FGSV-Nr. FGSV 001/27
Ort Erfurt
Datum 12.09.2018
Titel Finanzbedarf für die kommunale Straßenerhaltung - das neue Merkblatt
Autoren StBDir. Dipl.-Ing. Alexander Buttgereit, Dipl.-Betriebsw. Stefan Gomolluch
Kategorien Kongress
Einleitung

Für die Kommunen stellen die Verkehrsanlagen einen der größten Posten im Anlagevermögen dar. Dieses Kapital gilt es dauerhaft zu erhalten. Hierfür ist ein qualifiziertes Erhaltungsmanagement erforderlich. Deshalb sollte es über die gesamte Nutzungsdauer einer Straße Ziel der kommunalen Straßenbaulastträger sein, die erforderlichen Eingriffe in die Straßeninfrastruktur rechtzeitig durchzuführen, insgesamt zu minimieren bzw. die unvermeidbaren Eingriffe zu koordinieren. Die zur Verfügung stehenden Finanzmittel sind optimal einzusetzen, um die Nutzungsdauern zu erreichen und den Werterhalt des Anlagevermögens sicher zu stellen. Aus dieser Aufgabenstellung heraus stellt sich die Frage nach der Höhe des jährlichen Finanzbedarfes für die kommunale Straßenerhaltung.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Die öffentlichen Straßenbaulastträger sind gesetzlich verpflichtet im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit dauerhaft die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Verkehrs sicherzustellen. Neben dem Neu-, Um- und Ausbau von Straßen leistet die Straßenerhaltung einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Bereitstellung der öffentlichen Verkehrsflächen und -anlagen. Um diese Aufgabe generationengerecht zu gewährleisten, ist eine ausreichende Finanzausstattung erforderlich.

Im Jahr 2004 ist im „Merkblatt über den Finanzbedarf der Straßenerhaltung in den Gemeinden“ erstmals versucht worden, eine Antwort zu geben. Ziel der Straßenerhaltung im Sinne dieses Merkblattes ist die Funktions- und Werterhaltung der Straßen eines kommunalen Netzes über den gesamten Lebenszyklus (Zeitraum zwischen der Herstellung und der Wiederherstellung bzw. der grundhaften Erneuerung des Bauwerks Straße).

Die Straßennetze der Kommunen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von denen des Bundes und der Länder, auf die in diesem Zusammenhang aber nicht näher eingegangen werden soll. Eine präzise Abschätzung des kommunalen Finanzbedarfs für die Straßenerhaltung über den Lebenszyklus ist daher trotz zu Hilfenahme von Pavement Management (PMS)-Programmen immer noch mit einem erheblichen Aufwand verbunden, da diese stark auf die technische Sicht fokussiert sind und zudem bislang nur valide Ergebnisse für Fahrbahnen in Asphalt- oder Betonbauweise liefern. Diese Flächen stellen aber nur einen Teil der zu unterhaltenden öffentlichen Verkehrsflächen dar. Je genauer eine Berechnung sein soll, umso größer ist die hierfür erforderliche Datenmenge. Diese erstmalig zu beschaffen und dauerhaft auf dem erforderlichen Niveau zu erhalten, bedeutet einen nicht zu unterschätzenden Aufwand, der in Zeiten von Personal- und Finanzknappheit in vielen Fällen nicht zu leisten sein wird. 

2 Anlass und Vorgehensweise

Das FGSV „Merkblatt über den Finanzbedarf der Straßenerhaltung in den Gemeinden“ stammt aus dem Jahr 2004 und muss aus verschiedenen Gründen überarbeitet werden. Im bisherigen Merkblatt werden Empfehlungen ausgesprochen und Finanzwerte dargestellt, deren Basis mittlerweile 20 Jahre alt ist. So haben sich die Baupreise seitdem deutlich verändert. Darüber hinaus beträgt die Mehrwertsteuer seit 2007 nicht mehr 16 %, sondern 19 %. Außerdem ist in der Zwischenzeit das kommunale Finanzwesen in vielen Bundesländern von der Kameralistik auf die doppelte Buchführung in Konten (Doppik) umgestellt worden. Durch diese Umstellung ist erstmals der „wahre“ Wert der kommunalen Infrastruktur ermittelt worden sowie eine nachhaltige Haushaltsbewirtschaftung mehr und mehr in den Vordergrund getreten. Neben der rein technischen Sicht sind kaufmännische Aspekte sowie Lebenszykluskostenbetrachtungen zusätzlich in das kommunale Erhaltungsmanagement eingeflossen.

Deshalb sind die Aussagen und Empfehlungen sowie die verwendeten Kostensätze im aktuellen Merkblatt fachlich zu prüfen, gegebenenfalls zu korrigieren bzw. zu ergänzen und anzupassen. Die im Rahmen von Hochschularbeiten und durch Umfragen erzielten Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre sollen bei der Überarbeitung einbezogen werden.

Ein weiterer wesentlicher Grund für die Überarbeitung ist, dass eine Anwendung des gültigen Merkblattes nur in Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern empfohlen wird. Diese Beschränkung ist darin begründet, dass in Kommunen dieser Größenordnung die Struktur des Straßennetzes, insbesondere der Anteil an landwirtschaftlichen Wegen und nicht qualifiziert befestigter Straßen im Vergleich zu den Großstädten sehr groß ist. Dies führt zu einem geringeren Finanzbedarf. Ein hoher Anteil an Straßen der Belastungsklassen BK 32 und darüber (Straßen des überregionalen Verkehrs, hochbelastete Industriestraßen und Autobahnzubringer etc.) erhöht den Erhaltungsaufwand und somit den Finanzbedarf der Kommune.

Schließlich muss das Merkblatt an die neuen Regelwerke angepasst und redaktionell überarbeitet werden.

3 Wesentliche Änderungen und Randbedingungen

Während das aktuelle Merkblatt in erster Linie für Ingenieure gedacht ist, soll bei der Überarbeitung die Zielgruppe neben Bau- und Finanzfachleuten auch Entscheidungsträger der Politik umfassen. Dabei soll der Umfang des Merkblattes im Hauptteil nicht viel größer werden als das bisherige Gesamtmerkblatt, um es weiterhin kompakt und schnell verständlich zu belassen.

Das neue Merkblatt soll sowohl für Städte mit kameralistischen als auch mit doppischem Haushalt anwendbar sein. Ebenfalls soll es unabhängig von der Gemeindegröße sowie deren Aufbau- und Ablauforganisation entwickelt werden. Somit wäre es möglich, das Merkblatt in allen Kommunen anzuwenden. Es soll als Hilfestellung im Anhang mindestens ein Beispiel aufgenommen werden, in dem möglichst transparent dargestellt wird, wie das Merkblatt in den Kommunen angewendet werden kann.

Die Berechnung des jährlichen Finanzbedarfs über den Lebenszyklus soll im neuen Merkblatt transparenter dargestellt werden. Bei der Ermittlung des Finanzbedarfs soll sich auf das Wesentliche beschränkt werden. So sind zum Beispiel die Kosten für den Winterdienst kaum beeinflussbar, die Höhe der Kosten für die Straßenentwässerung bzw. Straßenreinigung hängt häufig von den örtlichen Gebühren ab und gehört somit nach Meinung der ad-hoc-Gruppenmitglieder nicht in das Merkblatt zur Berechnung des Finanzbedarfs hinein.

Ein weiterer wesentlicher Baustein des überarbeiteten Merkblattes soll die Ermittlung der tatsächlichen Kosten der Straßenerhaltung unter dem Aspekt der Werterhaltung aus einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise werden. Der Aspekt der Erhaltungsstrategien ist im bestehenden Merkblatt nur kurz angerissen. Es sollen verschiedene Erhaltungsstrategien dargestellt werden. Anhand dieser Erhaltungsstrategien sollen die theoretischen Bedarfe für die Straßenerhaltung ermittelt werden.

Es sollen Vorgehensweisen zur Ermittlung des gesamten Finanzbedarfs unter Einbeziehung aller anfallenden Kosten sowie auch für einzelne Kostensätze Mittelwerte angegeben werden, die einen ersten Anhaltswert geben. Diese Mittelwerte stellen einen Grundsockelbetrag für eine übliche Werterhaltung bei weitgehend intakten Verkehrsflächen dar. Bei Vorliegen eines Sanierungsstaus aufgrund einer jahrelangen Unterfinanzierung wären Aufschläge einzurechnen, die über eine technische Analyse des Zustandes beispielsweise mit den Methoden des Arbeitspapieres AP 9/K 4.1, 2015 abgesichert werden können.

Das Merkblatt ergänzt das Technische Regelwerk der kommunalen Straßenerhaltung um Methoden zur vereinfachten Ermittlung des Finanzbedarfs. Die E EMI und die zugehörigen Arbeitspapiere AP 9/K, 2015 behandeln bislang die technischen Aspekte der kommunalen Straßenerhaltung von der Darstellung des Ist-Zustandes, zur Bildung von Prioritätenlisten aus technischer und planerischer Sicht bis hin zu den technischen Vorgehensweisen beim Aufstellen von Finanzbedarfsprognosen. 

4 Zwischenergebnis

Die Bearbeitung des Merkblattes ist noch nicht abgeschlossen. Es sind umfangreiche Umfragen sowie Vergleichsrechnungen durchgeführt worden, die derzeit noch ausgewertet werden. Daher können an dieser Stelle noch keine verbindlichen Empfehlungen ausgesprochen werden. Eine erste Tendenz soll im Zuge der Präsentation während des Straßen- und Verkehrskongresses vorgestellt werden.

Es zeichnet sich aber ab, dass durch die präzisere Abgrenzung der im Sinne des Merkblattes zu berücksichtigenden Kosten eine andere Bemessungsgrundlage geschaffen wird. Somit ist eine reine Hochrechnung des aktuellen Wertes des Finanzbedarfs mit dem höheren MwSt-Satz sowie dem Preisindex nicht möglich.

Bei nochmaliger Fortschreibung sollte jedoch begleitend ein Forschungsprojekt als Grundlage avisiert werden, um die Thematik differenzierter analysieren und bearbeiten zu können.

5 Ausblick

Der weitere Zeitplan zur Fertigstellung des Merkblattes sieht vor, dass ein Zwischenstand auf dem Straßen- und Verkehrskongress 2018 in Erfurt vorgestellt wird. Eine vorläufige Schlussfassung soll zur Herbstsitzung der K2 (11/2018) vorgelegt werden. Anschließend erfolgt eine Beteiligung weiterer Gremien innerhalb der FGSV. Ziel soll es sein, im Rahmen des Kolloquiums Kommunales Verkehrswesen 3/2019 in Kassel die neuen Werte für den Finanzbedarf der kommunalen Straßenerhaltung zu veröffentlichen.