| FGSV-Nr. | FGSV 002/139 |
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| Ort | Karlsruhe |
| Datum | 19.09.2023 |
| Titel | Nachhaltiger Betrieb von Straßen- und Autobahnmeistereien |
| Autoren | Sonja Cypra |
| Kategorien | Straßenbetrieb, Winterdienst |
| Einleitung | Ziel des Nachhaltigen Bauens ist es, unterschiedliche Interessen von Stakeholdern in Einklang zu bringen und damit die an Gebäude gestellten, vielseitigen und komplexen Anforderungen bestmöglich zu erfüllen. Straßen- und Autobahnmeistereien weisen durch ihr besonderes Nutzungsprofil eine hohe Komplexität auf. Durch die besonderen und vielfältigen Aufgaben des Straßenbetriebsdienstes ergeben sich Areale, auf denen Gebäude und Hallen unterschiedlichster Nutzungen stehen. Dazu zählen: Verwaltungsgebäude, Fahrzeughallen, Werkstatt, Salzhalle, Lager und Waschhalle. Entweder werden diese Gebäude als funktionale Einzelgebäude errichtet oder in einer Kompaktbauweise umgesetzt, bei der alle Funktionsbereiche in einem Komplex zusammengefasst sind. In Meistereigehöften ist speziell durch die unterschiedlichen Nutzungen eine prozessorientierte Arbeitsweise zu unterstützen, um ein effizientes und erleichtertes Arbeiten der Mitarbeiter zu erreichen. Einerseits sind Arbeitsbereiche sinnvoll aufeinander abzustimmen, z. B. Platzierung der Stiefelwaschanlage, Ausstattung der Werkstatt etc. Andererseits sind Arbeitsgeräte so zu platzieren, dass sie mit wenig Aufwand eingesetzt werden können und möglichst wenig Platz benötigen. Weiterhin ist der Umgang mit den Fahrzeugen und die entsprechenden baulichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen, z. B. Vermeiden von Rückwärtsfahren und Wenden. Je nachdem, ob ein Neubau geplant ist oder es sich um eine Meisterei im Bestand handelt, sind unterschiedliche Blickwinkel notwendig. Optimal ist eine nachhaltig erstellte Meisterei im Betrieb weiter zu optimieren. Es zeigt sich, dass es bei Straßen- und Autobahnmeistereien (SM und AM) als Teile des Gebäudesektors große Einsparpotenziale insbesondere im Hinblick auf Energie- und Wasserverbrauch gibt. Durch eine nachhaltige Planung und Umsetzung sowie nachhaltiger Betrieb einer Meisterei können in allen Bereichen Fehler vermieden werden, die zu besseren Abläufen und Einsparungen sowie Reduktion der Kosten führen. Mit Hilfe von Benchmarks ist man in der Lage, Ziele zu setzen und Vergleiche mit anderen Meistereien durchzuführen. Erkenntnisse aus Kontakten mit Meistereien haben gezeigt, dass bereits zahlreiche Konzepte, Maßnahmen und Ideen bestehen und diese auch umgesetzt werden. Diese Vorzeigeprojekte sind weiter anzuwenden und zu übertragen. Es ist wichtig, neben den drei Nachhaltigkeitsdimensionen auch die Querschnittsfunktionen wie z. B. Prozesse zu berücksichtigen. Gerade bei Meistereien gibt in diesem Bereich hohe Anforderungen und gute Optimierungsmöglichkeiten. Mit Nachhaltigkeitsbewertungen und -zertifizierungen können die bestehenden positiven Bemühungen aufgezeigt und erforderliche Maßnahmen identifiziert werden. Die SM Merzig wurde als erste Straßenmeisterei in Deutschland bereits mit dem Nachhaltigkeitszertifikat „Gebäude im Betrieb“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB e.V.) zertifiziert. Dadurch wurden aktuelle Gegebenheiten wie z. B. Verbräuche erfasst und Ziele zur Erreichung der Klimaneutralität formuliert. |
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1 Nachhaltigkeit und KlimaschutzDie bis heute am weitesten verbreitete Definition der Nachhaltigkeit entstammt dem Brundtland-Bericht, wonach eine Entwicklung nachhaltig ist, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ (Hauff, 1987) Im Laufe der Jahre gewann die Nachhaltigkeit immer weiter an Bedeutung. Im Jahr 2015 haben die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die UN-Agenda 2030 verabschiedet. In der Agenda wurden 17 globale Ziele für eine nachhaltigere Entwicklung festgehalten, die „Sustainable Development Goals“ (SDGs). Diese Ziele richten sich weltweit an alle Regierungen, Zivilgesellschaften, Privatgesellschaften und die Wissenschaft. Sie sollen eine Grundlage für einen Fahrplan für eine nachhaltigere Zukunft darstellen, unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten (UNRIC, 2020). Ziel des Nachhaltigen Bauens ist es, unterschiedliche Interessen von Stakeholdern in Einklang zu bringen und damit die an Gebäude gestellten, vielseitigen und komplexen Anforderungen bestmöglich zu erfüllen. Diese Gebäude haben lange Bestand und sind auf diese Weise zukunftssicher. Nachhaltiges Bauen stellt Anforderungen an die ökologische, soziokulturelle und ökonomische Qualität von Gebäuden. Diese drei Bereiche stammen aus der ursprünglichen Definition der Nachhaltigkeit, sie sind die drei so genannten Nachhaltigkeitsdimensionen. Mittlerweile wurde diese Definition durch verschiedene Querschnittsfunktionen wie z. B. die Qualität der Planungs- und Bauprozesse sowie die technische Qualität ergänzt, die teilweise zuvor in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen integriert waren (Bild 1). Bild 1: Definitionen der Nachhaltigkeit (DGNB e.V., 2018; Lemaitre, 2022) Mit der zunehmenden Klimaerwärmung und deren Folgen wurden beispielsweise immer mehr Maßnahmen für eine klimaschonendere Entwicklung in der gesamten Gesellschaft entwickelt. Die Deutsche Klimastrategie sieht vor, bis 2045 die Klimaneutralität zu erreichen. Bis 2030 ist das Zwischenziel von einer Reduktion der Treibhausgase um 65 % in Bezug auf das Jahr 1990 zu erreichen (Die Bundesregierung, 2021). Betrachtet man die Treibhausgasemissionen in Sektoren aufgeteilt, wird deutlich, dass der Gebäudesektor einen wesentlichen Beitrag leistet. Insgesamt entstehen in Deutschland etwa 40 % der Treibhausgasemissionen beim Betrieb von Gebäuden (Die Bundesregierung 2021). Um das Ziel der Treibhausgasneutralität erreichen zu können, stellt die Reduktion der Treibhausgase verursacht durch Gebäude somit ein großes Potenzial dar. Dabei sollten Gebäude, welche von der öffentlichen Hand betrieben werden, als Vorbild dienen. Im Gebäudebereich haben sich sowohl zur besseren Planung, Umsetzung und Betrieb, aber insbesondere auch als Qualitätssicherung Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme entwickelt. Danach werden ökologische, ökonomische und soziale Aspekte mit Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus berücksichtigt. Meistens werden sie durch weitere Querschnittsfunktionen wie z. B. Prozesse und Standort ergänzt. 2 Ausgewählte Anforderungen von MeistereienStraßen- und Autobahnmeistereien weisen durch ihr besonderes Nutzungsprofil eine hohe Komplexität auf. Durch die besonderen und vielfältigen Aufgaben des Straßenbetriebsdienstes ergeben sich Areale, auf denen Gebäude und Hallen unterschiedlichster Nutzungen stehen. Dazu zählen: Verwaltungsgebäude, Fahrzeughallen, Werkstatt, Salzhalle, Lager und Waschhalle. Entweder werden diese Gebäude als funktionale Einzelgebäude errichtet oder in einer Kompaktbauweise umgesetzt, bei der alle Funktionsbereiche in einem Komplex zusammengefasst sind. Die verschiedenen Bereiche haben unterschiedliche Anforderungen. Beispielsweise sind der Verwaltungsbereich und die Werkstatt zu beheizen, während weitere Gebäude und Hallen des Straßenbetriebsdienstes nur teilweise auf 12 bis 15 °C geheizt werden, um ein Arbeiten in den Bereichen zu ermöglichen. Neben der Temperierung der Gebäudetrakte entsteht durch die Beleuchtung des Betriebshofes sowie der Gebäude und Hallen, das Laden der Batterien der Vorwarntafeln, der akkubetriebenen Maschinen und elektrisch betriebenen Fahrzeuge Bedarf an Elektrizität. Weitere Verbräuche werden durch die Nutzende verursacht. Durch das spezielle Nutzungsprofil entstehen in den Meistereien überdurchschnittlich hohe Wasserverbräuche. Dabei fallen die größten Wassermengen bei der Soleproduktion im Winterdienst und der eigenen Waschanlage an. Weitere Verbräuche entstehen z. B. durch die Bewässerung von Grünflächen im Zuständigkeitsbereich. In Meistereigehöften ist speziell durch die unterschiedlichen Nutzungen eine prozessorientierte Arbeitsweise zu unterstützen, um ein effizientes und erleichtertes Arbeiten der Mitarbeiter zu erreichen. Einerseits sind Arbeitsbereiche sinnvoll aufeinander abzustimmen, z. B. Platzierung der Stiefelwaschanlage, Ausstattung der Werkstatt etc. Andererseits sind Arbeitsgeräte so zu platzieren, dass sie mit wenig Aufwand eingesetzt werden können und möglichst wenig Platz benötigen. Weiterhin ist der Umgang mit den Fahrzeugen und die entsprechenden baulichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen, z. B. Vermeiden von Rückwärtsfahren und Wenden. Je nachdem, ob ein Neubau geplant ist oder es sich um eine Meisterei im Bestand handelt, sind unterschiedliche Blickwinkel notwendig. Optimal ist eine nachhaltig erstellte Meisterei im Betrieb weiter zu optimieren. 3 Nachhaltiger Betrieb von MeistereienNachhaltige Straßen- und Autobahnmeistereien sind aufgrund der Anforderungen unter den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeitsdimensionen zu betrachten. Im Neubau gibt es mehr Möglichkeiten für eine nachhaltige Konstruktion, Betrieb und Rückbau. Je früher der Nachhaltigkeitsgedanke in die Planung integriert wird, desto geringer ist der Aufwand und die zugehörigen Kosten für ein möglichst nachhaltiges Gebäude. Bei bestehenden Gebäuden sind die Einflussmöglichkeiten geringer. Allerdings gibt es hier sowohl im Betrieb wie auch bei anstehenden Sanierungen, Instandsetzungsmaßnahmen und Umbauten zahlreiche Möglichkeiten. Dies betrifft insbesondere die Optimierung von Prozessen, Reduzierung von Verbräuchen und Abfällen, Zufriedenheit der Nutzenden etc. Die Betriebsabläufe innerhalb einer Meisterei sollen einfach, schnell und sicher gestaltet werden. Dabei sind kurze Arbeitswege essenziell. Die Einbindung der Leitung in Planungsprozesse und in alle betrieblichen Veränderungen bei speziellen Bereichen z. B. Werkstatt auch die Werkstattleitung ist wichtig und für alle Beteiligten hilfreich. Alle betrieblichen Abläufe sind bereits bei der Planung zu betrachten, um Planungsfehler zu vermeiden. Im Jahr 2022 wurde die erste Straßenmeisterei in Deutschland mit dem Nachhaltigkeitszertifikat „Gebäude im Betrieb“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB e.V.) zertifiziert und erreichte die Auszeichnung Gold. Auf diese Weise konnten der aktuelle Zustand bewertet und Zielsetzungen sowie Maßnahmen für eine weitere Optimierung formuliert werden. 3.1 Verbrauchsdaten und KostenEin besonderes Potenzial zur Optimierung stellen die Verbräuche der Gebäude des Straßenbetriebsdienstes dar. Hierzu zählen einerseits die Verbräuche von Energie zum Heizen, Kühlen, Beleuchten etc. und andererseits die Verbräuche für weitere Stromanwendungen, die zusätzlich zu den elektrischen Systemen zur Gebäudekonditionierung zum Einsatz kommen. Im Bürobereich sind dies beispielsweise Computer, Monitore, Drucker, Telefone, Router und andere. Im gewerblichen Bereich sind es auch Aufzüge genauso wie hausinterne IT-Rechenzentren. Die Betrachtung des Nutzerstroms ist umso relevanter, je höher die Gebäudeeffizienz ist. So stellt dieser in optimierten Gebäuden oft mehr als 50 % des Gesamtenergieverbrauchs dar. Des Weiteren zählen der Wasserverbrauch und die Inanspruchnahme weiterer Ressourcen dazu. Mit entsprechender Reduktion fallen weniger Abfälle an und Kosten können gesenkt werden. Betrachtet man die Gebäude ganzheitlich als System, entstehen neben den Ver- und Entsorgungskosten auch Kosten bei der Reinigung und Pflege von Gebäuden und deren Außenanlagen, der Bedienung, Inspektion und Wartung sowie für Sicherheits- und Überwachungsdienste etc. Diese Verbräuche und Kosten können ermittelt und die Optimierungspotenziale umgesetzt werden. Die Optimierungspotenziale können mittels selbstgesetzter interner Ziele festgelegt werden oder sich an Durchschnitts- und Vorbildwerten anderer Meistereien richten. Vergleichswerte (Benchmarks) liegen allerdings ohne Weiteres nicht vor. In der Vergangenheit wurden Richtwerte anderer Nutzungen wie z. B. Büro und Verwaltung, Logistik und Produktion herangezogen. Daher wurden zuletzt mittels einer Umfrage Kennzahlen und Benchmarks von Energie, Wasser und Wertstoffen sowie die Betriebskosten speziell für das Nutzungsprofil von Meistereien ermittelt. Dabei wurde in Straßen- und Autobahnmeistereien differenziert, da sich in Autobahnmeistereien höhere Verbräuche aufgrund verschiedener Faktoren wie z. B. der längeren Betriebszeiten ergeben. Durch den Vergleich der eigenen Verbrauchsdaten und Kosten mit den Benchmarks können Potenziale sowie Defizite aufgedeckt und Optimierungspotenziale herausgearbeitet werden (Schmidt, 2023). Auf diese Weise kann auch ein Klimaschutzfahrplan für die Gebäude erarbeitet werden. Ein Klimaschutzfahrplan ist ein konkreter, genau auf ein bestimmtes Gebäude abgestimmter Maßnahmenplan. Die Maßnahmen sollen die Treibhausgasemissionen eines Gebäudes kontinuierlich reduzieren, wobei ein geeigneter Maßnahmenmix zu wählen ist, um das Ziel eines klimaneutralen Betriebs bis 2045 zu erreichen (Braune, 2020). Im Rahmen der Zertifizierung der Straßenmeisterei in Merzig wurde ein Klimaschutzfahrplan erarbeitet. Konkret soll in den kommenden Jahren die Dachfläche mit Photovoltaik ausgestattet werden. Außerdem ist geplant, das Blockheizkraftwerk bis Ende 2039 auf eine Holzhackschnitzelanlage umzurüsten. Bei einer Hackschnitzelanlage ist denkbar, dass das Häckselgut durch die anstehenden Grünpflegearbeiten im Betrieb gesammelt wird, um so einen klimaneutralen Betrieb mit möglichst kleinen Transportwegen zu erreichen. Erste Erfahrungen dazu gibt es bei der Straßenmeisterei in Münsingen, die ihren gesamten Hackschnitzelbedarf eigenständig bei den Gehölzarbeiten herstellt. Es fallen sogar deutlich höhere Mengen bei den Arbeiten an, so dass die nicht benötigte Menge verkauft werden kann. Das Hackschnitzellager befindet sich in einem abgetrennten Bereich neben der Salzhalle. Die hier lagernden Massen reichen in etwa für zwei Jahre zum Heizen. Das Bild 2 zeigt die Anlage und das Hackschnitzellager. Bild 2: Hackschnitzelzufuhr und -lager in der Straßenmeisterei Münsingen (Bild: Cypra) Verbräuche können durch ein regelmäßiges Ablesen von Zählerständen und Dokumentieren oder gar durch ein technisches Monitoring überwacht und Schwankungen festgestellt werden. Durch die Überwachung fallen Veränderungen schneller auf und Optimierungspotenziale können identifiziert sowie gesetzte Ziele erreicht werden. Eine weitere Möglichkeit stellt das Benchmarking dar. Dieses Managementinstrument dient zur Optimierung der Wettbewerbssituation eines Unternehmens. Ziel ist es, durch Vergleiche der eigenen Leistungen von bestimmten Produkten, Prozessen oder Funktionen mit den Best Practices aus anderen Unternehmen (externes Benchmarking) oder den eigenen Unternehmensbereichen (internes Benchmarking), mittel- bis langfristig unter Einbeziehung von Benchmarks zu messen. Aus diesen Informationen können die Ursachen für die Leistungsabweichung ermittelt und daraus entsprechende Lern- und Anpassungsmaßnahmen im eigenen Unternehmen umgesetzt werden (Scharp et al., 2002; Reisbeck et al., 2017). Hierbei können die für die Meistereien die gebildeten Benchmarks herangezogen werden. 3.2 Energie und PV-Potenziale bei Straßen- und AutobahnmeistereienAufgrund der langen Planungs- und Investitionszyklen im Gebäudebereich muss das Ziel des klimaneutralen Gebäudebestands bereits bei heutigen Investitionen berücksichtigt werden, so dass die Energiebreitstellung zukünftig nur noch mit erneuerbaren Energieträgern möglich sein wird. Nachdem alle Möglichkeiten der städtebaulichen Bestandssituation, Optimierung der Gebäudehülle und Optimierung der Nutzerenergie ausgeschöpft wurden, kommen die Planung beziehungsweise Prüfung der Versorgungssysteme zum Tragen. Dabei geht es darum, zu ermitteln, welche Versorgungssysteme für einen angepassten, geringeren Energiebedarf optimal sind. So sind sowohl die Effizienz des Umwandlungssystems, das notwendige Temperaturniveau als auch der CO2-Emissionsfaktor der eingesetzten Energieträger wesentliche Aspekte. Zur Bereitstellung der notwendigen Energie stehen folgende Energieträger zur Verfügung:
Ergänzend zu einem optimierten Versorgungssystem und einer effizienten Anlagentechnik stellt sich die Frage, inwieweit der verbleibende Energiebedarf durch einen optimalen Versorgungsmix aus regenerativen Energiequellen zu decken ist. Dabei soll eine möglichst gebäudenahe Erzeugung und Nutzung verfolgt und eingehalten werden. Auf diese Weise kann die erzeugte Energie selbst genutzt oder anderen Nutzenden durch Energieexporte zur Verfügung gestellt werden (z. B. Einspeisung ins Netz). Für einen klimaneutralen Gebäudebetrieb ist es notwendig, selbst ausreichend erneuerbare Energie zu erzeugen und überschüssige Energie zu exportieren (Bild 3). Bild 3: Bilanzierung der Treibhausgasemissionen im Betrieb (Braune et al., 2020) Beim Stromverbrauch lässt sich festhalten, dass durch die zunehmende Elektrifizierung von Fahrzeugen, Werkzeugen und Betriebsmitteln ein steigender Stromverbrauch zu erwarten ist. Jedoch sollte dieser zukünftig bestenfalls durch eigen produzierte Energie, beispielweise durch eine Photovoltaikanlage auf dem Hallendach, bereitgestellt werden. Zur Ermittlung dieser bestehenden Potenziale werden bereits Forschungsprojekte, wie zum Beispiel das Gutachten PhonSi – 100 Dächer, durchgeführt. Eine Meisterei nutzt aktuell nur ca. 10 % des selbst produzierten Stroms für den Eigenbedarf genutzt, wenn man von einer Vollbelegung der Hallendächer mit PV-Anlagen ausgeht (Rösen, 2023). Da es aktuell aufgrund rechtlicher Hindernisse noch nicht möglich ist, die überschüssige Elektrizität ins Netz des Versorgers einzuspeisen, sollten weitere Möglichkeiten zur Nutzung auf dem eigenen Areal identifiziert werden. Eine Möglichkeit wäre die Produktion von Wasserstoff für die Versorgung von Fahrzeugen oder als Speichermedium für andere Anwendungsfälle. Bei großen Hallen, die im Winter ein angenehmes Arbeiten ermöglichen sollen, entweicht die Wärme beim Öffnen der großen Tore. Damit möglichst wenig Energie entweicht, sollten die Tore nur kurze Zeit beziehungsweise nicht mehrere Tore gleichzeitig geöffnet werden. Aus diesem Grund wurde in der Straßenmeisterei in Münsingen eine Lichtsignalanlage an allen Toren der Fahrzeughalle installiert. Bei Temperaturen unter 5 °C kann in der 14 °C beheizten Halle nur ein Tor geöffnet werden und alle anderen Lichtsignalanlagen an den Toren zeigen ein rotes Signal an (Bild 4). So kann ein Durchzug und ein Entweichen der Wärme minimiert werden. Dies trägt ebenfalls zu einem höheren Wohlbefinden bei. Bild 4: Lichtsignalanlage am Außentor in der Straßenmeisterei Münsingen (Bild: Cypra) 3.3 WasserUm möglichst hohe Frischwassermengen einzusparen, eignet sich der Einsatz einer Regenwasserzisterne. Die Größe der Zisterne sollte anhand der höchsten Verbräuche festgelegt werden. Dabei stellt die Soleanlage in den Wintermonaten den größten Abnehmer dar. Der Einbau von Regenwasserzisternen sollte bei Neubauten verpflichtend sein, da durch den fortschreitenden Klimawandel zukünftig Dürren und die Wasserknappheit immer häufiger eine wesentliche Rolle spielen werden. Das Regenwasser, welches auf den Dachflächen und Asphaltflächen abfließt, wird in der Regel direkt in das Abwasser eingeleitet oder bestenfalls teilweise versickert. Durch die Einleitung in eine Zisterne wird das Wasser für eine weitere Verwendung gespeichert. Beim Sammeln des Regenwassers von Asphaltflächen besteht die Möglichkeit das Wasser vor Einleitung in den Regenwassertank durch eine Leichtflüssigkeitsabscheider-Anlage zu leiten. Dabei sammeln sich die Schmutzpartikel auf dem Boden der Anlage und Öle und Fette werden an der Oberfläche abgeschieden. Das gereinigte Wasser kann dann in die Zisterne eingeleitet werden. Das Wasser aus der Zisterne sollte eine Versorgung möglichst vieler Bereiche anstreben. Die im Folgenden aufgeführten Bereiche können bestenfalls vollständig mit Wasser aus der Zisterne versorgt werden:
Auf dem Grundstück können zusätzlich Versickerungsflächen gestaltet werden, um das Wasser bei Überlauf der Zisterne auf diesen Flächen natürlich versickern zu lassen (Bild 5). Bild 5: Zisterne und Rigole (Bild: Cypra) 3.4 Biodiversität fördernAuf dem Betriebsgelände von Straßen- und Autobahnmeistereien gibt es zahlrieche Möglichkeiten, neben den großen versiegelten Flächen auch begrünte Ausgleichsflächen vorzuhalten und damit die Biodiversität zu fördern. Es ist möglich, die großen Hallendächer zu begrünen. Diese können entweder mit einer extensiven oder intensiven Dachbegrünung bestückt werden. Auch eine Fassadenbegrünung stellt hier eine Möglichkeit dar. Dabei sollte besonders auf die Schaffung wertvoller Verdunstungsflächen wertgelegt werden. Die Schaffung eines Solargründachs ist die Kombination eines Gründachs mit einer Photovoltaikanlage und stellt hier auch eine gute ökologisch wertvolle Möglichkeit zur Förderung der Biodiversität dar. Zusätzlich können auf dem Grundstück Grünflächen vorgehalten werden, die Biotope für heimische Flora und Fauna ermöglichen. Dabei sollte durch Vermeidung invasiver Pflanzenarten die heimische Flora geschützt werden. Das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern wie zum Beispiel Obstbäume und -sträucher stellt dabei eine gute Grundlage dar. Zusätzlich wird dadurch ein Lebensraum für Tiere wie Vögel, Reptilien und Insekten geschaffen. Es können Nistkästen und Bienenhotels oder ähnliche Nisthilfen für die heimischen Tierarten eingerichtet werden (Bild 6). 3.5 Soziale Faktoren und ProzesseBild 6: Insektenhotel und Streuobstwiesen (Bild: Cypra) Die sozialen Faktoren beinhalten Themen der Nutzerzufriedenheit, der Gestaltung der Innen- und Außenflächen sowie Barrierefreiheit für Menschen und bei den Meistereien auch im Hinblick auf die Fahrzeuge, der Mobilität und weitere Aspekte. Um die Nutzerbedürfnisse (Nutzerkommunikation und -interaktion, Gesundheitsangebote) in den Betrieb zu integrieren, können Nutzerbefragungen durchgeführt werden. Mit einem eingerichteten Beschwerdemanagement können zusätzlich Nutzeranliegen und Hinweise auf mögliche Optimierungspotenziale aufgenommen werden. Mit Hilfe dieser Instrumente kann der Betrieb nutzerfreundlicher werden und Mängel können schneller aufgearbeitet werden. Ein höheres Wohlbefinden führt zu einer gesteigerten Zufriedenheit mit den Räumlichkeiten und damit auch zur höheren Leistungsfähigkeit der Nutzenden. Zufriedene und gesunde Mitarbeiter sind produktiver und können sich mit ihrem Arbeitgeber besser identifizieren. Aufenthaltsbereiche im Innen- oder Außenbereich können ebenfalls zur Zufriedenheit beitragen. Dieser kann über Sitzgelegenheiten, eine Grillecke, Gemeinschaftsküchen oder andere Einrichtungen zur Nutzerinteraktion verfügen, so dass diese für Pausen oder Zusammenkünfte nach Dienstschluss genutzt werden können (Bild 7). Bild 7: Gemeinschaftsflächen im Außen- und Innenbereich (Bild: Cypra) Bei der Einrichtung der Arbeitsplätze sollte auf ergonomische Eigenschaften des Mobiliars wie z. B. höhenverstellbare Schreibtische etc. geachtet werden, um die Gesundheit der Bediensteten zu fördern. Dies ist sowohl bei den Arbeitsplätzen an den Werkbänken aber auch in den Büroräumen zu beachten. Des Weiteren können Gesundheitsangebote in Form von Kursen oder zur Verfügung gestellte Fitnessgeräte angeboten werden (Bild 8). Bild 8: Ergonomische Möbel und Gesundheitsangebote (Bild: Cypra) Bei Meistereien sollte nicht nur das Verwaltungsgebäude für die Mitarbeiter barrierefrei gestaltet sein, sondern auch die Wege für die Fahrzeuge. Rangierfahrten beziehungsweise notwendige Rückwärtsfahrten bei der Fahrzeugflotte sollten weitgehend vermieden werden. Dadurch kann die Arbeitssicherheit ebenfalls erhöht werden. Die Mobilität stellt ein weiteres wichtiges Kriterium dar. Durch die sich im Umbruch befindlichen Konzepte zur Mobilität (z. B. durch Elektromobilität, autonomes Fahren) und die Stärkung des gesundheitsfördernden Rad- und Fußverkehrs ergeben sich auch neue Möglichkeiten im Rahmen der Mobilität in Meistereien und den Nutzenden beziehungsweise Mitarbeitenden. Radverkehrsinfrastruktur, Leihsysteme, Infrastruktur für alternative Antriebstechnologien und Nutzungskomfort im Gebäude (z. B. Abstellanlagen mit Diebstahl- und Vandalismusschutz, Wetterschutz und Beleuchtung, Ladestationen) sowie Anbindung an ÖPNV stellen einige der Entscheidungsfaktoren dar. Neben der Umstellung der Mobilitätskonzepte für den Fuhrpark auf alternative Antriebssysteme stellen weitere Tätigkeiten einer Meisterei einen Schwerpunkt dar. So wurden beispielsweise in einer Meisterei Lastenräder zur Streckenkontrolle gerade bei Radwegen eingesetzt. Dadurch können eine Reduktion der Schadstoffbelastungen und weiterer negativer Auswirkungen, die insbesondere durch motorisierten Verkehr entstehen, erfolgen sowie die tatsächliche (Rad)Infrastruktur besser kontrolliert werden. 4 FazitEs zeigt sich, dass es bei Straßen- und Autobahnmeistereien als Teile des Gebäudesektors große Einsparpotenziale insbesondere im Hinblick auf Energie- und Wasserverbrauch gibt. Durch eine nachhaltige Planung und Umsetzung sowie nachhaltiger Betrieb einer Meisterei können in allen Bereichen Fehler vermieden werden, die zu besseren Abläufen und Einsparungen sowie Reduktion der Kosten führen. Mit Hilfe von Benchmarks ist man in der Lage, Ziele zu setzen und Vergleiche mit anderen Meistereien durchzuführen. Erkenntnisse aus Kontakten mit Meistereien haben gezeigt, dass bereits zahlreiche Konzepte, Maßnahmen und Ideen bestehen und diese auch umgesetzt werden. Diese Vorzeigeprojekte sind weiter anzuwenden und zu übertragen. Durch die Spezialfunktion deckt die Meisterei verschiedene Bereiche ab, die einerseits die Komplexität erhöhen, andererseits aber auch Potenziale birgt. Diese Spezialfunktion hat auch ihre Grenzen. So kann eine Straßenmeisterei nicht ohne Weiteres selbst erzeugten Strom einspeisen. Es ist wichtig, neben den drei Nachhaltigkeitsdimensionen auch die Querschnittsfunktionen wie z. B. Prozesse zu berücksichtigen. Gerade bei Meistereien gibt in diesem Bereich hohe Anforderungen und gute Optimierungsmöglichkeiten. Mit Nachhaltigkeitsbewertungen und -zertifizierungen können die bestehenden positiven Bemühungen aufgezeigt und erforderliche Maßnahmen identifiziert werden. Die SM Merzig wurde als erste Straßenmeisterei in Deutschland bereits mit dem Nachhaltigkeitszertifikat „Gebäude im Betrieb“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB e.V.) zertifiziert. Dadurch wurden aktuelle Gegebenheiten wie z. B. Verbräuche erfasst und Ziele zur Erreichung der Klimaneutralität formuliert. LiteraturverzeichnisBundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (2022): Klimaschutz in Zahlen: Aktuelle Emissionstrends und Klimaschutzmaßnahmen Deutschlands. Berlin, S. 39 DGNB – Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (2018): DGNB System. Kriterienkatalog Gebäude Neubau, www.dgnb.de , Online verfügbar unter: 07.01.2022 Die Bundesregierung (2021): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie: Weiterentwicklung 2021. Berlin, S. 17 Dr. Braune, A.; Dr. Lemaitre, C.; Geiselmann, D.; Kreißig, J.; Jansen, F.; von Gemmingen, U. (2020): Rahmenwerk: für klimaneutrale Gebäude und Standorte. Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V., Stuttgart, S. 8, 24-25 Dr. Braune, A.; Hagenlocher, L.; Dr.-Ing. Quante, K.; Ruiz Duran, C.; Schleife, M. (2022): Wegweiser klimapositiver Gebäudebestand. Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V., Stuttgart, S. 29 Hauff, V. (1987): Unsere gemeinsame Zukunft: der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Eggenkamp, Greven, S. 46 Lemaitre, C. (2022): Nachhaltig ist das neue Normal an der Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V., www.dgnb.de Reisbeck, T.; Schöne, L. B. (2017): Immobilien-Benchmarking: Ziele, Nutzen, Methoden und Praxis (3. Auflage), Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg, S. 30-34 Rösen, B. (2023): PhonSi – 100 Dächer, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) (noch nicht veröffentlicht) Scharp, M.; Galonska, J.; Knoll, M. (2002): Benchmarking für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft: Entwicklung einer Balanced Scorecard. Werkstattbericht / IZT, Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Nr. 53 IZT. Berlin, S. 11 Schmidt, A. (2023): Erarbeitung von Verbrauchsbenchmarks im Bereich von Straßen- und Autobahnmeistereien, Saarbrücken, S. 1, 11-12, 52-54, 79 Vereinte Nationen; UNRIC - Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen (Hg.): Ziele für nachhaltige Entwicklung. Online verfügbar unter https://unric.org/de/17ziele/, zuletzt geprüft am 4.11.2020. |