FGSV-Nr. FGSV 001/28
Ort Dortmund
Datum 05.10.2022
Titel Die neuen RSA und Erfahrungen in der Praxis
Autoren Dipl.-Ing. Matthias Burger, Dipl.-Ing. (FH) Thomas Muth
Kategorien Kongress
Einleitung

Die RSA 21 dürften in der täglichen Praxis eines der am häufigsten zur Anwendung kommenden Regelwerke der FGSV sein. Als Regelwerk zur StVO („verlängerter Arm der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO“) kommt ihnen dabei eine rechtliche Sonderstellung zu. Entsprechend dieser Anwendungshäufigkeit, verbunden mit der großen Bedeutung der Absicherung von Arbeitsstellen für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, sind die RSA 21 zugleich eines der bedeutendsten Regelwerke im Straßenwesen. Die enthaltenen Neuerungen bieten bei korrekter Anwendung großes Potenzial zur Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.

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1 Einleitung

Am 12. Juli 2021 feierte der heutige Arbeitskreis (AK) 3.5.4 „Sicherung von Arbeitsstellen“ der FGSV sein zwanzigjähriges Bestehen. Nahezu alleiniger Gegenstand der Befassung war bislang die Fortschreibung der „Richtlinien zur verkehrsrechtlichen Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA). Die RSA stellen einen der wichtigsten Schnittpunkte zwischen Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrstechnik dar: Sie sind einerseits in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) verankert und adressieren sich an die nach § 45 StVO anordnungsbefugten Behörden, beschreiben aber andererseits die technischen Rahmenbedingungen, unter denen der Verkehr an Arbeitsstellen sicher und geordnet zu regeln und zu führen ist.

Nach der konstituierenden Sitzung 2001 bestand die Zielsetzung des AK in einer Teilfortschreibung des Teils D einschließlich der notwendigen Folgeänderungen in Teil A. Insbesondere wollte der AK Regelungen zu Nachtbaustellen an Autobahnen aufnehmen, um die Durchführung von Arbeitsstellen kürzerer Dauer während der Dunkelheit und damit zu verkehrsschwachen Zeiten zur Regel zu machen, angesichts zunehmender Verkehrsbelastung auf den Autobahnen und in der Folge zunehmend gravierender Auswirkungen von Arbeitsstellen kürzerer Dauer während der Tageshelligkeit auf die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs. Daneben sollten die zwischenzeitlich in die StVO aufgenommenen und 2014 mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau vom BMDV eingeführten Warnschwellen sowie die sogenannten Pfeilbaken in die RSA aufgenommen werden.

Mit fortschreitender Bearbeitung, insbesondere aber nach zwei Länderanhörungen in den Jahren 2007 und 2009 kristallisierte sich jedoch zunehmend heraus, dass der ursprüngliche Ansatz einer Teilfortschreibung angesichts der umfangreichen Änderungen bereits zur ersten sogenannten Schilderwaldnovelle der StVO 1997, noch mehr aber durch die umfangreichen Änderungen der VwV-StVO im Rahmen der zweiten Schilderwaldnovelle 2009 nicht zu halten sein würde. Es zeigte sich insoweit, dass ein solches Regelwerk an der Schnittstelle von Recht und Technik zwingend die Berücksichtigung der technischen wie rechtlichen Rahmenbedingungen erfordert, und eine erfolgreiche Überarbeitung nur gelingt, wenn Experten der Straßenverkehrstechnik und des Straßenverkehrsrechts intensiv und vertrauensvoll zusammenarbeiten, gemeinsam mit Vertretern von Industrie, Forschung und Vollzugspraxis.

So hart die von Länderseite gestützte Kritik der seinerzeitigen Leitung des für die StVO zuständigen Referats im Bundesverkehrsministerium an den bisherigen Ergebnissen des Arbeitskreises für dessen Mitglieder im ersten Moment auch zu verarbeiten war – es sollte sich zeigen, dass damit der Grundstein für eine umfassende Verbesserung dieses Regelwerks gelegt war. Dies umso mehr, als es seinerzeit nicht bei der Kritik blieb, sondern eine Bereitschaft zum Austausch und zur Zusammenarbeit bestand, die – wie vorstehend beschrieben – eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg war.

Um angesichts des sich abzeichnenden Umfangs der noch zu leistenden Arbeiten notwendigen Fortschritt nicht allzu sehr auf die lange Bank zu schieben, hat das BMDV im Dezember 2009 die Nachtbaustellen per ARS vorab eingeführt. Der Arbeitskreis machte sich alsdann an die Herkulesaufgabe einer vollständigen Überarbeitung der RSA, unter Berücksichtigung des aktuellen Stands von StVO und VwV-StVO. Die umfangreichen Länderstellungnahmen aus den vorangegangenen Anhörungen boten hierfür eine gute Grundlage. Daneben flossen bei dieser Gelegenheit erneut zahlreiche Forschungsergebnisse und Innovationen in die RSA ein.

Im Frühjahr 2017 hatte der AK dann den Entwurf einer vollständigen Überarbeitung der RSA fertiggestellt. Um bei der folgenden Länderanhörung und der Herstellung des Einvernehmens nicht wieder mit (allzu vielen) grundsätzlichen Fragestellungen konfrontiert zu werden, waren die zuständigen Referate im BMDV zwischenzeitlich übereingekommen, vor der Länderanhörung die RSA von einer kleinen Ad-hoc-Arbeitsgruppe auf StVO-Konformität zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.

Aus formalen Gründen ging die im Frühjahr 2018 abschließend von dieser Arbeitsgruppe bearbeitete Fassung nicht direkt in die Länderanhörung, sondern nochmals an den AK. Dieser sah sich bemüßigt, sich erneut inhaltlich mit dem vorliegenden Entwurf zu befassen und den Ländern u. a. einige Alternativen zu von der Ad-hoc-AG überarbeiteten Regelplänen zur Auswahl anzubieten. So wurde es August 2018, bis der AK den Entwurf zur Einleitung der Länderanhörung beim BMDV einreichte. Diese hat das BMDV dann im Frühjahr 2019 initiiert.

Zwischenzeitlich war es im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Arbeitsstättenregeln (ASR), Teil A5.2, Arbeiten im Grenzbereich zum Verkehr, zu Verunsicherungen und Diskussionen gekommen, weil die Auffassung vorherrschte, die Anforderungen dieser Regeln seien durch Modifikationen der verkehrsrechtlichen Anordnungen zu erfüllen. Die darauf entbrennende Diskussion sowohl zwischen Verkehrs- und Sozialressorts von Bund und Ländern als auch zwischen den für den Straßenbau und den für den Straßenverkehr zuständigen Stellen bei Bund und Ländern führte parallel zur Überarbeitung der RSA zu mehreren Befassungen der Verkehrsministerkonferenz, die in eine Länderarbeitsgruppe und ein Forschungsvorhaben der BASt im Auftrag des BMDV mündeten. Die erwähnte Verunsicherung stellte sich jedoch letztlich zumindest formal als unbegründet heraus, da die ASR A5.2 Regeln zur Ausführung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sind. Die ArbStättV adressiert sich an den Arbeitgeber. Der Bauherr ist über die Baustellenverordnung (BaustellV) verpflichtet, die Arbeiten so zu beauftragen, dass den Auftragnehmern die Wahrnehmung ihrer Arbeitgeberpflichten möglich ist. Bauherr bei Straßenbauarbeiten ist der Straßenbaulastträger. Er ist rechtlich – und möglichst auch organisatorisch – nicht identisch mit der anordnenden Behörde im Sinne der StVO (Straßenverkehrsbehörde oder Straßenbaubehörde). Die Arbeitsstättenverordnung oder die zu ihr veröffentlichten Arbeitsstättenregeln begründen keine Amtspflichten für die anordnenden Behörden im Sinne der StVO. Es kommt also letztlich darauf an, dass die anordnenden Behörden im Rahmen einer sorgfältigen Planung der Straßenbauarbeiten die verkehrlichen Erfordernisse angemessen gegenüber dem Straßenbaulastträger durchsetzen. Die verkehrsrechtliche Anordnung stellt insoweit den Rahmen dar, innerhalb dessen der Straßenbaulastträger (Bauherr) seine Arbeiten einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zum Arbeitsschutz planen kann.

Doch zurück zur Entstehungsgeschichte der RSA.

Die Länderanhörung und die anschließende Aufbereitung der Anhörungsergebnisse durch die BASt zu einer Synopse nahm annähernd ein weiteres Jahr in Anspruch. Insgesamt hatten die Länder und die angehörten Verbände zu knapp 1400 Punkten Stellung genommen. Im Frühjahr 2020 lag die fertige Synopse vor, und die Abarbeitung der 1400 Stellungnahmen konnte beginnen. In der ersten – und im weiteren Verlauf einzigen vollständigen - Präsenzsitzung vereinbarte der AK bis Ende 2020 mit einer zweitägigen Sitzung pro Monat ein „strammes Programm“ – so dachte man. Dann kam die Seuche, und es war klar, dass bis auf weiteres keine Präsenzsitzungen mehr würden stattfinden können. Es blieb dem AK nichts anderes übrig als auf das für die meisten Mitglieder neuartige Mittel der Webkonferenz zurückzugreifen. Schnell machte der AK jedoch aus der Not eine Tugend und beschloss, statt zweier de facto halbtägiger Termine pro Monat zwei halbtägige Termine pro Woche zu vereinbaren. Nur damit war es letztlich möglich, die 1400 Stellungahmen innerhalb eines Jahres abzuarbeiten. Benötigt wurden hierfür etwa 65 Sitzungen, alle bis auf eine Hybridsitzung per Webkonferenz. Voraussetzung für diesen Erfolg war allerdings auch, dass der AK durch die zahlreichen Präsenzsitzungen davor gut eingespielt war und die Teilnehmerzahl in überschaubarem Rahmen blieb. Im März 2021 konnte der AK dann den insoweit überarbeiteten Entwurf einschließlich einer Synopse mit zum Teil umfangreichen Erwiderungen des AK dem BMDV übergeben, um über den Bund-Länder-Fachausschuss Straßenverkehrs-Ordnung/Ordnungswidrigkeiten (BLFA-StVO/OWi) die Herstellung des von der VwV-StVO vorgeschriebenen Einvernehmens mit den zuständigen obersten Landesbehörden einzuleiten.

Im Ergebnis wurden dem AK 60 Stellungnahmen vorgelegt, wobei die wenigsten davon als zwingende Voraussetzung für die Bestätigung des Einvernehmens deklariert waren. Diese hat der AK bis zum 31. Mai 2021 erwidert bzw. eingearbeitet. Am 22. Juni 2021 hat das BMDV das Einvernehmen der Länder festgestellt. Damit stand einer Veröffentlichung der neuen RSA gut 20 Jahre nach dem Beginn der Arbeiten nichts mehr im Wege. Der AK bleibt aber weiterhin bestehen und widmet sich jetzt dem nachgeordneten Regelwerk, insbesondere den ZTV-SA und dem MVAS.

2 Einführung der RSA 21 in die Praxis

Nach der Erarbeitung der RSA 21 stellt deren Anwendung in der täglichen Praxis die nächste große Herausforderung dar. Diese teilt sich in folgende Aspekte auf:

  • Umstellung des Verwaltungshandelns,
  • Umgang mit bestehenden Anordnungen,
  • Einführung der technischen Rahmenbedingungen, welche die RSA als Regelfall vorsehen.

Die Umstellung des Verwaltungshandelns stellt die mit Abstand wichtigste Herausforderung dar, die in der nächsten Zeit Zug um Zug gelingen muss. Dies betrifft zum einen die Umsetzung der Inhalte im Hinblick auf andere Verkehrsführungen und Verkehrszeichenanordnungen, zum anderen aber insbesondere auch die Wahrnehmung des notwendigen Ermessens durch die anordnenden Behörden oder Stellen. Letzteres dient dazu, die verkehrsrechtliche Anordnung insbesondere im Hinblick auf die Minimierung des Eingriffs in den Verkehr, aber auch auf die individuellen Gegebenheiten der Örtlichkeit und der durchzuführenden Arbeiten auszugestalten. Eine rechtssichere und rechtskonforme Anordnung erfordert zudem, diese so auszuformulieren, dass dem Ausführenden keinerlei eigene Ermessensspielräume mehr verbleiben, z. B. dazu, wo welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen sind, und wie der Verkehr im Detail zu führen ist. Dies allerdings ist keine originäre Anforderung der RSA, sondern ein allgemeiner verkehrsrechtlicher Grundsatz, den die RSA 21 lediglich aufgenommen und konsequenter umgesetzt haben, als dies möglicherweise bislang der Fall war.

Die vorstehenden Anforderungen sind in vielerlei Hinsicht nicht mit hergebrachten Gewohnheiten und Gepflogenheiten vereinbar. Eine der größten Herausforderungen wird es deshalb sein, diese Neuerungen in die Köpfe der Akteure zu bringen und hierfür Akzeptanz zu schaffen. Umso wichtiger sind deshalb Schulungen, in denen nicht nur die Inhalte vermittelt werden, sondern insbesondere auch der „Geist“ der RSA, das heißt die grundsätzlichen Überlegungen und Zusammenhänge, die hinter den einzelnen Regelungen und Vorgaben der RSA stehen. Hierzu ist es in einem ersten Schritt von besonderer Bedeutung, dass diejenigen diese Überlegungen und Zusammenhänge verinnerlichen, die diese Schulungen abhalten.

Im Hinblick auf wegen der wahrzunehmenden Ermessensspielräume und des Einzelfallbezugs eventuell zu befürchtende Mehraufwände bei der Ausfertigung verkehrsrechtlicher Anordnungen ist jedoch zu erwarten, dass die fortschreitende Digitalisierung hier erhebliche Arbeitserleichterungen mit sich bringen wird. Dies setzt naturgemäß voraus, dass die verantwortlichen staatlichen und kommunalen Stellen ihren Mitarbeitern die hierfür notwendige Anwendungssoftware bereitstellen und die erforderliche Datengrundlage erheben und pflegen.

Auch die vorstehend angesprochenen Aspekte der RSA beruhen im Wesentlichen nicht auf Eigenschöpfungen der RSA, sondern sind der konsequenten Umsetzung verwaltungsrechtlicher Grundsätze einerseits und der umfangreichen seit Einführung der RSA 95 erfolgten Änderungen der StVO und der VwV-StVO andererseits geschuldet. Insoweit sollten diese Regelungen der RSA 21 bei angemessener Befassung mit den Änderungen der StVO und der VwV-StVO kein wirkliches Novum darstellen.

Die RSA 21 greifen aber auch in bestehende verkehrsrechtliche Anordnungen ein: Für verkehrsrechtliche Anordnungen gilt nämlich kein Bestandsschutz. Sie müssen jederzeit den jeweils geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften entsprechen. Allerdings ist auch zu konstatieren, dass eine sofortige Umstellung aller erteilten verkehrsrechtlichen Anordnungen auf die RSA 21 vor erheblichen praktischen Herausforderungen stünde: Zum einen hätten das die Kapazitäten des Personals in den Verwaltungen und der Unternehmen nicht hergegeben, zum anderen besteht durchaus eine Wechselwirkung zwischen der Durchführung (und Durchführbarkeit) von Arbeiten und der hierzu angeordneten verkehrsrechtlichen Absicherung. Hierzu ein Beispiel: Die Zulaufstrecke (von erster Bake bis zum Beginn des Baufelds) in Arbeitsstellen längerer Dauer auf Autobahnen ist nach RSA 21 in den meisten Fällen deutlich länger geworden als nach RSA 95. Da aber die Mindestfahrstreifenbreite der Überholfahrstreifen von der Länge der Arbeitsstelle – gemessen von erster bis letzter Bake – abhängt, können bei gegebener Länge eines Baufelds nach RSA 21 andere Fahrstreifenbreiten erforderlich werden, als dies nach RSA 95 der Fall war. Infolge des höheren Breitenbedarfs mit breiteren Überholfahrstreifen kann eine ansatzlose Umstellung von RSA 95 auf RSA 21 auch insoweit Auswirkungen auf die Abmessungen des Baufelds haben – zum Beispiel, weil dann eine 4+0-Verkehrsführung nicht mehr möglich ist, und auf eine 3+1-Verkehrsführung umgestellt werden muss. Dies könnte ggf. zu einer vollständigen Neukonzeption der durchzuführenden Bauarbeiten führen. Bei laufenden Projekten ist dies in der Regel nicht leistbar, zumindest aber wären erhebliche Nachtragsforderungen und Projektverzögerungen nicht auszuschließen.

3 Verkehrsrechtliche Grundsätze

Die VwV-StVO verweist an mehreren Stellen auf die Regelungen der RSA. Damit stellen die RSA, vergleichbar mit anderen Richtlinien zur VwV-StVO, den „verlängerten Arm“ der VwV-StVO dar. Sie sind damit ein Regelwerk zum Vollzug der StVO. Dies hat u. a. Auswirkungen auf den Adressatenkreis, die Maßstäbe, welche die in den RSA enthaltenen Regelungen zu erfüllen haben, sowie den Umfang der Regelungen, die in den RSA getroffen werden können.

Zum Adressatenkreis: Die Adressaten der RSA sind identisch mit denen der VwV-StVO; namentlich die Behörden und Stellen, welche für den Vollzug der StVO zuständig oder hierzu befugt sind. Das war auch bislang bereits der Fall; die neuen RSA 21 berücksichtigen dies jedoch in deutlich stärkerem Maße als bislang. Den Unternehmern nach § 45 Absatz 6 StVO dienen die RSA als Maßstab dafür, welche inhaltlichen und formalen Voraussetzungen sie voraussichtlich zu erfüllen haben, um eine antragsgemäße verkehrsrechtliche Anordnung zu erhalten – vorbehaltlich der nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgenden Entscheidung der anordnenden Behörde. Genau wie die VwV-StVO wirken die RSA hierbei ermessenslenkend. Das heißt, dass das pflichtgemäße Ermessen innerhalb eines bestimmten Rahmens auszuüben ist. Diesen Rahmen definieren die RSA. Sie besitzen insoweit auch den Charakter eines vorweggenommenen Sachverständigengutachtens.

Die Anordnungen selbst haben stets zwei Adressaten. Primär richten sie sich an die Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer. Sie haben die Anordnung zu befolgen, was z. B. Absperrungen oder zulässige Geschwindigkeiten betrifft. Ihnen gegenüber wird diese Anordnung durch die anzubringenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen bekanntgegeben. Verantwortlich für deren Anbringung, Betrieb, Unterhaltung und Entfernung ist der zweite Adressat der Anordnung: Der antragstellende Unternehmer. Die Anordnung hat hoheitlichen Charakter, da sie der Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer ein bestimmtes Verhalten auferlegt. Das bedeutet, dass die anordnende Behörde alle mit dieser Anordnung verbundenen Aspekte abschließend, eindeutig und hinreichend bestimmt festlegen muss (Bestimmtheitsgebot). Der Unternehmer als Adressat der Anordnung hat hingegen keine hoheitlichen Befugnisse. Er ist verpflichtet, die Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen so anzubringen, wie dies die Anordnung vorsieht. Ihm darf hierbei weder ein Entschließungs- noch ein Auswahlermessen verbleiben.

Zu den Maßstäben: Beurteilungsmaßstab für den Umfang des Erforderlichen, Geeigneten und Angemessenen ist die StVO. In deren Sinne dienen verkehrsrechtliche Anordnungen dazu, die von den Arbeiten auf den Straßenverkehr wirkenden Gefahren abzuwehren (§ 45 Absatz 6 StVO: „… die sich auf den Straßenverkehr auswirken …“. Dahinter steht letztlich der insbesondere der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende § 6 Straßenverkehrsgesetz. Das bedeutet, dass sich alle vorzusehenden Maßnahmen primär am Maßstab der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs zu orientieren haben. Im Hinblick auf den Umfang und die Eingriffstiefe der verkehrsrechtlichen Anordnungen ist insbesondere § 45 Absatz 9 StVO von besonderer Bedeutung. Demnach sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund besonderer Umstände zwingend geboten ist (Satz 1). Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen des § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Diese auf den ersten Blick sehr abstrakt klingenden Vorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf die Regelungen, welche in die RSA aufgenommen werden können bzw. müssen.

Nun könnte man zu Recht einwenden, dass im Sinne von Satz 1 an Arbeitsstellen immer besondere Umstände geboten sind, welche die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen erfordern. Dies greift jedoch zu kurz. Auch innerhalb der verkehrsrechtlichen Absicherung der Arbeitsstelle ist jedes einzelne Verkehrszeichen und jede einzelne Verkehrseinrichtung nach diesem Maßstab zu beurteilen. Dies ist zwar grundsätzlich Aufgabe der anordnenden Behörden, wird aber durch die RSA erheblich erleichtert, weil die in den RSA enthaltenen Regelungen und Regelpläne diesem Maßstab bereits entsprechen. Mehrarbeit für die anordnenden Behörden entsteht insoweit erst dann, wenn sie vom Umfang oder der Eingriffstiefe über das von den RSA vorgesehene Maß hinausgehen – dies müssen sie anhand des Einzelfalls begründen.

Viele der Vorschriften, welche die vorgenannten Maßstäbe wesentlich bestimmen, sind erst nach Einführung der RSA 95 in die StVO oder die VwV-StVO aufgenommen worden. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Schilderwaldnovelle aus dem Jahr 1997 sowie die weitere Schilderwaldnovelle aus dem Jahr 2013. Mit der erstgenannten Schilderwaldnovelle wurde u. a. der schon behandelte Absatz 9 in § 45 ergänzt. Der letztgenannten Schilderwaldnovelle liefen umfangreiche Änderungen der VwV-StVO im Jahre 2009 voraus, die erheblichen Auswirkungen auf die Zulässigkeit bestimmter Anordnungen auch für Arbeitsstellen haben. Beispielhaft seien hier der Entfall der sogenannten Geschwindigkeitstrichter auf allen Straßen ausgenommen Autobahnen und autobahnähnliche Außerortsstraßen sowie die Änderung des § 6 StVO genannt, welche die Anordnung von Zeichen 208 / 308 StVO auch für nicht temporäre Engstellen entbehrlich macht. Damit entfiel auch die Unsicherheit bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei arbeitsstellenbedingten Engstellen um temporäre oder nicht temporäre Engstellen im Sinne von § 6 StVO a. F. handelt, welche mutmaßlich zu der Regelung mit Zeichen 208 / 308 in den RSA 95 beigetragen hat. Durch die Zulässigkeit der Begleitung Rad fahrender Kinder durch Rad fahrende Erwachsene auf Gehwegen ergeben sich andere Aufstellhöhen für die auf Gehwegen angebrachten Verkehrszeichen. Die Auswirkungen dieser Änderungen erschließen sich nicht immer auf den ersten Blick, sind aber zum Teil erheblich. Aufgrund dieser umfangreichen und weitreichenden, aber erst nach Bekanntgabe der RSA 95 in Kraft getretenen Änderungen war eine vollständige und tiefgreifende Überarbeitung der RSA unumgänglich. Ein weiterer Grund hierfür war die Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention und deren Auswirkungen auf das nationale Recht (insbesondere Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen – BGG).

Zum Umfang der Regelungen: Der Umfang der Regelungen in den RSA wird durch ihren straßenverkehrsrechtlichen Charakter bestimmt und ist im Zusammenhang mit deren Adressaten zu sehen. Das bedeutet umgekehrt, dass Regelungen, die nicht Gegenstand der verkehrsrechtlichen Anordnung sein können und ihre Rechtsgrundlage nicht in der StVO haben, nicht in die RSA aufzunehmen waren. Dies betrifft z. B. rein verkehrstechnische Festlegungen oder Festlegungen, welche den Arbeitsschutz betreffen. Im Zusammenhang mit ersterer sind z. B. die sogenannten Leitwände entfallen, da es sich bei diesen – anders als z. B. die Leitschwellen oder Leitborde – nicht um Verkehrseinrichtungen im Sinne von § 43 StVO, sondern um bauliche Elemente handelt, die damit nicht Gegenstand der verkehrsrechtlichen Anordnung sein können. Festlegungen, die den Arbeitsschutz betreffen, fußen auf der Arbeitsstättenverordnung und den hierzu erlassenen Regeln. Adressaten dieser Rechtsvorschrift sind nicht die anordnenden Behörden nach StVO, sondern die Arbeitgeber und – mittelbar über die Baustellenverordnung – der Bauherr. Maßnahmen zum Arbeitsschutz sind mit Mitteln umzusetzen, welche dem Arbeitgeber und dem Bauherrn zur Verfügung stehen, z. B. zur Gestaltung der Arbeitsverfahren oder -abläufe, der eingesetzten Arbeitsmittel oder durch bauliche Einrichtungen wie z. B. Fahrzeug-Rückhaltesysteme. Verkehrsrechtliche Maßnahmen gehören hierzu hingegen nicht.

Allerdings gibt es bestimmte bauliche Gegebenheiten, welche die RSA entweder voraussetzen oder die Voraussetzung für bestimmte Anordnungen sind. Beispielhaft seien hier die Fahrzeug-Rückhaltesysteme zur Trennung der Fahrbahnen für die jeweiligen Fahrtrichtungen in Arbeitsstellen längerer Dauer auf Autobahnen genannt. Deren Vorhandensein setzen die RSA als Stand der Technik (seit den ZTV-SA 97!!) voraus, weshalb z. B. in bestimmten Regelplänen, bei denen zudem in der Regel(!) von den hierfür vorgesehenen Fahrstreifenbreiten ausgegangen werden kann, Tempo 100 vorgesehen ist. Auch entfallen wegen dieser baulichen Trennung der Fahrbahnen die Verkehrslenkungstafeln mit Darstellung des Gegenverkehrs. Hinsichtlich des Einsatzes von Fahrzeug-Rückhaltesystemen zwischen Verkehrs- und Arbeitsbereich gehen die RSA vom Vorhandensein von Fahrzeug-Rückhaltesystemen aus, eröffnen aber die Möglichkeit, Baken anzuordnen, sollte – ggf. auch streckenweise, z. B. an seitlichen Baustellenzufahrten – kein Fahrzeug-Rückhaltesystem vorhanden ist. Eine besondere Rolle spielen Fahrzeug-Rückhaltesysteme als Träger temporärer Fahrbahnbegrenzungen (Zeichen 295 StVO). Das Fahrzeug-Rückhaltesystem ist als bauliches Element nicht Gegenstand der verkehrsrechtlichen Anordnung, wird aber bei dieser entsprechend berücksichtigt. Letztlich setzen die RSA 21 hier konsequent den Grundsatz um, wonach die StVO keine Bauvorschrift ist, sondern stets von dem ausgeht, was baulich vorhanden ist. Allerdings können verkehrsrechtliche Anordnungen das Vorhandensein bestimmter baulicher Gegebenheiten durchaus als Bedingung für deren Vollzug formulieren. Hiervon sollte z. B. im Zusammenhang mit Rampen für Rollstuhlfahrer oder den Radverkehr Gebrauch gemacht werden (Nutzbarkeit als Voraussetzung für eine bestimmte Führung des Verkehrs oder einzelner Verkehrsarten). Die fehlende Eigenschaft als Bauvorschrift bedingt aber z. B. auch, dass die in den RSA festgelegte Mindestbreite von Gehwegen keine Bedeutung hat, wenn schon die baulich im Zustand ohne Arbeitsstelle vorhandene Breite des Gehwegs geringer ist. In diesen Fällen müssen entsprechend der allgemeinen Grundsätze von StVO und RSA angemessene Einzelfallregelungen gefunden werden. Damit kann auch das in den RSA verankerte Primat der verkehrsrechtlichen Anordnung mit Leben gefüllt werden. Das bedeutet, dass die verkehrsrechtliche Anordnung den Rahmen für die Durchführung der Arbeiten setzt. Die Planung dieser Arbeiten hat unter Beachtung dieses Rahmens (z. B. Lage der Fahrbahnbegrenzungen, zulässige Geschwindigkeit) zu erfolgen, auch was z. B. Sicherheitsabstände aus dem Arbeitsschutzrecht betrifft. Ein Anspruch auf bestimmte Bauweisen oder -verfahren besteht nicht; auch Mehraufwand ist in Kauf zu nehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs erforderlich ist. Einzig die grundsätzliche Durchführbarkeit der Arbeiten darf durch die Anordnung nicht in Frage gestellt werden.

4 Praxisthemen

Der Umfang der möglichen praxisrelevanten Themen ist aufgrund der bislang vergleichsweise kurzen Geltungsdauer der RSA 21 voraussichtlich noch nicht ausgeschöpft. Die nachstehend behandelten Praxisthemen haben sich vornehmlich aus der fachlichen Beratungspraxis der Autoren ergeben. Die damit gewonnen Erkenntnisse sind einerseits für eine möglichst gezielte Beratung und Schulung von Nutzen, dienen mitunter aber auch der Identifikation potenzieller punktueller Verbesserungen des Regelwerks. Diese können beispielsweise die Wahl deutlicherer Formulierungen von Vorgaben oder das Auffüllen kleinerer Regelungslücken betreffen.

Viele der aus der Praxis an die Autoren herangetragenen Fragen ließen sich jedoch auch durch selbständige, intensivere Befassung mit den RSA aufklären. In vielen Fällen reicht nämlich das Anschauen der Regelpläne nicht aus, Gehalt und Sinn der dahinterstehenden Regelungen vollständig zu erfassen. Die eingehende Befassung mit dem Textteil der RSA ist deshalb essenziell für deren Verständnis. Auch die Regelpläne sind insoweit lediglich Ausfluss der im Textteil getroffenen Regelungen, bilden diese jedoch nicht vollständig ab.

Viele vermeintliche Neuerungen der RSA 21 sind tatsächlich Ausfluss z. T. bereits länger zurückliegender Änderungen der StVO oder der VwV-StVO. Wer regelmäßig mit dem Vollzug der StVO befasst ist, dem sollten diese Änderungen eigentlich ebenso vertraut sein wie deren Auswirkungen auf die Vollzugspraxis. Seit 2009 sieht die VwV-StVO beispielsweise Geschwindigkeitstrichter nur noch auf Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen vor. Seit 2009 müssen die Straßenverkehrsbehörden folglich bei pflichtgemäßer Befolgung der VwV-StVO vorhandene Geschwindigkeitstrichter auf Landstraßen beseitigt und sollen diese auch für Arbeitsstellen nicht mehr anordnen. Selbst wenn man unterstellt, dass die RSA gegenüber der VwV-StVO die Eigenschaft einer (vorrangigen) Sonderregelung (lex specialis) besitzen, die deshalb auch der jüngeren Regelung der VwV-StVO (lex posterior) vorgehen, so sollte dieser Grundsatz der VwV-StVO den befassten Behörden und Stellen dennoch nicht neu sein und sie seine Anwendung in den RSA nicht überraschen.

Einige Fragesteller waren sich insbesondere in der Anfangszeit unsicher hinsichtlich der Anwendbarkeit der RSA 21 in ihrem Zuständigkeitsbereich. Hier ist ein wesentlicher Unterschied zum rein technischen Regelwerk von großer Bedeutung. Die rein technischen Regelwerke von jedem Baulastträger für die Straßen in seiner Baulast förmlich eingeführt werden müssen. Hierbei unterliegen weder die Länder als Baulastträger für Landesstraßen Weisungen des Bundes unterliegen noch die Gemeinden als Baulastträger für die Gemeindestraßen Weisungen der Länder. Die RSA sind hingegen genauso wie die VwV-StVO als Ausführungsvorschrift zur StVO für den gesamten Geltungsbereich der StVO, das heißt auf allen öffentlichen und tatsächlich-öffentlichen Straßen, unmittelbar anwendbar. Wobei unter „Straßen“ alle Flächen zu verstehen sind, auf denen öffentlicher Straßenverkehr stattfindet, von der Autobahn bis zum Trampelpfad. Für deren verbindliche Anwendbarkeit reicht deshalb die Bekanntgabe der RSA im Verkehrsblatt gemäß der in der VwV-StVO verankerten Vorschrift, wonach die „Sicherung von Arbeitsstellen und der Einsatz von Absperrgeräten nach den „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA), die [das] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur [heute: Bundesministerium für Digitales und Verkehr] im Verkehrsblatt bekannt gibt“, grundsätzlich aus. Weiterer Einführungserlasse durch Länder oder Kommunen bedarf es damit grundsätzlich nicht; gleichwohl steht es den Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder frei, im Wege des Erlasses ergänzende oder auch abweichende Regelungen zu treffen.

Ein öfter behandeltes Thema von Fragestellungen waren die sogenannten Arbeitsstellen unter besonderen Bedingungen. Hierunter versteht man Arbeitsstellen, die zwar länger andauern als einen Tag, insgesamt jedoch nur wenige Tage (z. B. die sogenannten Wochenendbaustellen). In vielen Fällen ist es bewährte Praxis, Bauarbeiten insbesondere auch hochbelasteten, störungsempfindlichen Straßen schnellstmöglich durchzuführen und gezielt in verkehrsschwache Zeiten wie z. B. Wochenenden zu legen. Voraussetzung für die Durchführbarkeit innerhalb dieser kurzen Zeiträume ist jedoch, dass der Aufwand und damit der zeitliche Umfang des Auf- und Abbaus der Verkehrssicherung in einem mit diesem Konzept verträglichen Maß bleibt. Die prominentesten Beispiele hierfür finden sich auf Autobahnen, wenn z. B. innerhalb von Wochenendmaßnahmen Strecken mit offenporigem Asphalt erneuert werden, was nur unter Sperrung der betroffenen Richtungsfahrbahn möglich ist, und der Verkehr in beiden Richtungen auf der jeweils anderen Richtungsfahrbahn unter Abtrennung der Fahrtrichtungen mittels Leitbaken und weitgehendem Verzicht auf Gelbmarkierung sowie transportable Fahrzeug-Rückhaltesysteme geführt wird. Aufgrund einer seinerzeit nicht für ausreichend erachteten Erfahrungs- und Wissensgrundlage hat man sich in diesem Abschnitt auf allgemeine Ausführungen beschränkt und auf Regelpläne verzichtet. Aufgrund des besonderen Bedürfnisses und des dort mit Abstand größten Absicherungsaufwandes hat man sich entschieden, die Regelungen zu diesen Arbeitsstellen im Teil D zu verorten.

In der bisherigen Beratungspraxis aufgetretene Nachfragen haben jedoch auch im Basisnetz einen nachvollziehbaren Bedarf für vergleichbare Regelungen gezeigt, gerade auch im Lichte des deutlich ausgeweiteten Umfangs der Anordnung von Absperrschrankengittern auf Innerortsstraßen. Um diesen Bedarf sachgerecht zu abzugrenzen und angemessene Lösungen zu entwickeln, wäre künftig ein deutlich stärkeres Engagement fachlich versierter Kollegen der Länder und Kommunen in einem zukünftig für eine Fortschreibung der RSA 21 zuständigen Gremium äußerst wünschenswert.

Eine weitere häufig angesprochene Thematik betrifft das MVAS. Die RSA 21 schreiben für die Arbeitsstellenverantwortlichen einen MVAS-Nachweis vor. Die auf die RSA 21 angepassten MVAS können jedoch naturgemäß erst erarbeitet werden, seit die RSA 21 eingeführt sind und damit Umfang und Inhalt der Regelungen abschließend feststehen. Diese Überarbeitung läuft derzeit noch. Deshalb besteht derzeit der unbefriedigende, aber unvermeidliche Zwischenzustand, dass die zwar die Schulungen auf RSA 21 umgestellt sind (bzw. sein sollten), MVAS-Nachweise aber notgedrungen nach wie vor entsprechend den MVAS 99 ausgestellt werden. Mit diesem Umstand werden alle Beteiligten leben müssen. Wie lange, wird maßgeblich vom Umfang der Stellungnahmen im Rahmen der noch ausstehenden Länder- und Verbändeanhörung abhängen. Im Hinblick auf den Umfang der zu leistenden Überarbeitungen sei noch erwähnt, dass das MVAS einerseits eindeutig auf die Verantwortlichkeiten der Adressaten der Anordnungen nach § 45 Absatz 6 StVO abstellen wird und die Schulungen andererseits inhaltlich differenzieren nach den Schulungen einerseits derjenigen, die Arbeitsstellenverantwortliche sein sollen sowie andererseits derjenigen, deren Aufgabe es ist, die angeordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen, zu unterhalten, zu betreiben und zu entfernen.

Vereinzelt wurde nach der korrekten Bemessung der in einigen Regelplänen des Teils D nunmehr vorgesehenen Warnlinien gefragt. Bislang war die Anordnung von Warnlinien auf Autobahnen nicht üblich. Sie wurde in den entsprechenden Regelplänen jedoch für sinnvoll erachtet, um die nachfolgenden Fahrstreifenbegrenzungen anzukündigen, in der Erwartung, damit die verbotswidrigen, gefährlichen und oftmals hektischen Fahrstreifenwechsel über die Fahrstreifenbegrenzungen hinweg zu vermeiden. Aufgrund der bislang nicht üblichen Anordnung von Warnlinien finden sich in den RMS-A keine Vorgaben zu Warnlinien auf Autobahnen; die älteren RMS, die solche Vorgaben enthalten, sind für Autobahnen nicht mehr anwendbar, und die RSA selbst treffen ebenfalls keine Regelungen zum Strich-Lücke-Verhältnis von Warnlinien. Voraussichtlich wird es – entsprechend den älteren RMS – auf ein Strich-Lücke-Verhältnis von 2:1 hinauslaufen, das heißt auf Autobahnen 6 m Strich und 3 m Lücke.

Abschließend soll an dieser Stelle die umfangreiche und bedeutende Thematik der Geschwindigkeitsbeschränkungen in Arbeitsstellen auf Autobahnen behandelt werden. Die Höhe der Geschwindigkeitsbeschränkungen ist auf Autobahnen maßgeblich für die Qualität des Verkehrsablaufs und der Verkehrssicherheit – und zwar nicht nur in der Arbeitsstelle selbst, sondern auch in den Zulaufstrecken, teilweise über mehrere Kilometer, bevor die Arbeitsstelle überhaupt erreicht wird. Aus rechtlicher Sicht sind die Anforderungen an die Anordnung niedriger Geschwindigkeitsbeschränkungen durch die im Abschnitt 2 bereits behandelten Änderungen der StVO deutlich höher geworden. Bei den allgemeinen Festlegungen zur Verkehrsführung und -regelung auf Arbeitsstellen auf Autobahnen gehen die RSA von Tempo 80 aus. Werden diese Grundsätze eingehalten, kann von einem hinreichend sicheren Verkehrsablauf bei Tempo 80 ausgegangen werden. Die Anordnung niedrigerer Geschwindigkeitsbeschränkungen impliziert insoweit Sicherheitsdefizite, die durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen grundsätzlich zu vermeiden sind. Im Sinne des Grundsatzes des geringstmöglichen Eingriffs sind jedoch überall dort höhere Geschwindigkeitsbeschränkungen anzuordnen, wo die jeweiligen Umstände dies zulassen. Die hierfür zu erfüllenden Rahmenbedingungen betreffen im Wesentlichen die Fahrstreifenbreiten und das Vorhandensein von Fahrzeug-Rückhaltesystemen zur Trennung vom Gegenverkehr. Anders als in den RSA 95 kann Letzteres heutzutage als Regelfall vorausgesetzt werden. Infolgedessen waren alle Regelpläne auf Tempo 100 umzustellen, bei denen die erforderlichen Fahrstreifenbreiten in der Regel als vorhanden vorausgesetzt werden können. Dies betrifft insbesondere 3+0- und 3+1-Verkehrsführungen auf vierstreifigen sowie 4+0- und 4+2-Verkehrsführungen auf sechsstreifigen Querschnitten. Jedoch auch bei anderen Verkehrsführungen ist diese Geschwindigkeit anzuordnen, wenn die in den RSA definierten Voraussetzungen erfüllt sind. Umgekehrt ist Tempo 80 anzuordnen, wenn insbesondere die Fahrstreifenbreiten auf den vorhandenen Straßenquerschnitten nicht realisierbar sind.

Jedoch besitzt die Wahl der richtigen Geschwindigkeitsbeschränkung nicht nur verkehrsrechtliche, sondern auch erhebliche sicherheitsspezifische Aspekte. Dies jedoch anders, als man nach landläufiger Ansicht erwarten könnte: Bei dichtem Verkehr haben die Fahrzeuge wenig Platz, um die bei Verringerung der Geschwindigkeit zur Beibehaltung der Durchflussmenge erforderliche Dichteerhöhung zur realisieren (Verringern des Abstandes zum Vordermann, „Zusammenschieben“). Infolgedessen verlagert sich der Bereich, in dem nur diese niedrige Geschwindigkeit (z. B. Tempo 60 in der Arbeitsstelle) gefahren werden kann, nach stromaufwärts. Damit kann dann nach einiger Zeit auch in Streckenabschnitten der Zulaufstrecke nur noch Tempo 60 gefahren werden, wo der ankommende Verkehr nicht damit rechnet. Dies führt im am wenigsten ungünstigen Fall zur Ausprägung von Stauwellen, andernfalls zu Auffahrunfällen. Der vermeintliche Sicherheitsgewinn in der Arbeitsstelle wird deshalb mit Gefahrerhöhungen an anderer Stelle – stromaufwärts in der Zulaufstrecke – erkauft. Dieser Effekt wurde durch verwaltungsinterne Auswertungen der Daten aus Streckenbeeinflussungsanlagen nachgewiesen. Er ist auch bei Tempo 80 noch vorhanden, allerdings in abgemilderter Form. Erst bei Tempo 100 ist er praktisch nicht mehr nachweisbar. Im Ergebnis bleibt deshalb festzuhalten, dass es hinsichtlich der Höhe von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen keine „sichere Seite“ gibt. Zu niedrige Geschwindigkeitsbeschränkungen wirken ebenso gefahrerhöhend wie zu hohe. Tempo 60 ist zu niedrig. Es besteht deshalb die Forderung, den Verkehr so sicher zu führen, dass in der Arbeitsstelle mindestens Tempo 80, besser Tempo 100 angeordnet werden kann (Bild 1).

An dieser Stelle wird immer wieder der Einwand erhoben, dass bestimmte Ausstattungselemente „nur für Tempo 60“ oder „nur für Tempo 80 zugelassen“ seien. Dies trifft nicht zu. Ausstattungselemente wie Leitbaken oder Fahrzeug-Rückhaltesysteme werden Anprallprüfungen unterzogen. Diese dienen einerseits der Sicherstellung bestimmter Mindestanforderungen im Anprallfall und andererseits der Herstellung der Vergleichbarkeit von Produkten unterschiedlicher Hersteller. Diese Anprallprüfungen werden durch Aspekte wie Geschwindigkeit, Fahrzeugmasse oder Anprallwinkel definiert, für Fahrzeug-Rückhaltesysteme vgl. DIN EN 1317. Hieraus die Erforderlichkeit bestimmter Geschwindigkeitsbeschränkungen herzuleiten wäre jedoch genauso sachfremd, wie maximale Anprallwinkel außer Kontrolle geratener Fahrzeuge vorzuschreiben oder die betroffenen Straßen für Fahrzeuge zu sperren, die eine größere Masse als das Prüffahrzeug besitzen. Auch sei angemerkt, dass im stationären Bereich – das heißt außerhalb von Arbeitsstellen – in Deutschland keine Fahrzeug-Rückhaltesyteme zum Einsatz kommen, die mit einer höheren Anprallgeschwindigkeit als 100 km/h geprüft sind. Rückschlüsse aus diesen Prüfszenarien auf die Erforderlichkeit bestimmter Geschwindigkeitsbeschränkungen sind deshalb unzulässig.

Bild 1: Anteil der rückwärtslaufenden Geschwindigkeitswellen in Abhängigkeit von der Pkw-Geschwindigkeit

5 Ausblick

Mit der Bekanntgabe der RSA 21 im Verkehrsblatt ist die Arbeit des Arbeitskreises noch nicht abgeschlossen. Folgeänderungen betreffen insbesondere die ZTV-SA, TLP-SA und das MVAS. Die Anpassung dieser Regelwerke steht deshalb derzeit im Fokus seiner Arbeit. Des Weiteren dürften zu gegebener Zeit einige redaktionelle Anpassungen erforderlich sein, die voraussichtlich jedoch keine materiellrechtlichen Änderungen beinhalten.

Perspektivisch wird sich die Frage stellen, inwieweit die Verbreitung autonomer Fahrzeuge Anpassungen erforderlich machen wird. Die Autoren vertreten hier die vorsichtige Einschätzung, wonach autonome Fahrzeuge grundsätzlich alle Situationen sicher meistern können müssen, die im Realverkehr auftreten können. Dies kann z. B. die Verständigung auch mit nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern betreffen oder die richtige Reaktion auf Zeichen oder Weisungen von Polizeibeamten. Insoweit lässt sich – mit aller gebotenen Vorsicht – auch für die verkehrsrechtliche Absicherung von Arbeitsstellen die Anforderung an die autonomen Fahrzeuge formulieren, mit der durch die RSA maßgeblich geprägten Realität zurechtkommen zu müssen.

Insgesamt bleibt der Absicherung von Arbeitsstellen jedoch ein ungebremstes Innovationstempo zu wünschen. Die Digitalisierung und Automatisierung der Prozesse von der Planung bis zur Ausführung und Überwachung birgt große Potenziale für die Qualität der verkehrsrechtlichen Absicherungen. Sie kann, z. B. durch selbstfahrende Absicherungsfahrzeuge, das automatisierte Setzen und Aufnehmen von Leitkegeln und Leitbaken, automatisierte Markierungsmaschinen usw. wichtige Beiträge für die Vermeidung von Gefahren für das in Arbeitsstellen eingesetzte Personal leisten. Letztlich wird sie in vielen Fällen die einzige Möglichkeit bieten, der durch Demographie und Fachkräftemangel gestellten Falle zu entkommen.

Literaturverzeichnis

Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3108) geändert

Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 8. November 2021 (BAnz AT 15.11.2021 B1)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2021): Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen, Ausgabe 2021 (RSA 21), Köln, (FGSV 370) bekanntgegeben durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Allgemeinem Rundschreiben Nr. 24/2021 im Verkehrsblatt 2022, S. 46ff.