FGSV-Nr. FGSV 001/23
Ort Mannheim
Datum 15.09.2010
Titel Lärmminderung – Eine Herausforderung für die Städte
Autoren Dipl.-Ing. Florian Poxleitner
Kategorien Kongress
Einleitung

An die Einführung von Lärmkarten sowie von Lärmaktionsplanungen in allen großen Kommunen im Zuge der Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie sind Hoffnungen geknüpft, den Lärm in unseren Städten wirksam und nachhaltig zu reduzieren. Hoffnungen, die wir Städte gerne erfüllen wollen, denn wenn es um Straßenverkehrslärm geht, sind sich alle einig:

„Es ist zu laut!“

Der Straßenverkehrslärm ist so weit in unseren Lebensraum vorgedrungen, dass er von der Mehrheit der Bevölkerung als Belästigung empfunden wird. Straßenverkehrslärm vermindert die Aufenthaltsqualität an allen Orten und viele Menschen in den Städten sind teilweise so massiv davon betroffen, dass gesundheitsschädigende Folgen drohen.

Den Lärm an der Quelle aktiv zu bekämpfen, ist die effektivste Lärmschutzmaßnahme, da sie allen Betroffenen zu Gute kommt. Eine aktive Maßnahme auf dem Gebiet der Straßenbautechnik ist der Einsatz lärmreduzierender Asphaltdeckschichten. Es gibt eine Vielzahl solcher Deckschichten, wobei keine ohne Einschränkungen immer wirksam eingesetzt werden kann. Oft sind lärmmindernde Asphaltdeckschichten kürzer haltbar als herkömmliche Asphaltdeckschichten, verlieren schnell ihre lärmreduzierende Wirkung oder bringen baupraktische Anforderungen mit sich, die einen sinnvollen Einsatz nicht zulassen.

Die Herausforderung für die Städte und alle, die sich mit ihnen engagieren, besteht darin, innovative Asphaltdeckschichten zu entwickeln, die gleichzeitig nach Kriterien der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit funktionieren.

Im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II werden derzeit bundesweit im kommunalen Straßenbau Erfahrungen mit innovativen lärmmindernden Asphaltdeckschichten gesammelt. Die Landeshauptstadt München hat im Rahmen des Konjunkturpakets II die Asphaltdeckschichten SMA-LA (Spittmastix lärmarm) und DSH-V (Dünne Schicht im Heißeinbau auf Versiegelung) erstmals im Sommer 2009 angewendet und stellt die bisherigen Ergebnisse vor.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Die Förderung von Lärmsanierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II bot die Chance, dass innovative Asphaltbauweisen in vielen Städten verstärkt erprobt werden können. „Offenporiger Asphalt“, „lärmarmer Splittmastixasphalt“, „Dünne Schicht im Heißeinbau auf Versiegelung“, „LärmOptimierte Asphaltdeckschicht“ und „Porous Mastic Asphalt“ sind Vertreter dieser Bauweisen. Die Landeshauptstadt München hat im Zuge dessen mehrere Pilotprojekte mit lärmmindernden Asphaltdeckschichten im Sommer 2009 und Sommer 2010 durchgeführt.

Ausgangspunkt für die Planungen der Maßnahmen zur Lärmminderung im kommunalen Straßenbau im Rahmen des Konjunkturpakets II in Bayern ist eine Auswahl an förderfähigen Asphaltdeckschichten sowie ein Anforderungsprofil mit zu erfüllenden Streckenkriterien, welche von der Bayerischen Staatsregierung vorgegeben wurden [1].

In München hat man sich für die Anwendung von Splittmastix lärmarm (SMA-LA) und Dünne Schicht im Heißeinbau auf Versiegelung (DSH-V) entschieden (Tabelle 1), da wir der Meinung sind, dass sie für die Beanspruchungen des innerstädtischen Verkehrs am ehesten geeignet erscheinen (Die Autobahndirektionen Nord- und Südbayern haben beide Deckschichtarten in der Region bereits mehrfach angewendet.). Eine Abschätzung der bautechnischen Lebensdauer ist aufgrund der noch nicht ausreichend langen Beobachtungszeiträume nicht möglich.

Bei diesen Projekten untersucht die Landeshauptstadt München in regelmäßigen Abständen die akustische Wirksamkeit und den Straßenzustand, um in Zukunft die möglichen Einsatzbereiche und Grenzen dieser innovativen Asphaltdeckschichten beurteilen zu können.

Tabelle 1: Strecken mit lärmmindernden Asphaltdeckschichten in München

 

2 Auswahlkriterien für Strecken mit lärmarmen Asphalten innerorts

Die Landeshauptstadt München hat seit Sommer 2009 über 9 km lärmmindernde Asphaltdeckschichten realisiert (Tabelle 1). Ausgewählt wurden die Strecken nach zwei Hauptgesichtspunkten:

  1. Handlungsbedarf vorhanden,
  2. Fachtechnische Eignung der

Kriterien für die Feststellung des Handlungsbedarfs

  • überschrittene Lärmsanierungsgrenzwerte (72/62 dB(A) Tag/Nacht bzw. 70/60 dB(A) Tag/Nacht, bei Anliegern wie Krankenhäuser, Schulen und Altenheime, bei reinen und allgemeinen Wohngebieten sowie bei Kleinsiedlungsgebieten),
  • sanierungsbedürftiger Straßenzustand,
  • hohe Verkehrsbelastung,
  • hohe Betroffenenzahl.

Kriterien für die Feststellung der fachtechnischen Eignung der Strecke

  • lange zusammenhängende Streckenabschnitte,
  • wenig Kreuzungen und Lichtsignalanlagen,
  • möglichst fließender Verkehr,
  • zulässige Höchstgeschwindigkeit größer gleich 50 km/h.

3 Spannungsfeld Lärmreduzierung und Bautechnik

Die von der Fahrbahn abhängigen Einflussfaktoren zur Reduzierung des Reifen-Fahrbahn-Geräusches sind deren Hohlraumgehalt, Rauhigkeit, Oberflächentextur und Korngrößenverteilung der Gesteinskörnung (Einflussfaktoren auf Fahrzeug-Geräusch [2]).

Die akustisch wirksamsten Asphaltdeckschichten sind „Offenporige Asphaltdeckschichten“. Sie mindern den Lärm besonders bei hohen Fahrgeschwindigkeiten aufgrund ihrer zusammenhängenden Hohlräume sehr gut. Aber gerade wegen ihres hohen Hohlraumgehaltes von bis zu 25 Vol.-% sind Offenporige Asphaltdeckschichten für Straßen in typischen innerstädtischen Verkehrssituationen meist ungeeignet. Denn sie halten den besonderen Belastungen

  1. B. durch Brems-, Beschleunigungs- und Lenkvorgänge nicht stand, machen beim Vorhandensein von Anbauten zusätzliche seitliche Entwässerungseinrichtungen erforderlich und verlieren durch den Wegfall des Selbstreinigungseffekts schneller als bei höheren Fahrgeschwindigkeiten ihre lärmreduzierende Wirkung.

Die in München verwendeten Asphaltdeckschichten DSH-V und SMA-LA reduzieren den Lärm insbesondere aufgrund ihrer jeweiligen akustisch günstigen Textur der Oberfläche. Eine höhere Haltbarkeit gegenüber Offenporigen Asphaltdeckschichten ergibt sich, indem ein deutlich geringerer Hohlraumgehalt angestrebt wird – bei SMA-LA von 10 bis 15 Vol.-% und bei DSH-V keine besondere Anforderung.

Die Oberflächentexturen von DSH-V und SMA-LA verringern die Anregung der Reifen zu Schwingungen und vermindern den Air-Pumping-Effekt. Die akustisch günstigen Oberflächentexturen resultieren aus der gewählten Korngrößenverteilung in Verbindung mit einem kleinen Größtkorn (hier: Kornklasse 2/5 bei DSH-V5 sowie die Kornklasse 5/8 bei SMA8-LA).

SMA-LA und DSH-V unterscheiden sich auch optisch durch ihr unterschiedliches Erscheinungsbild (Bilder 2 und 3). Die Oberfläche des SMA8-LA ist vergleichsweise grob strukturiert, offen und rauh, wogegen die Oberfläche der DSH-V5 als fein strukturiert, eher geschlossen, jedoch nicht glatt beschrieben werden kann. Beide Deckschichten werden nach dem Einbau nicht abgestreut, damit die spezielle lärmmindernde Textur erhalten bleibt.

Bild 2: Oberfläche eines SMA8-LA

Bild 3: Oberfläche einer DSH-V5

 

4 Bautechnik

Eine sehr gute Laufruhe für Fahrzeuge wirkt sich ebenfalls positiv auf die Reduzierung des Schalldruckpegels aus. Die Laufruhe erzielt man neben einer glatten Oberfläche auch durch die Ebenheit der Fahrbahn. An der fertigen Schicht können Unebenheiten bei lärmmindernden Asphaltdeckschichten, die über die Oberflächentextur wirken, nicht durch ebenheitsverbessernde Maßnahmen (z. B. durch Feinfräsen) korrigiert werden, weil damit gleichzeitig die lärmmindernde Oberflächentextur zerstört würde.

Die Ebenheit reduziert beispielsweise das Klappern von Anhängern oder unbeladenen Lkw deutlich. Um eine hohes Maß an Ebenflächigkeit einer dünnen Asphaltdeckschicht zu gewährleisten, ist bereits in der Binderschicht auf eine entsprechend hohe Genauigkeit beim Einbau zu achten, da größere Unebenheiten aufgrund der geringen Dicke der Deckschichten nicht mehr vollständig ausgeglichen werden können. Wegen der geringen Aufbauhöhe der DSH-V von lediglich 1,5 cm ist unter anderem eine neue Asphaltbinderschicht besonders empfehlenswert. Denn gerade im kommunalen Bereich mit überwiegend nicht anbaufreien Straßen (definierte Höhenkotierung) bliebe zwischen der alten Binderschicht und der neuen Deckschicht eine durch den Fräsvorgang geschädigte, alte Restdeckschicht von geringer Mächtigkeit „stehen“, wodurch die Dauerhaftigkeit der Konstruktion verringert wird.

Um eine möglichst lange Haltbarkeit zu erzielen, wurden bei allen Münchner Maßnahmen stets hoch-polierresistente Edelsplitte (PSV-Werte größer 51) verwendet und hoch-polymer-modifiziertes Bindemittel (PmB 40/100-65 A) – sofern verfügbar – eingesetzt.

Für die Haltbarkeit der lärmmindernden Asphaltdeckschichten ist außerdem aufgrund der geringen Schichtdicken ein guter Verbund zur Binderschicht herzustellen. Grundvoraussetzung dafür ist die Sauberkeit der Binderschicht. Daher ist in jedem Falle eine geeignete Reinigung vorzunehmen (z. B. durch Hochdruckreinigung). Außerdem gilt für den Einbau, dass gutes Wetter sein muss, da dünne Deckschichten, die bei Niederschlag und niedrigen Temperaturen eingebaut werden, nicht dauerhaft sind.

Zur Vorbereitung der Baumaßnahmen ist das Anlegen eines Probefeldes empfehlenswert. So können beispielsweise die Anforderungswerte der Asphaltdeckschicht überprüft, die Dosierung der Vorspritzmenge eingestellt oder der Bauablauf und Walzeneinsatz getestet werden.

Anforderungen an die fertige Schicht von DSH-V5:

  • Einbaudicke: 1,5 cm,
  • Verdichtungsgrad: keine Anforderung1),
  • Hohlraumgehalt: keine Anforderung1),
  • Haftzugfestigkeit: 1,0 N/mm²,
  • maximale Unebenheit: 3 mm bezogen auf eine 4 m Messlänge.

Die DSH-V, die ursprünglich als dünne Verschleißschicht konzipiert wurde und die schnell und günstig erneuert werden kann, weist gegenüber Asphaltbeton oder Splittmastixasphalt eine geringe Schichtdicke von nur 1,5 cm auf und unterscheidet sich im Bauablauf vor allem durch das Aufbringen einer Versiegelung anstelle des Vorspritzens. Die Versiegelung besteht aus einer Bitumenemulsion, die in einem Arbeitsgang unmittelbar vor dem Mischgut durch einen Sprühbalkenfertiger aufgebracht wird. Das in der Bitumenemulsion enthaltene Wasser verdampft beim Kontakt mit dem heißen Mischgut durch die Hohlräume des ungewalzten Mischguts. Eine Bitumenschicht bleibt zurück, die einerseits den Schichtenverbund herstellt und andererseits die unten liegende Schicht gegen gegebenenfalls von oben eindringendes Wasser versiegelt. Die DSH-V ist mittlerweile in den ZTV BEA 09 [3], berücksichtigt.

Die hierbei zu verwendende polymermodifizierte Bitumenemulsion C67BP-5-DSH-V muss bei der Befüllung des Emulsionstanks des Fertigers eine Verarbeitungstemperatur zwischen max. 90 °C und min. 70 °C aufweisen, da die Emulsion sonst nicht sprühfähig ist. Die Heizung im Emulsionstank ist lediglich auf das Halten der Temperatur ausgelegt und kann eine „kalte“ Emulsion nicht selbständig erhitzen.

1) Anforderungen an den Verdichtungsgrad und den Hohlraumgehalt wurden bei der DSH-V keine gestellt, da diese Materialkennwerte an Schichten kleiner 20 mm nicht mehr zielsicher bestimmt werden können [5]).

Um die Dichtigkeit der Versiegelung gegen Eindringen von Oberflächenwasser zu gewährleisten, ist die zur Anwendung kommende Emulsionsmenge so einzustellen, dass sich gerade kein weißer Schaum hinter der Bohle des Fertigers zeigt. Auf diese Weise ergaben sich je nach Einbautag Vorspritzmengen zwischen 900 und 1.100 g/m².

Die größten Vorteile dieser Fertigungstechnik liegen in der Gleichmäßigkeit der Verteilung der Bitumenemulsion und in dem Verzicht auf das übliche Vorspritzen. Dadurch spart man einen zusätzlichen Arbeitsgang und kann die Sperrung des Baufeldes auf die Einbau- und Auskühlzeiten verkürzen.

Der Einsatzbereich des Sprühbalkenfertigers beschränkt sich auf dünne Schichten, da sonst das Emulsionswasser nicht zielsicher entweichen kann. Daher ist vom Einbau z. B. der Binderschicht mit dem Sprühbalkenfertiger dringend abzuraten (Bild 4).

Bild 4: Sprühbalkenfertiger im Einsatz

Als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung gegen mögliche Frostschäden infolge eindringenden Wassers (z. B. bei Imperfektionen der Versiegelung infolge verstopfter Spritzdüsen des Fertigers oder mit der Zeit eintretender Rissbildung an der Oberfläche) ist die Verwendung eines dicht konzipierten Binders (vgl. SMA-LA) ratsam.

Besonderes Augenmerk verdient die Ausbildung einer Gussrinne. Sie ist aufgrund der geringen Mächtigkeit der Asphaltdeckschicht und der Mindesteinbaustärke des Gussasphalts in die Überlegungen für die Planung mit einzubeziehen. Empfehlenswert ist der Verzicht auf eine Gussrinne, wenn möglich, oder gegebenenfalls ein Vorprofilieren des Binders.

Unbedingt zu empfehlen ist die Rückstellung von DSH-V-Mischgutproben, da die Mischguteigenschaft Bindemittelgehalt am Bohrkern später nicht mehr bestimmt werden kann.

Anforderungen an die fertige Schicht von SMA 8 S LA:

  • Einbaudicke: = 2,5 cm,
  • Verdichtungsgrad: > 97 %,
  • Hohlraumgehalt: 10 – 15 -%,
  • Haftzugfestigkeit: 1,0 N/mm²,
  • maximale Unebenheit: 3 mm bezogen auf eine 4 m Messlänge.

Der SMA-LA hat gegenüber Asphaltbeton oder Splittmastixasphalt einen deutlich höheren Hohlraumgehalt und zählt damit nicht zu den dichten Asphaltdeckschichten. Da die SMA-LA-Deckschicht das Eindringen von Wasser in die Konstruktion nicht verhindert, sollte die Asphaltbinderschicht immer als dicht konzipiert sein. Es kann sonst sehr bald zu Frostschäden kommen.

Bei kleineren Maßnahmen ist möglicherweise die Verfügbarkeit hoch-polierresistenter Edelsplitte der Kornklasse 5/8 nicht immer gewährleistet. Diese Kornklasse wird vor allem im Sommer für große Autobahnlose mit lärmmindernden Asphalten verwendet, weswegen es zu Lieferengpässen kommen kann. Auftraggeber sollten den Auftragnehmer bereits im Vergabegespräch darauf hinweisen, dass die Lieferung frühzeitig für den Einbau sichergestellt werden muss.

Der Einbau des SMA-LA in der Orleans Straße erfolgte zu großen Teilen mit einem Sprühbalkenfertiger. Der erste Test scheint bestanden, denn das Emulsionswasser konnte vollständig entweichen und mittels Haftzugprüfung konnte ein überdurchschnittlich guter Schichtenverbund von bz = 3,1 N/mm² nachgewiesen werden. In der Stellungnahme des Arbeitsausschusses 7.3 der FGSV zur Bauweise SMA-LA wird außerdem festgestellt, dass sich „...der Einsatz eines Sprühfertigers [...] im kommunalen Bereich [...] anbietet...“ [4].

 

5 Bauqualität

Eine möglichst hohe und dauerhafte akustische Wirksamkeit sowie bautechnische Lebensdauer kann man nur erzielen, wenn für optimale Einbaubedingungen gesorgt wird.

Darauf muss man sich bereits im Vorfeld der Planungen bei der Auswahl geeigneter Strecken konzentrieren (Kapitel 2). Negativ wirken sich in der Regel stark beengte Platzverhältnisse aus, zu kleine Zeitfenster für den Asphalteinbau oder starre terminliche Rahmenbedingungen.

Eine fachkundige Bauleitung ist sowohl auf der Seite des Auftraggebers als auch auf der Seite des Auftragnehmers wegen der Besonderheiten der vorgestellten Bauweisen erforderlich.

Einen weiteren wichtigen Baustein für eine hohe Bauqualität stellt die Materialprüfung dar. Die üblichen Kontrollprüfungen an Mischgutproben und Bohrkernen sollten durch zusätzliche Prüfungen ergänzt werden, um zum Beispiel kürzere Reaktionszeiten bei unvorhergesehenen Ereignissen und eine höhere Sicherheit hinsichtlich der Beurteilung der Qualität der Baumaßnahme zu erzielen.

Die wichtigsten Qualitätsziele beim Einbau sind:

  • Hohe Einbaugenauigkeit und -gleichmäßigkeit,
  • Nahtloser Einbau der Deckschicht zur Vermeidung von Quernähten,
  • Ebenheit und Sauberkeit der Binderschicht.

Allgemeine Empfehlungen:

  • Inanspruchnahme asphalttechnologischer Beratung, wenn keine eigenen einschlägigen Erfahrungen vorliegen,
  • gleichzeitige Erneuerung von Decke und Binder,
  • Vorabstimmung und laufender Informationsaustausch aller Betroffenen und Projektbeteiligten,
  • Bauabwicklung in möglichst großen Baufeldern,
  • kein Einbau bei niedrigen Temperaturen oder Nässe,
  • zusätzliche Kontrollprüfungen.

Zusätzlich erforderliche Materialprüfungen:

  • zerstörungsfreie Schichtdickenmessung und Verdichtungskontrolle vor Ort,
  • Ebenheitsmessung mittels Planograph auf Deck- und Binderschicht,
  • Abgleich zwischen werkseigener Produktionskontrolle der Mischanlage (WPK) und der Erstprüfung,
  • Prüfung der Haftzugfestigkeit zur Kontrolle des Schichtenverbunds2).

2) Aufgrund der geringen Schichtdicke ist zur Kontrolle des Schichtenverbundes der Haftzugversuch durchzuführen. [6]


6 Straßenunterhalt und Winterdienst

Nach der Übergabe in den Straßenunterhalt ist je nach lokalen Gegebenheiten dem Winterdienst besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Zur Vermeidung von Glatteisbildung wurde zum Beispiel beim SMA-LA wegen seines großen Porenanteils gegenüber üblicherweise dichten Deckschichten eine erhöhte Menge Streusalz verwendet. Außerdem sollte kein Splitt auf die Straße gelangen, denn dadurch kann die Oberfläche geschädigt werden. Um zu vermeiden, dass Splitt von Rad- und Gehwegen nach der Schneeschmelze auf die Fahrbahn gerät, sollte die umgehende Einkehr des Splitts vorgenommen werden.

Eine quantitative Aussage über den zu erwartenden finanziellen Mehraufwand bei SMA-LA und DSH-V im Straßenunterhalt und Winterdienst kann nicht getroffen werden. Der Bedarf richtet sich stark nach der erzielten Einbauqualität sowie lokalen Gegebenheiten (z. B. Härte der Winter).

Um möglichst umfangreiche Erfahrungen mit den lärmmindernden Asphaltbauweisen zu sammeln, wird der Straßenzustand der Münchner Konjunkturpakets-Strecken mindestens für den Zeitraum von fünf Jahren intensiver überprüft als das übrige Straßennetz.

7 Lärmtechnische Wirksamkeit

Unabhängig von der gewählten Asphaltdeckschicht ist das Lärmminderungspotenzial³) bei Straßen in typischen innerstädtischen Verkehrsituationen im Vergleich zu Autobahnen oder Schnellstraßen in zweierlei Hinsicht grundsätzlich niedriger einzuschätzen: Zum einen können hochwirksame offenporige Asphaltdeckschichten aus bautechnischen Gründen nicht verwendet werden, zum anderen ist wegen der geringeren absoluten Schalldruckpegelhöhen der Einfluss der Reduzierung des Reifen-Fahrbahn-Geräuschs bei niedrigeren Fahrgeschwindigkeiten geringer einzuschätzen (Bild 5).

Die Landeshauptstadt München hat zur Überprüfung der akustischen Wirksamkeit Kurzzeitmessungen nach DIN 45642 (Messungen von Verkehrsgeräuschen) in Kombination mit kontrollierten Vorbeifahrten durchgeführt (Bild 5). Zur Beurteilung der tatsächlichen Lärmminderung werden bei allen Münchner Konjunkturpaketstrecken ein Vorher-Nachher-Vergleich und jährliche Nachmessungen durchgeführt. Die bisher ausgewerteten Ergebnisse der Lärmmessung zeigen durchschnittliche Pegelminderungen von bis zu – 5 dB(A) bei 60 km/h Fahrgeschwindigkeit im Vergleich zum Altbelag.

Bild 5: Kontrollierte Vorbeifahrt in der Fürstenrieder Straße [7, 8]

3) Eine Reduzierung um – 3dB(A) entspricht in der menschlichen Wahrnehmung einer Halbierung der Verkehrsmenge. Eine Reduzierung um – 10dB(A) entspricht in der menschlichen Wahrnehmung einer Halbierung des Lärms.

 

8 Bautechnische Erkenntnisse

Es hat sich gezeigt, dass die sehr hohen Anforderungen an die Ebenflächigkeit und die angestrebte Gleichmäßigkeit im Bauablauf im innerstädtischen Bereich aufgrund von baupraktischen Rahmenbedingungen (viele kleine Baufelder oder zu kurze Sperrzeiten) nicht immer einzuhalten sind. Daher ist eine sorgfältige Auswahl geeigneter Strecken gerade im kommunalen Bereich so wichtig.

Die geringe Schichtdicke der DSH-V sorgt für kurze Auskühlzeiten, was insofern vorteilhaft ist, da die Strecken schneller für den Verkehr wieder freigegeben werden können.

Stellenweise kam es zu Kornverlusten, deren Ursache laut einem Gutachten in der außergewöhnlich hohen Beanspruchung der Fahrbahn durch wendenden Schwerverkehr liegt (siehe Bilder 6 und 7). SMA-LA-Deckschichten sollten daher nicht in stark belasteten Kurvenbereichen eingebaut werden.

Die übrigen Streckenabschnitte mit SMA-LA (und DSH-V) befinden sich nach einem Jahr Liegezeit in einem sehr guten Zustand.

Bild 6: Wendender Lkw beansprucht die 6 Monate alte SMA-LA-Deckschicht stark

Bild 7: Kornverluste in der Radspur deutlich sichtbar

Durch Längsfugen und -nähte sowie Randeinfassungen, Anbauten oder Vorhandensein einer Gussrinne ergeben sich bei den hohlraumreicheren, teilweise wasserführenden SMA-LA-Deckschichten Bereiche, in dem Wasser seitlich nicht abfließen kann. Eine praktikable Lösung, das Wasser an diesen Stellen zu vermeiden, steht derzeit nicht zur Verfügung. Wie stark sich dieser Effekt z. B. auf die Dauerhaftigkeit auswirkt, ist derzeit nicht bekannt.

 

9 Fazit und Ausblick

Mit der Fertigstellung mehrerer Pilotstrecken wurde der erste notwendige Schritt hin zur Entwicklung nachhaltiger Konzepte mit modernen lärmreduzierenden Hightech-Asphalten unternommen. Nach der Umsetzung vieler Lärmsanierungsmaßnahmen im Zuge des Konjunkturpakets II stehen viele Kommunen und Städte am Anfang einer groß angelegten baupraktischen Erprobungsphase, die bei den vom Lärm betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gut anzukommen scheint. Die vielen positiven Rückmeldungen sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass belastbare Ergebnisse im Hinblick auf Haltbarkeit, Einsatzbereiche und Dauerhaftigkeit der akustischen Wirksamkeit von DSH-V- und SMA-LA-Deckschichten innerorts noch ausstehen.

Aus Sicht der Landeshauptstadt München kann man zu diesem Zeitpunkt lediglich festhalten, dass SMA-LA- und DSH-V-Deckschichten zunächst leiser sind als der jeweilige Altbestand und dass der Einsatz des Sprühbalkenfertigers eine Perspektive auf kürzere Auskühlzeiten und einen vereinfachten Bauablauf bietet. Alle Erprobungsstrecken mit lärmmindernden Asphaltdeckschichten müssen die nächsten Jahre sorgfältig beobachtet werden, damit die Entwicklung auf dem Gebiet der lärmmindernden Asphaltdeckschichten im kommunalen Straßenbau weiter vorangetrieben werden kann.

 

Literaturverzeichnis

  1. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (2009): Grundsätze für die Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an Straßen in der Baulast der Kommunen nach dem Zukunftsinvestitionsgesetz (ZuInvG), http://www.stmug.bayern.de/umwelt/laermschutz/foerderung/index.htm
  2. Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC) Ressort Verkehr (2006): Straßenverkehrslärm S.18
  3. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2009): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen – Asphaltbauweisen (ZTV BEA StB 09), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 798
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Stellungnahme des Arbeitsausschusses 7.3 „Bauweisen“ (2010): Die Bauweise Splittmastixasphalt lärmarm – SMA LA, Straße- und Autobahn, Bonn (4.2010)
  5. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2009): Technische Prüfvorschriften für Asphalt im Straßenbau, Teil 6 Raumdichte von Asphalt (TP Asphalt-StB), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 756
  6. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2009): Technische Prüfvorschriften für Asphalt im Straßenbau, Teil 81 Haftzugfestigkeit von Dünnen Asphaltdeckschichten (TP Asphalt-StB), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 756
  7. Deutsches Institut für Normung (2004): Messung von Verkehrsgeräuschen, Ausgabe 2004 (DIN 45642), Beuth Verlag, Berlin (6/2004)
  8. Möhler & Partner Ingenieure AG: Schalltechnische Untersuchung im Auftrag der Landeshauptstadt München, 2010