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1 Einleitung
Der Winterdienst steht heute im Spannungsfeld von Verkehrssicherheit/Kapazitätserhaltung, Kosteneffizienz und Umwelteinwirkungen. Er soll Glätte nicht nur schnell beseitigen sondern möglichst vermeiden. Er soll deshalb bereits vor dem Eintreten einer Glätte aktiv werden. Die entsprechenden Aktivitäten können nicht durch Kontrollfahrten erledigt werden, da aus einem fahrenden Fahrzeug nicht die Entwicklung der maßgebenden Parameter für eine Glätteentwicklung beobachtet werden können. Deshalb müssen die Winterdienstverantwortlichen die erforderlichen Daten über den Zeitpunkt der Entstehung und den weiteren Verlauf einer möglichen Glätte aus anderen Quellen erhalten.
Spezielle Straßenzustands- und Wetterinformationssysteme stehen heute für diese Angaben zur Verfügung. Sie stellen für einen situationsgerechten Winterdienst für eine hohe Verkehrssicherheit bei gleichzeitigem geringen Ressourcenverbrauch und geringer Umwelteinwirkung eine unverzichtbare Voraussetzung dar.
Die Verantwortlichen für den Winterdienst müssen anhand der Straßenzustands- und Wetterinformationssysteme in ihren Bereichen folgende Entscheidungen treffen können:
Ø Festlegung einer erforderlichen Personalbereitschaft insbesondere außerhalb der normalen Dienstzeit
Ø Festlegung eines Einsatzbeginns
Ø Festlegung der erforderlichen Streudichte
Die Festlegung der Personalbereitschaft erfolgt anhand längerfristiger Vorhersagen.
Einsatzbeginn und die erforderlichen Streudichten können nur auf genauen kurzfristigen Glättevorhersagen beruhen. Der Hauptgrund für die Kurzfristigkeit liegt in der kurzen Liegedauer der eingesetzten Tausalze. Diese Vorhersagen sollten für kleinräumige Gebiete vorliegen. Der Deutsche Wetterdienst liefert heute im Rahmen von SWIS mit seinen detaillierten Vorhersagen entsprechende Angaben, die alle drei Stunden aktualisiert werden. Eine weitere wichtige Informationsquelle für diese Entscheidungen stellen die Messergebnisse von Straßenwetterstationen dar, die glätterelevante Parameter an festen Standorten erfassen. Neben den Ist-Daten sind auch Vorhersagen für deren weiteren Verlauf von Bedeutung. Derartige Verlaufsvorhersagen für Standorte der Straßenwetterstationen liefert der Deutsche Wetterdienst bereits heute.
Die Qualität der Entscheidungen hängt von der Qualität der Vorhersagen ab. Die Daten von Straßenwetterstationen sind dabei eine wesentliche Quelle der Vorhersageberechnungen. Die Datenqualität müssen die Straßenbauverwaltungen meist selber gewährleisten. Zur Bewertung der Qualität von Straßenwetterstationen fanden in den letzten Jahren verschiedene Untersuchungen statt.
2 Aufbau von Straßenwetterstationen
Bei der Planung von Straßenwetterstationen sind zunächst die zu messenden Parameter festzulegen.
Wichtigster Parameter ist die Fahrbahnoberflächentemperatur. Erst ein Unterschreiten der 0°C-Grenze lässt eine Glätte jeglicher Art auf der Fahrbahnoberfläche entstehen.
Eine zweite Voraussetzung für die Entstehung von winterlicher Glätte ist das Auftreten einer Feuchte. Je nach Glätteart sind hier unterschiedliche Parameter erforderlich:
Ø Reifglätte
Bei Reifglätte ist die Einschätzung der Luftfeuchte von Bedeutung. Der sinnvollste Parameter ist dabei die Taupunkttemperatur. Erreicht die Taupunkttemperatur die Temperatur der über der Fahrbahn liegenden Luftschicht, ist eine Übersättigung der Luftmassen mit Wasser zu erwarten, das sich auf der Fahrbahnoberfläche niederschlagen kann. Bei Temperaturen unter 0°C kann dabei Reifglätte entstehen. Da die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchte eng mit der Taupunkttemperatur zusammenhängen, sind deren Angaben automatisch mit von Bedeutung.
Ø Eisglätte
Vorhandenes Wasser auf der Fahrbahnoberfläche trocknet nach einem Niederschlag mehr oder weniger schnell ab. Die Fahrbahnoberflächentemperatur kann während des Abtrocknungsprozesses die 0°C-Grenze unterschreiten. Damit kann das vorhandene Wasser gefrieren. Die Messung dieser Feuchte ist daher erforderlich. Sie kann in Form eines Fahrbahnzustandes mit verschiedenen Feuchte- und Nässestufen oder besser mit einer konkreten Wasserfilmdicke angeben werden.
Ø Glatteis und Schneeglätte
Beide Glättearten entstehen durch direkten Niederschlag in flüssiger oder fester Form auf die Fahrbahn. Für die Erkennung dieser Glättegefahr sind Niederschlagsmessungen erforderlich. Diese können in der Messung der Niederschlagsart (flüssiger oder fester Niederschlag) erfolgen. Ein Niederschlag mit Temperaturen unter 0°C kann auch bei Fahrbahnoberflächentemperaturen über 0°C schnell zu einer Glättebildung führen. Eine gewisse Einschätzung der Temperatur eines Niederschlags bietet daher die Lufttemperatur. Eine zusätzliche informative Angabe bietet die Niederschlagsintensität, die eine bessere Einschätzung des Umfangs dieser Glättearten zulässt. Bei Schneefall kann es an exponierten Stellen in Folge von Wind zu Schneeverwehungen kommen. An diesen Stellen sind Messungen der Windgeschwindigkeit und –richtung sinnvoll.
Bei allen Einschätzungen von möglichen Glättegefahren sollten auch bereits geleistete Winterdienstarbeiten einbezogen werden. Dabei geht es um die Frage, wie viel Salz von vorherigen Streueinsätzen noch vorhanden ist. Für die Einschätzung der Salzmenge sind die Gefriertemperatur einer vorhandenen Lösung oder eine Angabe der vorhandenen Salzmenge in g/m² hilfreich.
Sofern Glätte nicht vermieden werden konnte, sollte diese als möglicher Fahrbahnzustand auch angezeigt werden.
Straßenwetterstationen müssen die Daten an übergeordnete Verarbeitungs- und Anzeigesysteme weiterleiten. Anforderungen an eine einheitliche Übertragung geben die Technischen Lieferbedingungen an Streckenstationen (TLS) [BASt 2012] vor.
3 Qualitätsprüfungen bei Sensoren für Straßenwetterstationen
3.1 Allgemeines
Die richtige Einschätzung der genannten Parameter setzt eine entsprechende Messgenauigkeit vor-aus. Die Norm DIN EN 15518-3 [DIN 2011] gibt entsprechende Anforderungen gemäß des Standes der Technik wieder. Für die Überprüfung der Qualität sind entsprechende Verfahren entwickelt worden. Die Verfahren sind in den Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen (TLS) und in der CEN/TS 15518-4 [DIN 2013] beschrieben. Die nachfolgenden Ausführungen erläutern einen Teil der Verfahren und die erzielbaren Ergebnisse. Daraus ergeben sich Konsequenzen auf die Nutzung der Sensoren für die einzelnen genannten Parameter. Die Ergebnisse beruhen auf verschiedenen Untersuchungen mit Sensoren u. a. auf dem Testfeld der BASt an der BAB A4 für Straßenwetterstationen sowie Versuchen mit Sensoren im BASt-Labor.
Auf dem Testfeld der BASt standen 2012/2013 verschiedene Sensoren zu Beurteilungszwecken zur Verfügung. Schwerpunkt war die Beurteilung von berührungslos arbeitenden Sensoren für die Parameter „Fahrbahnoberflächentemperatur“ und „Fahrbahnzustand“. Diese Art von Sensoren ist neu auf dem Markt. Vor diesem Test lagen nur wenige Erfahrungen zu diesen Sensoren vor. Weiterhin wurden Sensoren für Niederschlag, Lufttemperatur und die relative Luftfeuchte getestet.
Alle Sensoren waren an Masten am Fahrbahnrand montiert (Bild 1). Die Sensoren für die Parameter der Fahrbahnoberfläche sollten auf die Mitte des rechten Fahrstreifens ausgerichtet sein. Je ein Sensor konnte auf eine kleine verschiebbare Fläche außerhalb der Fahrbahn ausgerichtet sein (Bild 1 rechts).
Bild 1: BASt-Testfeld für Umfelddaten an der A4 (Pfeile weisen auf die Messflächen der berührungslos arbeitenden Sensoren)
3.2 Fahrbahnoberflächentemperatur
Sensoren für die Fahrbahnoberflächentemperatur werden in zwei Bauarten unterschieden. Zu einem gibt es die Kontaktsensoren, die zusammen mit anderen Sensoren in sogenannten Bodensonden eingebaut sind. Die zweite angebotene Bauart sind Infrarotthermometer, die berührungslos vom Rand oder von Brücken die Fahrbahnoberflächentemperatur messen können.
Nach der DIN EN 15518-3 sollen die Sensoren für die Fahrbahnoberflächentemperatur eine Genauigkeit von +/-0,2°C erfüllen. Gemäß der CEN/TS 15518-4 erfolgt diese Prüfung für in die Fahrbahn einzubauende Sensoren in einem Flüssigkeitsbad. Die Sensoren in den Bodensonden erfüllen diese Anforderung bei dieser Prüfungsmethode ohne Probleme. Aktuelle Überprüfungen von in der Fahrbahn eingebauten Sonden liegen derzeit nicht vor. Da der Aufbau der heutigen Sonden im Vergleich zu Bauarten bei einem Vergleichstest Anfang der 1990iger Jahre ähnlich eingeschätzt wird, ist mit ähnlichen Differenzen zwischen den heutigen Bauarten zu rechnen. Damals sind Differenzen von ca. einem Kelvin aufgetreten. Als Ursache für die Differenzen wird das unterschiedliche Verhalten der Sondenmaterialien gegenüber den auf sie wirkenden Wärmeströmen gesehen. Diese Differenzen können je nach Verlauf der Temperaturen zur Fahrbahnoberfläche bis 2 Stunden Zeitdifferenz bis zum Erreichen eines Gefrierpunktes bedeuten (Bild 2).
Bild 2: Verlauf der Fahrbahnoberflächentemperatur von 4 verschiedenen Sensoren unter gleichen Bedingungen [Badelt, 1996]
Die wahre Temperatur ist unbekannt. Erfolgreiche Versuche, eine genaue Kontrolle der Fahrbahnoberflächentemperatur nach dem Einbau im Bereich der genannten Genauigkeit zu erreichen, sind bislang nicht bekannt [Badelt, etc. 2006].
Die auf dem Testfeld A4 installierten Infrarotthermometer zeigten im Vergleich untereinander teils ähnliche Temperaturen an. Allerdings traten gerade nachts, also in Zeiten in den keine großen Verkehrseinwirkungen auftreten können, oft größere Differenzen auf. Bild 3 zeigt die Verläufe der Fahrbahnoberflächentemperatur innerhalb einer Woche an. Die Differenzen erreichen in diesem Beispiel Werte bis fünf Kelvin. Als Ursache wird der Einfluss von Reflexionen der Himmelsstrahlung bei geringer oder fehlender Bewölkung an der Fahrbahnoberfläche gesehen, die von den Sensoren scheinbar unterschiedlich aufgenommen werden.
Bild 3: Verlauf der Fahrbahnoberflächentemperatur auf dem BASt-Testfeld A4 in Woche 11/2013
Zum Nachweis des Einflusses der Himmelstrahlung diente ein spezieller Versuch. Dabei kam als Referenzmessung ebenfalls ein Infrarotthermometer zum Einsatz, das eine sehr kurze Zeit bis zum Erreichen eines stabilen Messwertes benötigt. Die Messungen fanden unter Einbeziehung einer Holzbox statt. Die Holzbox besitzt eine Bohrung, durch die das Objektiv des Infrarotthermometers auf die Fahrbahnoberfläche gerichtet werden kann (Bild 4). Bei dieser Messung werden die Einflüsse der Himmelsstrahlung ausgeschlossen. Der Versuch auf der Straße fand gegen 12 Uhr mittags auf dem Testfeld im Bereich der Sensormesspunkte statt. Dabei war fast wolkenloser Himmel vorhanden. Beschattungen infolge von Bewölkung trat nicht auf. Die Messungen mit und ohne Box innerhalb von ca. einer halben Minute an einem Punkt wiesen jeweils eine Differenz von ca. zwei Kelvin auf. Im Vergleich zu den festinstallierten Sensoren stimmte ein Sensortyp mehr mit den Messwerten mit der Holzbox und ein Sensortyp mehr mit den Messwerten ohne Holzbox überein. Der Versuch zeigt den Einfluss der Strahlung auf die Messung. Eine Aussage welcher Messwert richtig ist, lässt sich durch den einmaligen Versuch nicht tätigen. Hier müssen weitere Versuche folgen.
Bild 4: Messung der Fahrbahnoberflächentemperatur mit Hilfe einer Holzbox
Eine Kontrolle von Sensoren für die Fahrbahnoberflächentemperatur kann auch gemäß TLS mit einem auf die Fahrbahnoberfläche aufgesetzten Kontaktthermometer erfolgen. Allerdings führt die Anwendung zu fehlerhaften Ergebnissen, wenn größere Wärmeströme zur Fahrbahnoberfläche vorliegen. Deshalb sollten diese Messungen nur bei langanhaltender Bewölkung, ohne Windeinfluss und bei trockener Fahrbahnoberfläche durchgeführt werden. Unter diesen Bedingungen lassen sich Strahlungseinflüsse, Wärmeaustausch aus Luftbewegungen oder Verdunstungskälte vermeiden, die zu einer Messwertverfälschung führen können. Für die Bewertung der genannten größeren Differenzen bei den berührungslos arbeitenden Sensoren ist dieses Messverfahren nicht geeignet. Es lässt sich nur die richtige Kalibrierung von installierten Sensoren unter den beschriebenen Bedingungen kontrollieren.
3.3 Fahrbahnzustand und Wasserfilmdicke
Die DIN EN 15518-3 gibt für Fahrbahnzustand fünf anzugebene Qualitätsstufen vor. Es sind die Stufen „trocken“, „feucht“, „nass“, „fließendes Wasser“ und „glatt“. Der Übergang von „trocken“ zu „feucht“ soll bei einer Wasserfilmdicke von 0,01 mm erfolgen. Für den Grenzwert zwischen „feucht“ zu „nass“ gibt es die Vorgabe von 0,2 mm. Der Übergang von „nass“ zu „fließendes Wasser“ ist bei 2 mm Wasserfilmdicke definiert. Dieser Wert spielt für den Winterdienst keine Rolle, da bei derart hohen Wasserfilmen kein Salz auf Fahrbahn verbleibt. Die Sensoren müssen „glatt“ anzeigen, wenn Eis auf der Fahrbahn bzw. Sondenoberfläche vorhanden ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob nur eine geringe Eismenge innerhalb einer vorhandenen Lösung oder eine reine Eisschicht vorhanden ist.
Die Stufung der Fahrbahnzustandsangaben hängt überwiegend von der Messung der vorhandenen Wasserfilmdicke ab. Die DIN EN 15518-3 fordert bei der Wasserfilmdickenmessung eine Genauigkeit von +/-30%. Allerdings liegt der geforderte Messbereich für die Wasserfilmdicke zwischen 0,2 und 3 mm. Eine Wasserfilmdicke von 0,2 mm bedeutet bei den meisten Fahrbahnabschnitten, dass Wasser von der Fahrbahn abfließt und damit ein Winterdienst kaum sinnvoll ist. Deshalb bringt die Messung der Wasserfilmdicke mit diesen Anforderungen kaum einen Nutzen für die Winterdienststeuerung. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Norm haben die beteiligten Hersteller diese Anforderungen als Stand der Technik gesehen. Diese galt insbesondere für Messungen mit eingebauten Sonden.
Sonden mit Sensoren für den Fahrbahnzustand bzw. Wasserfilmdicke können durch definiertes Aufsprühen von Wasser mit einem maschinengeführten Sprühventil getestet werden (Bild 5). Anhand einer Platte mit definierten Abmessungen als Referenzfläche, die innerhalb des Sprühbereichs liegt, lässt sich die aufgesprühte Wasserfilmdicke sehr genau bestimmen. Die Platte wird vor und nach dem Aufsprühen gewogen (Bild 6). Aus der Differenz der Wägung und der definierten Plattengröße lässt sich die aufgetragene Wasserfilmdicke berechnen.
Bild 5 und 6: Sprühvorrichtung im Labor (links) und Referenzfläche (rechts)
Heutige Sensoren in Bodensonden können geringere Wasserfilmdicken messen. Der Übergang von „trocken“ zu „feucht“ wird von eingebauten Sensoren problemlos erkannt. Schwierigkeiten treten im Labor auf, wenn eine Bodensonde wieder abgetrocknet werden soll. Wahrscheinlich verhindern subjektiv nicht mehr wahrnehmbare Salzreste bei höherer Luftfeuchte eine vollständige Abtrocknung. Die Sensoren reagieren darauf sehr empfindlich. Hier muss anhand einer Taupunkttemperatur- und Niederschlagsbetrachtung entschieden werden, ob eine kritische Feuchte auf dem Sensor bzw. im umliegenden Fahrbahnbereich vorhanden sein kann.
Laborprüfungen von Bodensonden zeigen allerdings häufig, dass eine höhere Wasserfilmdicke nur richtig angegeben werden kann, wenn eine absolut gleichmäßige Verteilung auf der Sonde gegeben ist. Dies wird in der Regel nur mit wasserentspannenden Mitteln und bei horizontaler Lage des Sensors erreicht. Das sind Bedingungen, die in der Praxis nicht gegeben sind. Ist dies nicht der Fall sind die Sondenoberflächen unterschiedlich bedeckt. Da die eigentlichen Sensoren im Vergleich zur Sonde sehr klein sind, entstehen bereits bei Laborversuchen ohne spezielle Maßnahmen teilweise unterschiedliche Ergebnisse. Bei Vergleichstests von verschiedenen Sensoren zeigen sich unter gleichen Praxisbedingungen immer wieder größere Differenzen [Rascher/Grošanic, 2014].
Neu werden berührungslos arbeitende Sensoren für den Fahrbahnzustand angeboten. Sie bieten den Vorteil, dass sie den tatsächlichen Zustand der Fahrbahnoberfläche messen und nicht den Zustand auf einer speziellen Sondenfläche. Ihre Messflächen sind deutlich größer im Vergleich zu den Sensoren in Sonden.
Erste Vergleichsmessungen von berührungslos arbeitenden Sensoren für den Fahrbahnzustand fanden auf dem BASt-Testfeld A4 statt. Dabei sollten sie den Fahrbahnzustand gemäß der DIN EN 15518-3 anzeigen. Die Tests weisen deutliche Unterschiede unter gleichen Bedingungen auf. Die prozentualen Anteile der Fahrbahnzustandsangaben für jeweils eine Woche sind in den Bildern 7-9 aufgezeichnet. Da die Datenaufzeichnungen jede Minute erfolgten, stehen die Prozentangaben für ca. 10.000 Einzelwerte je Anlage. Jeweils ein Sensor war nicht auf die Fahrbahn ausgerichtet. Dessen Werte können nicht in den direkten Vergleich einbezogen werden.
Nach jeweils einer Kalibrierung aller Sensoren entstanden für die Qualitätsstufen des Fahrbahnzustandes verschiedene prozentuale Anteile zwischen den Sensorenangaben. In den ersten beiden ausgewerteten Wochen (Bilder 7 und 8) lagen besonders hohe Abweichungen zwischen den Anlagen vor. Erst nach einer dritten Kalibrierung (Bild 9) lagen einigermaßen gleiche Anteile für die verschiedenen Qualitätsstufen vor. Die dort dargestellten Differenzen bedeuten aber immer noch mehrere Stunden unterschiedliche Anzeigen in dieser Woche. Über eine stabile einheitliche Anzeige liegen derzeit noch keine Erkenntnisse vor.
Bild 7: Vergleich der Fahrbahnzustandsangaben von 4 Sensoren auf dem BASt-Testfeld A4 in der Woche 49/2012
Bild 8: Vergleich der Fahrbahnzustandsangaben von 4 Sensoren auf dem BASt-Testfeld A4 in der Woche 11/2013 nach Neukalibrierungen
Bild 9: Vergleich der Fahrbahnzustandsangaben von 4 Sensoren auf dem BASt-Testfeld A4 in der Woche 38/2013 nach Neukalibrierungen
Zusammengefasst kann nach den vorliegenden Ergebnissen ausgesagt werden, dass die Bodensonden eine geringe Feuchte sicher anzeigen können. Für differenzierte Anzeigen der Wasserfilmdicke sind die Bodensonden bauartbedingt wenig geeignet. Bei den berührungslos arbeitenden Sensoren scheinen die Hersteller noch Probleme bei der richtigen Kalibrierung zu haben. Bei deren Nutzung ist derzeit eine besondere Kontrolle notwendig, die im alltäglichen Betrieb oft nicht geleistet werden kann. Die Hersteller sollten hier zunächst bei Tests die zuverlässige Arbeitsweise nachweisen.
Zur Kontrolle für installierte Sensoren reicht für die Aussagen „trocken“ oder „nicht trocken“ die einfache Beobachtung vor Ort. Für quantitative Beurteilungen ist der sogenannte Tuchtest im Bereich des Sensormessfeldes möglich. Innerhalb eines auf der Fahrbahn aufgesetzten Rahmens mit genau 0,1 m² begrenzter Fläche werden mit einem oder mehreren gut saugfähigen Tüchern vorhandenes Wasser oder Lösungen aufgenommen (Bild 10). Die Tücher werden vor und nach der Wasseraufnahme gewogen. Aus der Differenz wird die Wassermenge ermittelt, aus der zusammen mit der Fläche eine vorhandene Wasserfilmdicke berechnet werden kann.
Bild 10: Durchführung eines Tuchtests
3.4 Gefriertemperatur
Die DIN EN 15518-3 unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Sensorbauarten für die Gefriertemperatur – messende und berechnende Sensoren. Bei beiden Bauarten sind die Sensoren in einzubauenden Bodensonden integriert. Erstere stellen die Gefriertemperatur durch ständige künstliche Abkühlung und Erwärmung der Sondenoberflächen fest. Der Übergang von „flüssig“ zu „fest“ einer vorhandenen Lösung oder umgekehrt wird aus dem Verlauf der dabei gemessenen Temperatur erkannt. Die berechnenden Sensoren bestimmen die Leitfähigkeit der auf der Sonde vorhandenen Salzlösung. Zusammen mit der Lösungsdicke auf dem Sensor kann die Gefriertemperatur berechnet werden. Für beide Bauarten gibt es unterschiedliche Anforderungen. Die höheren Anforderungen gelten für die messenden Sensoren.
Beide Sensorbauarten arbeiten nur bei einer vorhandenen Lösung und erst ab einer Lösungsdicke von 0,05 mm auf der Sonde. Trockenes Salz können beide Bauarten nicht erkennen.
Tests der Bodensonden mit Gefriertemperaturmessungen sind analog den Tests mit der Sprühvorrichtung für die Wasserfilmdicke möglich. Statt Wasser werden Lösungen mit definierten Salzkonzentrationen aufgetragen. Die berechnenden Sensoren haben bereits im Labor Schwierigkeiten immer einen richtigen Wert anzuzeigen. Die Ursachen liegen auch hier wieder an der ungleichmäßigen Verteilung der aufgetragenen Lösung auf der Sonde. Die Messpunkte für die Leitfähigkeits- und Lösungsdickenmessung sind nicht an der gleichen Stelle auf der Sonde und führen daher nicht immer zu zusammenpassenden Messdaten.
Die messenden Sensoren erreichen dagegen bei Laborprüfungen eine sehr hohe Genauigkeit. Bei Vergleichsmessungen unter gleichen Bedingungen treten allerdings immer wieder hohe Differenzen auf. Die Ursache wird im langen Messzyklus über mehrere Minuten gesehen. Bei Überfahrten wird der Messzyklus gestört und es können dann andere Messwerte entstehen. Eine weitere Ursache, die für diese Bauart aber auch für berechnende Sensoren möglich ist, ist die mögliche ungleiche Verteilung der Salze auf der Fahrbahn selber. Hier entsteht die Frage, ob die Sonden einen repräsentativen Messwert für einen größeren Fahrbahnabschnitt überhaupt angegeben können.
Eine Kontrolle von eingebauten Sensoren ist nur mit dem beschriebenen Verfahren möglich. Die Anwendung des Verfahrens erweist sich in der Praxis als sehr schwierig. Aus diesen Erfahrungen heraus wird die Messung der Gefriertemperatur mit den derzeitigen Sensoren als wenig hilfreich für die Winterdienststeuerung gesehen. Es sollte daher auf diese Sensoren bis zum Nachweis einer plausiblen Messung der Gefriertemperatur verzichtet werden.
3.5 Niederschlag
Gemäß der DIN EN 15518-3 sollen die Sensoren für die Niederschlagsart zwischen keinem, flüssigem und festem Niederschlag unterscheiden. Die Norm gibt auch Schwellwerte der Intensität für die erste Erkennung von Niederschlag vor. Ebenso sind in der Norm Anforderungen für die Messung der Niederschlagsintensität genannt, die je nach Messbereich zwischen +/- 20 % und +/-40% liegen.
Heutige Sensoren besitzen sehr unterschiedliche Messverfahren. Die Beurteilung der Angaben zur Niederschlagsart kann durch Beobachtung erfolgen. Bei dem Vergleichstest auf dem Testfeld A4 der BASt unter zunächst als gleich anzusehenden Bedingungen sind sehr unterschiedliche Beurteilungen der eingesetzten Sensoren entstanden (siehe Bild 11). Bei den Beobachtungen war zu einigen Zeitpunkten auffällig, dass sie bei Situationen mit Schneeregen keinen Messwert angaben. Hier können für den Winterdienstverantwortlichen wichtige Informationen fehlen.
Bild 11: Vergleich von Sensorangaben und Beobachtungen für die Niederschlagsart (kein Niederschlag, flüssiger oder fester Niederschlag, 74 Beobachtungen)
Auch bei dem Vergleich der Niederschlagsintensität lassen sich Unterschiede erkennen. Ein Extrembeispiel zeigt das Bild 12. In einer Nacht reicht die Spanne der Angaben zur Niederschlagsintensität von 0 bis 22 mm/h. Auch bei anderen Vergleichstests treten immer wieder größere Unterschiede zwischen verschiedenen Sensoren unter gleichen Bedingungen auf [Rascher, Grošanic, 2014]. Eine genauere Beurteilung von Sensoren für die Niederschlagsintensität ist für kurze Zeiträume mit Hilfe von Referenzmessverfahren möglich [Badelt etc. 2006]. Umfangreiche Tests dieser Art fanden aber mit aktuellen Sensoren bislang nicht statt.
Bild 12: Verlauf der Niederschlagsintensitätsangaben von drei Sensoren auf dem BASt-Testfeld A4
Die Hersteller der Sensoren verweisen in ihren Vorgaben zur Installation der Niederschlagssensoren häufig darauf hin, dass ihr weiteres Umfeld frei von Bauwerken oder Vegetation sein soll. Dieses Umfeld ist an der Fahrbahn in der Praxis meist nicht gegeben und war auch auf dem Testfeld der BASt so nicht vorhanden. Hier ist vor weiteren Anwendungen der Sensoren für die Niederschlagsintensität zu klären, unter welchen Praxisbedingungen die Sensoren für zuverlässige Angaben nutzbar sind. Dies gilt auch für eine Reihe von Sensoren für die Niederschlagsart. Für zuverlässige Niederschlagsangaben sollten die Messbedingungen an den vorgesehenen Messorten den möglichen Lieferanten bereits im Vorfeld genannt werden. Nach der Installation sind sie durch Beobachtungen genau zu kontrollieren.
3.6 Lufttemperatur und Luftfeuchte
Für die Angabe der Luftfeuchte wird gemäß Abschnitt 2 die Taupunkttemperatur empfohlen. Sie wird bei den bekannten Straßenwetterstationen meist innerhalb einer Baugruppe zusammen mit der Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchte gemessen. Die eigentlichen Sensoren müssen für die richtige Messung strahlengeschützt und ausreichend belüftet sein. Für alle drei genannten Größen erfüllen bekannte Sensoren die Anforderungen der DIN EN 15518-3 ohne Probleme.
Fehlerhafte Werte können im Betrieb z.B. durch Feuchteeinwirkungen oder Verschmutzung auftreten. Daher sind die Sensoren im Betrieb regelmäßig zu kontrollieren. Dies kann durch eine Referenzmessung neben den Sensoren erfolgen. Dafür ist z.B. ein Aspirationspsychrometer nach Assmann geeignet.
4 Zusammenfassung
Die zielgerichtete Winterdienststeuerung setzt genaue Vorhersagen für Parameter der Fahrbahn und des Wetters an der Fahrbahn voraus. Wetterdienste können diese Vorhersagen zur Verfügung stellen, benötigen dafür aber genaue Eingangsdaten von den Straßen selber. Dazu ist ein möglichst dichtes Netz von Straßenwetterstationen erforderlich, die die notwendigen Ist-Daten der Parameter messen.
Heutige Straßenwetterstationen können die wichtigsten Parameter (Fahrbahnoberflächentemperatur, Taupunkttemperatur, Feuchte auf der Fahrbahn, Niederschlag) mit einer hinreichenden Genauigkeit technisch messen. Bei den Entscheidungen sind auftretende Toleranzen bei der Messgenauigkeit für die einzelnen Parameter zu berücksichtigen.
Quantitative Angaben von Sensoren insbesondere zur Wasserfilmdicke, Gefriertemperatur oder zur Niederschlagsintensität weisen bei Vergleichstests unter gleichen Bedingungen immer wieder hohe Differenzen auf. Das gilt auch für berührungslos messende Sensoren für die Fahrbahnoberflächentemperatur und den Fahrbahnzustand. Unter Praxisbedingungen und teilweise selbst unter Laborbedingungen ist es derzeit schwierig die Genauigkeit der Sensoren ausreichend zu beurteilen. Hier sind in Zukunft noch entsprechende Entwicklungen sowohl für die Sensoren als auch für deren Prüfung unter Praxisbedingungen dringend erforderlich, da die Nutzung dieser Sensoren weitere Vorteile bei Winterdienstentscheidungen bringen können. Diese Sensoren sollten allerdings bis zum Nachweis einer zuverlässigen Arbeitsweise nicht zum Einsatz kommen.
Für eine Gewährleistung der gewünschten Genauigkeit ist zunächst eine genaue Kontrolle aller Sensoren nach einer Neuinstallation nötig. Auch im laufenden Betrieb ist eine ständige Kontrolle notwendig. Unterstützung können hier automatische Plausibilitätsprüfungen leisten, die auf mögliche Messfehler hinweisen können [FGSV 2010]. Bei erkannten Unplausibilitäten aber auch zur Vorbeugung gegen hohe Messtoleranzen sind die Straßenwetterstationen durch Reinigung, Wechsel von Verschleißteilen (optische Linsen), Kontrolle der Dichtigkeit vor Feuchte an den Sensoren, Daten- oder Spannungsleitungen und sonstigen Anlagen regelmäßig zu warten. Die Wartung sollte möglichst vor Beginn einer Wintersaison erfolgen.
Mit einem entsprechenden Kontroll- und Wartungsmanangement kann eine hohe Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Straßenwetterstationen erreicht werden. Dafür sollte ausreichend Personal zur Verfügung stehen. Nur so ist eine hohe Qualität der darauf aufbauenden Glättevorhersagen für einen zielgerichteten Winterdienst für eine hohe Verkehrssicherheit und –kapazität bei möglichst geringen Kosten gewährleistet.
Literaturverzeichnis
Badelt: Praxisgerechte Anforderungen an Glättemeldeanlagen (GMA), Bundesanstalt für Straßenwesen, unveröffentlicht (1996)
Badelt, etc.: Prüfung von Sensoren für Glättemeldeanlagen, Schriftreihen „Straßenverkehrstechnik“ der Bundesanstalt für Straßenwesen, Band 146, 2006
BASt: Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen (TLS), 2012 Download unter: http://www.bast.de/DE/Verkehrstechnik/Publikationen/Regelwerke/Unterseiten/V5-tls-2012.pdf?__blob=publicationFile&v=1
DIN: DIN EN 15518-3 „Winterdienstausrüstung – Straßenzustands- und Wetterinformationssysteme – Teil 3: Anforderungen an gemessene Werte der stationären Anlagen (2011)
DIN: DIN CEN/TS 15518-4 „Winterdienstausrüstung – Straßenzustands- und Wetterinformationssysteme – Teil 4: Prüfverfahren bei stationären Einrichtungen (2013)
FGSV: Hinweise zur Erfassung und Nutzung von Umfelddaten in Streckenbeeinflussungsanlagen, FGSV 306, FGSV-Verlag (2010)
Rascher, Grošanic: Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen, Testfeld „Eching Ost“ des Bundes, Download unter: http://www.vt.bgu.tum.de/abschlussbericht/ |