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1 Einleitung
Mit dem Qualitätssicherungssystem QuaSt sollen in Zukunft Bewertungen auf Basis statistisch abgesicherter Stichproben in vielerlei Hinsicht genutzt werden. Mögliche Einsatzfelder neben der Messung von Qualitätszuständen könnten unter anderem sein:
- Kontrolle von Subunternehmern,
- Vergleich mit Betreibermodellen,
- Grundlage für Anreizsysteme,
- Grundlage für Service-Level-Agreements,
- Benchmarking zwischen Meistereien.
Die Bewertungen sollen (meistereiunabhängig) objektiviert vorgenommen werden, repräsentativ und eindeutig sein.
QuaSt soll Ausreißer bei der Leistung identifizieren und durch Verknüpfung mit Rahmendaten helfen, langfristig den angemessenen Umfang an Ressourcen je Organisationseinheit zu ermitteln.
2 Chancen und Risiken
Um den Erfolg einer Praxisumsetzung der Forschungsergebnisse zu gewährleisten, müssen die nachfolgend aufgeführten Festlegungen seitens des Bundes geschaffen werden:
- Auswahl einer von zwei Varianten zur Stichprobengenerierung,
- Festlegung von Grenzwerten und Toleranzen für einzelne Messwerte,
- Festlegung von Gewichtungsfaktoren zur Berechnung von Qualitätskennzahlen(Indizes) auf unterschiedlichen Ebenen.
Hierzu sind im Rahmen des Forschungsprojektes bislang Annahmen in der QuaSt-Datenbank getroffen worden, die sukzessive durch Vorgaben des Bundes ersetzt werden müssen.
Bis zur Umsetzung der entwickelten Methodik in den Echtbetrieb sind noch folgende Aufgaben zu leisten, um das QuaSt-System EDV-unterstützt bundesweit an Bundesautobahnen einsetzen zu können:
- Entwicklung einer Software zur Bewertung vor Ort mittels robuster (spritzwasser- und stoßgeschützter) Erfassungsgeräte,
- Programmierung einer Software zur Auswertung der Stichprobenbewertungen,
- Vervollständigung der Foto-Dokumentation zur visuellen Abschätzung von Zuständen (z. B. fünf Vergleichsfotos in unterschiedlichen Qualitätsabstufungen pro Indikator; hierbei Berücksichtigung der Jahreszeiten),
- Ermittlung der indikatorspezifischen Streuung der Messwerte durch weitere Feldversuche (über alle Jahreszeiten) zur Berechnung der statistisch erforderlichen Stichprobenumfänge für Stichproben auf unterschiedlichen Ebenen,
- gegebenenfalls Programmierung von 14 weiteren „Landesübersetzern“ zwischen den Landesbestandsdatenbanken und der QuaSt-Datenbank.
3 Untersuchungsmethode
Bevor das QuaSt-Modell entwickelt werden konnte, wurden einige Grundlagen erarbeitet. Zum einen wurden die Ergebnisse eines Vorprojektes hinsichtlich der Verwertbarkeit in QuaSt überprüft, zum anderen wurden Bestandsdatenbanken (BDB) in zwei Bundesländern hinsichtlich ihrer Kompatibilität mit QuaSt analysiert. Des Weiteren wurden die Inhalte aus RiAnBu (BMVBS 2011) und Leistungsheft (BMVBS 2001 und 2004) in einer Matrix mit Indikatoren verknüpft.
3.1 Begriffsbestimmung QuaSt
3.1.1 Was ist QuaSt?
QuaSt ist ein Qualitätssicherungssystem für die Leistungen des Straßenbetriebsdienstes (SBD). Ziel ist die meistereiunabhängige Kontrolle des anforderungsgerechten Zustandes der betreuten Objekte. Dieser ist ganzjährig zu gewährleisten und muss daher zu jedem Zeitpunkt erreicht werden.
Durch QuaSt werden Zustände (und damit indirekt die Leistungen des SBD) einschließlich der Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erfasst.
QuaSt ist kein Instrument zur spezifischen Leistungskontrolle (Messung vor und nach einer Leistungserbringung) und ersetzt keine erforderlichen Kontrollen (vgl. Bild 1).
3.1.2 Wie bewertet QuaSt?
QuaSt bewertet grundsätzlich immer, ob ein Zustand anforderungsgerecht ist oder nicht. Wenn möglich, werden bei den Indikatoren auch Zwischenstufen bewertet (das heißt Anforderung erfüllt, aber Leistungsdurchführung augenscheinlich qualitativ verbesserungswürdig).
Bild 1: Abgrenzung von QuaSt
Systemgrenzen:
- Die eingehende Kontrolle von Bauwerken (Substanz), des Straßenzustandes (durch ZEB) und von Bäumen erfolgt außerhalb von QuaSt durch entsprechend qualifizierte Spezialisten (vgl. Bild 1). QuaSt dokumentiert nur visuell erkennbare Abweichungen vom anforderungsgerechten Zustand (und damit auch keine Prognosen): z. B. abgeplatzter Beton anBrücken, verkehrsgefährdende Schlaglöcher oder Totholz in Baumkronen.
- Der Winterdienst soll grundsätzlich erst einmal bei der Entwicklung des QuaSt-Modells mit betrachtet werden, auch wenn die zeitnahe Organisation der Kontrollen schwierig ist.
- QuaSt hat in erster Linie die Bundesautobahnen im Fokus. Hinsichtlich des Objektkataloges ist die RiAnBu die maßgebliche Richtschnur. Damit werden Platzhalter für Objekte der untergeordneten Netze angelegt, ohne im ersten Schritt hier spezifische Indikatoren zu entwickeln.
- Die Bewertung der Verkehrssicherheit sollte nicht an Zuständigkeiten festgemacht werden.
- Mögliche hierarchische Anwendungen von QuaSt wird man erst zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren. Grundsätzlich sollen aber erst einmal alle Optionen offengehalten werden (z. B. Bund/Land/BAB/AM).
- Wenn kein anforderungsgerechter Zustand definiert werden kann, wird ein eventueller Mangel nicht in QuaSt dokumentiert (z. B. Graffiti ohne anstößige Inhalte).
Meistereiunabhängig bedeutet, dass QuaSt autark arbeitet und keine Informationen zu Objekten außerhalb der Bestandsdatenbank (z. B. mobile Amphibienschutzwände), zum Leistungszeitpunkt sowie zu Daten aus meistereispezifischer Haltung (z. B. Winterdienstberichte) nutzt.
Damit sind technische Anlagen in verschlossenen Bereichen (z. B. Pumpwerke in Gebäuden) von einer Kontrolle im Rahmen von QuaSt ausgeschlossen.
In erster Linie soll bewertet werden, ob der „durch die Leistung des Straßenbetriebsdienstes aufrecht erhaltene Zustand der Straßen“ verkehrssicher ist oder nicht. Eine abgestufte Bewertung mit Hilfe einer Bewertungsskala (z. B. Notengebung) ist jedoch erwünscht, um differenzierte Vergleiche herstellen zu können.
3.1.3 Struktur von QuaSt
Im Mittelpunkt von QuaSt stehen Indikatoren. Ein Indikator wird als eine empirisch direkt ermittelbare Größe angesehen, die eine Aussage über etwas ermöglicht, das selbst nicht direkt ermittelbar ist (Hartmann 2002).
In der Praxis werden unter Umständen mehrere Indikatoren zur Erfassung des Erfüllungsgrades einer Anforderung verwendet(s. Tabelle 1). Dies ist dann notwendig, wenn ein Indikator allein keine hinreichende Aussage hierzu ermöglicht (Schulteetal. 2011).
Tabelle 1: Beispiel zu Indikatoren (hier: Tätigkeit „Bäume pflegen“ des Leistungshefts)
Messwerte werden durch Beobachten, Zählen, oder das Ablesen von Messinstrumenten der jeweiligen Indikatoren gewonnen. In QuaSt werden für viele Indikatoren mehrere unterschiedliche Messansätze angeboten.
Beispiel: Ausrichtung von Verkehrszeichen (VKZ) in Fahrtrichtung
- Von 250 VKZ stehen 2 schief (x Prozent).
- Die Winkel zur Lotrechten von drei VKZ liegen bei 2°, 5° und 10°.
- Von 10 VKZ stehen nicht alle lotrecht.
Definierte Anforderungen an die einzelnen Indikatoren führen zur Skalierung der Messwerte (z. B. Notenskala oder ja/nein). Der Messwert in Bezug auf die jeweilige Anforderung ergibt die Bewertung (z. B. Note 2).
Die Indikatoren sind das Bindeglied zwischen der Messung vor Ort und der nachgelagerten Auswertung (vgl. Bild 2).
Unter einer Messung wird die Aufnahme eines Messwertes bezeichnet, unabhängig vom Messansatz, also ob dies z. B. durch Beobachtung, Zählung oder Ablesen eines Messinstrumentes erfolgt.
Die Messwerte werden bewertet, gewichtet, aggregiert und führen zu einer Qualitätsaussage. Zum Messort führen die Bewertungsobjekte, die aus einer Stichprobenauswahl aus den Bestandsdatenbanken der Länder (BDB) generiert werden.
Bild 2: Grundstruktur von QuaSt
3.2 Statistisch-mathematische Grundsätze von QuaSt
Für die Auswertung der Qualitätsbewertungen müssen die erhobenen Daten nach unterschiedlichen Kriterien gefiltert und mit Gewichtungsfaktoren im Hintergrund zu funktionsbezogenen Qualitätskennzahlen (ähnlich der ZEB) aggregiert werden können.
Damit die Qualitätsbewertungen repräsentativ sind (und somit einen Rückschluss auf die Grundgesamtheit ermöglichen), müssen statistische Anforderungen an die Stichprobenauswahl berücksichtigt werden. Dabei ist auch die Verteilung der Bewertungsobjekte in der Grundgesamtheit hinsichtlich der jeweiligen Objektgrößen zu beachten.
Aus den Zielsetzungen an QuaSt ergeben sich folgende statistisch-mathematische Grundsätze:
- Jedes Objekt muss dieselbe Wahrscheinlichkeit haben, in die Stichprobe zu gelangen.
- Die Stichprobenauswahl muss mittels Zufallsgenerator erfolgen. Damit wird grundsätzlich auch gewährleistet, dass langfristig eine flächendeckende Qualitätsbewertung erreicht wird.
- Die unterschiedliche Größe der Objekte (Stück, Länge, Fläche) muss entsprechend durch Gewichtung oder andere Maßnahmen (Normierung) berücksichtigt werden.
Auf Basis der theoretischen Überlegungen wurde eine Methodik entwickelt, die sich aus zwei wesentlichen Schritten zusammensetzt:
a) Zufallsauswahl durch „Einstechen“ in einen Bundesautobahn-Strang (räumliche Stichprobengenerierung),
b) Auswahl von Bewertungsobjekten in einem von Punkt a) abhängigen Bewertungsbereich (inhaltliche Stichprobengenerierung).
Für Feldversuche wurden verschiedene Stichproben generiert. Danach wurden verschiedene Teilstücke von Bundesautobahnen befahren. Hierbei fand sowohl eine Begutachtung und Bewertung von Objekten an Abschnitten sowie den Ästen als auch auf Rastanlagen statt.
4 Zusammenfassung
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde untersucht, wie meistereiunabhängige Qualitätsmessungen zur Leistung des Straßenbetriebsdienstes (QuaSt) an Bundesautobahnen (BAB) durchgeführt werden können.
Dazu wurden unter anderen die Datengrundlagen zur Auswahl der Bewertungsobjekte (Landesbestandsdatenbanken) untersucht, Modelle zur Zufallsstichprobenauswahl erarbeitet, Indikatoren und Messmethoden in einer Datenbank zusammengestellt und abschließend Feldversuche zur Anwendbarkeit an BAB durchgeführt.
Zusammenfassend lassen sich folgende Ergebnisse ableiten:
- Die Organisation und Durchführung von meistereiunabhängigen Qualitätsmessungen ist möglich.
- Die entwickelte QuaSt-Datenbank ist als offenes System angelegt, das heißt Änderungen bei Bezeichnungen, Leistungen, Qualitätsanforderungen und Messmethoden können jederzeit eingearbeitet werden.
- Auswertungen sind mehrdimensional möglich; z. B. regional (Bund/Land/Region/Autobahnmeistereien), nach Qualitätsdimension (Verkehrssicherheit, Funktionsfähigkeit, Erscheinungsbild), Leistungen (Reinigung, Grünpflege etc.), Funktionsgruppen (Strecke, Anschlussstelle, Vorschaltanlagen, Rastanlagen, Entwässerungseinrichtungen, Verkehrseinrichtungen, Seitenraum etc.) oder einzelnen Bewertungsobjekten (Verkehrszeichen, Lichtsignalanlagen, Mittelstreifen etc.).
- Unterschiedliche Erfassungssystematiken, die den Landesbestandsdatenbanken zu Grunde liegen, sowie zum Teil unterschiedliche Bezeichnungen der Bestandsobjekte müssen durch „Landesübersetzer“ EDV-technisch für die QuaSt-Datenbank kompatibel gemacht werden.
- Mit einem speziell für QuaSt entwickelten System zur Zufallsstichprobenauswahl werden alle BAB-Abschnitte und -Äste mit der gleichen Wahrscheinlichkeit in der Stichprobe berücksichtigt.
- Die Größe von Stichproben kann derzeit nur auf Basis einer Annahme bezüglich der Streuung der Indikatorenmesswerte ermittelt werden.
- Das Aufsuchen der Stichprobenobjekte an Bundesautobahnen gestaltet sich wegen der oftmals fehlenden Beschilderung zur Stationierung zum Teil sehr aufwändig.
- Für die Stichprobenbewertung hat sich die Kombination aus Fahrer und QuaSt-Bewerter in einem Streckenwartungsfahrzeug in der Praxis bewährt.
- Die Bewertung der Indikatoren erfolgt über Beobachten, Zählen oder das Ablesen von Messinstrumenten. Vergleichsfotos können hierbei entsprechende Skalierungen (z. B. Schulnoten 1 bis 5) unterstützen und dienen der objektivierten Bewertung.
- Je nach Indikator sind mehrere Messungen in einem Jahr (Vegetationsphasen) bzw. gesonderte Messungen erforderlich (Nacht-, Starkregen-, Winterdienstfahrten).
- Der QuaSt-Bewerter sollte vor Ort Ergänzungen zu den Informationen aus der Landesbestandsdatenbank vornehmen können, um bewertungsrelevante Zusatzinformationen hinterlegen zu können.
- Es muss zwischen jahreszeitabhängigen und -unabhängigen Indikatoren unterschieden werden. Dies führt zu unterschiedlichen Zeitfenstern für die Messungen (Messplan).
Im Rahmen des Forschungsprojektes konnten die methodischen und konzeptionellen Grundlagen für eine meistereiunabhängige Qualitätsmessung erarbeitet werden, die es in nachfolgenden Schritten in den Praxisbetrieb umzusetzen gilt.
Literaturverzeichnis
BMVBS (2011): Richtlinie zur Erhebung des Anlagebestandes der Bundesfernstraßen (RiAnBu)
BMVBS (2001 und 2004): Leistungsheft für die betriebliche Straßenunterhaltung auf Bundesfernstraßen und Konzeption einer Kosten- und Leistungsrechnung für die wirtschaftlichkeitsorientierte Steuerung in der betrieblichen Straßenunterhaltung
Hartmann, P. (2002): Indikator, In: Endruweit, G.; Trommsdorff, G. (Hrsg.) (2002): Wörterbuch der Soziologie, 2. Auflage, S. 223–224, Lucius & Lucius, Stuttgart
Hess et al. (2009): Entwicklung eines Qualitätsmonitoring im Straßenbetriebsdienst zur IT-gestützten nachlaufenden Steuerung des operativen Straßenbetriebsdienstes unter Berücksichtigung mathematischer Optimierungsverfahren; Schlussbericht zu FE-Nr. 03.0422/2006/LRB der BASt, 2009
Schulte, N.; Nelles, M.; Gellenbeck, K. (2011): Qualitätsmessung im Bereich der haushaltsnahen Abfall- und Wertstoffsammlung, In: Nelles, M. (Hrsg.) (2011): Schriftenreihe Umweltingenieurwesen –14. Dialog Abfallwirtschaft MV, Band 29, S. 131–149, Rostock |