Während der Lebensdauer eines Reifens verliert er durch Reifenabrieb Gewicht. In der Bundesrepublik gelangen so 100.000 Tonnen Reifenabrieb in die Umwelt. Wo verbleibt dieser Reifenabrieb? Eine aktuelle, umfassende Studie hierzu wurde in 2021 abgeschlossen (1).

Im Umweltkompartiment Luft interessiert seit Jahrzehnten, in welchen Partikelfraktionen sich Reifenabrieb befindet. Um Aussagen zu treffen, können analytisch unterschiedliche Wege beschritten werden (2,3). Seit 2017 steht mit der ISO/TS 20593:2017 Ambient air — Determination of the mass concentration of tire and road wear particles (TRWP) — Pyrolysis-GC-MS method eine weltweit abgestimmte Vorgehensweise zur Verfügung. Die beschriebene Vorgehensweise ist jedoch aufwändig und erfordert ein hohes Maß an analytischer Erfahrung.

Ende 2020 wurde bei Starkregenereignissen in den USA ein massives Fischsterben von jungen Silberlachsen festgestellt. Tian et al. (4) haben herausgefunden, dass dieses Fischsterben auf eine Komponente zurückzuführen ist, die durch Reifenabrieb in die Flüsse gelangt: Aus dem bis zu 2 % bei der Reifenproduktion zugesetztem N-1,3-Dimethylbutyl-N’-phenyl-p-phenylenediamine (6PPD) entsteht durch Oxidation mit Ozon das Chinon-Analogon 6PPD-Chinon.

Diese Reaktion ist notwendig, um z.B. Autoreifen (den „Gummi“) vor Alterung zu schützen.

Bild aus: SUPPORTING RESEARCH INTO 6PPD AND 6PPD-QUINONE U.S. TIRE INDUSTRY COMMITTED TO SAFETY AND SUSTAINABILITY www.ustires.org/6ppd-and-tire-manufacturing.

Im Reifenabrieb ist das 6PPD und das Reaktionsprodukt 6PPD-Chinon enthalten. Das Chinon verursacht das Fischsterben und wirkt tödlich auf Silberlachse, Bachsaiblinge und Regenbogenforellen. Der LC50 für Silberlachs liegt hierbei bei 0,095 µg/l.

Durch die Presse Ende 2020 und den Beginn von Untersuchungen zu 6 PPD-Chinon Konzentrationen in Oberflächengewässern rückte dieser Sachverhalt auch in Deutschland in den Fokus, z.B.:

Artikel aus www.tagesspigel .de und der Süddeutschen Zeitung

Um Informationen über das Abriebverhalten von Reifen unter definierten Bedingungen zu erhalten, wurden von der BASt VXYZ Untersuchungen am Prüfstand Fahrzeug/Fahrbahn (PFF) der BASt durchgeführt. Die Proben wurden von der LUBW analysiert.

Über die Ergebnisse wird berichtet.

Bild: links: Prüstand der BASt mit Probenahmeeinrichtung rechts: Reifenabrieb bei 2° Kurvenfahrt

Im Luftlabor der LUBW wird seit einiger Zeit die pyrolytische Bestimmung von Reifenabrieb und anderen Kunststoffen appliziert. Mit den Pressemitteilungen und der daraufhin eingeleiteten Literaturstudie zu 6PPD und 6PPD-Chinon wurde unser Augenmerk auf diese Messobjekte gelenkt und es wurde erstmalig untersucht, ob diese Inhaltsstoffe auch im PM10 nachweisbar sind. Als Analytik wird die LC/MS-MS bzw. LC/QTOF eingesetzt. Die Analyse einer Tracerkomponente für Reifenabrieb mit einfacher Analytik mit hoher Nachweisstärke wäre probat, um dem Verbleib des Reifenabriebes und der Relevanz des jeweiligen Anteiles - auch für den Bereich der einatembaren Staubfraktionen - auf die Spur zu kommen. Ergebnisse von Realproben Untersuchungen werden vorgestellt.

(1)   Abschlussbericht Reifenabrieb in der Umwelt – RAU: https://www.rau.tu- berlin.de/fileadmin/fg118/RAU/20210728_Abschlussbericht_RAU_FINAL_Team.pdf

(2)  Frank Sommer, Volker Dietze, Anja Baum, Jan Sauer, Stefan Gilge: Tire Abrasion as a Major Source of Microplastics in the Environment; Aerosol and Air Quality Research, 18: 2014–2028, 2018

(3)  Daniel Klotz; MASTERARBEIT Methodenentwicklung zur Quantifizierung von Reifenabrieb im Feinstaub; Hochschule Rhein Main University of Applied Sciences Fachbereich Ingenieurwissenschaften Studiengang Bio- und Umweltverfahrenstechnik

(4)  Z. Tian et al., Science 10.1126/science.abd6951 (2020): A ubiquitous tire rubber–derived chemical induces acute mortality in coho salmon

Die Kurzfassung dieses Vortrages ist als PDF verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.