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1 Einführung
Im Rahmen eines ÖPP-Verfügbarkeitsmodelles wurde die BAB A 7 zwischen dem AD Hamburg Nordwest und dem AD Bordesholm auf einer Länge von ca. 65,1 km grundhaft erneuert und in beiden Richtungsfahrbahnen auf 6 bzw. 8 Spuren ausgebaut. Die wesentlichen Arbeiten an der Strecke wurden Ende 2018 im vorgesehenen Zeitplan fertig gestellt. Außer der Erneuerung und Verbreiterung der Fahrbahn wurden 35 Brückenbauwerke einschließlich 2 Grünbrücken ersetzt bzw. als Neubauten errichtet, 30 Brücken saniert, 4 Brücken ersatzlos zurückgebaut, 117 Verkehrszeichenbrücken sowie ca. 15,4 km Lärmschutzwände neu gebaut und der Lärmschutztunnel Schnelsen mit 550 m Länge hergestellt.
Ausführendes Unternehmen bei diesem Bauvorhaben und Auftraggeber für die hier beschriebenen Maßnahmen ist die ARGE A 7 Hamburg-Bordesholm, bestehend aus den Unternehmen Hochtief Infrastructure, Kemna Bau und Tesch Straßenbau.
Das Verfügbarkeitsmodell umfasst den Bau, Betrieb und Unterhaltung über einen relativ langfristigen Zeitraum von 30 Jahren. Die Bauleistungen selbst wurden funktional ausgeschrieben, Betrieb und Erhaltung beschränken sich auf eine Strecke von 58,9 km. Einschränkungen der Verfügbarkeit fallen bei diesem Modell dem Betreiber mehrfach zur Last, nämlich 1. durch den Reparaturaufwand selbst sowie 2. durch das in diesen Fällen eingeschränkte Verfügbarkeitsentgelt nach Abzug der sog Verkehrsbeeinträchtigungskosten.
Ziel der in diesem Beitrag dargestellten Untersuchungen und Ergebnisse war die Herstellung einer Verfestigung unter der Fahrbahn mit Wiederverwendung von Böden und Baustoffen. Die bauseitige Materialverarbeitung sollte soweit wie möglich unter Verwendung des Baumischverfahrens erfolgen.
Aufgrund des dem Projektmodell geschuldeten Zwangs zur Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Problemlösungen mussten mögliche Konzepte dafür bereits in der Angebotsphase entworfen und die Lösungsansätze so risikoarm wie möglich ausgearbeitet werden. Dies erfolgte durch gezielte örtliche Untersuchungen und deren Auswertung schon vor der Angebotsabgabe. In der Ausführungsphase selbst wurden alternative Varianten geprüft und die notwendigen Qualitätsnachweise erbracht. In diesem Beitrag wird speziell auf die einzubauende Verfestigung als Teil des Fahrbahnaufbaus eingegangen.
Bild 1: Lagekarte des Projekts BAB A 7 Hamburg – Bordesholm
2 Einflussfaktoren
Bei der Wiederverwendung von Baustoffen im Straßenbau sind im Zuge der Optimierung der zu erbringenden Bauleistung (hier: Herstellung der Verfestigung) die folgenden Einflussfaktoren zu berücksichtigen:
Qualität wird bestimmt durch die Rückbautechnik bzw. Gewinnung und die gewählten Aufbereitungsverfahren sowie durch die Rezeptur (Art und Menge) der hydraulischen Bindemittel
Wirtschaftlichkeit erfordert maximale Wiederverwendbarkeit von Bestandsmaterial und damit minimale Entsorgungskosten des Ausbaumaterials wird bestimmt durch die minimale Transportwege und Umschlaghäufigkeiten sowie durch minimalen Aufbereitungsaufwand und Bindemittelbedarf, durch ortsnahe Materiallagerung und -aufbereitung, nach Möglichkeit im Baumischverfahren
Bauablauf und Organisation müssen beim Bauen unter Verkehr störungsfreie bauzeitliche Verkehrsführung und minimale Verkehrsbeeinträchtigung gewährleisten (bauzeitliche Verfügbarkeit des Verkehrsweges) Umweltschonung erfordert minimale Verkehrsimmissionen, maximale Wiederverwendung der vorhandenen Baustoffe zur Ressourcenschonung und die Berücksichtigung örtlicher ökologischer Restriktionen (Brutzeiten etc.)
Diese Faktoren zeigen z. T. Zielkonflikte, wie Qualität und Wirtschaftlichkeit in Bezug auf die erforderliche Aufbereitung des Materials sowie die Bindemittelzugabe, jedoch auch Zielkongruenz wie z. B. Umweltschonung und Wirtschaftlichkeit hinsichtlich der Minimierung des notwendigen Baustellenverkehrs.
3 Fahrbahnaufbau
Der Fahrbahnaufbau der BAB A 7 ist in der Baustrecke für die Belastungsklasse Bk100 vorzusehen, zu wählen ist eine Gesamtstärke des frostsicheren Aufbaus von mindestens 70 cm. Der vorhandene Fahrbahnquerschnitt ist im Zuge des 6-streifigen Ausbaus in beiden Richtungsfahrbahnen um ca. 4 m auf einen RQ 36 zu erweitern. Voruntersuchungen haben ergeben, dass die bestehende Asphaltdecke und der Asphaltbinder verwertbar sind.
Die Tabelle 1 zeigt den Fahrbahnaufbau im Bestand sowie die in der Bk100 alternativ möglichen Bauweisen in Asphalt und Beton mit den entsprechenden Schichtstärken gemäß RStO 2012. In wesentlichen Abschnitten der Baustrecke wurde die Betonbauweise gewählt, weil die höhere Dauerhaftigkeit gegenüber der Asphaltbauweise wirtschaftliche Vorteile bietet, insbesondere unter dem Aspekt der stets zu gewährleistenden Verfügbarkeit.
Die Untersuchungen der Verfahrensoptimierung zur Herstellung der Verfestigung wurden für beide Bauweisen durchgeführt. Sie unterscheiden sich i. w. durch die Druckfestigkeitsanforderungen an das aufzubereitende RC-Material. Im Rahmen der Erstprüfungen nach TP-Beton-StB 10 sind in Abhängigkeit von der Bauweise die folgenden Anforderungen der TL-Beton-StB 07 zu erfüllen: unter einem Asphaltaufbau muss die Verfestigung eine Mindestdruckfestigkeit nach 28 Tagen von ≥ 7,0 N/mm² aufweisen. Beim Betonaufbau ist dagegen eine deutlich höhere 28-Tage-Druckfestigkeit von ≥ 15,0 N/mm² gefordert.
Im Bundesland Schleswig-Holstein sind aus baupraktischen Gründen zur Beschleunigung der Untersuchungen für die Erstprüfung nach HVA-StB(SH)-S (2015) die 7-Tage Druckfestigkeiten von ≥ 6,0 N/mm² unter dem Asphaltaufbau und ≥ 12,0 N/mm² unter dem Betonaufbau ausreichend.
Tabelle 1 BAB A 7 Aufbau der Fahrbahnen: Bestand, Neubau in Asphalt- und Betonbauweise
Bei diesen Qualitätsanforderungen ist davon auszugehen, dass speziell für den Oberbau in Betonbauweise
- eine Verfestigung von reinem Sand (eng gestufter Sand SE nach DIN 18196) mit Zement zu unwirtschaftlich hohen Zementmengen führen wird,
- die Körnung des Stützkorns eine möglichst weite Abstufung und einen deutlichen Kieskornanteil haben muss (weit gestufte Sande/Kiese SW/GW nach DIN 18196 oder Baustoffgemisch 0/32 und 0/45) und
- die Verwendung von RC-Material gegenüber Naturmaterial gleicher weit gestufter Körnung durch den Einfluss der (gebrochenen) Kornform bzw. Geometrie des Porenraumes wiederum einen erhöhten Bindemittelanteil erfordern wird.
4 Konzeption und Fragestellungen
Zur Umsetzung der Bauaufgabe sollte die technisch-wirtschaftliche Optimierung hinsichtlich der baustofftechnischen Belange von einem Ingenieurbüro mit Baustoffprüfstelle vorbereitet werden. Die Konzeption und die baubegleitende Bearbeitung wurden in Abstimmung mit der bauausführenden ARGE im Rahmen einer Masterarbeit an der FH Lübeck durchgeführt (Stoike, 2016). Zunächst waren die folgenden Fragen zu klären:
(a) Welche Schichten im Bestandsaufbau sind zur Wiederverwendung/Verwertung überhaupt geeignet? Welche Verarbeitungs-Zwischenprodukte lassen sich, abhängig vom Geräteeinsatz und der Aufbereitungstechnologie, für das Stützkorn als tragende Struktur/Matrix des Baustoffgemisches erzielen?
(b) Ist mit dieser Technologie auch ein direkter Wiedereinbau vor Ort, ohne Zwischentransporte zu einer zentralen Aufbereitungsanlage, möglich? Wie weit gehend ist das Baumischverfahren dabei anwendbar? Welche Bauphasen ergeben sich damit?
(c) Ist ein Massenausgleich möglich oder muss Material zugeliefert/abgefahren werden?
(d) Welche Zementmengen werden, abhängig vom herstellbaren Baustoffgemisch und unterschiedlichen Zementarten beim Fahrbahnaufbau aus Beton und aus Asphalt erforderlich?
Aufgrund von Erfahrungen können die erforderlichen Bindemittelanteile bei der Herstellung von Verfestigungen aus natürlichen – i. d. R. rundkörnigen – Sand- und Kiesmaterialien abhängig von der Korngrößenverteilung abgeschätzt werden. Bei der Verwendung von Materialien aus gebrochenem Stützkorn (RC-Baustoffgemische oder gebrochener Naturstein) ist im Vergleich dazu der erforderliche Bindemittelanteil überschläglich bis zu doppelt so hoch.
Dieser Effekt ist darauf zurückzuführen, dass die Minimierung des Porenanteils im Baustoff, die bei idealem Rundkorn durch die sog. Fullerkurve beschrieben wird, bei gebrochenem Material nicht erreicht werden kann. Eine Annäherung an diese idealen Verhältnisse wird in der praktischen Umsetzung durch die Herstellung von Ausfallkörnungen (s. u.) möglich.
Die kantige Kornform verursacht allgemein einen deutlich größeren und unregelmäßiger geformten Porenraum mit weniger und ungleichmäßiger geformten Kontaktpunkten der Körner untereinander. Zur Gewährleistung der gleichen Festigkeit im tragenden Korngerüst des Baustoffgemisches (Stützkorn) wird deshalb eine größere Bindemittelmenge notwendig.
Die o. a. Fragestellungen lassen sich aus den genannten Gründen theoretisch nicht mit ausreichender Genauigkeit abarbeiten, so dass eine umfangreiche Testphase konzipiert werden musste. Diese hatte aus Gründen des übergeordneten Bauablaufes in einem engen Zeitfenster unmittelbar vor der Bauausführung selbst zu erfolgen. Sie gliederte sich in die folgenden Teilaufgaben:
- Probefelder zur Erarbeitung der Fragestellungen (a) bis (c),
- Erstprüfungen zur Erfassung/Abschätzung der Fragestellung (d).
5 Testphase
5.1. Probefelder
Die Testphase der Probefelder wurde nach dem Abtrag von Asphaltdecke und Asphaltbinder zur Verwertung vom Ablauf her wie folgt durchgeführt:
Probefeld 1 zur Untersuchung der Frästechnik zur Materialgewinnung und -aufbereitung (Homogenisierung, Korngrößenverteilung und Kornform der Verarbeitungs-Zwischenprodukte und des endgültigen Baustoffgemisches),
Probefeld 2 zur Untersuchung möglicher Bauabläufe mit Sicherstellung einer durchgängig vorhandenen Baustraße (Fräsen, Umsetzen, Einbauen und Homogenisieren),
Probefeld 3 zur Untersuchung der Bindemittelzugabe, Durchmischung, Probennahme/Prüfung und Höhenkontrolle beim Einbau.
Die Beschreibung und Ergebnisdarstellung erfolgt in diesem Beitrag in stark gekürzter Form. Im Rahmen der Untersuchungen an den Probefeldern wurde vom Auftraggeber der Einsatz einer Kaltfräse, Fabrikat Wirtgen W 220, vorgegeben. Das Gerät besitzt eine Arbeitsbreite von 2,2 m. Es gestattet je nach Material eine Frästiefe von bis zu 35 cm, variable Arbeitsgeschwindigkeiten und die Bearbeitung des Fräsgutes im geschlossenen Fräsraum mit Abwurf unterhalb der Maschine bzw. im offenen Fräsraum unter Abförderung des Fräsgutes mittels Förderband. Gefräst werden kann auch sowohl mit der als auch gegen die Vortriebsrichtung.
Probefeld 1
Das Probefeld 1 umfasst insgesamt 9 Fräsgänge zur Findung der optimalen Frästiefe und Vortriebsgeschwindigkeit. Variiert wurden zunächst die Möglichkeiten des schichtengerechten Abtrags der Asphalttragschicht und der Verfestigung mit dem darunter lagernden Sand (Fräsgänge 1 und 2). Anschließend wurde der teilweise Abtrag der Asphalttragschicht mit 10 cm und danach der Abtrag der verbliebenen 5 cm Asphalttragschicht und 15 cm Verfestigung mit Vortriebsgeschwindigkeiten von 5 km/h und 10 km/h im geschlossenen Fräsraum (Fräsgänge 3 bis 6, 8) untersucht. Im Anschluss daran wurden die vorgenannten Fräsgänge 3 und 4 mit offenem Fräsraum im Hinblick auf den zu konzipierenden Bauablauf getestet (Fräsgänge 7 und 9).
Es wurde festgestellt, dass bei den Fräsgängen 1 und 2 die Baustoffprodukte sehr inhomogen anfallen, so dass weitere Homogenisierungsgänge erforderlich würden.
Bei den Fräsgängen 3 und 4 wurden befriedigende Ergebnisse hinsichtlich Homogenität und Korngrößenverteilung erzielt, wobei in dieser Hinsicht die geringe Vortriebsgeschwindigkeit von 5 km/h klare Qualitätsvorteile erbringt: bei höherer Vortriebsgeschwindigkeit von 10 km/h tendiert das Fräsprodukt hier augenscheinlich zu schlechterer Homogenität und deutlich plattiger Kornform (Fräsgänge 5 und 6).
Bei den folgenden Fräsgängen 7 und 9 wurden die Ergebnisse der Fräsgänge 3 und 4 bei Bearbeitung im sog. offenen Fräsraum mit Abtransport über ein Förderband überprüft.
Dabei kann jedoch der zusätzliche Brechvorgang beim Fräsen gegen die Vortriebsrichtung („Prallmühleneffekt“) wie in einem geschlossenen Fräsraum nicht genutzt werden.
Den Bildern 2 bis 7 sind die wesentlichen Verarbeitungs-Zwischenprodukte des Probefeldes 1 als Korngrößenverteilungen und Fotoaufnahmen zu entnehmen:
Bild 2: Korngrößenverteilung des Verarbeitungs-Zwischenproduktes aus dem Fräsgang 4
Bild 3: Korngrößenverteilung des Verarbeitungs-Zwischenproduktes aus dem Fräsgang 7
Bilder 4 und 5: Verarbeitungs-Zwischenprodukte: Fräsgang 4 (links), Fräsgang 7 (rechts)
Bild 6: Verarbeitungs-Zwischenprodukte aus den Fräsgängen 1, 3 und 4
Bild 7: Verarbeitungs-Zwischenprodukte aus den Fräsgängen 6, 7 und 8
Beide Zwischenprodukte aus den Fräsgängen 4 und 7 zeigen Korngrößenverteilungen von Baustoffgemischen mit weniger als 5 % der Kornfraktion < 0,063 mm (Schlämmkorn). Während die Körnungslinie aus dem Fräsgang 4 (10 cm Asphalttragschicht) annähernd eine Fullerkurve beschreibt weicht die Körnungslinie aus Fräsgang 7 (5 cm Asphalttragschicht + 15 cm Verfestigung) in den Kornfraktionen 0,5 mm bis 8,0 mm davon deutlich ab: in diesen Fraktionen ist eine Ausfallkörnung der Grobsand- bis Feinkiesanteile vorhanden, die sich in der Materialmischung erkennbar wieder findet. Der Mittelsandbereich ist deutlich ausgeprägt.
Probefeld 2
Im Probefeld 2 wurden insgesamt 4 Varianten hinsichtlich möglicher Bauabläufe simuliert. Notwendige Bedingung für alle Varianten war die Sicherstellung einer in allen Bauphasen durchgängig vorhandenen Baustraße in der Baufläche selbst.
Variante 1, deren Ablauf im Folgenden in Skizzen dargestellt wird, zeichnet sich durch die frühzeitige Herstellung der Verfestigung in der seitlichen Verbreiterung (späterer Standstreifen) und konsequent in der rechten Fahrbahnhälfte aus, die anschließend über einen relativ langen Zeitraum als Baustraße fungiert. Danach wird die linke Fahrbahnhälfte bearbeitet.
Im Probefeld hat sich erwiesen, dass das Einschieben des Materials aus den beiden Fräsgängen, das in zwei Schichten aufgesetzt auf Miete lagert, mit der Planierraupe zu unbefriedigender Homogenisierung der Mischung aus den Zwischenprodukten (endgültiges Baustoffgemisch) führt. Gute Ergebnisse wurden dagegen beim Umsetzen mittels Bagger erhalten.
Bilder 8 und 9: Variante 1 mit Herstellung der seitlichen Verbreiterung und gefräster rechter Fahrbahnhälfte (links), Wiedereinbau des RC-Materials auf der linken Fahrbahnseite, Profilierung über die Gesamtbreite (rechts)
Eine Zusammenfassung der Einzelschritte für die Variante 1 des Bauablaufes ist den Skizzen der Bilder 10 a bis 10 i zu entnehmen. Über dem Querschnitt des Baufeldes ist jeweils die Spureinteilung der Fahrbahn im Bestand und für den Neubau angegeben.
Die Variante 2 unterscheidet sich von Variante 1 i. w. durch die Bearbeitungsreihenfolge der Fahrbahnhälften: hier wurde zuerst die linke in Angriff genommen und nachher die rechte.
Bilder 10 a und 10 b: Ausgangssituation und 1. Fräsgang rechte Hälfte
Bilder 10 c und 10 d: 2. Fräsgang rechte Hälfte, Umsetzen und Homogenisierung rechte Hälfte
Bilder 10 e und 10 f: Verfestigung rechte Hälfte, 1. Fräsgang linke Hälfte
Bilder 10 g und 10 h: 2. Fräsgang linke Hälfte, Umsetzen und Homogenisierung linke Hälfte
Bild 10 i: Verfestigung linke Hälfte
In den Varianten 3 und 4 wurde versucht, bei der Bearbeitung der Fahrspuren eine einheitliche Arbeitsrichtung über den Straßenquerschnitt (von rechts nach links und umgekehrt) mit konsequenter einseitiger Lagerung des Fräsgutes auf der seitlichen Verbreiterung (Variante 3) bzw. am Mittelstreifen (Variante 4) durchzuhalten. Die Varianten mussten aus technischen und wirtschaftlichen Gründen verworfen werden, weil die Distanz der Ablagerungsmiete zur Fräsfläche zu lang für die Fördereinrichtung der Maschine wird und Abhilfe dann nur durch ein evtl. mehrfaches Umsetzen des Fräsgutes geschaffen werden kann.
Probefeld 3
Im Probefeld 3 wurde die Überprüfung des im Probefeld 1 in zwei Verarbeitungsschritten gewonnenen Baustoffgemisches, das im Probefeld 2 in einen wirtschaftlichen Bauablauf eingebunden und ausreichend homogenisiert wurde, nach Ausstreuen und Einarbeiten des Bindemittels sowie anschließender Verdichtung vorgenommen. Die Ausstreumengen, der Durchmischungserfolg und die Verdichtung einschließlich der Höhenkontrolle der Schichtoberkante wurden durchgeführt. Es zeigte sich, dass nach der Verdichtung die Abnahmehöhe der Verfestigung ca. 2 cm zu niedrig lag, somit musste die Schicht aus frostsicherem Material (SfM) in der Bauausführung entsprechend überhöht eingebaut werden. Im Weiteren wurden Proben zur Ermittlung des Verdichtungsgrades und der Druckfestigkeit entnommen.
Bild 11: Probefeld 3 Ausstreuen des Bindemittels und Einarbeiten in das Baustoffgemisch
5.2 Erstprüfungen
Die Erstprüfungen wurden zur Verfestigung des einheitlichen, in den Probefeldern entwickelten Baustoffgemisches mit 4 Zementarten unterschiedlicher Druckfestigkeitsentwicklung vorgenommen. Folgende Bindemittel wurden für die Erstprüfungen verwendet:
- CEM I 42,5 N (hy), Holcim AG hydrophobierter PZ, verzögerte Hydratation,
- CEM II/B-S 32,5 R, Holcim AG PZ, geringere Festigkeitsklasse,
- CEM II/A-S 42,5 R, Holcim AG PZ, höhere Festigkeitsklasse,
- CEM III/A 42,5 N, Holcim AG HOZ, verzögerte Festigkeitsentwicklung.
Der hydrophobierte Zement wurde wegen seiner Vorteile durch mindere Witterungsempfindlichkeit geprüft, die anderen Zementarten aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen des bauausführenden ARGE. Das Bild 12 zeigt die Bandbreite der Korngrößenverteilungen des im Probefeld 3 erhaltenen Baustoffgemisches.
Variationen der Körnungslinie traten i.w. im mittleren Kornspektrum (Sand bis Feinkies) auf. Dieses Material wurde Grundlage der umfangreichen Erstprüfungen mit den unterschiedlichen Zementarten und Bindemittelanteilen. Das RC-Material liefert eine Proctordichte von 1,94 g/cm³ und einen optimalen Wassergehalt von 8,2 M.-%. Bei mittlerem Bindemittelanteil eine Proctordichte von 1,99 g/cm³ und einen optimalen Wassergehalt von 8,8 M.-%.
Bild 12: Korngrößenverteilungen des Baustoffgemisches aus Probefeld 3 für die Erstprüfungen
Die Druckfestigkeiten wurden an den Probekörpern im Prüfalter von 7 und 28 Tagen ermittelt. Die Lagerung der Probekörper erfolgte bis zum Prüftermin gemäß TP Beton-StB (2010).
Bild 13: Probekörper des Baustoffgemisches aus Probefeld 3 für die Erstprüfungen
Das Bild 14 zeigt die Untersuchungsergebnisse als 28-Tage-Druckfestigkeiten in Abhängigkeit von der Zementart und Bindemittelmenge in MT bzw. M.-% für die Verfestigung unter dem Asphalt sowie dem Betonaufbau der Fahrbahn.
Bild 14: Untersuchungsergebnisse der Erstprüfungen als 28-Tage-Druckfestigkeiten des Baustoffgemisches mit Zieldruckfestigkeiten für den Asphalt- und Betonaufbau (nach Stoike 2016)
Dabei wird ersichtlich, dass die verschiedenen Zementarten z. T. unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Druckfestigkeit liefern. Für die Verfestigung unter dem Asphaltaufbau wird nach 28 Tagen eine Mindestdruckfestigkeit von 7 N/mm² gefordert. Diese kann demnach mit Bindemittelanteilen von 6 MT des CEM II / A-S 42,5 R, bis 9 MT des CEM II / B-S 32,5 R und wahrscheinlich auch mit etwa 6 MT des CEM III / A 42,5 N erreicht werden.
Aus den Untersuchungsergebnissen für den Zement CEM II/A-S 42,5 R kann die Proportionalität der erforderlichen Bindemittelanteile für höhere Anforderungen abgeleitet werden, nämlich die Verfestigungen unter Betonaufbauten mit der 28-Tage-Mindestdruckfestigkeit von 15 N/ mm².
Die für die Prüfung nach 7 Tagen gemäß HVA B-StB(SH)-S (2015) anwendbaren Mindestdruckfestigkeiten sind in der Baupraxis wegen der schnellen Qualitätsaussage hilfreich und haben sich bewährt. Sie müssen jedoch stets unter Berücksichtigung der Festigkeitsentwicklung der jeweiligen Zementsorte bewertet werden.
6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Im Rahmen des Verfügbarkeitsmodells BAB A 7 Hamburg – Bordesholm sollte die Verfestigung unter Asphalt- und Betonfahrbahnen mit Wiederverwendung von Böden und Baustoffen erfolgen. Soweit wie möglich sollte dabei das Baumischverfahren angewendet werden.
Die Konzeption von technisch- sowie wirtschaftlich machbaren und dabei nachhaltigen Lösungen musste in einem engen Zeitfenster zu Beginn der Ausführung im Baufeld erfolgen.
Der Lösungsansatz erforderte die Durchführung mehrerer Probefelder zur Entwicklung der Gewinnungs- / Aufbereitungstechnologie und des optimalen Bauablaufes sowie Erstprüfungen als Reihenuntersuchung zur Findung der optimalen Bindemittelrezeptur für ein zur Verfestigung universell verwendbares Baustoffgemisch.
Im Ergebnis konnten alle Materialien des Bestands-Fahrbahnaufbaus entweder verwertet oder in einer wirtschaftlich herstellbaren Verfestigung unter Asphalt- und Betonfahrbahnen wiederverwendet werden.
Die wesentlichen Vorteile bei der hier möglichen Anwendung des Baumischverfahrens sind – in Zahlen ausgedrückt – die Einsparung
- von Massentransporten in der Größenordnung von ca. 1.000.000 cbm Material,
- der Infrastruktur für die Einrichtung mehrerer stationärer Aufbereitungsanlagen,
- sowie Materialtransport- und Aufbereitungszeiten.
Bei definierter Baustoffqualität des Verfestigungsproduktes konnte somit nicht nur den Rahmenbedingungen der Wirtschaftlichkeit und des störungsfreien Bauablaufes Rechnung getragen werden: es wurde auch ein wesentlicher Beitrag zur Umwelt- und Ressourcenschonung geleistet.
Literaturverzeichnis
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Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2007): Technische Lieferbedingungen für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TL Gestein-StB), Ausgabe 2004/Fassung 2007, Köln (FGSV 613)
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2007): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton-StB), Ausgabe 2007, Köln (FGSV 899)
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2010): Technische Prüfvorschriften für Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (TP Beton-StB), Ausgabe 2010, Köln (FGSV 892)
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2012): Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO), Ausgabe 2012, Köln (FGSV 499)
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2013): Technische Lieferbedingungen für Baustoffe und Baustoffgemische für Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton, TL Beton-StB, Ausgabe 2007 mit Änderungen Januar 2013, FGSV Verlag, Köln
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2013): Technische Prüfvorschriften für Gesteinskörnung im Straßenbau (TP Gestein-StB), Ausgabe 2013, Köln (FGSV 610)
Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBVSH) (2015): Baubeschreibung Abschnitt 5: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen – Straßenbau. LB 114 Betonbauweisen, HVA B-StB(SH)-S, Ausgabe 2015
Stoike, M. (2016): Erstellung eines Konzeptes für die herzustellende Verfestigung im Baumischverfahren beim Verfügbarkeitsmodell BAB A 7 Nord, Abschlussarbeit für den Studiengang Master Bauingenieurwesen, Fachhochschule Lübeck |