FGSV-Nr. FGSV 002/109
Ort Bergisch Gladbach
Datum 04.03.2015
Titel PEMS-Messungen an drei EURO-6-Diesel-Pkw auf Streckenführungen in Stuttgart und München sowie auf Außerortsstrecken
Autoren Andrea Wellhöfer, Martin Kleinebrahm, Dr. Werner Scholz, Heinz Steven
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Die Immissionsgrenzwerte des gesundheitsschädlichen Luftschadstoffs Stickstoffdioxid (NO2) werden an städtischen Hauptverkehrsstraßen mit enger Randbebauung europaweit überschritten. Hauptquelle für NO2 sind die NOx-Emissionen des Straßenverkehrs, insbesondere der Dieselfahrzeuge (Abb. 1).

Abb. 1 Luftqualitätsgrenzwerte

Die gesetzlichen Regelungen für das Emissionsverhalten von Pkw (Euro-Normen) wurden in der Vergangenheit regelmäßig verschärft, brachten real aber bei den Stickoxidemissionen von Diesel-Pkw kaum Verbesserungen.

Anschließend an ein Projekt aus dem Jahre 2010, in dem drei Euro 4 Dieselfahrzeuge auf Streckenführungen in Stuttgart vermessen worden sind, haben die LUBW und das Bayerische Landesamt für Umwelt ein Projekt durchgeführt, in dem drei Euro 6-Pkw auf Streckenführungen in Stuttgart, München und in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen mit PEMS Messtechnik bezgl. ihrer Emissionen vermessen wurden (Abb.2).

Abb. 2 Projekt 2014 in Fortführung der Messungen von 2010

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Einführung

Die Immissionsgrenzwerte des gesundheitsschädlichen Luftschadstoffs Stickstoffdioxid (NO2) werden an städtischen Hauptverkehrsstraßen mit enger Randbebauung europaweit überschritten. Hauptquelle für NO2 sind die NOx-Emissionen des Straßenverkehrs, insbesondere der Dieselfahrzeuge (Abb. 1).

 Abb. 1 Luftqualitätsgrenzwerte

Die gesetzlichen Regelungen für das Emissionsverhalten von Pkw (Euro-Normen) wurden in der Vergangenheit regelmäßig verschärft, brachten real aber bei den Stickoxidemissionen von Diesel-Pkw kaum Verbesserungen.

Anschließend an ein Projekt aus dem Jahre 2010, in dem drei Euro 4 Dieselfahrzeuge auf Streckenführungen in Stuttgart vermessen worden sind, haben die LUBW und das Bayerische Landesamt für Umwelt ein Projekt durchgeführt, in dem drei Euro 6-Pkw auf Streckenführungen in Stuttgart, München und in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen mit PEMS Messtechnik bezgl. ihrer Emissionen vermessen wurden (Abb.2).

Abb. 2 Projekt 2014 in Fortführung der Messungen von 2010

Streckenführungen

Die Streckenführungen umfassten eine Innenstadtrunde auf Hauptverkehrsstraßen in Stuttgart, die an den bekannten Immissionsmessstellen Am Neckartor und Hohenheimer Straße vorbeiführten und eine Außenrunde, die auch stadtnahe außerstädtische Bereiche einschloss. In München wurde ebenfalls eine innerstädtische Streckenführung auf Hauptverkehrsstraßen durchfahren. Zur Abrundung der Ergebnisse wurde auch eine Streckenführung in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen gewählt, die kurvenreiche Bergfahrten und größere Anteile Landstraßenbetrieb mit einem Stück Autobahnbetrieb verband (Abb. 3 bis Abb. 6). 

Abb. 3 Innenstadtrunde Stuttgart

Abb. 4 Außerortsrunde Stuttgart

Abb. 5 Innenstadtrunde München

Abb. 6 Garmisch-Runde

In Stuttgart wurden auch Befahrungen mit unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten (T30, T40 und T50) auf der innerstädtischen Streckenführung durchgeführt. Die Streckenführung in München wurde auf der Dachauer Straße mit zwei unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten befahren (T50 und T60).

Alle Fahrten auf allen Streckenführungen wurden durch zwei unterschiedliche Fahrer durchgeführt. Es wurden extreme Fahrsituationen vermieden und ein moderater Fahrstil angewandt.

Versuchsfahrzeuge

Als Versuchsfahrzeuge waren ein Volkswagen CC (Fahrzeug 1), ein BMW 320d (Fahrzeug 2) sowie ein Mazda 6 (Fahrzeug 3) durch den ADAC zur Verfügung gestellt worden. Mit diesen Fahrzeugen sind drei unterschiedliche Strategien zur Grenzwerterfüllung der Euro 6 repräsentiert. Der Volkswagen ist ausgerüstet mit einem Partikelfilter und einem SCR Katalysator, der BMW mit Partikelfilter und einem NOx-Speicherkatalysator und der Mazda mit rein innermotorischen Maßnahmen zur NOx-Minimierung und einem Partikelfilter. Die Einhaltung der Euro 6 Grenzwerte wurde für alle Fahrzeuge vor und auch nach dem Projekt auf dem Rollenprüfstand des ADAC im NEFZ nachgewiesen (Abb. 7 und Abb. 8).

Abb. 7 Versuchsfahrzeuge

Abb. 8 Abgasnachbehandlungskonzepte der Versuchsfahrzeuge 

Messtechnik

Für die Emissionsmessungen wurde PEMS Messtechnik für gasförmige Schadstoffe eingesetzt (Portable Emission Measurement System). Auf eine Messung der Kohlenwasserstoffverbindungen (THC) wurde verzichtet (Abb. 9). Um eine möglichst große Fahrtendichte sicherstellen zu können, wurde für die Energieversorgung ein externes Stromaggregat mitgeführt. Als Zuladung während der Messungen wurde bei allen drei Fahrzeugen ca. 30% der maximalen Zuladung realisiert (Abb. 10).

Abb. 9 PEMS-Messtechnik SEMTECH-DS

Abb. 10 Zuladung während der Messungen

Ergebnisse

Abb. 11 bis Abb. 13 zeigen exemplarisch zeitliche Verläufe der NOx-Massenemission, den Geschwindigkeitsverlauf sowie das Höhensignal des GPS. Die NOx-Emission wird im Wesentlichen durch die Beschleunigungsvorgänge geprägt. Das GPS-Signal ist sehr störanfällig, was in den Abbildungen ebenfalls gut erkennbar ist. 

Abb. 11 Exemplarischer Fahrtverlauf Fahrzeug 1

Abb. 12 Exemplarischer Fahrtverlauf Fahrzeug 2

Abb. 13 Exemplarischer Fahrtverlauf Fahrzeug 3

Die Abb. 14 bis Abb. 16 zeigen die mittleren NOx-Emissionen in mg/km für alle Fahrten der jeweiligen Fahrzeuge im Vergleich zu Emissionswerten, die aus dem HBEFA 3.2 für gleiche Verkehrssituationen ermittelt wurden. Dargestellt sind hier die HBEFA Werte für Euro 5 sowie Euro 6 Fahrzeuge. Als zusätzliche Information sind noch die Mittelwerte aller Fahrten sowie die Mittelwerte aller Fahrten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit kleiner 35 km/h eingetragen.

Abb. 14 NOx-Emissionswerte im Vergleich zu HBEFA 3.2, Fahrzeug 1

Abb. 15 NOx-Emissionswerte im Vergleich zu HBEFA 3.2, Fahrzeug 2

Abb. 16 NOx-Emissionswerte im Vergleich zu HBEFA 3.2, Fahrzeug 3

Auffällig sind die großen Streubreiten bei ähnlichen Durchschnittsgeschwindigkeiten insbesondere im städtischen Geschwindigkeitsbereich.

Betrachtet man nun die Emissionen in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit aufgeteilt nach Fahrzuständen (Konstantfahrt, Beschleunigung, Verzögerung), ergeben sich Abb. 17 bis Abb. 19. Neben den deutlich erhöhten Emissionen bei Beschleunigungszuständen, die sich ja bereits in den Emissionspeaks der Abb. 11 bis Abb 13. widerspiegeln, sind auch Emissionsanstiege bei Konstantfahrt mit hohen Geschwindigkeiten (>140 km/h) bei allen drei Fahrzeugen zu beobachten.

Abb. 17 Emissionen bei unterschiedlichen Fahrsituationen, Fahrzeug 1

Abb. 18 Emissionen bei unterschiedlichen Fahrsituationen, Fahrzeug 2

Abb. 19 Emissionen bei unterschiedlichen Fahrsituationen, Fahrzeug 3

Die wichtigsten bisher dargestellten Ergebnisse sind noch einmal in Abb. 20 tabellarisch zusammengefasst.

Stellt man die Emissionsergebnisse aufgeteilt nach den unterschiedlichen Streckenführungen dar, ergeben sich Abb. 21 bis Abb. 23. Eindeutig treten im städtischen Umfeld die höchsten Emissionen in München auf. Die Verkehrssituationsbeschreibungen für das HBEFA sind für München und Stuttgart identisch, dennoch sind bei den Realemissionen signifikante Unterschiede erkennbar. Zurückzuführen ist dies auf eine unterschiedliche Verkehrsdynamik in München und Stuttgart.

Abb. 20 Emissionswerte in tabellarischer Zusammenfassung 

Abb. 21 Einfluss der Streckenführung, Fahrzeug 1

Abb. 22 Einfluss der Streckenführung, Fahrzeug 2

Abb. 23 Einfluss der Streckenführung, Fahrzeug 3

Untersucht man fahrdynamische Parameter und Emissionsverhalten und berechnet Korrelationen zwischen streckenbezogenen Emissionen und diesen Parametern, erreicht man gute Korrelationen bei der Betrachtung der relativen positiven Beschleunigung (RPA) bezogen auf die Durchschnittsgeschwindigkeit. Verbessern kann man diese Korrelation noch, wenn man RPA/vaverage mit der Zahl der NOx-Peaks pro km multipliziert. Als Schwellwert für die Peakdefinition wurden 8 mg/s festgelegt. Die Abb. 24 bis Abb. 26 zeigen diese Korrelation für die drei Fahrzeuge. Auffällig ist, dass Fahrzeug 1 nur deutlich niedrigere Dynamikwerte aufweist als die beiden anderen Fahrzeuge, was darauf hindeutet, dass die Fahrten des Fahrzeugs 1 flüssiger durchgeführt werden konnten als die der anderen beiden Fahrzeuge. Die Darstellungen machen den Einfluss der Verkehrsdynamik sowie das Potential einer Verkehrsverstetigung deutlich.

Abb. 24 Korrelation der NOx-Emissionen mit fahrdynamischen Parametern, Fahrzeug 1

Abb. 25 Korrelation der NOx-Emissionen mit fahrdynamischen Parametern, Fahrzeug 2

Abb. 26 Korrelation der NOx-Emissionen mit fahrdynamischen Parametern, Fahrzeug 3

Die Abb. 27 bis Abb. 29 zeigen die zeitlichen NOx-Emissionen dargestellt in Motorkennfeldern. Die unterschiedlichen Auslegungen der Fahrzeuge sind deutlich erkennbar, wobei die Lastbereiche, die im NEFZ herangezogen werden, bei allen drei Fahrzeugen emissionsoptimiert sind.

Abb. 27 NOx-Emissionen im Motorkennfeld, Fahrzeug 1

Abb. 28 NOx-Emissionen im Motorkennfeld, Fahrzeug 2

Abb. 29 NOx-Emissionen im Motorkennfeld, Fahrzeug 3

Die Untersuchung des NO2/NOx-Verhältnis der einzelnen Fahrzeuge führt zu Abb. 30 bis Abb. 32. Die NO2/NOx-Verhältnisse von Fahrzeug 1 und Fahrzeug 2 liegen im Mittel bei ca. 30%. Dies ist deutlich geringer als bei den 2010 untersuchten Euro 4-Fahrzeugen (ca. 50%). Zusammen mit dem niedrigeren Emissionsniveau ist die NO2-Direktemission der Euro 6 Fahrzeuge gegenüber den Euro 4-Fahrzeugen deutlich reduziert. Bei Fahrzeug 3 ist dieses Verhältnis noch geringer, was auf die fehlende NOx-reduzierende Abgasnachbehandlung zurückzuführen ist.

Abb. 30 NO2 / NOx – Verhältnis Fahrzeug 1

Abb. 31 NO2 / NOx – Verhältnis Fahrzeug 2

Abb. 32 NO2 / NOx – Verhältnis Fahrzeug 3

Zusammenfassung

In Fortführung eines Projektes zu Realemissionen von Euro 4-Diesel-Pkw haben die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden Württemberg und das Bayerische Landesamt für Umwelt gemeinsam mit TÜV NORD, ADAC und Heinz Steven Datenanalysen umfangreiche Emissionsmessungen an drei Euro 6-Diesel-Pkw mit unterschiedlichen Abgasnachbehandlungskonzepten auf inner- und außerstädtischen Straßenführungen durchgeführt.

Die im Realbetrieb innerorts und außerorts gemessenen NOx-Emissionen der untersuchten Fahrzeuge zeigen eine erhebliche Schwankungsbreite, abhängig von Fahrsituation und Nachbehandlungstechnik. Die Bandbreiten der bei den Einzelfahrten festgestellten NOx-Emissionen liegen innerorts zwischen 130 und 676 mg/km, außerorts zwischen 134 und 618 mg/km NOx.

Damit liegen die NOx-Emissionen im Innerortsbereich um den Faktor 1,6 – 8,5, im Außerortsbereich um den Faktor 1,7 – 7,7 über dem Grenzwert der Euro 6-Norm von 80 mg/km im NEFZ. Bei Fahrten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit kleiner 35 km/h liegt dieser Faktor zwischen 4,2 und 5,3.

Geschwindigkeitsreduzierungen auf Tempo 30 oder 40 führen, wie auch bei Euro 4- und Euro 5-Dieselfahrzeugen, nicht zu einer Verminderung der NOx-Emissionen.

Insbesondere bei erhöhten Lastanforderungen während Beschleunigungsvorgängen sowie bei Konstantfahrten mit hohen Geschwindigkeiten (>140 km/h) steigen die NOx-Emissionen deutlich an.

Analysen der unterschiedlichen Streckenführungen zeigen erhöhte Emissionsbelastungen in München, obwohl die Fallbeschreibung im HBEFA für die Streckenführung in München und Stuttgart identisch sind. Dies ist auf unterschiedliche Dynamik auf den Streckenführungen zurückzuführen.

Betrachtungen von fahrdynamischen Parametern zeigen die Problematik der Verkehrsdynamik auf und belegen das Potential einer Verkehrsverstetigung auch bei Euro 6-Fahrzeugen.

Kennfeldbetrachtungen der NOx-Emissionen zeigen deutliche Unterschiede und weisen zyklusoptimierte Auslegungen insbesondere im Bereich des NEFZ auf.

Bei der Betrachtung der NO2/NOx Verhältnisse ergeben sich mittlere Werte in der Nähe von 30%, für Fahrzeug 3 deutlich geringer. Die Fahrzeuge liegen somit auch unter den NO2/NOx Verhältnissen von Euro 4 Fahrzeugen (>50%). Zusammen mit dem reduzierten Emissionsniveau führt dies zu deutlich geringeren NO2-Direktemissionen.

Angesichts der Probleme in der Luftreinhaltung mit der Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte an stark befahrenen innerstädtischen Straßen mit enger Randbebauung sind die in dieser Untersuchung festgestellten NOx-Emissionen der untersuchten Euro 6-Mittelklasse-PKW noch deutlich zu hoch.

Bildnachweis Abb. 8:

Volkswagen CC:   http://www.auto-news.de/test/einzeltest/bildergalerie_VW-Passat-Variant-BlueTDI-im-Test-Euro-6-per-SCR-schon-heute_id_23922&picindex=16

BMW 320d: http://www.auto-motor-und-sport.de/bilder/bmw-nox-speicherkat-die-euro-6-stickoxid-falle-6219243.html

Mazda 6: http://www.mazda.com/technology/skyactiv/engine/skyactiv-d.html