FGSV-Nr. FGSV 001/22
Ort Düsseldorf
Datum 08.10.2008
Titel Ist der Kreisverkehr sicherer als die Lichtsignalanlage?
Autoren Dipl.-Ing. Volker Spahn
Kategorien Kongress
Einleitung

Deutschland erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance beim Bau von Kreisverkehrsplätzen. Diese Entwicklung ist mitunter darauf zurückzuführen, dass sich Kreisverkehre in vielen Fällen als wirtschaftlich im Betrieb und sehr verkehrssicher erwiesen haben. Eine Abwägung zwischen Kreisverkehrsplatz und Lichtzeichenanlage findet zunehmend auch außerorts im Bereich der Landstraßen statt. Ein wesentlicher Aspekt dieser Abwägung stellt die Verkehrssicherheit dar. In diesem Zusammenhang wird oft auf die im Jahr 2002 veröffentlichte Untersuchung von Landstraßenkontenpunkten von Meewes/Eckstein verwiesen. Diese Untersuchung zielt schwerpunktmäßig auf planfreie bzw. teilplanfreie Knotenpunkte ab und basiert mit neun Kreisverkehrsplätzen und 19 Lichtzeichenanlagen auf einer vergleichsweise schmalen Grundgesamtheit ausgewerteter Knotenpunkte. Aus diesem Grund hat die Zentralstelle für Verkehrssicherheit der Straßenbauverwaltung Bayern eine Unfallauswertung an Kreisverkehrsplätzen und Lichtzeichenanlagen in Bayern auf breiterer Datengrundlage vorgenommen. Darüber hinaus galt es, auch einzelne bauliche und betriebliche Detaillösungen von Kreisverkehrsplätzen bzw. Lichtzeichenanlagen in Punkto Verkehrssicherheit zu beurteilen.

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1 Erkenntnisse aus der amtlichen Verkehrunfallstatistik

Bei den Ausführungen dieses Beitrages ist stets zu berücksichtigen, dass Kreisverkehrsplätze auf Straßen, die dem schnellen und weiträumigen Verkehr dienen, generell nur in Ausnahmefällen vorkommen. Dies ist darin begründet, dass der Einsatz von Kreisverkehrsplätzen ausscheidet, wenn hierdurch die Charakteristik einer zügigen Streckenführung gestört bzw. unverhältnismäßig unterbrochen würde. Daher können sich die nachstehenden Aussagen insbesondere zu den Kreisverkehrsplätzen nur auf Straßen beziehen, die aufgrund ihrer Netzfunktion für deren Einsatz geeignet sind. Die Auswertungen zu den Kreisverkehren wurden durch eine Diplomarbeit an der Fachhochschule Deggendorf [1] unterstützt.

Für einen Vergleich des Unfallgeschehens an Lichtzeichenanlagen und Kreisverkehrsplätzen reichen die Angaben, die bei der polizeilichen Verkehrsunfallaufnahme erfasst werden, alleine nicht aus. Auf Basis der Unfallstatistik lassen sich im Großen und Ganzen nur Aussagen zur jeweiligen Unfallstruktur und zur mittleren Unfallschwere treffen. Demnach weisen Unfälle an Kreisverkehrsplätzen vergleichsweise geringe Unfallfolgen auf. So ist die Wahrscheinlichkeit im Falle eines Unfalls getötet zu werden außerorts an Kreisverkehrsplätzen etwa dreimal niedriger als bei einer Signalisierung.

Die Struktur des Unfallgeschehens an Kreisverkehrsplätzen unterscheidet sich ebenfalls wesentlich von derjenigen an Lichtzeichenanlagen (Bild 1). Bei den Kreisverkehren dominieren eindeutig Unfälle bei Dunkelheit oder in der Dämmerung, sowie bei schlechten Witterungsverhältnissen. Dabei wird der Kreisverkehr meistens zu spät erkannt und die Unfallverursacher prallen auf die Kreismitte ohne mit anderen Verkehrsteilnehmern zu kollidieren. Im

Gegensatz zu den Lichtzeichenanlagen erfordern Kreisverkehre von allen Fahrern eine Aktion in Form eines Fahrmanövers (Verzögern, Lenkeinschlag). Kreisverkehrsunfälle resultieren oft aus verminderter Aufmerksamkeit, was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass vermehrt alkoholisierte Fahrer beteiligt sind. Der Rad- und Schwerverkehr spielt an außerörtlichen Kreisverkehren eine untergeordnete Rolle für das Unfallgeschehen. Dagegen wird an Kreisverkehren die Vorfahrt von motorisierten Zweirädern relativ häufig und mit Unfallfolge verletzt (im Vergleich zu Lichtzeichenanlagen).

Bild 1: Struktur der Unfälle U(PS+SS+LS) 2000-2004 an Kreisverkehrsplätzen und Lichtzeichenanlagen auf Bundes- und Staatsstraßen außerorts in Bayern anhand ausgewählter Unfallmerkmale

An signalisierten Knotenpunkten ereignen sich überwiegend Abbiege- oder Auffahrunfälle. In Zeiten mit abgeschalteter Anlage, wenn die statischen Verkehrszeichen den Verkehrsablauf regeln, wird bei ca. zwei Drittel der Unfälle die Vorfahrt beim Einfahren aus der untergeordneten Richtung missachtet. Diese Unfallstruktur entspricht etwa grundsätzlich den Verhältnissen an verkehrszeichengeregelten Kreuzungen oder Einmündungen.

2 Verfahrensweise bei der Bewertung der Verkehrssicherheit

Die Informationen aus der amtlichen Unfallstatistik alleine ermöglichen keine hinreichende, vergleichende Bewertung der Verkehrssicherheit von Lichtzeichenanlagen und Kreisverkehrsplätzen. Zu diesem Zweck sind die einzelnen Unfälle exakt zu lokalisieren, einzelnen Knotenpunkten zuzuordnen und insbesondere auf die Verkehrsbelastung zu beziehen.

Aus einer Abfrage bei den Straßenbauämtern in Bayern im Sommer 2005 ging hervor, dass sich außerorts sowie in Ortsrandlage 340 Kreisverkehrsplätze und 377 Lichtzeichenanlagen auf Bundes- oder Staatsstraßen befinden. Für diese Knotenpunkte wurde das Unfallgeschehen und die Verkehrsbelastung ermittelt. In Bezug auf das Unfallgeschehen gingen alle Unfälle mit Personen- oder Sachschaden U(PS+SS+LS) im Zeitraum 2000 bis 2004 bis maximal 150 Meter vor bzw. nach dem Knotenpunkt in die Untersuchung ein. Bei der Verkehrsbelastung wurde hauptsächlich auf die Angaben zum durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) der amtlichen Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2000 zurückgegriffen. Hinzu kamen aktuelle Zählungen von sich anschließenden Strecken sowie Knotenstromzählungen.

Konnten die Unfälle oder die Verkehrsstärke eines Knotenarmes nicht zweifelsfrei ermittelt werden, wurde der entsprechende Knotenpunkt von den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Dies war vielfach bei Ortseinfahrten oder Autobahnanschlussstellen der Fall. Knotenpunkte, die nach 2002 in Betrieb gegangen sind, mussten aufgrund des geringen Auswertezeitraumes ebenfalls ausgesondert werden. Generell liegt den Berechnungen das Unfallgeschehen ganzer Kalenderjahre zugrunde, um Einflüsse durch jahreszeitliche Schwankungen auszuschließen. Nach dem alles in allem sehr umfangreichen Plausibilitätsprüfungen verblieben insgesamt 327 „auswertbare“ Knotenpunkte (Tabelle 1). 14 Sonderformen von Kreisverkehrsplätzen mit außergewöhnlicher Größe oder Gestaltung (zweistreifig, mit Overfly, Bypass oder Signalisierung, usw.) wurden nicht in die Untersuchung einbezogen.

Tabelle 1: Anzahl „auswertbarer“ Knotenpunkte einschließlich Unfallgeschehen

Für die „auswertbaren“ Kreisverkehre wurden einige ausgewählte bauliche Merkmale anhand von Luftbildern oder Bildern aus Straßenbefahrungen erfasst. Allerdings ist es nicht in jedem Fall gelungen, den Kreisverkehren eines der nachfolgend aufgelisteten Kriterien zuzuweisen:

  • mit oder ohne Straßenbeleuchtung,
  • mit oder ohne gepflastertem Innenring,
  • mit oder ohne Aufkantung am Innenring,
  • überwiegend geradlinige oder „abgekröpfte“ Zufahrten zum Kreisverkehr,
  • überwiegend radiale oder tangentiale Einfahrten in den Kreisverkehr,
  • hohe oder niedrige Aufschüttung in der Mittelinsel,
  • Außendurchmesser des Kreisverkehrs,
  • Breite der Kreisfahrbahn.

Für das Verkehrs- und Unfallgeschehen an Lichtzeichenanlagen ist hauptsächlich die Art der Signalschaltung von Interesse. Daher wurden bei den Bauämtern folgende betriebliche Merkmale erfragt:

  • zwei- oder mehrphasige Steuerung (mit oder ohne Linksabbiegerschutz),
  • mit oder ohne Grünpfeil-Schild (VZ 720) in einer der Zufahrten,
  • mit oder ohne Nachtausschaltung.

In Folge des recht großen Unfallkollektivs sind die Aussagen zu den nachfolgend dargelegten Vergleichsfällen stets statistisch abgesichert (Signifikanzniveau: 5 %, das heißt die Aussagen sind zu 95 % abgesichert).

3 Allgemeine Bewertung von Kreisverkehrsplatz und Lichtzeichenanlage

Ein direkter Vergleich zwischen Kreisverkehrsplatz und Lichtzeichenanlage ist nur für Knotenpunkte mit einbahnigen Straßen sinnvoll. Sechs von zehn untersuchten Kreisverkehrsplätzen liegen in Ortsrandlage (bei Lichtzeichenanlagen jede zweite). Vierarmige Knotenpunkte (Kreuzungen) kommen sowohl bei Lichtzeichenanlagen als auch bei Kreisverkehrsplätzen deutlich häufiger vor als dreiarmige (Einmündungen).

Als Maßstab für das Unfallrisiko wurde die Unfallrate aus dem Verhältnis von Unfallanzahl U(PS+SS+LS) und Verkehrsstärke errechnet [2]. Die Unfallraten der untersuchten Lichtzeichenanlagen sind unabhängig von der Ortslage und der Anzahl der Anschlussarme durchweg höher als die der Kreisverkehrsplätze (Bild 2).

Um zusätzlich die Unfallschwere in die Bewertung einfließen zu lassen, wurde außerdem der Sicherheitsgrad in Form der Unfallkostenrate bestimmt. Für die Berechnung der Unfallkostenrate ist neben der Verkehrsstärke die Höhe der Unfallkosten erforderlich [2]. Die (angepassten) Unfallkosten wiederum leiten sich aus den einzelnen Unfallfolgen ab [3]. Da die Unfallschwere an Kreisverkehren stark von derjenigen an Kreuzungen/Einmündungen abweicht, wurden zunächst angepasste Unfallkostensätze pro Knotentyp errechnet.

Bild 2: Unfallrate für Lichtzeichenanlage und Kreisverkehrsplatz nach Ortslage und Anzahl der Knotenpunktszufahrten an einbahnigen Straßen

Tabelle 2: Angepasste Unfallkosten für Unfälle mit schwerem Personenschaden

Da die Untersuchungszeiträume zwischen den einzelnen Knotenpunkten leicht variieren, wurde die Berechnung der Kenngrößen in zwei Variationen durchgeführt:

UR1 = ∑ U / ∑(t * 365 * DTV)                                                                 (1)

UR2 = ∑ (U / t) / ∑(365 * DTV)                                                               (2)

Anschließend wurde das arithmetische Mittel der beiden Rechenergebnisse gebildet. Dieser Mittelwert weicht pro Knotentyp und Ortslage maximal 2 % von einem der beiden Ausgangswerte ab. Dies spricht für ausgesprochen homogene Untersuchungsgruppen mit ausreichend großen Fallzahlen.

Aufgrund der grundsätzlich höheren Unfallschwere an Lichtzeichenanlagen ergibt sich beim Sicherheitsgrad eine noch günstigere Beurteilung der Verkehrssicherheit pro Kreisverkehr (Bild 3). Die Unfallkostenrate ist an den untersuchten Einmündungen generell geringer als an Kreuzungen. Einmündungen in Form von Versätzen wurden nicht untersucht. Die Auswertung der Unfalldaten weist darauf hin, dass Kreisverkehre unabhängig von der Ortslage klar sicherer als Lichtzeichenanlagen sind. Sie weisen ein geringeres Geschwindigkeitsniveau, weniger Konfliktpunkte und eine einfachere Vorrangregelung auf. Ortsnahe Kreisverkehre, wie auch Lichtzeichenanlagen schneiden in der Unfallauswertung durchweg besser ab als außerörtliche.

Bild 3: Unfallkostenrate für Lichtzeichenanlage und Kreisverkehrsplatz nach Ortslage und Anzahl der Knotenpunktszufahrten an einbahnigen Straßen

4 Bewertung ausgewählter Kreisverkehrselemente

Am Ortsrand ist das Unfallrisiko bei den untersuchten vierarmigen Kreisverkehrsplätzen deutlich höher als bei dreiarmigen. Zwar überwiegen auch in Ortsrandlage insgesamt Fahrunfälle, gleichwohl ereignen sich hier im Verhältnis zu außerorts viele Einbiege-Unfälle. Dies deutet darauf hin, dass die Verletzung der Vorfahrt in Ortsnähe möglicherweise wegen stärkerer Ein- und Abbiegeströme eine größere Bedeutung hat als außerorts.

Äußerst förderlich für die recht hohe Verkehrssicherheit ortsnaher Kreisverkehrsplätze ist die dort vermehrt eingesetzte Beleuchtung (Tabelle 3). Mit einer Beleuchtung ergibt sich nahezu eine Halbierung der Unfallkostenrate. Auch hilft die Beleuchtung ungünstige Zufahrtssituationen (schlechte Erkennbarkeit, ungünstige Sichtlinien) in Hinsicht auf die Verkehrssicherheit auszugleichen. Die meisten untersuchten ortsnahen Kreisverkehrsplätze sind mit einem gepflasterten Innenring ausgestaltet.

Die Kreisverkehrsplätze mit Pflaster sind vor allem bei Nässe unfallauffällig. Hier kommt die verminderte Haftreibung zwischen Reifen und nassen Pflastersteinen zum Tragen. Dabei besteht eine erhöhte Gefahr, dass das Fahrzeug bei einem Lenk- oder Bremsmanöver wegrutscht.

Tabelle 3: Unfallkenngrößen der untersuchten Kreisverkehrsplätze mit/ohne Beleuchtung

Nur etwa jeder sechste untersuchte Kreisverkehrsplatz, vorwiegend am Ortsrand, weist eine Aufkantung zur Kreismittelinsel auf. In der vorliegenden Untersuchung wird von einer Aufkantung gesprochen, falls zwei oder mehr Pflasterzeilen übereinander angeordnet sind (Bild 4). Derartige Aufkantungen am Kreisinnenrand erweisen sich in punkto Verkehrssicherheit als ungünstig (Tabelle 4).

Bild 4: Beispiel für einen Kreisverkehrsplatz mit Aufkantung zur Kreismittelinsel

Tabelle 4: Unfallkenngrößen der untersuchten Kreisverkehrsplätze mit/ohne Aufkantung

Das Unfallrisiko ist bei außerörtlichen Kreisverkehren unabhängig davon, ob drei oder vier Äste angebunden sind. Maßgebend für eine sichere Gestaltung der außerörtlichen Kreisverkehrsplätze ist seine gute Erkennbarkeit bereits in der Zufahrt. In diesem Zusammenhang spielt die Führung der Verkehrsteilnehmer zum bzw. in den Kreisverkehr eine ausschlaggebende Rolle. Für eine überschlägige Aussage zur Verkehrssicherheit unterschiedlicher Zufahrtsformen, wurden die Kreisverkehre eingeteilt in Kreisverkehre mit „abgekröpften“/ geradlinigen bzw. radialen/tangentialen Zufahrten.

Bei den untersuchten Kreisverkehren mit „abgekröpfter“ Zufahrt steigt der Anteil an Fahrunfällen im Vergleich zu Kreisverkehren mit geradliniger Zufahrt. Bei „abgekröpften“ Zufahrten folgt der Kreisverkehr unmittelbar nach einer deutlichen Biegung der Fahrbahn (Bild 5). Die Verkehrsteilnehmer scheinen bei einer derartigen Konstellation mehr Probleme zu haben, eine korrekte Fahrweise einzuhalten. An diesen Kreisverkehren ereignen sich darüber hinaus mehr Unfälle mit Personenschaden.

Bild 5: Beispiel für einen Kreisverkehrsplatz mit „abgekröpfter“ Zufahrt

Die ausgewerteten Kreisverkehrsplätze mit radialer Zufahrt (Bild 6) stellen sich insgesamt nachteiliger dar als Kreisel mit tangentialer Anbindung. Speziell bei einer hohen Aufschüttung in der Kreismitte ergibt sich ein höheres Unfallrisiko, wenn die Zufahrt zum Kreisverkehrsplatz radial erfolgt. Eine radiale Zufahrt in Kombination mit einer hohen Aufschüttung kann zu einem recht heftigen Aufprall mit entsprechend hohen Unfallfolgen führen, falls der Kreisverkehr übersehen bzw. zu spät erkannt wird.

Ein besonders hohes Unfallrisiko besteht für untersuchte Kreisverkehrsplätze mit großen Kreisradien in Verbindung mit radialer Kreiszufahrt (Tabelle 5). Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass geradeaus fahrende Kraftfahrzeuge bei größeren Kreis(innen)radien stärker vom Kreismittelpunkt abgelenkt werden. Ein zügiges „Umkurven“ der Kreismittelinsel ist damit bei größeren Radien kritischer.

Bild 6: Schematische Darstellung radialer und tangentialer Kreisverkehrszufahrten

Tabelle 5: Unfallkenngrößen der untersuchten Kreisverkehrsplätze mit radialer/tangentialer Zufahrt

Gemäß „Merkblatt für die Anlage von kleinen Kreisverkehrsplätzen“, Ausgabe 1998 soll der Außendurchmesser von Kreisverkehrsplätzen außerhalb bebauter Gebiete 35 bis 45 m betragen [5]. Noch größere Außendurchmesser werden nicht empfohlen, da dann auf der Kreisfahrbahn schneller gefahren werden kann. Die Breite der Kreisfahrbahn ergibt sich in Abhängigkeit vom Kreisaußendurchmesser. Das Bild 7 zeigt, dass bei knapp der Hälfte der untersuchten Kreisverkehrsplätze größere Entwurfselemente (Kombination von Außendurchmesser und Fahrbahnbreite), als im Merkblatt empfohlen, zum Einsatz kamen. Die meisten dieser Kreisverkehre sind nach 1998 errichtet worden.

Sowohl Außendurchmesser größer als 40 Meter, als auch Fahrbahnbreiten größer als acht Meter erweisen sich in der durchgeführten Unfallauswertung als nachteilig (Tabelle 6). Die ermittelten Unfallkenngrößen bestätigen die vom Merkblatt, Ausgabe 1998, empfohlene Kombination von Außendurchmesser und Breite der Kreisfahrbahn. Das neue „Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren“ [6], das im Jahr 2006 veröffentlicht wurde, lässt größere Entwurfselemente zu als die Ausgabe 1998.

Bild 7: Durchmesser und Fahrbahnbreite der untersuchten 139 Kreisverkehrsplätze im Vergleich zu den Empfehlungen gemäß dem Merkblatt

Tabelle 6: Unfallkenngrößen der untersuchten Kreisverkehrsplätze nach der Größe des Außendurchmessers und der Fahrbahnbreite

5 Bewertung ausgewählter Elemente von Lichtzeichenanlagen

An zweibahnigen Straßen liegen 22 % der untersuchten Lichtzeichenanlagen. Die Verkehrsbelastung an diesen zweibahnigen Knotenpunkten ist deutlich höher als an den Knoten mit einbahnigen Straßen. Die Unfallrate bzw. Unfallkostenrate ist außerorts an zweibahnigen Straßen niedriger als an einbahnigen Straßen. Am Ortsrand zeigt sich ein umgekehrtes Bild (Tabelle 7). Das vergleichsweise hohe Unfallrisiko an zweibahnigen Straßen in Ortsnähe lässt sich dadurch erklären, dass hier dreimal häufiger zweiphasige Signalsteuerungen anzutreffen sind als außerorts.

Die Anzahl der Signalphasen hat demnach an zweibahnigen Straßen wesentlichen Einfluss auf die ermittelten Unfallkenngrößen. So ist beispielsweise das Unfallrisiko an ortsnahen Kreuzungen mit zweiphasiger Signalsteuerung mehr als doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Kreuzungen mit mehrphasiger Steuerung (Tabelle 7).

Tabelle 7: Unfallkenngrößen der untersuchten Lichtzeichenanlagen nach Ortslage und Anzahl der Knotenpunktzufahrten an ein-/zweibahnigen Straßen

Von einer zweiphasigen Signalsteuerung spricht man, wenn die Linksabbieger zeitgleich mit dem entgegenkommenden Verkehr freigegeben werden, das heißt die Linksabbieger haben keinen Schutz durch ein Grünpfeilsignal oder eine eigene Signalphase [7]. An einbahnigen Straßen arbeitet außerorts etwa jede vierte untersuchte Lichtzeichenanlage und am Ortsrand etwa jede dritte Anlage mit einer zweiphasigen Steuerung. An Lichtzeichenanlagen mit zweiphasiger Steuerung ereignen sich vermehrt Abbiegeunfälle.

Die Mittelwerte der Unfallkenngrößen für zwei- bzw. mehrphasige Anlagen unterscheiden sich an einbahnigen Straßen nur geringfügig. Allerdings weichen die Kenngrößenwerte einzelner Lichtzeichenanlagen insbesondere bei zweiphasiger Steuerung außerorts stark von einander ab. Einige zweiphasige Anlagen schneiden sehr schlecht, die Mehrheit der zweiphasigen Anlagen dagegen verhältnismäßig gut ab. Offensichtlich können zweiphasige Anlagen außerorts bei günstigen Randbedingungen sicher betrieben werden. Diese Randbedingungen können unter anderem die Höhe der Leistungsreserve, die Qualität der Sichtverhältnisse und die Anzahl an Linksabbiegern, sowie an Radfahrern und Fußgängern sein.

Tabelle 8: Unfallkenngrößen der untersuchten signalisierten Kreuzungen am Ortsrand mit zwei- oder mehrphasiger Steuerung an ein-/zweibahnigen Straßen

Rund sechs von zehn der untersuchten Lichtzeichenanlagen an einbahnigen Straßen werden nachts zeitweise ausgeschaltet. Die meisten dieser Anlagen liegen am Ortsrand. Die Unfallkenngrößen der Lichtzeichenanlagen mit Nachtausschaltung sind insgesamt nicht auffällig hoch (Tabelle 9). Allerdings ereignen sich bei Lichtzeichenanlagen mit Nachtausschaltung vor allem zwischen 22.00 und 24.00 Uhr außergewöhnlich viele Unfälle mit schwerem Personenschaden (Bild 8).

Tabelle 9: Unfallkenngrößen der untersuchten Lichtzeichenanlagen mit/ohne Nachtausschaltung an einbahnigen Straßen

Bild 8: Anteil der Unfälle mit schwerem Personenschaden an Lichtzeichenanlagen mit Nachtausschaltung bzw. 24 Stundenbetrieb im Tagesverlauf

Außerorts gibt es in Bayern lediglich eine Lichtzeichenanlage mit Grünpfeil-Schild (VZ 720). Diese wurde jedoch aufgrund widersprüchlicher Angaben bei den Unfallörtlichkeiten im Vorfeld aussortiert und nicht bewertet. In Ortsrandlage ist etwa jede neunte untersuchte Lichtzeichenanlage mit einem Grünpfeil-Schild ausgestattet. Das Unfallrisiko ist bei diesen Lichtzeichenanlagen mit Grünpfeil-Schild geringer als ohne. Dies deutet an, dass dieses Verkehrszeichen sehr moderat und nur nach eingehender Prüfung der Verkehrssicherheit angeordnet wird.

Allerdings verunglücken an Lichtzeichenanlagen mit Grünpfeil-Schild verhältnismäßig viele Senioren (älter als 65 Jahre). Auch der Anteil der Unfälle mit Vorrangverletzungen ist an Lichtzeichenanlagen mit Grünpfeil-Schild höher (Tabelle 10).

Tabelle 10: Unfallkenngrößen der untersuchten Lichtzeichenanlagen mit/ohne Grünpfeilschild (VZ 720) an einbahnigen Straßen

6 Zusammenfassung

Die durchgeführten Unfalluntersuchungen weisen darauf hin, dass Kreisverkehre unabhängig von der Ortslage klar sicherer sind als Lichtzeichenanlagen (an einbahnigen Straßen). Das Risiko für einen Unfall ist bei den untersuchten Kreisverkehrsplätzen rund halb so groß wie an den Lichtzeichenanlagen. Darüber hinaus ist die Unfallschwere bei Kreisverkehren deutlich niedriger. So ist die Wahrscheinlichkeit im Falle eines Unfalls am Kreisverkehr tödlich zu verunglücken, dreimal geringer als bei einer Lichtzeichenanlage.

Die Verkehrssicherheit eines kleinen Kreisverkehrsplatzes wird maßgebend von seiner Erkennbarkeit (Ausstattung, Kontrast, Beleuchtung) insbesondere bei schlechten Sichtbedingungen bestimmt. Die meisten Unfallverursacher prallen ohne Beeinträchtigung durch weitere Verkehrsteilnehmer auf die Kreismitte. Daher kommt der Gestaltung des Kreisinnern in Hinsicht auf einen optimalen passiven Schutz (geringe Aufkantung, tangentiale Zufahrt, mäßige Aufschüttung) eine wichtige Bedeutung zu. Außerdem erweisen sich in der Unfallauswertung kleinere Außendurchmesser und schmälere Fahrbahnen als sicherer.

An Lichtzeichenanlagen überwiegen Konflikte bzw. Kollisionen zwischen den Verkehrsteilnehmern. Die meisten Unfälle sind auf Fehler beim Abbiegen zurückzuführen oder sind Auffahrunfälle. Das Unfallrisiko ist an den untersuchten Lichtzeichenanlagen an einbahnigen Straßen außerorts höher als an zweibahnigen. Bei den Anlagen an zweibahnigen Straßen fallen allerdings zweiphasige Signalsteuerungen, diese befinden sich überwiegend in Ortsnähe, besonders negativ auf. An einbahnigen Straßen ergeben sich im Mittel kaum Unterschiede zwischen zwei- oder mehrphasiger Steuerung. Einige zweiphasige Anlagen schneiden sehr schlecht, die Mehrheit der zweiphasigen Anlagen dagegen verhältnismäßig gut ab. An den untersuchten Lichtzeichenanlagen mit Grünpfeil-Schild (VZ 720) bzw. Nachtausschaltung konnte kein höheres Unfallrisiko festgestellt werden. Jedoch steigt die Unfallschwere bei Lichtzeichenanlagen mit Nachtausschaltung in den beiden Stunden vor Mitternacht erheblich.

Literaturverzeichnis

  1. Reichel, : Untersuchung der Verkehrssicherheit von Kreisverkehrsplätzen, Diplomarbeit an der FH Deggendorf, Februar 2006
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Hinweise zur Methodik der Untersuchung von Straßenverkehrsunfällen, Ausgabe 1991, Köln (FGSV 356)
  3. Höhnscheid, -J.; Köppel, W.; Krupp; R.; Meewes, V.: Kostensätze für die volkswirtschaftliche Bewertung von Straßenverkehrsunfällen, Preisstand 2000, in Straßenverkehrstechnik Heft 1/2002
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Auswertung von Straßenverkehrsunfällen, Teil 1: Führen und Auswerten von Unfalltypen-Steckkarten, Ausgabe 2003, Köln (FGSV 316/1)
  5. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Anlage von kleinen Kreisverkehrsplätzen, Ausgabe 1998, Köln (zurückgezogen)
  6. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren, Ausgabe 2006, Köln (FGSV 242)
  7. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA), Ausgabe 2002, Köln (FGSV 321)