FGSV-Nr. FGSV 002/137
Ort Bergisch-Gladbach
Datum 19.04.2023
Titel Ein Vergleich der mittleren täglichen Kfz-Emissionen wochentags und am Wochenende in Berlin
Autoren Dr. rer. nat. Ingo Düring, Wolfram Schmidt, Dr. Annette Rauterberg-Wulff
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Zusammenfassung

Die anhand der Kennzeichenerhebungen bestimmte Flottenzusammensetzung wird in Berlin im Rahmen der Luftreinhalteplanung einheitlich als Jahresmittelwert für das gesamte Straßennetz verwendet. Um zu prüfen, ob die Flottenzusammensetzung, die bisher ausschließlich während der Woche, meist zwischen Dienstag und Donnerstag, ermittelt wurde, tatsächlich repräsentativ für die gesamte Woche ist, wurden im Jahr 2021 zum ersten Mal zusätzliche Erhebungen an Samstagen und Sonntagen durchgeführt.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Fahrzeugflotte am Wochenende etwas älter ist und damit auch etwas schlechtere Emissionsstandards und höhere spezifische Emissionen aufweist.

Dieser Effekt wird jedoch in Berlin durch die deutlich niedrigeren Verkehrsmengen und die bessere Verkehrsqualität am Wochenende mehr als ausgeglichen. Auch unter Berücksichtigung der schlechteren Flotte liegen die mittleren Emissionen für die untersuchten Straßen um fast 50 % niedriger als werktags. Werden die Emissionen auch für Wochenendtage mit der Werktags-Flotte berechnet, so werden die Stickstoffoxidemissionen um etwa 5 % und die abgasbedingten Partikel um etwa 23 % unterschätzt. Da diese Unterschätzung jedoch nur für 2 von 7 Wochentagen auftritt, ist der Einfluss auf die Jahresemission typischer Stadtstraßen in Berlin als gering einzustufen. Für Straßen mit hohen Verkehrsmengen am Wochenende sollte der Effekt jedoch im Einzelfall berücksichtigt werden.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1.  Einleitung

Kfz-Emission sind auch heute noch eine der wichtigsten Quellen für Luftschadstoffe. Von der Luftreinhaltung über die Bauleitplanung bis hin zur Entwicklung und Bewertung rechtlicher Instrumente zur Reduzierung von Schadstoffemissionen und Luftbelastung ist daher die Bestimmung von Kfz-Emissionen von Bedeutung. In der Regel erfolgt dies in Deutschland mit Hilfe des Handbuchs für Emissionsfaktoren (HBEFA) [1], siehe z.B. [2]. Wichtige Eingangsdaten sind einerseits verkehrliche Kennziffern, wie die Verkehrsmenge und die Verkehrsqualität. Zum anderen werden Angaben zur Zusammensetzung der Fahrzeugflotte benötigt. Dies umfasst nicht nur die Anteile der einzelnen Fahrzeugkategorien wie Pkw oder leichte und schwere Nutzfahrzeuge, sondern auch die Anteile nach Antriebsart und Emissionsstandard.

Werden stichprobenhafte Verkehrserhebungen durchgeführt, so geschieht das bevorzugt an den Werktags-Wochentagen Dienstag bis Donnerstag. Für viele verkehrsplanerische Aufgaben genügt dies häufig schon, insbesondere wenn die Stunden mit den höchsten Verkehrsmengen ausschlaggebend sind. Für die Beurteilung der Luftqualität an Straßen reicht das in der Regel jedoch nicht aus, da die meisten Grenzwerte als Jahresmittelwerte festgelegt sind. Gerade für die Belastung durch Stickstoffdioxid ist der Jahresgrenzwert die kritische Größe, die noch nicht überall in Deutschland sicher eingehalten werden kann, während der über einen Stundenmittelwert festgelegte Kurzzeitgrenzwert gut eingehalten wird.

Für die Modellierung der Kfz-bedingten Luftbelastung werden daher Daten von Erhebungen an Werktagen mit Korrekturfunktionen auf repräsentative Wochenwerte umgerechnet – oder auch nicht. Denn nicht immer gibt es Daten für das Wochenende.

Für die Bestimmung der Flottenzusammensetzung werden in Berlin seit Start der Umweltzone im Jahre 2008 immer wieder stichprobenhaft Kennzeichenerhebungen durchgeführt. Im Jahr 2021 wurden dabei zum ersten Mal Daten sowohl für die Werktage Montag und Dienstag als auch am Wochenende erhoben, um zu untersuchen, ob es Unterschiede in der Flottenzusammensetzung gibt und inwieweit sich diese auf die mittleren täglichen Emissionen auswirken [3].

2.  Methodik

Für die Bestimmung der Flottenzusammensetzung wurden an 11 Straßenquerschnitten in Berlin videobasierte Kennzeichenerhebungen durchgeführt. Die Straßen lagen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Umweltzone Berlin. Für vier Straßen galt zudem ein Durchfahrverbot für Dieselfahrzeuge bis einschließlich Euro 5/V. Die Erhebungen erfolgten tagsüber für mindestens 12 Stunden in der Zeit vom 30.10. bis 02.11.2021 jeweils an einem Montag/ Dienstag und einem Wochenendtag.

An allen Messquerschnitten wurden stationäre Kamerasysteme für die Kennzeichenerfassung eingesetzt. Hierfür wurde das mobile automatische Kennzeichenerfassungssystem V-REX der Cichon-Automatisierungstechnik GmbH (CAT-Traffic) eingesetzt. Dieses besteht aus einer kompakten, hochleistungsfähigen Infrarotkamera mit Wetterschutzhaube und einem angeschlossenen Video-PC mit einer Software zur Kennzeichenauswertung (Video-Trigger, OCR).

Damit war eine zuverlässige Kennzeichenerkennung über den gesamten Tag sowie auch unter schwierigen Bedingungen (z. B. Gegenlicht, Kfz-Abblendlicht, Licht-/Sonnenspiegelungen auf den Kennzeichen etc.) gegeben.

Abbildung 1: Kameras zur Erfassung der Kennzeichen in der Schildhornstraße in Berlin -Steglitz

Die Systemsoftware zur Kennzeichenerfassung arbeitet generell mit einem Video-Trigger, d.h. das System registriert automatisch Bewegungen im Bildausschnitt und analysiert daraufhin die Bilder nach speziellen Merkmalen (Kfz-Kennzeichen). Die erfassten Kennzeichen wurden mit Hilfe eines besonderen OCR-Algorithmus in Klartext umgewandelt und zusammen mit weiteren Informationen (Messstelle, Kamera, Richtung, Datum und Stunde) verschlüsselt abgelegt. Aufgrund eines robusten Algorithmus war auch eine zuverlässige Erkennung von sehr kleinen Kennzeichen im Bildausschnitt gegeben.

Generell wurde aufgrund der hohen Verkehrsbelegungen jeweils ein Kamerasystem pro Kfz-Fahrstreifen eingesetzt, um eine möglichst vollständige Erfassung der Kennzeichen zu gewährleisten. Durch die gezielte Ausrichtung auf jeweils eine Spur sowie die erhöhte Montage der Kamerasysteme zur Erfassung der äußeren Spuren konnten Abschattungseffekte weitestgehend vermieden werden. Die Geschwindigkeit, mit der ein Fahrzeug den Bildausschnitt durchquert, spielt für die Erkennbarkeit des Kennzeichens mit dem System V-REX in der Regel kaum eine Rolle. Die Kennzeichenerfassung erfolgte grundsätzlich von vorn.

Nach einer Plausibilitätsprüfung wurden die Kennzeichen zum Registerabgleich an die Berliner Zulassungsbehörde (in Berlin zugelassen Fahrzeuge) und das Kraftfahrt-Bundesamt (für die übrigen in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge) übergeben. Dabei wurden Erfassungsort und -zeit verschlüsselt, um Rückschlüsse auf die Verkehrsteilnahme zu erschweren.

Die Durchführung der Kennzeichenerhebung erfolgte in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten. Die datenschutzrechtlichen Auflagen umfassten die Information der Verkehrsteilnehmer vor Ort durch Hinweisschilder, im Internet sowie über Presseinformationen in der Lokalpresse über die Kennzeichenerhebung und deren fachlichen Hintergründe. Zudem wurde eine auf die Kennzeichenerhebung abgestimmte Datenschutzerklärung im Internet veröffentlicht. Zum Schutz der Daten dienten eine Password-geschützte Aufzeichnung und Weitergabe sowie die früheste mögliche Anonymisierung im Rahmen der Übergabe an das KBA bzw. die Berliner Zulassungsbehörde. Die Originaldaten (Kennzeichen, etc.) wurden nach der Datenübergabe gelöscht, so dass eine Zuordnung von technischen Daten zu einzelnen Kennzeichen nicht möglich ist.

3.  Ergebnisse

Für die Auswertung standen insgesamt 439 584 Fahrzeugdaten zur Verfügung. Auf der Basis der von den Behörden übermittelten technischen Fahrzeugdaten wurden folgende Fahrzeugeigenschaften bestimmt:

  • Fahrzeug-Kategorie,
  • Antrieb und - soweit verfügbar - Partikelfilterausrüstung für Dieselfahrzeuge,
  • Alter,
  • Gewicht,
  • Euronorm (konventionell = Euro 0, Euro 1/I bis Euro 6 d/VI),
  • Fahrzeugschichten nach Handbuch für Emissionsfaktoren (HBEFA 1).

Zusammen mit weiteren verkehrlichen Daten (Verkehrsmenge, Verkehrssituation nach HBEFA 4.1) ist dies die Basis zu Berechnung der Kfz-bedingten Emissionen.

Die Auswertungen erfolgen zunächst getrennt nach Fahrzeugkategorien. Aufgrund des sonntäglichen Lkw-Fahrverbots ist die erfasste Zahl von schweren Nutzfahrzeugen an Sonntagen sehr niedrig und erreicht im Mittel nur 3,5 % der wochentags erfassten Fahrzeuge. Damit beruhen die Aussagen zur Wochenendflotte dieser Fahrzeuge auf sehr wenigen Fahrzeugen und weisen eine höhere statistische Unsicherheit auf.

3.1 Fahrzeugalter

Das Alter der Fahrzeuge ergibt sich aus dem Jahr seiner Erstzulassung. In der Regel weisen ältere Fahrzeuge höhere Emissionen auf. Zum einen traten in den letzten Jahrzehnten jeweils im Abstand von mehreren Jahren Verschärfungen von Emissionsgrenzwerten in Kraft, zum anderen unterliegen Abgasreinigungssysteme wie Katalysatoren einer Alterung, so dass mit zunehmender Fahrleistung und Alter die Wirksamkeit nachlässt.

Die Auswertungen zeigen selbst für den Erhebungszeitraum Ende Oktober/Anfang November:

Am Wochenende, besonders am Sonntag werden eher auch mal ältere Fahrzeuge bewegt. Die Unterschiede der Altersverteilungen zwischen den Wochentagen sind zwar relativ gering, aber doch erkennbar (siehe Abb. 1). So ist das mittlere Fahrzeugalter an den Wochenend-tagen tendenziell höher als an Werktagen (Montag/Dienstag). Ein Grund hierfür könnte in der geringeren Nutzung von Dienstwagen am Wochenende liegen. Größere Unterschiede in der Altersverteilung zwischen Werktag und Wochenende bei den Nutzfahrzeugen sind zudem auch auf die relativ geringen Stichproben und die damit verbundenen Unsicherheiten zurückzuführen.

Ein Vergleich des mittleren Alters an Werktagen mit Kennzeichenerhebungen aus den Vorjahren zeigt eine gewisse Zurückhaltung bei der Fahrzeugbeschaffung in den Pandemiejahren. Der Anteil der höchstens zwei Jahre alten Fahrzeuge (hier Erstzulassung in 2021 bzw. 2020) betrug knapp 15 %, bei der Erhebung 2019 lag der entsprechende Anteil noch bei 21 %.

Abbildung 2: Mittleres Fahrzeugalter nach Fahrzeugkategorien und Wochentag aller bei der Kennzeichenerhebung Berlin 2021 erfassten Fahrzeuge (-B: Benzin, -D: Diesel, LNF: leichte Nutzfahrzeuge, Rbus: Reisebusse, SNF: schwere Nutzfahrzeuge)

3.2 Flottenzusammensetzung nach Emissionskonzept

Fahrzeuge mit höherem Alter haben tendenziell ein älteres Emissionskonzept und weisen höhere Emissionen auf. Entsprechend zeigten die Auswertungen zum Anteil der verschiedenen Emissionskonzepte von Euro 0 bis Euro 6d, dass am Wochenende der Euro-6-Anteil etwas niedriger ist. Der Rückgang ist jeweils sonntags ausgeprägter als samstags. Bei Diesel-Pkw sank der Anteil um etwa 16 % (s. Abb. 2), bei Otto-Fahrzeugen um etwa 5 %. Gleichzeitig lag der gesamte Dieselanteil sonntags ca. 8 % unter dem der Werktage. Emissionsseitig sind dies tendenziell zwei gegenläufige Effekte.

Bei den leichten Nutzfahrzeugen (LNF) mit Dieselmotor sank der Euro-6-Anteil am Wochenende ebenfalls um etwa 16 % (Abb. 3). Bei den schweren Nutzfahrzeugen (SNF) lag der Anteil der Euro-VI-Fahrzeuge sogar um 25 % (Abb. 4) niedriger.

Zu erkennen ist auch der insgesamt etwas höhere Anteil von Fahrzeugen mit Abgasstandards von Euro 0 bis 3. Zu beachten ist dabei, dass die Zahl der erfassten Nutzfahrzeuge am Wochenende im Mittel um mehr als 80 bis mehr als 90 % niedriger war als werktags, so dass schon wenige alte Fahrzeuge die Flottenzusammensetzung merklich beeinflussen.

Ergänzend zum Vergleich der Flottenzusammensetzung innerhalb Berlins an den verschiedenen Wochentagen wurde in den Abbildungen 3 bis 6 auch die Flottenzusammensetzung des Bezugsjahrs 2021 abgebildet, die im HBEFA 4.1 als mittlerer Wert für Deutschland ausgegeben wird. Seit Einführung der Umweltzone 2008 zeigte sich bei den Kennzeichenerhebungen in Berlin eine etwas emissionsärmere Flottenzusammensetzung als im deutschlandweiten Durchschnitt, während es davor umgekehrt war. Besonders bei den Diesel-Pkw ist der Anteil der emissionsärmsten Abgasnormen Euro 6-dtemp und Euro 6d in Berlin deutlich höher. Auch gibt es mehr Euro-3-Diesel-Pkw mit Partikelfilternachrüstung. Nur bei den schweren Nutzfahrzeugen ist die Flotte in Berlin inzwischen wieder etwas weniger modern als die HBEFA-Flotte.

Abbildung 3: Mittlere Flottenzusammensetzung für Pkw mit Dieselmotor nach Emissionskonzept und Wochentag aus dem HBEFA 4.1 und der Kennzeichenerhebung in Berlin für das Jahr 2021

Abbildung 4: Mittlere Flottenzusammensetzung für leichte Nutzfahrzeuge (< 3,5 t zul. Gesamtgewicht) mit Dieselmotor nach Emissionskonzept und Wochentag aus dem HBEFA 4.1 und der Kennzeichenerhebung in Berlin für das Jahr 2021

Abbildung 5: Mittlere Flottenzusammensetzung für schwere Nutzfahrzeuge (> 3,5 t zul. Gesamtgewicht) nach Emissionskonzept und Wochentag aus dem HBEFA 4.1 und der Kennzeichenerhebung in Berlin für das Jahr 2021

3.3 Vergleich der Emissionsfaktoren Werktags - Wochenende

Um die Wirkung der unterschiedlichen Flottenzusammensetzung auf die Emissionen von Stickstoffoxiden und auspuffbedingten Partikeln zu quantifizieren, wurden anhand der schichtfeinen Emissionsfaktoren des HBEFA 4.1 gewichtete Emissionsfaktoren berechnet. Für diesen Vergleich wurden einheitlich für alle Tage die Emissionsfaktoren der Verkehrssituation „Agglo/FernStr-City/50/gesättigt“ verwendet.

In Abbildung 5 sind die relativen Änderungen der Emissionsfaktoren samstags und sonntags gegenüber werktags (Montag/Dienstag) dargestellt. Der Emissionsfaktor für Pkw umfasst alle Antriebsarten. Aufgrund des niedrigeren Dieselanteils wird die Verschlechterung der Flottenzusammensetzung bei Diesel-Pkw teilweise kompensiert, so dass sich die Emissionsfaktoren nur um 4 bis 6 % bei den Stickstoffoxiden und 2 bis 4 % bei den Auspuffpartikeln erhöhen. Bei den Nutzfahrzeugen wirken sich die höheren Anteile älterer Abgasnormen ohne Partikelfilter besonders auf die Emissionsfaktoren für Partikel aus. Bei den leichten Nutzfahrzeugen ergeben sich Anstiege um 33 bis 75 %, bei den schweren Nutzfahrzeugen um 11 bis 70 %.

Abbildung 6: Relative Änderung der Emissionsfaktoren am Wochenende gegenüber Werktags (Montag/Dienstag) aus der Flottenzusammensetzung der Kennzeichenerhebung 2021 nach HBEFA 4.1 für die Verkehrssituation „Agglo/FernStr-City/50/gesättigt“ (LNF= leichte Nutzfahrzeuge; SNF= schwere Nutzfahrzeuge)

3.4 Emissionen an ausgewählten Straßenabschnitten

Für die untersuchten Straßenabschnitte wurden basierend auf aktuellen Verkehrsdaten für das Jahr 2021 und der aus der Flottenzusammensetzung bestimmten Emissionsfaktoren nach HBEFA 4.1 die mittleren täglichen Emissionen pro Meter und Jahr für Stickstoffoxide (NOx) und auspuffbedingte Partikel für werktags (WT) und sonntags (So) berechnet. Da es sich bei allen Straßen um Stadtstraßen ohne Ausflugsziele handelte, waren die Verkehrsmengen sonntags deutlich niedriger als werktags. Der Rückgang bei den verschiedenen Fahrzeugkategorien war jedoch nicht proportional zur Gesamtverringerung. Für die in Abb. 6 und 7 dargestellten Straßenabschnitte war die tägliche Verkehrsmenge sonntags im Mittel 35 % niedriger als werktags. Während der Pkw-Verkehr dabei nur um 29 % zurückging, reduzierte sich der Verkehr bei den leichten Nutzfahrzeugen (LNF) um 67 % und bei den schweren Nutzfahrzeugen (SNF) sogar um 88 %. Demnach sank sonntags nicht nur die Gesamtverkehrsmenge, sondern überproportional auch der Anteil der „emissionsstärkeren“ Nutzfahrzeuge. Für Reisebusse waren die Unterschiede im Rückgang von Abschnitt zu Abschnitt sehr unterschiedlich und reichten von einem Rückgang um 95 % (Hermannstraße) bis zu einer Zunahme um 28 % (Leipziger Straße).

Durch die niedrigeren sonntäglichen Verkehrsmengen verbesserte sich der Verkehrsfluss. So waren die Fahrleistungen, die sonntags im LOS (level of service) „flüssig“ erbracht wurden, höher als werktags, die in den LOS „gesättigt“ und „Stop&Go“ z.T. deutlich niedriger. Die Fahrleistungen im LOS „dicht“ waren sonntags und werktags relativ gleich.

Diese Effekte – Rückgang der Gesamtverkehrsmenge, Rückgang des LNF- und SNF-Anteils sowie Verbesserung des Verkehrsflusses – wirken unabhängig von den Unterschieden in den Flottenzusammensetzungen stark emissionsmindernd.

In den Abbildungen 6 und 7 sind die berechneten Emissionen einerseits für werktags (Montag und Dienstag) und andererseits für sonntags dargestellt. Es zeigt sich, dass insbesondere aufgrund der niedrigeren Verkehrsmengen und der besseren Verkehrsqualität die Emissionen sonntags für NOx um 44 bis 55 % und für abgasbedingte Partikel um 41 bis 59 % niedriger sind.

Um den Effekt der schlechteren Flotte am Sonntag zu bewerten, wurden für sonntags auch Emissionen mit der für werktags ermittelten Flotte berechnet (WoEFwt). Wie schon in Abbildung 5 zu erkennen ist, sind die Änderungen der Emissionsfaktoren für NOx samstags und sonntags vergleichsweise gering. Entsprechend ergeben sich auch bei den gesamten NOx-Emissionen in den einzelnen Straßen nur geringe Unterschiede (s. Abb. 6). Der Fehler bei der Verwendung der Werktags-Flotte auf die Emissionsberechnung am Sonntag beträgt nur ca. 6 %, d. h. die NOx-Emission wird um etwa 6 % unterschätzt. Bei der Emission auspuffbedingter Partikel macht sich die ältere Flotte etwas stärker bemerkbar. Die mit der Werktags-Flotte berechneten Partikelemissionen sind im Mittel etwa 23 % niedriger als mit der älteren Sonntags-Flotte. Ein Grund für die stärkere Abweichung ist der hohe Wirkungsgrad des Partikelfilters von 90 % und mehr. So führt auch der nur geringfügig höhere Anteil von Dieselfahrzeugen ohne Partikelfilter, insbesondere bei den Nutzfahrzeugen, in der Sonntags-Flotte zu einem deutlichen Anstieg der Partikelemission.

Abbildung 7: Vergleich der absoluten NOx-Emissionen in Gramm pro Meter und Jahr nach Werktag (WT) und Sonntag (LBus= Linienbus; RBus= Reisebus) für ausgewählte Straßenabschnitte

Abbildung 8: Vergleich der absoluten Emissionen auspuffbedingter Partikel in Gramm pro Meter und Jahr nach Werktag (WT) und Sonntag für ausgewählte Straßenabschnitte

4. Fazit

Die Auswertungen der Kennzeichenerhebung 2021 an Werktagen (Montag/Dienstag) sowie am Wochenende zeigen für den Erhebungszeitraum Ende Oktober/Anfang November:

Am Wochenende, besonders am Sonntag, werden eher auch mal ältere Fahrzeuge bewegt. Die Fahrzeugflotte am Wochenende ist im Mittel etwas älter und der Anteil von Fahrzeugen mit älterem Emissionsstandard etwas höher. Dies führt zu einer leichten Erhöhung der Emissionsfaktoren je Fahrzeugkategorie. Dieser Effekt wird jedoch in Berlin durch die deutlich niedrigeren Verkehrsmengen und die bessere Verkehrsqualität am Wochenende mehr als ausgeglichen. So liegen die Emissionen auch bei der Modellierung mit der emissionsintensiveren Sonntagsflotte im Mittel sowohl für Stickstoffoxide als auch für abgasbedingte Partikel um fast 50 % niedriger. Werden die Emissionen auch für Sonntage mit der Werktags-Flotte berechnet, so werden die Stickstoffoxidemissionen um etwa 5 % und die abgasbedingten Partikel um etwa 23 % unterschätzt.

In der Jahresbilanz kann dieser Effekt in der Regel im Stadtverkehr vernachlässigt werden. Unter anderen Randbedingungen, insbesondere bei der Betrachtung von Straßen mit regelmäßig hohen Verkehrsmengen an Wochenenden (z. B. durch Ausflugsverkehr) kann damit eine gesonderte Berücksichtigung einer Wochenend-Flotte auch für die Gesamtemissionen im Jahr durchaus von Bedeutung sein.

Literatur:

  1. VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL): VDI 3782 Blatt 7 Umweltmeteorologie - Kfz-Emissionsbestimmung – Düsseldorf 2020
  2. Handbuch Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs, Version 4.1, erarbeitet durch INFRAS AG Bern/Schweiz 2019. http://www.hbefa.net
  3. Schmidt, W., Düring, I.: Ermittlung der Flottenzusammensetzung, Emissionsfaktoren und der täglichen mittleren Emissionen aus dem KFZ-Verkehr anhand von Kennzeichenerhebungen (EFEK 2021). Schlussbericht. im Auftrag der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Berlin. Dresden 2022. Kennzeichenerhebungen - Berlin.de