FGSV-Nr. FGSV 002/110
Ort Köln
Datum 20.05.2015
Titel Das PMS und der OKSTRA - Praxis und Perspektiven
Autoren Dipl.-Ing. Falko Düsterhöft
Kategorien OKSTRA
Einleitung

Die effiziente Erhaltung der Straßeninfrastruktur ist eine der wichtigsten Aufgaben der Straßenbauverwaltung. Um diese Aufgabe wahrzunehmen, und um eine realistische Planung zu erstellen, sind verlässliche Aussagen zum Finanzmittelbedarf und zur langfristigen Entwicklung der Straßensubstanz gefragt. Hierbei unterstützen die so genannten Pavement Managementsysteme – kurz PMS.

Am Anfang einer PMS Rechnung steht die Einstufung der bisherigen Zustandsentwicklung der einzelnen Erhaltungsabschnitte. Aufgrund des Alters und des aktuellen Zustands kann abgeleitet werden, ob sich der Zustand eines Erhaltungsabschnitts überdurchschnittlich gut oder schlecht entwickelt hat. Dies wird durch die Zuordnung von unterschiedlichen Verhaltensklassen, welche mit Zustandsprognoseformeln verknüpft sind, abgebildet. Als wichtiges Modul der Berechnungen gilt das Zustandsprognosemodell, welches sich in Anlehnung an die Lebensdauern der RPE Stra-01 und auf ergänzende Forschungsergebnisse stützt. Aufgrund der Zustandsprognose lassen sich zukünftige Schadensbilder aufzeigen, welche durch das Mängelklassenmodell eingestuft werden.

Mit Hilfe eines Maßnahmenkatalogs wird das Eingreifen bei verschiedenen Mängelklassen festgelegt. Dies geschieht durch die Maßnahmenbedingungen, die jeder Mängelklasse eine (oder mehrere) Maßnahmen zuordnet. Die Zuordnung von möglichen Maßnahmenarten zu einem bestimmten Zeitpunkt wird im PMS Maßnahmenvariantenbildung genannt. Das PMS erzeugt für jeden Erhaltungsabschnitt alle durchführbaren Maßnahmenvarianten. Für die einzelnen Maßnahmenvarianten bestimmt das PMS den Nutzen. Der Nutzen ist die Differenz aus der „nichts-tun“-Variante (keine Maßnahme) und der jeweiligen Maßnahmenvariante.

Im letzten Schritt ermittelt das PMS aus allen Maßnahmenvarianten die optimale Vorgehensweise, d.h. die eine Strategie die für das Untersuchungsnetz den optimalen Erhaltungsansatz darstellt. Dabei werden sowohl finanzielle Kriterien, wie etwa das vorgegebene Budget, als auch ingenieurtechnische Aspekte wie etwa der maximale bauliche Nutzen - Zustandsverbesserung und Langlebigkeit - beachtet. Die gesamte Systematik eines PMS-Systems ist in Abbildung 1 dargestellt.

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Pavement Management System

Die effiziente Erhaltung der Straßeninfrastruktur ist eine der wichtigsten Aufgaben der Straßenbauverwaltung. Um diese Aufgabe wahrzunehmen, und um eine realistische Planung zu erstellen, sind verlässliche Aussagen zum Finanzmittelbedarf und zur langfristigen Entwicklung der Straßensubstanz gefragt. Hierbei unterstützen die so genannten Pavement Managementsysteme – kurz PMS.

Am Anfang einer PMS Rechnung steht die Einstufung der bisherigen Zustandsentwicklung der einzelnen Erhaltungsabschnitte. Aufgrund des Alters und des aktuellen Zustands kann abgeleitet werden, ob sich der Zustand eines Erhaltungsabschnitts überdurchschnittlich gut oder schlecht entwickelt hat. Dies wird durch die Zuordnung von unterschiedlichen Verhaltensklassen, welche mit Zustandsprognoseformeln verknüpft sind, abgebildet. Als wichtiges Modul der Berechnungen gilt das Zustandsprognosemodell, welches sich in Anlehnung an die Lebensdauern der RPE Stra-01 und auf ergänzende Forschungsergebnisse stützt. Aufgrund der Zustandsprognose lassen sich zukünftige Schadensbilder aufzeigen, welche durch das Mängelklassenmodell eingestuft werden.

Mit Hilfe eines Maßnahmenkatalogs wird das Eingreifen bei verschiedenen Mängelklassen festgelegt. Dies geschieht durch die Maßnahmenbedingungen, die jeder Mängelklasse eine (oder mehrere) Maßnahmen zuordnet. Die Zuordnung von möglichen Maßnahmenarten zu einem bestimmten Zeitpunkt wird im PMS Maßnahmenvariantenbildung genannt. Das PMS erzeugt für jeden Erhaltungsabschnitt alle durchführbaren Maßnahmenvarianten. Für die einzelnen Maßnahmenvarianten bestimmt das PMS den Nutzen. Der Nutzen ist die Differenz aus der „nichts-tun“-Variante (keine Maßnahme) und der jeweiligen Maßnahmenvariante.

Im letzten Schritt ermittelt das PMS aus allen Maßnahmenvarianten die optimale Vorgehensweise, d.h. die eine Strategie die für das Untersuchungsnetz den optimalen Erhaltungsansatz darstellt. Dabei werden sowohl finanzielle Kriterien, wie etwa das vorgegebene Budget, als auch ingenieurtechnische Aspekte wie etwa der maximale bauliche Nutzen - Zustandsverbesserung und Langlebigkeit - beachtet. Die gesamte Systematik eines PMS-Systems ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Systematik eines Pavement Management Systems


Praxiseinsatz

Am Anfang eines PMS Rechenlaufes steht die Datenbeschaffung aus der Straßeninformationsbank (SIB). Es werden zahlreiche unterschiedliche Datengruppen wie etwa das Straßennetz, Informationen über die Anzahl der Fahrstreifen, Zustandsdaten oder der Aufbau der Straße benötigt. Diese unterschiedlichen straßenbezogenen Daten müssen in einer Datenhaltung zusammengeführt werden, um auf deren Basis homogene Abschnitte (Erhaltungsabschnitte) zu generieren. Für diese Erhaltungsabschnitte wiederum ist es erforderlich, aussagekräftige Kennzahlen zu berechnen, welche den repräsentativen Zustand oder die konstruktive Dimensionierung beschreiben.

Im Rahmen des Bundesprojekts PMS I/O wurde im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen von der HELLER Ingenieurgesellschaft mbH eine Software entwickelt, mit der die straßenbezogenen Daten für ein PMS aufbereitet werden können. PMS I/O bietet die Möglichkeit, die Daten der SIB einzulesen und daraus eine Datenbank zu erstellen. Diese PMS I/O-Datenbank beinhaltet die Straßendaten in konsolidierter Form. Beispielsweise werden die Aufbaudaten den Fahrstreifen zugeordnet, damit repräsentative Schichtjahre und -arten für die Erhaltungsabschnitte ermittelt werden können. Darüber hinaus gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Daten zu kontrollieren und zu plausibilisieren. Für diesen Zweck können die verschiedenen Datengruppen tabellarisch oder in Form von Karten bzw. Streckenbändern dargestellt werden. Mit Hilfe von PMS I/O können auf Basis der geprüften Daten Erhaltungsabschnitte samt deren PMS-relevanten Kennzahlen erstellt werden. Außerdem können die PMS-Rechenergebnisse bestimmter PMS-Software in Form von Karten, Streckenbändern, Maßnahmenlisten und Dossiers aufbereitet werden. PMS I/O dient somit der Vor- bzw. Nachbereitung der Daten für das PMS bzw. von einem PMS.

Nachfolgende Skizze verdeutlicht den typischen Ablauf eines PMS Rechenlaufes:

Abbildung 2: Ablauf PMS Rechnung

 

Einsatz des OKSTRA®

Die Qualität der Ergebnisse eines PMS Rechenlaufs steht und fällt mit der Qualität der Eingangsdaten. PMS I/O hat eine OKSTRA®-konforme Schnittstelle, mit der die benötigten Objektdaten der Straßeninformationsbanken im OKSTRA®-XML-Format eingelesen und verarbeitet werden können.

Nachfolgende Sachdaten muss eine SIB-XML-Schnittstelle im OKSTRA®-XML-Format für das PMS und somit für die XML-Importschnittstelle von PMS I/O ausgeben:

  • Straßennetz mit Abschnittsfolge
  • Straßengeometrie der Abschnitte und Äste
  • Baulasten
  • Fahrstreifenangaben
  • Fahrbahnanzahl
  • Verwaltungseinheiten
  • Querschnitte
  • Aufbaudaten
  • Verkehrsdaten
  • Zustandsdaten
  • Maßnahmendaten

Derzeit kann die OKSTRA®-XML-Schnittstelle von PMS I/O von 4 Bundesländern genutzt werden. Nordrhein-Westfahlen und Niedersachen (NWSIB), Hessen (SIBHE) und Bayern (BAYSIS) können ihre Daten der SIB als OKSTRA®-XML-Dateien exportieren. Die Daten können entweder für ein ganzes Straßennetz - beispielsweise Autobahnen NRW - aber auch nur für Netzbereiche - beispielsweise eine einzelne Autobahn - verarbeitet werden. PMS I/O unterstützt OKSTRA®-XML-Dateien in der Version 1.012. Auch bei größeren Datenmengen (> 1 GB als XML-Datei) erfolgt die Datenausgabe aus der Straßeninformationsbank und der Importvorgang in PMS I/O verhältnismäßig performant. Die Dauer des Importvorganges bei dementsprechend großen XML-Dateien kann jedoch durchaus einige Stunden betragen.

 

Perspektiven

Während die Eingangsdaten für PMS I/O aufgrund der Verwendung des OKSTRA® standardisiert sind, gibt es noch kein standardisiertes Austauschformat für die PMS-Eingangsdaten. Derzeit werden die PMS-Eingangsdaten in einem proprietären Format erzeugt, dass auf keinem veröffentlichten Standard basiert. Zur Definition eines bundesweit einheitlichen Datenformats für die PMS-Eingangsdaten – auch im Hinblick auf das avisierte PMS-D – wird empfohlen, ein OKSTRA®-Container-Objekt zu definieren bzw. zu verwenden. Hierfür könnten einem Streckenobjekt - hier einem homogenen Abschnitt - die notwendigen Attribute wie etwa Substanzwert Bestand, Bauklasse oder auch die gemittelten Zustandswerte angehängt werden. Somit wäre man auf der einen Seite beim Austausch von Daten fachlich flexibel und würde auf der anderen Seite dennoch OKSTRA®-Konformität erreichen.

Derzeit wird ein Änderungsvorschlag zur Referenzierung von Fremddatenbeständen im OKSTRA®umgesetzt und soll bereits in der nächsten OKSTRA®-Version (2.017) zur Verfügung stehen. Durch diese Änderung wird es ermöglicht, einem OKSTRA®-Objekt über einen Verweis zu einem Fremdobjekt (in Form einer externen URL, die auf eine Datei verweist) einen Fremddatenbestand anzufügen. Diese Datei enthält für das Fremdobjekt die entsprechenden Daten. Diese neue Möglichkeit eignet sich bestens für die Eingangsdaten des PMS (PMS-Abschnittsdaten).

Die Lagebeschreibung des Erhaltungsabschnitts im Straßennetz kann als OKSTRA®-Streckenobjekt definiert werden und ist somit ein OKSTRA®-Objekt. Darauf aufbauend besteht die Möglichkeit, dem Erhaltungsabschnitt Fremddatenbestände (über einen Link auf eine XML-Datei) zuzuweisen. Diese Fremddatenbestände können dann die essentiellen Kennzahlen eines Erhaltungsabschnitts, wie etwa Substanzwert Bestand, Bauklasse oder Baujahr der Decke beinhalten. In Abbildung 3 ist ein Vorschlag zur Definition der PMS Erhaltungsabschnitte mit Hilfe des OKSTRA®-Fremdobjekts dargestellt.

Abbildung 3: Export der PMS-Abschnittsdaten im OKSTRA®

Durch die Definition der PMS-Eingangsdaten im OKSTRA®-Format würde man sich von dem derzeitigen proprietären Datenformat lösen und unterschiedlichen Herstellern von PMS-Software die Möglichkeit bieten, auf ein standardisiertes Eingangsdatenformat zurückzugreifen. In Abbildung 4 ist der typische Ablauf einer PMS-Rechnung unter Verwendung der PMS-Eingangsdaten im OKSTRA®-XML-Format dargestellt.

Abbildung 4: Ablauf PMS Rechnung mit OKSTRA®-konformen PMS-Eingangsdaten

 

Fazit

Für den Import der Daten aus der Straßeninformationsbank nach PMS I/O hat sich der OKSTRA bereits bewährt. Die Aufbereitung der PMS-Daten kann somit unabhängig von der SIB und auf Basis eines einheitlichen und standardisierten Austauschformates erfolgen.

Weiterhin ist zu empfehlen, ein standardisiertes Austauschformat für die Eingangsdaten des PMS zu erarbeiten. Um diesen Standard zu schaffen, ist es notwendig, die PMS-Eingangsdaten mit Hilfe des OKSTRA® zu beschreiben. Mit Hilfe des neu eingeführten Fremdobjektes im OKSTRA könnten die Erhaltungsabschnitte als OKSTRA®-Streckenobjekte generiert werden und sämtliche Kennzahlen des Erhaltungsabschnitts als Fremddatenbestand in einer extern verlinkten XML-Datei angehängt werden. Somit wäre man einerseits beim Austausch der PMS-Eingangsdaten fachlich flexibel und würde dennoch OKSTRA®-Konformität erreichen.

Auch im Hinblick auf das avisierte PMS-D wäre die Empfehlung ein OKSTRA® Container-Objekt zu definieren anstatt die PMS-Eingangsdaten in dem derzeitigen proprietären Format zu erzeugen. Mit der Definition der PMS-Eingangsdaten im OKSTRA®-Format wäre ein bundesweit einheitliches Datenaustauschformat geschaffen, welches bezüglich der PMS-Software herstellerunabhängig wäre.