FGSV-Nr. FGSV 002/139
Ort Karlsruhe
Datum 19.09.2023
Titel Straßenbetrieb auf Radwegen – Bedeutung der Radwegeunterhaltung für die Fahrradnutzung im Alltag
Autoren Rainer Hess, Carsten Mahnel
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Das Projekt AllRad (Steigerung der Fahrradnutzung im Alltag durch die Verbesserung der Unterhaltung der Radwegenetze) hat sich mit den Forschungsfragen beschäftigt, inwiefern die Verbesserung der Radwegeunterhaltung und eine transparente Kommunikation über Betriebsdienstleistungen den Fahrradverkehrsanteil steigern und die subjektive Einschätzung zur Infrastruktur verbessern können. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine Verbesserung der Radwegeunterhaltung einen wesentlichen Einfluss auf die Attraktivität des Fahrrades bei der Verkehrsmittelwahl hat und somit den Radverkehrsanteil steigert. Auch eine transparente Kommunikation über Betriebsdienstleistungen wurde als wichtig erachtet, jedoch konnte keine signifikante Verbesserung der subjektiven Einschätzung der Infrastruktur nachgewiesen werden. Dennoch zeigten sich positive Rückmeldungen seitens der Befragten bezüglich der erstellten Kommunikationsmaßnahmen, mit denen eine Befriedigung des Kommunikationsbedarfs und ein Eindruck von Verlässlichkeit einhergeht. Die Ergebnisse zeigen den Einfluss auf, der die bauliche Unterhaltung der Radinfrastruktur und die Betriebsdienstleistung im Verhältnis zu anderen Maßnahmen, auf die Verkehrsmittelwahl hat. Die nachgewiesene Bedeutung bestärkt, die Argumentation, den Betrieb und Unterhaltung der Radinfrastruktur mit entsprechend notwendigen Ressourcen vorzusehen, um die Verkehrsqualität nachhaltig auf einem guten Niveau zu halten und so den Radverkehrsanteil zu erhöhen.

Darüber hinaus sind die Effekte von Kommunikationsmaßnahmen auf die subjektive Bewertung der Radinfrastruktur erkannt und in Praxisanwendungen erprobt worden. Aus dieser Erfahrung können kommunale Entscheidungsträger für die Implementierung eigener Kommunikationsmaßnahmen profitieren. Zudem kann aus den erstellten Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Schrotträdern und zurückgelassenen Rädern ein effektiveres Vorgehen in den Kommunen abgeleitet werden.

Die Forschungsergebnisse konzentrieren sich auf Themen der betrieblichen Radwegeunterhaltung und die zugehörige Kommunikation. Es konnte nicht erforscht werden, inwieweit die Verbesserung der baulichen Radwegeunterhaltung, insbesondere in Bezug auf Oberflächenschäden, Effekte auf die Bewertung der Infrastruktur hat.

Außerdem hat die Auswertung offengelegt, dass mit einem wachsenden Fahrradanteil der Anspruch der Nutzenden an die Radinfrastruktur ansteigt. Daher ist zu empfehlen, diesem gestiegenen Anspruch nicht nur mit dem Ausbau der Radinfrastruktur, sondern insbesondere mit einer nachhaltigen Unterhaltung der Infrastruktur zu begegnen, um auch weiterhin ein Wachstum des Fahrradanteils zu fördern.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einführung – Vollumfängliche Radverkehrsförderung

Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, hat sich Deutschland unter anderem zu einer Verkehrswende verpflichtet, die sich aus einer Umgestaltung der Mobilität und einer Änderung der Antriebstechnologie zusammensetzt (BMU, 2019). Neben dem zentralen Ziel die CO2-Emmissionen zu reduzieren und damit die Umwelt zu schützen, wird damit eine Steigerung der Lebensqualität in der Bevölkerung angestrebt.

Die Steigerung des Anteils des Umweltverbundes am Gesamtverkehrsaufkommen ist dabei ein zentraler Baustein, die mit einer gezielten langjährigen Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und des Fahrradverkehrs vorangetrieben wurde. Mit dem Ausbau der Infrastruktur, wie beispielsweise durchgängigen Fahrradrouten, konsistenter Beschilderung, abgestimmten Lichtsignalanlagen und zielnahen Parkmöglichkeiten konnte der Anteil des Fahrradverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen in Deutschland auf 11 % angehoben werden (Nobis, 2018).

Bei der Wahl des Verkehrsmittels beurteilen Verkehrsteilnehmende die Infrastruktur hinsichtlich der benötigten Reisezeit, der entstehenden Kosten, der gewährten Sicherheit, dem empfundenen Komfort und der angebotenen Attraktivität. Da der Zustand der Infrastruktur auf alle genannten Auswahlkriterien insbesondere auf die Sicherheit und den Komfort eine nicht zu vernachlässigende Wirkung hat, ist davon auszugehen, dass er einen wesentlichen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl hat.

Aus diesem Grund erscheint es unabdingbar die Wirkung des Betriebes und der Instandhaltung von Radverkehrsanlagen auf die alltägliche Fahrradnutzung zu ergründen, um aus den Ergebnissen einen effizienten Ressourceneinsatz abzuleiten.

Im Folgenden werden anhand der Ergebnisse des Forschungsprojektes „AllRad“ der Hochschule Mainz, gefördert durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen des Nationalen Radverkehrsprogramms (NRVP), erläutert, inwieweit eine Verbesserung des Zustandes der Radwegeinfrastruktur zu einer Steigerung des umweltfreundlichen Verkehrsanteils auf dem Radnetz führen kann. In diesem Zuge werden ausgewählte Maßnahmen, die für eine Verbesserung der Unterhaltung der Radinfrastruktur erprobt wurden, vorgestellt.

2 Erhebungsaufbau – empirischer Hypothesentest

Im Projekt „AllRad“ wurden qualitative mit quantitativer Forschungsansätze und ein Hypothesentest in Form einer Pilotanwendung mit Nachher-Erhebung kombiniert. Die Vorher-Erhebung stellt als Datenerhebung die Grundlage für die spätere Maßnahmenerarbeitung und -anwendung dar. Sie wurde im Winter 2020/21 durchgeführt. Hiermit wurden die Einschätzungen von (potenziellen) Radfahrenden zur Radinfrastruktur, Kommunikation und insbesondere der betrieblichen Unterhaltung erfragt. Zugleich wurden mit Verantwortlichen der Betriebshöfe und Fahrradbüros qualitative Interviews geführt, deren Ziel es war, das Vorgehen der betrieblichen Unterhaltung nachzuvollziehen und mögliches Optimierungspotential zu identifizieren.

Aus den Erkenntnissen der Befragung der Nutzenden und der Interviews mit den Betriebshöfen wurde der Verbesserungsbedarf in der Radwegeunterhaltung detektiert und nach Handlungsfeldern zusammengestellt. Daraus wurden mögliche Maßnahmen abgeleitet, die hinsichtlich des organisatorischen, zeitlichen und finanziellen Aufwandes im Rahmen des Projektes bewältigt werden konnten. Gemeinsam mit den drei deutschen Pilotgemeinden wurde eine Auswahl daraus getroffen, welche Anwendung einer Maßnahme den größten Effekt in der jeweiligen Stadt entfalten kann. In jeder Pilotgemeinde wurden mehrere Maßnahmen angestrebt und nach Möglichkeit insgesamt alle Handlungsfelder bearbeitet. Nach der Auswahl der Maßnahmen wurde das Vorgehen entsprechend der jeweilige Pilotgemeinde individualisiert. Dafür wurden die Verantwortlichen identifiziert und die Umsetzung konkretisiert. In regelmäßigen Abstimmungen wurden anhand von Entwürfen das Vorgehen iterativ erarbeitet und die Verteilung der Aufgabenbereiche vorgenommen. Die Pilotanwendung fand von August 2021 bis Juli 2022 statt. Um die Wirkung der angewendeten Maßnahmen zu erheben, wurde nach der Erprobung erneut eine Befragung der Nutzenden im Herbst 2022 durchgeführt. Im Vorgehen und Aufbau orientiert sich diese Erhebung an der Nutzendenbefragung der Vorher-Erhebung. Mit einer Online-Umfrage wurden persönliche Eigenschaften, individuelles Mobilitätsverhalten der Nutzenden und deren Einschätzung zur Radinfrastruktur, zur betrieblichen Unterhaltung sowie zur Kommunikation abgefragt. Durch die Aufnahme von personalisierten Fragebögen aus der ersten Befragung konnten gezielt Nutzende erneut angesprochen werden und deren Angaben ermöglichen einen direkten Wirkungsvergleich. In der ersten Umfrage konnten die Befragten einer Nutzung ihrer Daten in diesem Rahmen zustimmen.

2.1 Ausgewählte Städte für die Pilotanwendung

Die Städte Mainz, München und Münster wurden als Pilotgemeinden ausgewählt, um für die Beobachtung eine große Vielfalt an Bedingungen bezüglich Einwohnerzahl, Radverkehrsanteil, Ausbauniveau der Radinfrastruktur, Topografie und Wetter zu gewährleisten. An dem Projekt waren die Tiefbauämter, Fahrradbüros bzw. Radbeauftragte sowie die Presseabteilungen der Städte beteiligt.

In Zusammenarbeit mit ihnen konnten die verschiedene Pilotmaßnahmen durchgeführt werden. Diese reichten von einer transparenten Kommunikation der Betriebsdienstleistungen über Social Media Posts, Sensibilisierung für bewegliche Hindernisse im öffentlichen Raum durch eine Postkartenaktion bis hin zur Verbesserung des Managements von Schrotträdern.

Aufgrund fehlender Ressourcen auf Seiten der Stadtverwaltung München konnten in dieser Stadt keine Pilotanwendungen umgesetzt werden. Die Nachher-Erhebung wurde dort dennoch durchgeführt.

3 Umfrageergebnisse – Betrieb der Radinfrastruktur bewegt die Verkehrsmittelwahl

Die Umfrage, die im Winter 2020/2021 durchgeführt wurde, zielte darauf ab, Einblicke von Radfahrenden verschiedener Hintergründe und Erfahrungsstufen zu sammeln. Die Umfrage adressierte eine Reihe von Aspekten, darunter die Wahrnehmung der aktuellen Radwegeinfrastruktur, Herausforderungen im Zusammenhang mit der Radwegeunterhaltung und Vorschläge zur Verbesserung dieser Aspekte. Die Resonanz auf die Umfrage war ermutigend, wobei 1.018 Personen aus verschiedenen Altersgruppen, Geschlechtern und geografischen Standorten ihre Perspektiven und Meinungen teilten. Die Vielfalt der Teilnehmenden ermöglicht es, eine umfassende und repräsentative Auswertung vorzunehmen, um die Maßnahmen zur Optimierung der Radwegeunterhaltung zielgerichtet zu gestalten.

Im folgenden Abschnitt werden die Hauptergebnisse der Umfrage präsentiert und analysiert, wobei besonderes Augenmerk auf identifizierte Trends, Meinungsunterschiede und dringliche Handlungsbedarfe gelegt wird. Diese Auswertung dient nicht nur als Grundlage für die Weiterentwicklung der Radwegeunterhaltung, sondern trägt auch dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung einer hochwertigen und sicherheitsoptimierten Radinfrastruktur zu schärfen.

3.1  Zustand der Infrastruktur – Einordnung für den Alltagsradverkehr

Konkret ergab die Umfrage, dass 43 % der Befragten häufiger das Fahrrad nutzen möchten, aber aus verschiedenen Gründen davon abgehalten werden. Infrastrukturelle Probleme wie etwa die Wegeverbindungen, Qualität oder Anzahl an Radverkehrsanlagen werden dabei am häufigsten genannt. Das schlägt sich unter anderem auf das Sicherheitsempfinden nieder.

81 % der Befragten erfahren im Radverkehr regelmäßig Gefährdungen durch abbiegende Fahrzeuge und 68 % durch Überholmanöver anderer Verkehrsteilnehmenden (Hess; Mahnel et al. 2021). Neben den infrastrukturellen Problemen gilt gerade ein schlechter Zustand der Radverkehrsanlagen oder ein mangelnder Winterdienst für die Radnutzung als hinderlich. Ein optimierter Betrieb der Radinfrastruktur kann diesen Zustand verbessern und damit ein großes Hindernis der Fahrradnutzung abbauen (Bild 1).

Bild 1: Hindernisse für die Radnutzung

Die Verhältnisse zu den anderen Hindernissen macht deutlich, dass es ergänzend zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur essenziell ist, die Qualität der Infrastruktur langfristig durch einen effektiven Betrieb zu sichern, um die Attraktivität des Verkehrsträgers und damit die alltägliche Fahrradnutzung zu erhöhen.

3.2 Unterschiede zwischen den Städten

Werden die Antworten der Teilnehmenden beider Umfragen aufgeteilt nach Städten betrachtet, werden lokale Unterschiede deutlich. So zeigt sich, dass im Gegensatz zu Mainz die Kategorien Beleuchtung in München besser und die Radwegequalität signifikant schlechter bewertet wird. Ersteres lässt sich mit der langfristig angelegten Kampagne „Bei Anruf Licht“ in München erklären. Seit 2002 wird die Bevölkerung über verschiedene Kommunikationskanäle aufgerufen, Störungen der Straßenbeleuchtung zu melden. Zur Motivation der Bevölkerung werden zudem jährlich Sach- und Geldpreise unter den Teilnehmenden verlost. In Mainz wird keine vergleichbare Maßnahme durchgeführt, woraus sich die signifikanten Unterschiede erklären lassen. Hinsichtlich der besseren Radwegebewertung lässt sich vermuten, dass die im Jahr 2020 eingeführte nahezu flächendeckende Tempo-30-Zone im Mainzer Stadtgebiet einen positiven Effekt hatte. Dadurch fühlen sich Radfahrende auch sicherer, wenn sie auf der Straße fahren (Fixmycity GmbH, 2020) und haben somit eine Alternative bei zu engen oder schlecht befahrbaren Radwegen, indem sie auf die Straße ausweichen.

In Münster werden im Vergleich zu Mainz die Kategorien Durchgängigkeit, Direktheit, Oberflächenbeschaffenheit und Informationen zu Radverkehrsanlagen signifikant besser bewertet. Auch im Vergleich zu München werden in Münster bessere Bewertungen zur Infrastruktur abgegeben. Signifikant ist dies für die Radwegequalität, Beschilderung und Durchgängigkeit. Zurückzuführen sind die besseren Bewertungen für Münster auf den Stellenwert, den das Fahrrad im Modalsplit bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Stadt einnimmt.

Denn damit sind vorausschauende Radverkehrskonzepte und entsprechende Investitionen in die Radinfrastruktur verbunden. Mit dem vom Stadtrat im Jahr 2004 beschlossenen Radverkehrskonzept zur Verminderung von Unfallsschwerpunkten und zur Schließung von Lücken im Radverkehrsnetz, war die Stadt in Deutschland Vorreiter. Dieses Engagement geht über die planerischen und technischen Themen hinaus und erstreckt sich auch auf eine gut ausgebaute Kommunikation. So integriert sich das Fahrradbüro Münster bereits seit Jahren in die Planungsprozesse und die Kommunikation mit der Bevölkerung. Eine solche Abteilung bildet sich in Mainz derzeit erst aus, was wiederum die signifikanten Unterschiede erklärt.

Die hier nachgewiesenen Unterschiede stützen die Grundannahme verschiedener Rahmenbedingungen in den Pilotgemeinden und bestärkt das Projektvorgehen verschiedene Maßnahmen zu erproben, damit übertragbare Empfehlungen abgeleitet werden können. Zugleich zeigen die Ergebnisse jedoch, dass die Handlungsschwerpunkte in den verschiedenen Städten überwiegend identisch sind.

4 Verbesserung der Radwegeunterhaltung

Nachdem die grundlegende Bedeutung der Radwegeunterhaltung erkannt wurde, lag der Fokus der Umfrage auf konkreten Verbesserungen, die für Radwegeunterhaltung beziehungsweise die Radwegepflege möglich sind.

Dazu konnten die Teilnehmenden freie Angaben machen, welche Problemschwerpunkte hinsichtlich der Radwegepflege ihnen im Alltag häufig begegnen beziehungsweise worin sie sich eine Optimierung wünschen. Unter ergänzender Berücksichtigung der Daten der Gefährdungsbeurteilung der Teilnehmenden wurden anschließend die Handlungsmaßnahmen konzipiert.

Die Auswertung ergaben sechs Handlungsschwerpunkte, die sich zusätzlich zum Betrieb der Radinfrastruktur auch auf bauliche Unterhaltungsmaßnahmen erstrecken. Dabei handelt sich es sich um folgende Themen (Bild 2):

  • Oberflächenschäden,
  • Reinigung,
  • Winterdienst,
  • Hindernisse auf Radwegen,
  • Abstellanlagen,
  • Kommunikation.

Bild 2: Verbesserungsbedarf für die Pflege von Radverkehrsanlagen

4.1 Oberflächenschäden

Die Auswertung mehrerer Fragen zeigt einen bedeutenden Handlungsbedarf für die Oberflächenbeschaffenheit der Radinfrastruktur auf. Demnach schätzen drei Viertel der Befragten die Oberflächenbeschaffenheit als unzureichend oder verbesserungsbedürftig ein. Unebenheiten im Belag stellen zudem für einen Großteil eine regelmäßige Gefahr oder zumindest eine Unannehmlichkeit dar. Hinsichtlich der Pflege der Radinfrastruktur wird am häufigsten die Beseitigung von Straßenschäden gewünscht. Die Beseitigung von Unebenheiten folgt darauf. Da die Oberflächenbeschaffenheit bei verschiedenen Fragen überdurchschnittlich häufig genannt wurde, ist diesem Handlungsfeld besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Fahrbahn der Radinfrastruktur ist hinsichtlich ihrer Qualität und ihres Zustandes aufzuwerten, sodass Schadensfälle und Problemstellen wie etwa Schlaglöcher, Wurzelschäden, Versätze bzw. Anrampungen und Festigkeit des Belags behandelt werden sollten. Die Ausweitung von Sofortmaßnahmen in der Unterhaltung der Radinfrastruktur könnte helfen, Probleme mit Schlaglöchern, Versätzen und Anrampungen zu verringern. Dafür könnten Schadensumfang und -arten die mit Sofortmaßnahmen behandelt werden, ausgeweitet werden und entsprechende Ressourcen fokussiert und/oder ergänzt werden. Unebenheiten im Belag wie etwa durch Wurzelhebungen stellen eine besondere Herausforderung für eine nachhaltige Lösung dar. Hierfür sollte ein systematisches Vorgehen entwickelt werden, in dem Maßnahmen je nach Schadensklassen definiert und umgesetzt werden. Zudem sollte eine Rückmeldung an die Planung gegeben werden, die für den Wurzelraum bzw. die Baumart bei Neuplanungen verantwortlich ist. Beläge der Infrastruktur sind in ihrer Beschaffenheit und Eigenschaft auf ihre Eignung zu prüfen und ggfs. auszuwechseln. Wege und Routen, deren unbefestigte Beläge bei Witterungs- und Betriebseinflüssen unbrauchbar werden, sollten befestigt werden. Bei größeren Schadensfällen oder Maßnahmen für die Oberflächenbeschaffenheit sollte eine von der Kraftfahrzeugfahrbahn unabhängige Durchführung der Baumaßnahmen angestrebt werden, um eine schnellere Bearbeitung zu gewährleisten. Für die Verbesserung der Oberflächenbeschaffenheit müssen mehrere Themen vorab bearbeitet werden. So sollten die Ansprüche hinsichtlich der Qualität der Oberflächenbeschaffenheit in einer klaren Zielbeschreibung festgehalten werden. Dabei sind die genannten Schwerpunkte, die sich von den Ansprüchen des Kraftverkehrs unterscheiden, einzubeziehen. Zudem ist der Umgang mit Schadensfällen vorab zu definieren, um ein einheitliches Vorgehen zu erhalten. Es ist außerdem eine Bestandsaufnahme über die Oberflächenbeschaffenheit zu erstellen, die einen Überblick über den Aufwand ermöglichen soll. Dabei können die Erhebungen durch bereits gemeldete Mängel ergänzt werden.

4.2 Reinigung

Mit der Reinigung der Radinfrastruktur besteht eine allgemeine Zufriedenheit bei den Fahrradfahrenden, häufig werden jedoch Glasscherben für Nutzende als Gefahr oder Unannehmlichkeit wahrgenommen. Etwa die Hälfte der Befragten wünschte sich bei der Reinigung von Glasscherben eine Verbesserung. Eine gezielte Reinigung nach Bedarfsfällen könnte bei dem Problem Abhilfe schaffen. Dafür sollten bestehende Meldemöglichkeiten für die Nutzenden in Aufbau, Auslastung und Auftragsauslösung genauer betrachtet und ggfs. angepasst werden. Zudem könnten für Glasscherben anfällige Stellen der Radinfrastruktur und/oder Zeiten identifiziert und priorisiert gereinigt werden. An solchen „Scherben-Ecken“ könnten zudem präventive Maßnahmen wie die Anbringung von Pfandkisten oder weiterer Abfallbehälter helfen.

4.3 Winterdienst

Trotz erhöhter Bemühungen, einen guten Winterdienst zu gewährleisten, bewerten viele Befragte den Winterdienst als unzureichend oder verbesserungsbedürftig. Ähnlich stellt es sich mit der Reinigung von Laub dar. Neben tatsächlich unzureichenden Leistungen kann mangelnde Information über den Leistungsumfang die Meinung negativ beeinflussen. Als Maßnahme wird deswegen vorgeschlagen, die Erbringung von Leistungen auf mögliche Fehler zu prüfen, wie etwa das Zuschieben von Radverkehrsanlagen mit Schnee von anderen Verkehrsflächen oder Laubhaufen auf Verkehrsflächen. Im Rahmen der Pilotanwendung standen die Vermittlung des Wissens zum Winterdienst und die Reinigung von Laub im Vordergrund, um die Fahrradfahrenden über den Prozess und erbrachte Leistungen aufzuklären und damit Bewertung und Verständnis positiv zu beeinflussen. Dafür ist vorab das Kommunikationskonzept hinsichtlich des Winterdienstes zu analysieren und ggfs. ein strukturiertes Vorgehen zu entwickeln.

4.4 Hindernisse auf dem Weg

Hindernisse wie Poller, Straßenschilder, abgestellte Fahrzeuge (Roller, Kfz, Fahrräder) oder Mülltonnen machen unangenehme Ausweichmanöver notwendig und stellen eine Gefahr für alle Verkehrsteilnehmenden dar. Ein Großteil der Befragten ist regelmäßig mit solchen Hindernissen auf der Radinfrastruktur konfrontiert. Mit konkreten Anweisungen für das Abstellen der Mülltonnen an den Abfuhrtagen, stärkeren Kontrollen von Falschparkenden durch das Ordnungsamt und die Polizei, sowie dem Versetzen von Verkehrsschildern und Pollern könnte die Anzahl an Hindernissen verringert werden. Um Maßnahmen umzusetzen, die solche Hindernisse entfernen bzw. fernhalten, sollte zunächst wieder eine Bestandaufnahme bzw. Bedarfsanalyse erstellt werden. Hierfür könnten bereits gemeldete Mängel und neue Kontrollfahrten genutzt werden.

4.5 Abstellanlagen

Die Flexibilität der Fahrradnutzung ist ein großer Vorteil des Verkehrsmittels. Die Fahrt endet meist direkt am Ziel, ohne weite Wege zu Fuß gehen zu müssen. Jedoch müssen dafür ausreichende Abstellmöglichkeiten am Ziel vorhanden sein. Viele der Befragten gaben an, dass Abstellanlagen in ihrer Qualität und Anzahl unzureichend oder verbesserungsbedürftig sind. Dabei werden insbesondere mehr Ziel nahe Abstellanlagen und eine volle Ausnutzung der Kapazitäten, durch Entfernung von Schrotträdern nachgefragt. Für eine hohe Angebotsqualität müssen Abstellkapazitäten dem Bedarf angepasst werden. Für die Vergrößerung der Abstellkapazitäten müssen die Auslastung und Kapazitäten der einzelnen Anlagen mit dem gewünschten Nutzungsziel abgeglichen werden. Hinsichtlich der Entfernung von Schrotträdern bzw. Dauerparkern ist der rechtliche Rahmen dafür zu überprüfen, um anschließend ein systematisches Vorgehen zur Entfernung solcher Räder zu entwickeln. Zusätzlich kann durch den Einsatz von hochwertigen Bügeln und Überdachung von Abstellanlagen die Qualität von Abstellanlagen weiter gesteigert werden.

4.6 Kommunikation

Die Mehrheit der Befragten gab an, gerne mehr Informationen über die Radinfrastruktur zu erhalten. Eine verbesserte Informationslage kann Fahrradfahrende bei der Nutzung unterstützen und eine realistische Erwartungshaltung in Bezug auf die Infrastruktur erzeugen. Neben der Verbesserung der Informationslage sollte auch die Möglichkeit des Austausches gefördert werden. Dies könnte mit Informationsveranstaltungen und Diskussionsrunden erreicht werden. Es sollte eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden, in der Frequenzen der Veröffentlichungen, die Beantwortungsdauer von Anfragen und Vorgaben zum Kommunikationsstil festgelegt werden. Hierfür ist vorab das bestehende System zu analysieren.

5 Pilotanwendung

Nach der Identifikation der Handlungsschwerpunkte wurden gemeinsam mit dem Pilotgemeinden ein Umsetzungskonzept erstellt, das zum Ziel hatte, innerhalb der Projektlaufzeit mögliche Verbesserung in der Radwegeunterhaltung umzusetzen.

6 Kommunikation mittels Social-Media und Postkarten

Wie in der Einführung erläutert, basiert die Verkehrsmittelwahl auf einer subjektiven Bewertung der Radinfrastruktur. Dieser Bewertung liegen die persönlichen Erfahrungen, bekannte Informationen und möglicherweise eine vorgeprägte Meinung zugrunde. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, zusätzlich zu einem verbesserten Infrastrukturangebot inklusive Betriebsdienstleistungen, die Meinungsbildung mithilfe von aktiver Kommunikation positiv zu beeinflussen. Um die Verkehrsteilnehmenden zu erreichen, wurden unterschiedliche Themenbereiche angesprochen und mit verschiedenen Kommunikationsmedien umgesetzt.

6.1 Transparente Erklärung der Betriebsdienstleistung mit Social-Media Postings

Um den Unmut der Fahrradfahrenden über den Winterdienst durch transparente Kommunikation zu reduzieren und ihnen eine breitere Informationsgrundlage zur Verfügung zu stellen, wurden im Rahmen des Projektes Social-Media-Beiträge erstellt, die den Umfang und die Inhalte des Winterdienstes erläutern. Hierbei wurden Informationen über die Betriebsabläufe, den Personaleinsatz und die Ressourcen genutzt. Zusätzlich wurden durch weiterführende Recherchen die Auswirkungen des Einsatzes von Streusalz dargestellt. Bei der Erstellung der Posts wurde besonderer Wert daraufgelegt, interessante Inhalte anschaulich zu präsentieren, um eine höhere Transparenz und damit eine höhere Wertschätzung für die Leistungen des Betriebsdienstes zu erreichen. Es wurden insgesamt drei verschiedene Beiträge erstellt, die sich auf folgende Schwerpunkte konzentrieren:

  • Erklärung von Abläufen und Folgen („Splitt statt Salz“),
  • Darstellung von Abläufen („Aufgewacht es schneit…“),
  • Hinweise zu Vorbereitungen und Abläufen („Der Winter kann kommen“).

Die Posts wurden für Social-Media üblich als Slideshow erstellt. Das Interesse der Nutzende soll mit der ersten Seite geweckt werden, sodass diese bei Interesse die nächsten Slides durch „Wischen“ ansehen können. Einer von drei Posts ist exemplarisch im Bild 3 dargestellt:

Bild 3: Post zum Einsatz von Splitt und Salz als Slideshow

Bei der Analyse der Daten ist ersichtlich, dass die Posts mit den Titeln „Aufgewacht es schneit…“ (69,2 %) und „Splitt statt Salz“ (73,9 %) von den Probanden als ansprechend bewertet wurden. Zudem hat sich durch die transparente Darstellung der Betriebsabläufe das Verständnis dafür verbessert. Im Gegensatz dazu hat der Post mit dem Titel „Der Winter kann kommen“ mit seinen Betriebsinformationen offensichtlich kein großes Interesse bei den Probanden geweckt. Mehr als die Hälfte der Befragten hat angegeben, dass sie gerne mehr Posts in der Art der ersten beiden Beispiele erhalten würden. Aus diesen Ergebnissen wird deutlich, dass die Öffentlichkeit positiv auf Einblicke in die Betriebsabläufe reagiert. Das belegt die Annahme, mit transparenter Kommunikation die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den Betriebsdienstleistungen und das Vertrauen in die Stadtverwaltung steigern zu können. Das kann sich auch positiv auf die Arbeitsmoral und die Gewinnung neuer Fachkräfte für die Erbringung von Leistungen auswirken.

Daher ist zu empfehlen, auch vermeintlich kleine Themen der Stadtverwaltung wie den Betriebsdienst aktiv mittels Social-Media Posts sichtbar zu machen. Bei der Umsetzung ist darauf zu achten, dass die Social-Media Posts ansprechend und interessant gestaltet sind, um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu gewinnen. Dabei sollten sie auch eine klare Botschaft vermitteln und relevante Informationen enthalten. Es ist wichtig, auf eine klare und verständliche Sprache zu achten und gegebenenfalls Fachbegriffe zu erklären. Visualisierungen wie Bilder oder Infografiken können dazu beitragen, die Inhalte anschaulicher zu gestalten und das Interesse zu steigern. Auch die Veröffentlichungszeitpunkte können eine Rolle spielen, da sie einen Einfluss auf die Reichweite der Posts haben können.

6.2 Social-Media: Ein Kommunikationsmedium für die öffentliche Hand

Mit Social-Media Kanälen kann schnell und einfach eine große Hörerschaft erreicht werden. Es ist möglich, aktuelle Themen und Projekte der öffentlichen Hand bspw. des Betriebsdienstes einfach zu kommunizieren. Um eine echte Kommunikation aufzubauen, ist es essenziell, auch Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu beantworten und Anregungen aufzunehmen. Für die Akzeptanz der Zuhörer ist es wichtig, auf ihre Anliegen einzugehen und sich für ihre Belange einzusetzen. Voraussetzung für eine funktionierende Social-Media Kommunikation sind regelmäßige Veröffentlichung von interessanten Themen, um Nutzende für den eigenen Kanal zu gewinnen und die angestrebte Reichweite zu erlangen.

Negative Rückmeldungen können zwar nie vollständig ausgeschlossen werden, jedoch können sie mit einer offenen und transparenten Kommunikation beantwortet und somit minimiert werden. Eine Möglichkeit, auf Rückmeldungen über Social-Media-Kanäle zu reagieren, besteht darin, Chatbots oder automatisierte Antwortsysteme einzusetzen, die Antworten aus einer vorher definierten Informationsquelle beziehen. Diese können schnell und effektiv auf Kommentare und Nachrichten reagieren und häufig gestellte Fragen beantworten. Auf diese Weise kann die Stadt oder der Betriebsdienst trotz begrenzter personeller Ressourcen schnelle und effektive Rückmeldungen geben. Mängelmeldungen könnten außerdem gezielt an die bereits eingerichteten Plattformen weitergegeben werden. Wenn es sich jedoch um komplexere Anfragen oder Beschwerden handelt, ist es empfehlenswert, mit einem geschulten Mitarbeitenden darauf einzugehen und eine persönlichere Antwort zu geben. Eine Alternative zum automatisierten Antwortsystem ist die manuelle Beantwortung von Anfragen und Kommentaren auf Social-Media-Kanälen. Hierbei können geschulte Beschäftigte individuell auf die Anliegen der Nutzerinnen und Nutzer eingehen und gezielte Rückmeldungen geben.

Es ist jedoch nicht sinnvoll, einen Social-Media-Kanal ausschließlich für eine einseitige Kommunikation nach außen zu nutzen, da das Ziel von Social-Media in der Interaktion mit der Bevölkerung und dem Aufbau von Beziehungen besteht. Eine einseitige Kommunikation nach außen wird von den Nutzerinnen und Nutzern als unpersönlich und uninteressant wahrgenommen und führt somit zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit und Relevanz. Es ist daher wichtig, auf Rückmeldungen und Anliegen einzugehen und sich aktiv mit den Bürgerinnen und Bürgern auseinanderzusetzen, um eine erfolgreiche Social-Media Strategie zu implementieren.

Die Pilotanwendung hat gezeigt, dass die Verwendung von Social-Media Kanälen einen Nutzen für die öffentliche Hand entfalten kann. Es sind jedoch weitere Untersuchungen zur Methodenauswahl und praktischen Umsetzung nötig, um eine effiziente Kommunikation in Bezug auf den Betriebsdienst eindeutig zu bestimmen.

6.3 Postkarten vermitteln achtsames Abstellen

Bewegliche Hindernisse wie Mülltonnen, Sperrmüll, Räder oder Roller können bei unachtsamen Abstellen Verkehrswege in ihrer Funktion einschränken oder Stolperfallen für Zu-Fuß-Gehende darstellen. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen und die Verursachenden, die häufig aus Unachtsamkeit handeln, dazu zu bewegen, bedachter mit dem öffentlichen Raum umzugehen, wurden Postkarten gestaltet und verteilt.

Mit der Wahl einer Postkartenaktion als Medium sollte die Problematik zum Gesprächsthema in Gruppen werden, um so eine Vielzahl an möglichen Verursachenden indirekt zu erreichen und zu einem bedachteren Umgang zu bewegen. Hierzu wurden die Postkarten zur kostenlosen Mitnahme in Gastronomiebetrieben ausgelegt.

Bei der Entwicklung der Postkartenmotive sind jedoch Bedenken bei den Kooperations-partnern aufgekommen, die Postkarten würden zu direkt Verursachende ansprechen und möglicherweise eine negative Gegenreaktion hervorrufen. Aus diesem Grund wurde das Problem abstrakter dargestellt (Bild 4).

Bild 4: Ursprüngliches (links) und finales Postkartenmotiv

Die Analyse ergibt, dass die Postkartenaktion eine aktive Beteiligung und Aufmerksamkeit in der Bevölkerung hervorgerufen hat. Über einen QR-Code wurde auf die Projektwebseite „AllRad“ verwiesen. Der Webtraffic auf dieser Webseite hat während des Zeitraums der Postkartenaktion (7. 7. 2022 bis 28. 7. 2022) um bis zu 25 % zugenommen.

Die einzelnen Postkartenmotive konnten durch eine spezifische Abfrage in der Nachbefragung ausgewertet werden. Obwohl 27 % der Befragten die Postkarten als ansprechend oder sehr ansprechend bewerteten, konnte der beabsichtigte Effekt nur begrenzt erzielt werden. Eine beträchtliche Anzahl von Befragten (38 %) konnte die Grundidee der Postkarte nicht verstehen. Die Darstellungen des Problems waren zu abstrakt, sodass der gewünschte Effekt, Aufmerksamkeit zu generieren, beeinträchtigt wurde.

Es ist empfehlenswert, Postkarten als einen Kommunikationskanal zu nutzen, insbesondere wenn es um die Vermittlung spezifischer Themen geht, wie hier für die Minimierung von beweglichen Hindernissen zu sensibilisieren. Allerdings sollte dies in Übereinstimmung mit einer übergeordneten Kommunikationsstrategie erfolgen, um eine klare und präzise inhaltliche Gestaltung der Karten zu gewährleisten.

Außerdem ist bei der Gestaltung von Postkarten noch ein Call-to-Action zu integrieren. Es sollte eine eindeutige Handlungsaufforderung auf der Postkarte platziert werden, die dazu auffordert, eine bestimmte Aktion auszuführen. Zum Beispiel das Scannen eines QR-Codes oder das Besuchen einer Webseite. Postkarten sind als ergänzende Maßnahme zur übrigen Öffentlichkeitsarbeit zu sehen.

Insgesamt hat sich das Medium Postkarte als wirksames Kommunikationsmittel erwiesen, um eine größere Zielgruppe zu erreichen. Im Gegensatz zu anderen Kanälen wie Zeitungen oder Social-Media können durch Postkarten Personen erreicht werden, die ansonsten eher selten angesprochen werden. Auch ältere Personen, die weniger mit digitalen Medien vertraut sind, können durch Postkarten erreicht werden.

6.4 Print Marketing: Intensivere Auseinandersetzung und als Zuleitung zu Social-Media möglich

Durch das Format der Postkarte kann erreicht werden, dass sich Betrachtende intensiver mit dem Inhalt auseinandersetzen als zum Beispiel bei einem Social-Media-Post. Dies liegt daran, dass die Haptik der Karte und ihre physische Präsenz dazu anregen, sich eingehender mit ihr zu beschäftigen. Darüber hinaus bietet die Postkarte die Möglichkeit, aufgrund ihres Motivs oder Spruchs als Geschenk an Freunde oder Bekannte weitergegeben zu werden, was ihre Reichweite erhöht.

Die Kombination von Postkarten mit QR-Codes können Print- und Digitalmedien miteinander verbinden. Personen, die die Postkarten betrachten, können den QR-Code scannen und direkt auf eine Website weitergeleitet werden. Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass sie direkt und unkompliziert auf weitere Informationen zugreifen und sich mit dem Thema auseinandersetzen können.

Eine detailliertere Betrachtung einer weiteren Postkartenaktion, die mit dem übergeordneten Kommunikationsstrategie abgestimmt ist, könnten die Ergebnisse zur themenorientierten Darstellungswahl und der praktischen Umsetzung sinnvoll ergänzen.

7 Fahrradparken und Schrotträdermanagement

Im Anschluss an die Vorher-Erhebung wurden unterschiedliche Maßnahmen konzipiert. Das entwickelte Schrotträdermanagement wurde aufgrund längerer Vorlaufzeiten nicht im Rahmen Nachher-Erhebung betrachtet. Dennoch wurde die Maßnahme in Form eines Leitfadens ausgearbeitet, wodurch ein Wissensstand für die Praxis gesichert werden konnte. Zudem ergaben sich bei der Bearbeitung und in der Nachher-Erhebung neue Erkenntnisse im Umgang mit „Schrotträdern und zurückgelassenen Rädern“.

Bild 5: Verbesserungsbedarf bei Abstellanlagen

Wie oben beschrieben stellt für viele die Anzahl und Qualität von Abstellmöglichkeiten ein starkes Hindernis dar, häufiger das Rad zu nutzen. Zudem ergaben sich im Laufe der Erstellung des Arbeitspapiers „Umgang mit Schrotträdern und zurückgelassenen Rädern“ mehrere Fragestellungen und Optimierungswünsche zum Thema Fahrradparken (Hess; Mahnel, 2023).

Die Befragten gaben darin an, dass sich die Situation in den letzten drei Jahren hinsichtlich Anzahl (48,2 %) und Qualität (30,1 %) an Abstellanlagen verbessert oder gar deutlich verbessert hat. Die Auswertung zeigt jedoch, dass auch weiterhin noch ein deutlicher Verbesserungsbedarf bestehen bleibt. Dabei können mit mehr Abstellanlagen und insbesondere mehr witterungsgeschützten Abstellmöglichkeiten die Attraktivität des Fahrradfahrens und damit die Zufriedenheit der Radfahrenden gesteigert werden (Bild 5). Ergänzend spielt der Diebstahlschutz in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen wie Abstellbügeltyp, Beleuchtung, soziale Kontrolle, Überwachungssysteme und Schließsysteme eine wichtige Rolle. 64 % der Befragten wünschen sich hierbei eine Verbesserung der Abstellanlagen. Dieser Wunsch äußert sich jedoch auch in der Bereitschaft von 44 % der Befragten (n = 215), für eine sichere Abstellung eine Gebühr zu zahlen. Davon wären sogar 38,5 % bereit, 20 € pro Monat oder mehr zu zahlen. Dies ist in erster Linie auf die gestiegene Wertigkeit von Fahrrädern zurückzuführen. 2014 lag der Durchschnittspreis für ein neues Fahrrad bei 528 € bis 2020 ist dieser Wert auf 1.395 € gestiegen (ZIV, 2022). Zugleich werden Fahrräder häufig gestohlen. Deutschlandweit wurden im Jahr 2020 314 Fahrräder pro 100.000 Einwohner gestohlen, wobei die Aufklärungsquote bei lediglich 10 % lag (BKA, 2021). Neben diebstahlsicherem Abstellen spielt der Komfort, insbesondere beim Abstellen, eine wichtige Rolle für die Verkehrsmittelwahl. Es wird jedoch auch deutlich, dass in vielen Fällen nicht ausreichend Abstellmöglichkeiten vorhanden sind. Dies kann gerade an zentralen Abstellanlagen, wie sie häufig an Bahnhöfen zu finden sind, problematisch werden. Meist sind die Möglichkeiten des Ausbaus von zielnahen Abstellanlagen aufgrund der verfügbaren Flächen eingeschränkt. In diesen Fällen ist es insbesondere wichtig, die Abstellkapazität für den Alltagsradverkehr zu erhalten, um eine hohe Verkehrsqualität für das Rad zu gewährleisten. Denn gerade an Bahnhöfen werden abgestellte Räder häufig zurückgelassen und nicht wieder abgeholt, bis sie sich zu Schrotträdern entwickeln. Schätzungen nach blockieren solche Fahrräder in München etwa 15 % der Kapazitäten der öffentlichen Abstellanlagen (P+R GmbH, 2020). In Münster soll es nach Angaben des Ordnungsamtes bis zu 50.000 solcher zurückgelassenen Räder geben (Kalitschke, 2015).

Im Herbst 2022 wurden bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Schrotträder kommunale Verantwortliche für den Betrieb von Radverkehrsanlagen zur Entwicklung der Problematik mit zurückgelassen Rädern befragt. Dabei gaben 57 % der Befragten an, diese sei stark oder sehr stark gestiegen (Bild 6), wobei Bahnhöfe oder zentrale Umsteigeorte als Problemschwerpunkte identifiziert wurden. Zeitgleich gaben ebenfalls 57 % der Befragten in der Verwaltung an, keinen zufriedenstellenden Prozess zur Beseitigung solcher Räder zu haben.

Erst genannte Probleme geben die Möglichkeit, mit Investitionen in hochwertigere Abstellanlagen inklusive Wetterschutz gegenzusteuern, wobei bei zentralen Abstellanlagen verschiedene Angebote mitbeachtet werden sollten (Fahrradboxen, überdachte Anlagen, Freiabstellung). Für den Erhalt der Abstellkapazitäten durch Entfernen von zurückgelassenen Rädern mittels Schrotträdermanagement, wie es im Arbeitspapier: „Umgang mit Schrotträdern und zurückgelassenen Rädern“ beschrieben wird, können unterschiedliche Prozessoptimierungen umgesetzt werden. So können mit der Verwendung eines Kriterienkatalogs zurückgelassene Fahrräder einfacher identifiziert werden. Um Platz und Ressourcen zu sparen, können die Lagerungszeiten von abgeschleppten Rädern auf drei Monate gekürzt werden. Regulierende Maßnahmen wie beispielsweise zeitliche Einschränkung des Fahrradparkens können für den örtlichen Einsatz sinnvoll sein.

8 Fazit

Bild 6: Trendentwicklung zu zurückgelassenen Rädern

Im Rahmen der Radverkehrsförderung wird vornehmlich der öffentlichkeitswirksame Ausbau der Infrastruktur vorangetrieben, wobei andere Handlungsfelder wie beispielweise der Betrieb oft nachrangig betrachtet werden. Um die Ziele der angestrebten Verkehrswende zu erreichen, ist es jedoch notwendig, das breitere Aufgabenfeld der Radverkehrsförderung in seiner Qualität und Quantität zu erkennen und zu bearbeiten. Die Forschungsarbeit konnte nachweisen, dass die Radwegeunterhaltung eine beachtliche Bedeutung auf die Radnutzung hat und somit einen Handlungsschwerpunkt bei der Radverkehrsförderung bilden sollte.

Das spiegelt sich auch bei den identifizierten Handlungsfelder wider, die sich von der baulichen Unterhaltung über alltägliche Betriebsdienstleistungen wie Reinigung und Winterdienst bis hin zu Kommunikationsmaßnahmen erstrecken.

Die Erprobung der Kommunikationsmaßnahmen hat die Wirkungsweise einer transparenten Vermittlung von Aufgaben der öffentlichen Hand hinsichtlich einer positiveren Bewertung der Infrastruktur nachgewiesen. Dabei konnte die Verwendung verschiedener Kommunikationskanäle zusätzlich punktuell Handlungsmöglichkeiten in ihrer Wirkung darstellen und weiteren Forschungsbedarf aufdecken.

Daraus ist zu schließen, dass es ergänzend zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur wichtig ist, eine langfristige Qualitätssicherung der Radinfrastruktur genauer zu untersuchen, um die Attraktivität des Verkehrsträgers und damit die alltägliche Fahrradnutzung effektiv zu erhöhen.

Literaturverzeichnis

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