die Bauweise OPA trotz höherer Kosten häufiger als bisher eingebaut wird. Bei allen Entwicklungen muss selbstverständlich die Tragfähigkeit und die Griffigkeit der Deckschicht gewährleistet bleiben.

Bild 4: Inhalte und Beteiligte des Forschungsprojektes „Integrale Verbesserung offenporiger Asphalte“ im Verbundprojekt „Leiser Straßenverkehr 2“