FGSV-Nr. | FGSV 001/28 |
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Ort | Dortmund |
Datum | 05.10.2022 |
Titel | Geotechnische Aspekte beim Neubau der BAB A 44 im Tagebau Garzweiler . |
Autoren | Prof. Dr.-Ing. Dieter Dahmen |
Kategorien | Kongress |
Einleitung |
Im Abbaufeld des Tagebaus Garzweiler wird seit mehr als 100 Jahren Braunkohle gefördert. Der Tagebau ging vom Grevenbroicher Stadtgebiet aus und liegt heute schwerpunktmäßig im Rhein-Kreis Neuss und im Kreis Heinsberg. Im Zuge der Entwicklung des Tagebaus in das Abbaufeld Garzweiler II wurde die BAB A 44 im Jahr 2006 in Anspruch genommen. Der Fahrzeugverkehr wurde ab diesem Zeitpunkt über die westlich verlaufende BAB A 61 geführt, die zuvor 6-streifig ausgebaut wurde. Durch die weitere Tagebauentwicklung in Richtung Westen war es erforderlich, die BAB A 61 ebenfalls in Anspruch zu nehmen und vorlaufend die BAB A 44 n als Ersatzstrecke wiederherzustellen. Am 29. 8. 2018 wurde diese nach etwa 10-jähriger Planungs- und Bauzeit zwischen den Autobahnkreuzen Jackerath und Holz als sechsstreifige Autobahn termingerecht für den Verkehr freigegeben. Mehr als sieben Kilometer der BAB A 44 n verlaufen auf verkipptem Gelände durch den Tagebau Garzweiler mit Mächtigkeiten von bis zu 190 m. Die Herausforderungen des Projektes lagen in der großen Mächtigkeit des verkippten Abraums und in dem sehr engen Zeitplan zwischen der Herstellung des Trassenuntergrundes und dem Baubeginn, bzw. der erforderlichen Verkehrsfreigabe begründet. Zur Herstellung eines tragfähigen und standsicheren Untergrundes für den Autobahnbau wurde ein speziell angepasstes Verkippungskonzept mit gestuftem Materialaufbau entwickelt, auf Eignung geprüft und durch den Tagebau im Regelbetrieb mittels Absetzer umgesetzt. Wegen der Bedeutung der Funktionsfähigkeit der neuen Autobahn fand eine durchgängige ingenieurtechnische, wissenschaftliche sowie bergbauaufsichtliche Begleitung und Kontrolle der Maßnahmen statt. Dank der frühzeitig vorliegenden Linienführung der BAB A 44 n war es möglich, bergbauliche und ingenieurtechnischen Maßnahmen frühzeitig aufeinander abzustimmen, was wesentlich zum Erfolg des Projektes beigetragen hat. Die Anwendung von Sondermaßnahmen zur Bodenverbesserung konnte dank der konsequenten Anwendung des Verkippungskonzeptes auf Sonderbereiche, wie die Gründung der Brückenbauwerke oder die Bereiche mit besonders geringer Liegezeit begrenzt werden.
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Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 Hintergrund des NeubausDer Tagebau Garzweiler, in dessen Abbaugebiet seit mehr als 100 Jahren Braunkohle gefördert wird, ging vom Grevenbroicher Stadtgebiet aus und liegt heute schwerpunktmäßig im Rhein-Kreis Neuss und im Kreis Heinsberg. Dazwischen erstrecken sich wie vor dem Eingriff des Bergbaus vor allem ausgedehnte Ackerflächen, die im Zuge der Rekultivierung angelegt wurden. Grünzüge und Windparks gliedern die neue Börde, die mittlerweile eine hohe Biodiversität aufweist. Die Rekultivierung im Rheinland gilt unter Experten als vorbildlich. Mit seinen rund 1.400 Mitarbeitern fördert der Tagebau im Dreischichtbetrieb jährlich rd. 35 Millionen Tonnen Braunkohle. Sie werden per Förderband und Werksbahn zu den Kraftwerken Neurath und Niederaußem transportiert und zur Stromerzeugung eingesetzt. Der Betrieb eines Tagebaus macht die temporäre, aber vollständige Inanspruchnahme der Geländeoberfläche des Abbaufeldes erforderlich. So erforderte die Entwicklung des Tagebaus Garzweiler in das Abbaufeld Garzweiler II im Jahre 2005 die Inanspruchnahme der BAB A 44, weshalb die BAB A 61 vorlaufend auf 6 Fahrstreifen ausgebaut wurde. Mit der weiteren planmäßigen Weiterentwicklung des Tagebaus Garzweiler innerhalb des Abbaufeldes Garzweiler II nach Westen wurde die Inanspruchnahme der BAB A 61 erforderlich, was zwingend die vorlaufende Neuanlage der BAB A 44 innerhalb des aktiven Tagebaus erforderte, um jederzeit eine leistungsfähige Autobahnverbindung in Nord-Süd-Richtung gewährleisten. Damit verbunden war der Ausbau der BAB A 46 zwischen den BAB-Kreuzen Jüchen und Wanlo auf 6 Fahrstreifen. Aufgrund der Lage des sogenannten Bandsammelpunktes, der das Herzstück des Tagebaus in Bezug auf die Materialdisposition von der Gewinnungsseite mit ihren Schaufelradbaggern und der Verkippungsseite mit den Absetzern darstellt, war darüber hinaus eine Verschiebung nach Südosten und damit ein Neubau des AK Jackerath erforderlich. Ebenfalls war es erforderlich, die Anschlüsse an den beiden Autobahnkreuzen Holz und Wanlo an die geänderten Verkehrsführungen anzupassen (Bild 1). Bild 1: Situation mit Autobahnen A 44 alt, A 61 und A 44 neu im Bereich des Tagebaus Garzweiler Die wesentlichen Fakten zum Projekt sind nachfolgend genannt. Die Länge der Neubaustrecke der A 44 beträgt insgesamt rd. 10,6 km, wovon 7,2 km auf „verritztem“, das heißt gekipptem Untergrund und 3,4 km auf „unverritztem“, also gewachsenem Untergrund verlaufen. Die Länge der Ausbaustrecke der BAB A 46 lag bei 2,3 km. Von den Gesamtkosten des Projekts von 125,4 Mio. € lag der Anteil der Baukosten bei 115,9 Mio. €, die Kosten für den Grunderwerb lagen bei 9,5 Mio. €. Die Kostenaufteilung zwischen RWE Power und dem Bund lag bei 119,6 Mio. € vs. 5,8 Mio. €. Die vertragliche Regelung mit der Straßenbauverwaltung sah im Übrigen auch eine Gewährleistung seitens RWE Power für mögliche Setzungsschäden aus dem Kippenkörper vor. 2 Besonderheiten des verkippten BaugrundesDurch die Lage der neuen BAB A 44 innerhalb des Abbaufeldes ergab sich die Notwendigkeit, die Autobahn auf verkipptem Baugrund zu erstellen. Grundsätzlich liegen für das Bebauen von Tagebaukippen im Rheinischen Braunkohlenrevier und über deren Setzungsverhalten umfangreiche Erfahrungen vor [Nehring, 1968; Kothen; Knufinke, 1990]. Dass eine Bebauung problemlos möglich ist, belegen zahlreiche erfolgreiche Beispiele von Bauwerken und Verkehrswegen sowie Flüssen, die sich auf Kippengelände befinden. So verlaufen beispielsweise Teilstücke der Autobahnen A 1, A 4, A 540 und A 553 auf verkipptem Untergrund. Beispiele verlegter Flüsse sind Teilabschnitte von Erft und Inde. Auch die Industriegebiete Erftaue und Türnich befinden sich im Bereich heute verfüllter, ehemaliger Tagebaue. Beispiele für Baugebiete auf Kippenuntergrund sind die Bereiche Brühl West und Berrenrath Nordost. Die Bebauung von rekultivierten verkippten Flächen ist im Rheinischen Revier – nach entsprechenden Wartezeiten für die eintretende Kippensetzung – ohne Einschränkungen möglich. Wenige, zu beachtende Gründungshinweise finden sich im Merkblatt Bauen auf Kippen [RWE Power AG 2018]. Für den Neubau der BAB A 44 ergaben sich folgende Randbedingungen: Eine besondere Herausforderung bestand darin, dass aufgrund der räumlich-zeitlichen Randbedingungen (Lage des aktiven Tagebaus im engen Zwickelbereich zwischen BAB A 61 und AB A 44 neu keine übliche Liegezeit (von 10 bis 15 Jahren) bis zum erforderlichen Baubeginn realisiert werden konnte. Im Vergleich vorlaufender Projekte lagen im Abbaufeld Garzweiler vergleichsweise große Kippenmächtigkeit (140 – 180 Meter) vor. Vorteilhaft war hingegen, dass der Trassenverlauf der A 44n frühzeitig vor der Herstellung des Kippenuntergrundes bekannt war, da die Linienbestimmung bereits 2004 erfolgte (mit nachfolgendem Planfeststellungsverfahren im Zeitraum 2009 bis 2011) [Köther; Reeh, 2011]. Somit war es möglich, den gekippten Trassenuntergrund an das geplante Bauwerk „Autobahn“ anzupassen, wozu ein spezielles Verkippungskonzept mit gestuftem Qualitätsaufbau vom Tagebautiefsten zur geplanten Geländeoberfläche entwickelt und nachfolgend betrieblich umgesetzt wurde. 3 VerkippungskonzeptDas Verkippungskonzept (Bild 2) sieht unterhalb der Autobahntrasse einen teufenabhängig gestuften Materialaufbau bei der Verkippung im Regelbetrieb mittels Absetzer vor. Die Umsetzung erfolgte ab dem Jahr 2005. Das entsprechend seiner farblichen Darstellung auch als „Ampelkonzept“ bezeichnete Verkippungsschema sieht lage- und teufenabhängige Restriktionen im Bereich unterhalb der Autobahntrasse in Bezug auf die beim Gewinnungsprozess mit dem Schaufelradbagger gewonnenen unterschiedlichen Mischböden vor. Im Bereich der Geländeoberkante sieht das Konzept eine stabilisierbare „Kiesschwarte“ vor. Die Anregung dazu stammte von Prof. Dr.-Ing. Norbert Vogt, TUM, Zentrum Geotechnik, der ein vergleichbares Konzept bereits beim Bau einer JVA auf verkipptem Untergrund realisiert hatte [Vogt, 2003]. So war es folgerichtig, dass die TUM seit 2007 als externer Gutachter in den verschiedenen Projektphasen in das Projekt eingebunden war [Vogt; Heyer et al. 2013]. Bild 2: Verkippungskonzept für den Trassenuntergrund der A 44 n Das Verkippungskonzept sieht einen gestuften Materialaufbau des Trassenuntergrundes vom Tagebautiefsten bis zum Rohplanum vor. Für die obere Hälfte der rd. 180 m hohen Kippe wurden Mischböden mit einem Feinkornanteil bis 20 % verwendet. Unter Ansatz eines Lastabtragswinkels von 60° wurde der Bereich spezifischer Materialanforderungen beiderseits der Trasse bis zur halben Kippenmächtigkeit begrenzt. Im so definierten unteren Bereich des Kippenkörpers („grün“) wurden Mischböden bis 30 % Feinkornanteil zugelassen. Ziel der „stabilisierbaren Schwarte“ war eine Setzungsvergleichmäßigung und Vermeidung von lastabhängigen Setzungen durch die zukünftige Verkehrsbelastung sowie die mögliche Ausführung von Verdichtungsmaßnahmen. Dieses Konzept wurde von der TU München geprüft und sowohl gegenüber der Bergbehörde als auch der Straßenbauverwaltung als geeignet zur Zielerreichung bewertet [Vogt; Heyer et al. 2012]. Die während der Erstellung des Autobahnuntergrundes durchgeführten Setzungsbeobachtungen bestätigen eindrucksvoll die Wirksamkeit des Konzeptes im Vergleich zu „normalem“ Kippengelände im Tagebau Garzweiler. Es ergaben sich sowohl geringere Setzungsbeträge, als auch schnellere Setzungen gegenüber der „normalen“ Verkippung. 4 Betriebliche Umsetzung und Untersuchungen im TrassenbereichDie Umsetzung des Verkippungskonzeptes in der betrieblichen Tagebaupraxis erfolgte bereits bei der Erstellung der Geräteeinsatzpläne, in denen die Vorgaben aus dem Verkippungsschema entsprechend dargestellt wurden (einschließlich Schnittdarstellungen). Im Tagebau erfolgte dann jeweils die Absteckung der Trasse in der Örtlichkeit durch die Markscheiderei (Vermessungsabteilung im Bergbau). Die Steuerung der Verkippungsmaterialien und die Verkippung entsprechend dem Ampelkonzept erfolgte durch den Tagebaubetrieb, wobei eine stichprobenartige Qualitätskontrolle durch das akkreditierte Gebirgs- und Bodenmechanische Prüflabor der RWE Power AG erfolgte. Über die gesamte Planungs-, Genehmigungs- und Herstellungszeit wurde die Bergbehörde und der sogenannte Arbeitskreis Gebirgsmechanik mit einer kontinuierlichen Darstellung der Monitoringergebnisse und fortgeschriebener Setzungsprognosen intensiv in den Überwachungsprozess eingebunden. In diesem Zusammenhang erfolgte auch die Prüfung begleiten- der standsicherheitlicher Aspekte. Die vollständige bergbauliche Fertigstellung des Verkippungsbereiches unterhalb der Autobahntrasse mit dem Absetzer wurde Anfang 2017 abgeschlossen. Bis zum Spätsommer 2017 wurde im nördlichen Trassenbereich ein zuvor festgelegter Mindestabstand von 100 m zwischen der Kippenoberkante und dem westlichen Fahrbahnrand erreicht. Bei diesem Abstand konnte auf Grundlage von Vergleichsmessungen in älteren Trassenbereichen ein relevanter Einfluss der weiteren Verkippungsaktivität auf das Setzungsverhalten des Kippenkörpers unterhalb der Autobahntrasse ausgeschlossen werden. Durch die Konzentration der Verkippungsaktivitäten auf den Bereich unterhalb der Autobahntrasse entstand östlich der Trasse ein temporäres „Restloch“, mit dessen Verfüllung nach Fertigstellung des Kippenuntergrundes im Autobahnbereich begonnen wurde. Mit dem Absetzer erfolgte ein strossenweiser Einbau der Kippe vom Tagebautiefsten bis zur Geländeoberkante. Aufgrund des Schwenkbetriebes des Tagebaus ergab sich für den nördlichen Trassenbereich die bereits angesprochene kurze Liegezeit bis zum Beginn des Autobahnbaus. Dem wurde mit einer vermessungstechnischen (markscheiderische) Kontrolle der Kippensetzungen im Trassenbereich begegnet, wobei die Messergebnisse aus den frühzeitig fertiggestellten Bereichen im Sinne einer „Beobachtungsmethode“ für die Prognose der Setzungen in den nachfolgenden Bereichen (geringerer Liegezeiten) genutzt wurden. In diese Setzungsprognosen gingen die Liegezeiten und Mächtigkeiten der einzelnen Kippscheiben ein. Auf Grundlage der zunehmend verfügbaren Messdaten erfolgte eine rollierende Verbesserung der Setzungsprognosen. Woraus sich final zu erwartende Setzungen nach Erstellung der Autobahn im nördlichen Bereich von max. 0,6 m und im südlichen Bereich von max. 0,2 m ergaben (Bild 3). Diese Setzungen nach Erstellung der Autobahn wurden in einer sogenannten „Vorsorgegradiente“ berücksichtigt, die jederzeit richtlinienkonforme Gradienten gewährleistete. Bild 3: Kippenentwicklung ab 2016 und Setzungsprognose im Trassenverlauf Neben den markscheiderischen Messungen auf der Trassenoberfläche wurde auf Unterkante der Kiesschwarte im Jahre 2010 eine 260 m lange hydrostatischen Messlinie (System Lhotzky) in Trassenlängsrichtung der A 44n zur präzisen Erfassung kleinräumiger Setzungsunterschiede installiert. Seitens der TUM erfolgte die Nachrechnung der gemessenen Setzungen mit einem elastoviskoplastischen Stoffmodell, in das auch die zeitliche Abfolge der Verkippung sowie die aus Laborergebnissen abgeleiteten bodenmechanischen Modellparameter der Kippenböden (z. B. Steifemodul, Kriechbeiwert) eingingen. Während im normalen Trassenverlauf neben der Kippeneigensetzung nur geringe Verkehrslasten zu berücksichtigen sind, sind die Lasteinwirkungen aus den Brückenbauwerken von signifikantem Einfluss. Interessant ist aber auch hier, dass wesentliche Einflüsse nicht aus dem Bauwerk selbst, sondern aus der Hinterfüllung der Widerlager stammen. Im Bereich der Brückenbauwerke wurden daher verschiedene Maßnahmen durchgeführt, um den Baugrund zu vergüten. So kamen in diesen Bereichen auf Basis durchgeführter Setzungsberechnungen der TUM die Rüttelstopfverdichtung ebenso wie die Vorbelastung mittel Materialschüttungen oder Betonbausteine zum Einsatz [Vogt; Birle et al. 2016]. Die normale Bauwerksvermessung wurde durch geotechnische Messsysteme wie die schon genannten hydrostatischen Messlinien und sog. Gleitdeformeter-Messstellen unterhalb der Fundamente ergänzt, um Erkenntnisse zu Bauwerks-Baugrund-Interaktion zu gewinnen. Bei den Rüttelstopfverdichtungen sei auf eine Besonderheit beim oberhalb des früheren Tagebaurandböschungssystems gelegenen Bauwerk 8 hingewiesen. Aufgrund der Lage oberhalb des vormaligen Randböschungssysteme unterschiedlichen Kippenmächtigkeiten unterhalb der beiden Brückenwiderlager waren hier unterschiedlich lange Rüttelstopfsäulen bis max. 36,0 m unterhalb der Fundamentsohle erforderlich. Da diese mit der üblichen und verfügbaren Gerätetechnik nicht realisierbar waren, wurden die Säulen ausgehend vom vorlaufenden Kippstrossenniveau im zwei Schritten von unten nach oben erstellt (Bild 4). Bild 4: Rütteldruckverdichtung im Bereich des Brückenbauwerks BW 8 Durch die vorgestellten Verbesserungsmaßnahmen konnten die erwarteten Bauwerkssetzungen erfolgreich minimiert werden. Gleichwohl wurde an den Bauwerken auch konstruktiv dem Umstand möglicher Differenzsetzungen begegnet. So besteht die Möglichkeit mittels entsprechender Futterplatten auf auftretenden, im Zuge des Bauwerksüberwachung ermittelte Setzungen der Brückenlager zu reagieren. Zur Beantwortung unterschiedlicher geotechnischer Sonderfragen wurden im Bereich auf, bzw. neben der Autobahntrasse entsprechende Versuchsfelder angelegt (Bild 5). So zeigte ein Versuchsfeld für die Materialverdichtung beispielsweise, dass mittels Polygonbandagenwalze (32 t) eine tiefgründige Verdichtung des Kippenrohplanums möglich ist. Ebenfalls wurde bestätigt, dass die Kiesschwarte die erforderlichen Anforderungen für die Versickerung des Oberflächenwassers in der Versickerungsmulde zwischen den Fahrbahnen erfüllt (kf -Wert ≥ 1·10-5 m/s). Dabei führten auch sehr große Versickerungsmengen (280 mm/h) nicht zu etwaigen Sackungseffekten. Hintergrund ist der im Konzept der Autobahn vorgesehene Versickerungsstreifen von 10 m Breite, der angelegt wurde, um mögliche Beeinträchtigungen auf das Ableitungssystem durch Kippensetzungen von Vorneherein ausschließen zu können. Bild 5: Befliegung 2016 mit Lage der Versuchsfelder sowie der Teststrecke Für die Bereiche mit geringer Liegezeit erfolgte die Festlegung der baugrundverbessernden Maßnahmen in Abstimmung mit dem Gutachter TUM wie folgt:
In einem frühzeitig asphaltierten Trassenabschnitt (sogenannte Teststrecke, vgl. Bild 5) im älteren Trassenbereich wurden Überfahrt-Versuche mit maximal zulässigen Achslasten durchgeführt. Auf Grundlage der gewonnenen Messergebnisse konnten Setzungsunterschiede infolge verkehrsbedingten Lastzyklen langfristig keine Setzungsunterschiede ausgeschlossen werden. 5 BewertungIn der Rückschau auf das zwischenzeitlich sehr erfolgreich abgeschlossene Projekt des Neubaus der BAB A 44 kann in Bezug auf die geotechnischen Herausforderungen folgende Bewertung vorgenommen werden. Verkippungskonzept Das Verkippungskonzept wurde durch den Tagebau im Absetzerbetrieb konsequent umgesetzt und hat sich in der betrieblichen Praxis bewährt. Im Ergebnis ergaben sich durch den gezielten Materialeinbau geringere und schnellere Vollsetzung im Vergleich zur „normalen“ Kippe. Das Verkippungskonzept hat auch seine Anpassungsfähigkeit in Sonderbereichen wie Brückenbauwerken oder Bereichen geringer Liegezeiten bewiesen Prüfungen Die enge fachliche Begleitung des Projektes durch den Arbeitskreis Gebirgsmechanik der Bergbehörde und die flankierende Prüfung der standsicherheitlichen Aspekte im Betriebsplanverfahren sowie die regelmäßige Berichterstattung über den Fortgang des Projekts gegenüber Bergbehörde stellten sicher, dass den geotechnischen Anforderungen während der Projektlaufzeit und in der Umschlussphase im erforderlichen Maße Rechnung getragen wurden. Die Messüberwachung durch die Markscheiderei und Probennahme der verkippten Materialien durch das akkreditierte Gebirgs- und Bodenmechanische Prüflabor gewährleistete eine objektive und unabhängige Einhaltung vorgegebener Randbedingungen. Hinzu kam als weitere Prüfinstanz die TU München als unabhängiger Gutachter. Erfolge Der Haupterfolg des Projektes war die zeit- und qualitätsgerechte Herstellung des Autobahnneubaus. Dies stellte die planmäßige Weiterführung des Tagebaus in Bezug auf BAB A 61 sicher. Als weiterer Erfolg ist zu verzeichnen, dass im Trassenbereich die Verkippung fast vollständig mit dem Absetzer im Leistungs- und Regelbetrieb möglich war und sich Sondermaßnahmen (erdbautechnischer Einbau, Verdichtungsmaßnahmen, Baugrundverbesserung, Vorbelastungen) lediglich auf die Bereiche kurzer Liegezeit sowie die Bereiche von Brückenbauwerken beschränkten. LiteraturverzeichnisKothen, H.; Knufinke, H.: Restsetzungen auf Neulandflächen; Braunkohle 1990 (10), 1990, S. 24–29 Köther, M.; Reeh, F.: New autobahn through an active opencast mine. World of Mining – Surface & Underground 63 (6), 2011, S. 334–343 Nehring, H.: Markscheiderische Beobachtung von Kippensetzungen im rheinischen Braunkohlenrevier. Braunkohle, Wärme und Energie 20 (3), 1968, S. 83–91 Technisches Merkblatt für das Bauen auf Kippen im Rheinischen Braunkohlenrevier (Stand 06/2018): https://www.rwe.com/-/media/RWE/documents/10-nachbarschaft/bergschaeden/technisches-merk-blatt-bauen-auf-kippen.pdf Vogt, N.: Sicheres Bauen auf verfüllten Tagebaugruben; Veröffentlichungen des Arbeitsbereiches Geotechnik und Baubetrieb 5, TU Hamburg-Harburg, 2003, S. 217–234 Vogt, N.; Heyer, D.; Birle, E.; Vogt, S.; Dahmen, D.; Karcher, C.; Vinzelberg, G. 2012: Neubau der A 44 auf einer frischen Tagebaukippe, Beiträge zum 11. Geotechnik-Tag in München Geotechnik und Energie, Zentrum Geotechnik TU München, Heft 52, S. 5–17 Vogt, N.; Heyer, D.; Birle, E.; Vogt, S.; Dahmen, D.; Karcher, C.; Vinzelberg, G.; Eidam, F.: Special Aspects for Building a Motorway on a 185 m Deep Dump, Proceedings of the 18th ICSMGE, Paris 2013, 1377–1380 Vogt, S.; Birle, E.; Levin, F.; Vogt, N.; Back, M.: Autobahnbau auf der Innenkippe des Tagebaus Garzweiler. 34. Baugrundtagung in Bielefeld vom 15.9. bis 16.9.2016, 2016
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