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Diese Lücke kann durch mobile Messungen gefüllt werden. Sie ermöglichen unter anderem die kostengünstige sowie verhältnismäßig aufwandsarme Erkundung und Identifizierung potenzieller Hotspot. Dies kann darüber hinaus auch für die Standortwahl möglicher Überwachungsstationen hilfreich sein. Neben bodengebundenen Systemen wie Messfahrzeugen oder Fahrrädern bietet sich hier der Einsatz von Drohnen an. Drohnengestützte Messungen ermöglichen die dreidimensionale Aufzeichnung der Schadstoffverteilung sowie die Untersuchung von Transportprozessen der Luftschadstoffe. Der Einsatz kann hierbei auch automatisiert erfolgen.
Abbildung 1: MesSBAR-Drohne im Einsatz am Kampagnenstandort Wesseling
Im Rahmen des durch das mFUND-Programm des BMDV geförderten Projektes MesSBAR wurde eine Drohnenplattform entwickelt, mit welcher Luftschadstoffe, u.a. an Straßen automatisiert gemessen werden können. An diesem waren die TU Braunschweig, das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TRO-POS), das Institut für Energie- und Klimaforschung - Troposphäre (IEK-8) des Forschungszentrums Jülich, das Bundesumweltamt, die BASt sowie die Firma Leichtwerk AG beteiligt. Zum Einsatz kam hierbei eine speziell für dieses Projekt entwickelte Drohne des Projektpartners Leichtwerk AG.
Bei der MesSBAR-Drohne (s. Abbildung 1) handelt es sich um einen Quadcopter (vier Rotoren) mit einer maximalen Abflugmasse von 25 kg, wovon 14,4 kg Payload sein können. Der Quadcopter hat einen Durchmesser von 1,6 m und eine Höhe von 1,13 m inklusive des Messaufbaus. Versorgt wird der Copter durch zwei 23.000 mAh Lithium-Polymer Akkus mit 22,8 V. In dieser Konfiguration sind Flüge bis zu 15 Minuten möglich. Im Vorfeld des Fluges kann eine Mission geplant werden, welche der Copter dann im Anschluss eigenständig durchführt. Dabei steht ein Pilot bereit, um im Falle eines unerwarteten Flugmanövers manuell einzugreifen. Eine zweite Person überwacht zeitgleich an der Bodenstation die wichtigsten technischen Parameter. Die Bodenstation ist über einen Funkkanal mit der Drohne verbunden. Für den Fall einer katastrophalen Fehlfunktion besitzt der Copter einen Fallschirm, welcher manuell durch den Piloten ausgelöst werden kann.
Der Copter wurde mit Sensorik zur Erfassung von NO, NO2, NOX, Ozon, CO, Partikeln, Ruß (Black Carbon/BC) sowie meteorologischen Parametern ausgestattet. Zum Einsatz kamen dazu unterschiedliche Messgeräte und Sensoren. Elektrochemische Sensoren der Firma Alphasense wurden zur Detektion von NO, NO2, NOX, CO sowie Ozon genutzt. Neben ihrem verhältnismäßig niedrigen Preis macht ihr geringes Gewicht sie sehr attraktiv für den Einsatz auf einer Drohne. Jedoch weisen sie mit 21 s eine hohe Sättigungszeit auf, was eine lange Verweildauer an einzelnen Raumpunkten notwendig macht. Mehrere Sätze dieser Sensoren sind sowohl außen am Messaufbau als auch in einem gleichmäßig durchfluteten Ausgleichsvolumen angebracht. Zur Messung von Ozon wurde darüber hinaus noch ein „Personal Ozon Monitor“ (POM) eingesetzt, welcher eine geringere Ansprechzeit von 4 s sowie genauere Messwerte liefern kann.
Für die Detektion von Ruß und Partikeln wurden ein Aethalometer, das „microAeth MA200“ von Athlabs sowie ein optisches Partikelgrößenspektrometer vom Typ „GT526-S“ der Firma „Met One Instruments“ genutzt. Beide wurden zum Zweck der Gewichtsreduktion, unter anderem durch das Entfernen des Gehäuses, umgebaut.
Alle Messgeräte wurden in einem kubischen Aufbau, oberhalb der Rotorenebene untergebracht, welcher sie vor direkten Umwelteinflüssen schützt. Auf der Oberseite des Würfels befindet sich die Probenansaugung. Um saubere Messergebnisse zu gewährleisten, welche nicht durch den Downwash der Rotoren verfälscht wird, befindet sich der Eingang der Probennahme auf der Oberseite dieses Würfels, etwa 1 m über den Rotoren.
Alle Messwerte werden durch einen Datenbus an einen zentralen Kleinstcomputer vom Typ „Raspberry Pi 4“ weitergegeben, welcher diese zusammenfasst und speichert.
Am 22. und 23. September 2021 wurden die ersten Messflüge an der BAB 555 nahe Wesseling durchgeführt. Hierbei wurden kurz vor und nach der Dämmerung Vertikalprofile gemessen. Die Aufstiege fanden mit unterschiedlichen Aufstiegsmustern statt. Hierbei wurden kontinuierliche Aufstiege, sowie solche, bei welchen der Steigflug auf definierten Höhenstufen für einige Sekunden unterbrochen wurde, durchgeführt. Während dieser Flüge konnte eine bodennahe Luftschicht, welche sich im Laufe der Dämmerung und des frühen Morgens durch Sonneneinstrahlung weiter nach oben ausdehnte, beobachtet werden. In den Messdaten ist dabei sichtbar, wie sich zusammen mit der aufsteigenden Grenzschicht die Höhenverteilung der Luftschadstoffe im Laufe des Vormittages angleicht und es zu einem Verdünnungseffekt der Luftschadstoffkonzentrationen am Boden kommt.
Abbildung 2: NO-Vertikalprofile welche bei den Flügen gemessen worden sind. Sichtbar ist der Aufstieg und die zunächst bodennah hohe NO-Konzentration, bis diese über die gesamte Luftsäule nahezu konstant bleibt. [1]
Abbildung 3: Entwicklung der bodennahen Grenzschicht an den beiden Flugtagen [1]
Weitere Befliegungen werden im Frühjahr 2023 durchgeführt. Dabei sollen zwei Copter zum Einsatz kommen, mit denen gleichzeitig im Luv und Lee der Autobahn Messungen durchgeführt werden. Mittels dieser Messungen soll die Hintergrundbelastung von den von der Autobahn ausgehenden Immissionen unterschieden, um den Beitrag der Straße zu quantifizieren.
Quellen
[1] Bretschneider L, Schlerf A, Baum A, Bohlius H, Buchholz M, Düsing S, Ebert V, Erraji H, Frost P, Käthner R, Krüger T, Lange AC, Langner M, Nowak A, Pätzold F, Rüdiger J, Saturno J, Scholz H, Schuldt T, Seldschopf R, Sobotta A, Tillmann R, Wehner B, Wesolek C, Wolf K, Lampert A. MesSBAR—Multicopter and Instrumentation for Air Quality Research. Atmosphere. 2022; 13(4):629. https://doi.org/10.3390/atmos13040629 |