FGSV-Nr. FGSV 001/23
Ort Mannheim
Datum 15.09.2010
Titel Umfelddatenerfassung in Verkehrsbeeinflussungsanlagen
Autoren Dipl.-Ing. Slavica Grošanić, ORR Dipl.-Ing. Sylvia Piszczek
Kategorien Kongress
Einleitung

Die Umfelddatenerfassung spielt in der Verkehrsbeeinflussung mittels Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA) eine bedeutende Rolle. Auf Basis aktueller Verkehrs- und Umfelddaten (Witterungsdaten) werden auf Bundesfernstraßen Schaltungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit generiert. Mittels dynamischer Wechselverkehrszeichen (WVZ) werden die Verkehrsteilnehmer vor Umfeldbedingungen, die zu gefährlichen Situationen führen können, gewarnt. Umfeldbedingte Schaltungen können jedoch nur dann positiven Einfluss auf die Verkehrssicherheit erzielen, wenn die Anzeigen einer SBA durch die Verkehrsteilnehmer befolgt werden. Hierfür ist es erforderlich, dass die stationär erfassten Umfelddaten eine gute Qualität aufweisen und die aktuellen Umfeldbedingungen zeitnah im System abgebildet werden. Aufgrund der Wichtigkeit der Umfelddatenerfassung und des für die Praxis zu erwartenden Nutzens wurde im Arbeitskreis „Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) die Notwendigkeit für den Aufbau eines Testfeldes für Systeme zur Erfassung der Umfeldsituation festgestellt und der Aufbau eines solchen Testfeldes beschlossen. Das im Jahr 2003 errichtete Testfeld bei München erlaubt, die Umfeldgrößen bzw. die Sensoren zu deren Erfassung praxisnah und längerfristig zu untersuchen. Die Sensoren verschiedener Hersteller werden unter gleichen Bedingungen geprüft und bzgl. ihrer Eignung für den Einsatz in SBA eingestuft. Gleichzeitig besteht für die Hersteller die Möglichkeit, die Hard- und Software der Sensorik zu verbessern.

Erfahrungen aus dem Testfeld und der Praxis erlaubten eine Ableitung von Anforderungen für Ausschreibung, Abnahme und Betrieb von Umfeldsensoren, welche im Hinweispapier der FGSV zusammengefasst wurden. Die darin beschriebenen Plausibilitätskontrollen der erfassten Umfelddaten können in Verkehrszentralen direkt durchgeführt werden. Systematische und logisch/physikalische Fehler werden zeitnah und automatisch erkannt, unplausible und nicht nachvollziehbare Schaltungen können somit reduziert werden.

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1 Einleitung

Ein wichtiges Element der Streckenbeeinflussung (SBA) ist die Erfassung von Verkehrs- und Umfelddaten. Die Verkehrssicherheit wird erhöht, indem mit Hilfe von dynamisch veränderbaren Warnhinweisen und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf aktuelle Verkehrs- und Umfeldbedingungen reagiert wird.

Auf die Verkehrssicherheit wirken sich Fahrbahnnässe, -glätte und / oder Niederschlagsereignisse sowie Sichtweiten in zweierlei Hinsicht negativ aus: Zum einen wird durch die Nässe bzw. die Glätte auf der Fahrbahn der Kraftschluss zwischen Reifen und Fahrbahn verringert, wodurch der Bremsweg erhöht und die aufnehmbaren Radialkräfte bei Kurvenfahrten reduziert werden. Zum anderen wird durch Nebel, Niederschlag und Sprühfahnenbildung die Sicht des Kraftfahrers beeinträchtigt. Diesen negativen Einflüssen wird durch die Schaltung einer angepassten zulässigen Höchstgeschwindigkeit und gegebenenfalls von zusätzlichen Warnhinweisen begegnet.

Die Wirksamkeit dieser Schaltungen hängt im hohen Maße von der Befolgung durch die Verkehrsteilnehmer ab. Die Akzeptanz der Geschwindigkeitsanzeigen durch den Verkehrsteilnehmer erhöht sich mit der Nachvollziehbarkeit der Schaltung aufgrund der vorherrschenden Umfeldsituation. Eine hohe Qualität der Erfassung von Umfelddaten ist somit zwingend erforderlich.

Vor dem Projekt „Testfeld für Umfelddatenerfassung“ wurde die Qualität der Systeme zur Umfelddatenerfassung in SBA nicht systematisch untersucht. Die Sensorqualität wurde nur sporadisch und größtenteils von SBA-Betreibern manuell überprüft. Im täglichen Betrieb wurden Fehler in der Umfelddatenerfassung häufig nicht oder erst spät bzw. zufällig erkannt.

Um die Qualität der Umfelddatenerfassungssysteme zu verbessern, wurde seitens des Arbeitskreises (AK) „Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen“ der FGSV der Aufbau eines Umfelddatentestfelds vorgeschlagen.

 

2 Umfelddatentestfeld des Bundes

Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) wurde im Dezember 2003 ein Testfeld für Umfelddatenerfassung eingerichtet. Das Testfeld wird durch das BMVBS finanziell und durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) organisatorisch und fachlich unterstützt. Der AK „Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen“ der FGSV bzw. seine Mitglieder übernehmen die Rolle eines beratenden Organs und bringen die aus dem Testfeld gewonnenen Erkenntnisse in verschiedene Regelwerke ein. Der Lehrstuhl für Verkehrstechnik, der Technischen Universität München begleitet das Testfeld verkehrswissenschaftlich und ist unter anderem mit der Datenübernahme, -aufzeichnung und -auswertung betraut. Für den Aufbau und die örtliche Betreuung des Testfeldes ist die Autobahndirektion Südbayern (ABDSB) zuständig.

Die Beteiligung der Hersteller von Umfelddatensensoren am Testbetrieb ist freiwillig. Derzeit sind sieben internationale Hersteller von Umfelddatenerfassungssystemen im Testfeld eingebunden, sie unterstützen die Aktivitäten des AK durch die Bereitstellung von Sensoren bzw. Systemen. Durch die Teilnahme am Testfeldbetrieb ergibt sich für die Hersteller die Möglichkeit des Vergleiches der eigenen Systeme mit den Systemen anderer Hersteller sowie mit Referenzmessungen und Wetterbeobachtungen vor Ort. Aufgrund der detaillierten und zeitnahen Datenanalyse ist eine Verbesserung und Weiterentwicklung der Sensorik seitens der Hersteller möglich.

Das Umfelddatentestfeld des Bundes befindet sich an der Bundesautobahn A 92 im Bereich der Anschlussstelle „Eching Ost“ (Bild 1). Der Standort wurde so gewählt, dass sämtliche relevanten Wetterereignisse, die zu Schaltungen führen, in unterschiedlicher Ausprägung vorkommen und untersucht werden können. Durch die vorhandene Infrastruktur (Energie- und Datenanbindung) ermöglicht der Standort den notwendigen Aufbau und Betrieb des Testfeldes sowie der Verknüpfung mit der vorhandenen SBA.

Bild 1: Lage des Umfelddatentestfelds des Bundes bei München

Die getesteten Sensoren sind nebeneinander (mit ausreichendem Abstand zueinander) auf der Höhe des Anzeigequerschnitts AQ 92.580 aufgebaut. Sensoren zur Erfassung des Fahrbahnzustandes sind sowohl über als auch in der Fahrbahn montiert. Eine schematische Übersicht des Testfeldes zeigt im Bild 2 die aktuelle, nach Herstellern differenzierte Anordnung der Sensoren.

Bild 2: Schemaübersicht Umfelddatentestfeld des Bundes, Stand Sommer 2010

Zur kontinuierlichen Beobachtung des Testfeldes sind an der Schilderbrücke drei digitale Kameras montiert. Die Kameras liefern in 1-Minuten-Intervallen aktuelle Bilder des Testfelds. Diese Bilder können im Internet auf der Seite www.vt.bv.tum.de/umfelddaten abgerufen werden.

Im Testfeld werden von den Herstellern Sensoren zur Erfassung mehrerer meteorologischer Größen überprüft. Die Anzahl der aktuell im Testfeld vertretenen Sensortypen ist in der Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Zusammenstellung und Anzahl der erfassten Umfeldgrößen im Testfeld

Die erfassten Sensormessgrößen aller im Testfeld vertretenen Systeme und Umfeldgrößen werden in mehreren Textdateien (je Hersteller) gespeichert. Die parallel dazu erhobenen Referenzmessungen werden, zusammen mit den Sensormessgrößen, in speziell für den Testfeldbetrieb entwickelten Datenbankanwendungen geschrieben (Bild 3).

In der Datenbank werden die Daten strukturiert und über den Zeitstempel einander zugeordnet. Zur statistischen Auswertung der Daten werden diese nach Umfeldgrößen zusammengefasst und auf ihre Plausibilität hin überprüft.

Bild 3: Ablauf im Umfelddatentestfeld

Durch die Untersuchung der Messgenauigkeit, der Reaktionszeit bis zum Erkennen von Umfeldereignissen sowie der Möglichkeit zur Abbildung von Ereignissen können Aussagen zur Güte der geprüften Systeme getroffen werden. Die Beurteilungen jeder Umfeldgröße dieser Sensorsysteme werden den Herstellern zeitnah zur Verfügung gestellt und bei Bedarf ein entsprechender Hinweis zu Auffälligkeiten bei den Sensormesswerten gegeben. Die Hersteller haben somit die Möglichkeit, die Hard- oder Software entsprechend anzupassen, um somit die Sensorqualität zu verbessern bzw. zu optimieren.

Für jede Umfeldgröße werden mehrere Beurteilungsmethoden angewandt (Piszczek et al. 2007). Für die sogenannte Primärgrößen (Niederschlagsintensität, Wasserfilmdicke, Sichtweite, Niederschlagsart, Fahrbahnzustand), welche direkt als Eingangsgrößen für die Steuerung von SBA verwendet werden, sind die Kriterien zur Beurteilung in der Tabelle 2 zusammengestellt.

Tabelle 2: Übersicht der inhaltlichen Beurteilungsmethoden

Die Beurteilungsmethoden erlauben folgende Aussagen:

  • Der Vergleich von Ganglinien ermöglicht Rückschlüsse auf die Qualität der Sensoren hinsichtlich einer Erkennung des Ereignisbeginns und -endes sowie auf die Ausprägung des Wetterereignisses.
  • Die minütlich aufgezeichneten Kamerabilder werden unterstützend für die Einschätzung der Wetterereignisse verwendet. Zudem werden mit Hilfe manueller Bildauswertung die Sichtweiten bestimmt.
  • Bei den Beobachtungen vor Ort wird das wahrgenommene Wettergeschehen in einer Datenbank protokolliert und zusätzliche Messungen zur Erfassung der Niederschlagsintensität durchgeführt.
  • Der sogenannte Sprühkastentest wird zur Überprüfung der von den Bodensonden erfassten Wasserfilmdicke und Gefriertemperatur eingesetzt. Dabei wird mit Hilfe eines Sprühventils eine bekannte Wassermenge auf die Sensoroberfläche aufgebracht.
  • Die Feuchtigkeitsmenge auf der Sensoroberfläche lässt sich mit dem sogenannten Tuchtest bestimmen. Die auf dem Sensor und ihn umgebende Fläche vorhandene Feuchtigkeitsmenge wird mit einem Tuch aufgenommen. Die Höhe des aufgenommenen Wasserfilms lässt sich aus dem Vorher-Nachher-Gewicht des Tuches errechnen.
  • Das auch vom Deutschen Wetterdienst zur Niederschlagsmessung eingesetzte Pluviometer wird als Referenzmessgerät im Testfeld verwendet. Durch das Wiegen des Niederschlags auf einer definierten Fläche pro Zeiteinheit wird die Niederschlagsintensität bestimmt.

Die Gesamtbeurteilung der zu überprüfenden Sensoren basiert auf der Zusammensetzung von mehreren Einzelbeurteilungen.

Die Eignung der Sensoren für Zwecke der Umfelddatenerfassung im Bereich von SBA wird nach folgendem Bewertungsschema klassifiziert:

  • für den Einsatz in SBA geeignet (+)
    Der untersuchte Sensor reagiert zeitnah auf Ereignisse und bildet diese durch seine Messwerte zuverlässig und realitätsgetreu ab. Der Sensor ist für den Einsatz in SBA geeignet, wenn mindestens 85 % der Einzelbewertungen positiv bewertet wurden.
  • mit Einschränkungen geeignet (o)
    Der untersuchte Sensor reagiert auf Ereignisse und bildet diese in seinen Messwerten ab. Zeitliche Verzögerungen in der Reaktionszeit bzw. stellenweise fehlerhafte Amplituden der Messwerte führen zu der Beurteilung, dass der Sensor unter Berücksichtigung der genannten Auffälligkeiten (, die gegebenenfalls durch Kalibrierung behoben werden können) mit Einschränkungen für den Einsatz in SBA geeignet ist.
  • nicht geeignet (-)
    Die Messwerte bilden die Ereignisse nicht zeitnah ab bzw. liegen nicht in der für einen Einsatz in SBA erforderlichen Genauigkeit vor. Die Mehrzahl der zusammengefassten Einzelbeurteilungen wurde mit „-“ bewertet.

Die Beurteilung der Sensoren erfolgt jährlich seit 2005 nach einem ähnlichen Schema. Die Abschlussberichte (Dinkel et al. 2009; Dinkel et al. 2008; Dinkel et al. 2007) sind im Internet unter folgender Adresse www.vt.bv.tum.de/abschlussbericht (Login: extern; Passwort: d_1v5VAb) verfügbar.

Je nach Testphase variiert die Anzahl der Sensoren im Testfeld. Da das Testfeld als „offenes Testfeld“ betrieben wird, besteht auch die Möglichkeit neue Sensoren als Prototypen zu erproben.

Das Bild 4 zeigt eine Zusammenstellung von Ergebnissen der Sensorbeurteilungen aus den bisher veröffentlichten Testphasen. Es sind hier nur die Ergebnisse der Beurteilungen von den Primärgrößen dargestellt.

Bild 4: Ergebnisse der Beurteilungen der Sensoren im Umfelddatentestfeld seit 2005

Die Veröffentlichung der Bewertung der Messgröße Wasserfilmdicke erfolgte erstmals in Dinkel et al. (2007). Hierfür wurden Messergebnisse aus den Sprühkasten- und Tuchtests des Zeitraums 2005 bis 2007 genutzt.

Die langfristige Beurteilung der Sensoren zeigt, dass bereits einige Sensorsysteme für den Einsatz in SBA geeignet sind. Bei manchen Sensorsystemen besteht jedoch weiterhin ein Verbesserungspotenzial.

 

3 Hinweispapier für die Umfelddatenerfassung in SBA

Durch das erworbene Know-How aus dem Umfelddatentestfeld sowie durch Erfahrungen aus der Praxis, die durch die Ländervertreter in den AK eingebracht wurden, konnten wichtige Erkenntnisse für die Planung, Ausschreibung, Abnahme und Betrieb von Umfelddaten in SBA gewonnen werden. Dies ist im Wissensdokument „Hinweise zur Nutzung und Erfassung von Umfelddaten in Streckenbeeinflussungsanlagen“ (FGSV 2010) zusammengefasst.

Im Hinweispapier werden sowohl die Anforderungen an die Erfassung (das heißt die Qualität und Anordnung der Sensoren und die Nachweise der Funktionsfähigkeit) als auch die algorithmische Weiterverarbeitung der Umfelddaten auf der Ebene der Unterzentrale behandelt. Ebenfalls enthalten sind Vorschläge zur Steuerung und dem Betrieb von SBA sowie Nachweise der Funktionsfähigkeit.

Das Bild 5 stellt den im Hinweispapier beschriebenen Systemaufbau für die Umfelddatenerfassung in SBA dar.

Bild 5: Systemaufbau zur Erfassung und Nutzung von Umfelddaten in SBA (FGSV 2010)

Das Hinweispapier soll den Betreibern von SBA bei der Planung von SBA und der Ausstattung dieser mit Umfelddatensensoren unterstützen. Dabei werden Anregungen zur Auswahl von Standorten sowie der Anzahl an Sensoren pro Streckenabschnitt gegeben. Des Weiteren werden die einzelnen Komponenten der Umfelddatenerfassung beschrieben und deren Messprinzipien vorgestellt.

Die Datenübertragung muss gemäß den „Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen“ (TLS 2010) durchgeführt werden. Der AK hat die entsprechenden Anforderungen für die künftigen TLS definiert. Im Vorgriff auf die „neuen“ TLS wurden diese Anforderungen im Hinweispapier zitiert. Bis zur Einführung der künftigen TLS haben diese Abschnitte im Hinweispapier einen verbindlichen Charakter.

Auf der Ebene der Unterzentrale (UZ) werden die erfassten Umfelddaten auf ihre Plausibilität geprüft und gegebenenfalls Ersatzwerte gebildet. Dieser Schritt ist bedeutend für eine nachvollziehbare SBA-Schaltung. Mit Hilfe dieser minütlich durchzuführenden Prüfungen können systematische und logisch/physikalische Fehler schnell und direkt erkannt werden.

Die aufbereiteten Umfeldgrößen werden für die Steuerung von SBA verwendet. Für die Steuerung sind die Niederschlagsintensität, Wasserfilmdicke und Sichtweite einer Schwellwertanalyse zur Festlegung von Nässe- bzw. Sichtweitenstufen zu unterziehen.

Für die Sichtweite (SW) sind beispielhaft in der Tabelle 3 die Ein-/Ausschaltgrenzwerte, die dazugehörige Sichtweitenstufe und das vorgeschlagene Schaltbild dargestellt.

Tabelle 3: Ein-/Ausschaltgrenzwerte und Schaltbild für Sichtweiten

Vor bzw. nach Einbau der Sensoren sind Eignungs- bzw. Abnahmeprüfungen durchzuführen. Die Eignungsprüfungen werden im Labor für alle Komponenten der Messstelle durch eine zugelassene Prüfstelle durchgeführt. Abnahmeprüfungen finden direkt vor Ort statt. Verfahren der Abnahmeprüfungen sind im späteren Betrieb regelmäßig zu wiederholen.

Den Plausibilitätsprüfungen kommt eine besondere Bedeutung zu, da eine situationsangepasste SBA-Steuerung nur mit plausiblen Daten erfolgen kann. Aus diesem Grund werden diese Prüfungen näher erläutert.

 

4 Plausibilitätsprüfungen

Die im Hinweispapier (FGSV 2010) beschriebenen Plausibilitätsprüfungen werden sowohl für aktuelle Messintervalle als auch kontinuierlich über längere Zeitintervalle durchgeführt.

Im Zuge der Plausibilitätsprüfungen werden alle erfassten Umfelddaten nach gegebenen physikalischen und logischen Kriterien sowie Regeln auf ihre Richtigkeit überprüft. Dabei werden unplausible Werte markiert und Ersatzwerte gebildet.

Im Bild 6 sind die in den Hinweisen vorgeschlagenen Plausibilitätsprüfungen (PL-Prüfung) zusammengefasst. Bei den PL-Prüfungen wird unterteilt nach Einzelmesswertprüfungen, die für alle in das System übertragenen Daten durchzuführen sind, logisch/physikalischen PL-Prüfungen sowie Langzeit-PL-Prüfungen.

Bild 6: Plausibilitätsprüfungen für Umfelddaten (FGSV 2010)

Im Folgenden werden die Einzelmesswertprüfungen näher beschrieben:

  • Die Umfelddaten werden einer Ausfallüberwachung Dabei gilt ein Messwert als ausgefallen, wenn er als fehlerhaft gekennzeichnet ist oder nicht innerhalb eines parametrierbaren Zeitintervalls übertragen wird.
  • Bei der Grenzwertüberwachung wird überprüft, ob der Messwert innerhalb eines vorher festgelegten Wertebereiches liegt.
  • Die Differenzialkontrolle überprüft, ob über einen definierten Zeitraum Änderungen eines Messwertes, der meteorologisch bedingt kontinuierlichen Schwankungen unterliegen sollte, vorliegen.
  • Die Differenz zweier aufeinanderfolgender Messwerte muss innerhalb eines parametrierbaren Bereiches liegen, ansonsten wird der Messwert verworfen (Anstiegs-Abfall-Kontrolle).

Sind alle einzelnen Messwerte auf ihre Plausibilität hin kontrolliert, kann eine logisch / physikalische Überprüfung folgen. Da einige Messgrößen voneinander meteorologisch abhängig sind, können unplausible Messwerte durch Vergleiche untereinander identifiziert werden.

Die Langzeitprüfungen liefern Hinweise auf systematische Fehler. Für eine Langzeit-Plausibilitätsprüfung werden Ergebnisse der jeweils gleichen Sensortypen einer Messstelle mit denen der beiden Nachbarstellen verglichen.

Die im Hinweispapier (FGSV 2010) beschriebenen Plausibilitätsprüfungen sowie Ersatzwertbildung und Datenaufbereitung für die Umfelddaten sind in die Software des bundeseinheitlichen Datenverteilersystemes integriert. Das bundeseinheitliche Datenverteilersystem ist unter anderen zuständig für die Erfassung und Aufbereitung aller Daten einer Verkehrsbeeinflussungsanlage sowie für die Steuerung der Anlage und die Schaltung der Anzeigen. Durch die Nutzung dieser Softwaresysteme können zeitnah und automatisch Fehler bei der Umfelddatenerfassung erkannt werden.

 

5 Fazit und Ausblick

Eine hohe Qualität der Umfelddaten nimmt einen besonderen Stellenwert bei der Generierung von Schaltungen in SBA ein. Im Rahmen des Umfelddatentestfeldes konnten wichtige Erkenntnisse über die Güte der Umfelddatenerfassung gewonnen werden.

Das Umfelddatentestfeld bietet die Voraussetzungen für eine genauere Überprüfung der Messwerte als dies im täglichen Betrieb einzelner Messstellen möglich wäre. Die Sensoren werden kontinuierlich über einen längeren Zeitraum analysiert, was eine umfassende Beurteilung der eingesetzten Messtechnologien bei unterschiedlichsten Umfeldbedingungen ermöglicht. Die Ergebnisse, die in den jährlichen Abschlussberichten veröffentlicht wurden, sollen den Betreibern die Entscheidung bei der Auswahl von Umfeldsensoren erleichtern.

Neben den kontinuierlichen Veröffentlichungen der Ergebnisse stellt das Hinweispapier wichtige Aspekte für die Betreiber von SBA zusammen, die sowohl in der Ausschreibungsphase als auch während des Betriebs hilfreiche Unterstützung bieten. Die Beschreibung von Abnahme- und Wartungsprüfungen unterstützt die Straßenbauverwaltungen der Länder bei deren Bestrebungen die Qualität und die Wirksamkeit von SBA zu überprüfen und zu erhöhen.

Vorgaben für Plausibilitäskontrollen und deren Umsetzung im bundeseinheitlichen Datenverteilersystem ermöglicht systematische und logisch/physikalische Fehler zeitnah und automatisch zu erkennen und die Messwertqualität zu verbessern.

Neben der Beobachtung und Beurteilung der Sensoren konnten im Testfeld auch die Nutzung der Umfelddaten in SBA und deren Auswirkung auf das Verkehrsgeschehen behandelt werden. Der Zusammenhang zwischen Umfeldereignissen und dem Verkehrsablauf wird künftig untersucht. Eine Analyse des Fahrverhaltens bei kritischen Umfeldbedingungen mit und ohne Verkehrsbeeinflussung erlaubt z. B. die Beurteilung der Wirksamkeit einer SBA bei schlechten Witterungsbedingungen.

Offen für die SBA-Steuerung ist zurzeit noch die Ermittlung der Witterungszustände über längere Streckenabschnitte. Um aus den bisher punktuell erhobenen Umfelddaten auf die streckenbezogenen Zustände zu schließen, sind gegebenenfalls weitere Datenquellen in die SBA einzubeziehen.

 

Literaturverzeichnis

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2010): Technische Lieferbedingungen für Streckenstationen, BMVBS, Berlin, Entwurf

Dinkel, A.; Grošanić, S.; Busch, F. (2009): Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen, Testfeld „Eching Ost“ des Bundes, Abschlussbericht der 4. Testphase, BMVBS, München

Dinkel, A.; Leonhardt, A.; Busch, F. (2007): Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen, Testfeld „Eching Ost“ des Bundes, Abschlussbericht der 2. Testphase, BMVBS, München

Dinkel, A.; Leonhardt, A.; Busch, F. (2008): Umfelddatenerfassung in Streckenbeeinflussungsanlagen, Testfeld „Eching Ost“ des Bundes, Abschlussbericht der 3. Testphase, BMVBS, München

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2010): Hinweise zur Erfassung und Nutzung von Umfelddaten in Streckenbeeinflussungsanlagen, Ausgabe 2010, Köln, FGSV 306

Piszczek, S.; Dinkel, A.; Leonhardt, A.; Mutzbauer, J. (2007): Testfeld für die Erfassung von Umfelddaten in Streckenbeeinflussungsanlagen, Straßenverkehrstechnik, 3/2007, Kirschbaum Verlag, Bonn