Einleitung |
Weil absehbar war, dass er derzeit noch nicht überall eingehalten werden kann, wurde mit der Einführung eines Arbeitsplatzgrenzwerts (AGW) für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen im Zuge der Heißverarbeitung von Walz- und Gussasphalt eine Übergangsfrist von 5 Jahren gewährt, die am 31. Dezember 2024 ausläuft. Der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) hat die Übergangsfrist u.a. an die Bedingung geknüpft, eine sog. Branchenlösung zu erarbeiten, aus der detailliert hervorgeht, mit welchen Maßnahmen der AGW perspektivisch eingehalten werden wird.
Als wesentliche, expositionsmindernde Instrumente wurden im Walzasphaltbau die auf dem deutschen Markt neu eingeführten Absauganlagen an Straßenfertigern sowie Temperaturabgesenkter Asphalt (TA-Asphalt) in der Branchenlösung ausgemacht. Inwieweit diese Instrumente die Expositionen am Arbeitsplatz reduzieren, wurde in der Vergangenheit jedoch nur am TA-Asphalt durch die BG BAU erprobt. Weder für Absauganlagen an Straßenfertigern, noch für die Kombinationsmaßnahme dieser Geräte mit TA-Asphalt lagen Arbeitsplatzmessungen vor. Hinzu kamen nur wenige Arbeitsplatzmessungen am Arbeitsplatz des Beschickerfahrers, die zudem nicht mehr dem aktuellen Stand der Beschickertechnik entsprachen, da die mittlerweile eingesetzten Geräte eine deutliche Weiterentwicklung im Vergleich zur 1. Gerätegeneration darstellen. |
Volltext |
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1 Vorbereitung
Die Frage der Einführung von Absauganlagen an Straßenfertigern konnte relativ einfach beantwortet werden. Zum einen wurden diese Anlagen durch die Verbände des Koordinierungsausschuss Bitumen (KoA-Bit) intensiv im Mitgliederbereich beworben, zum anderen half eine Förderung für Nachrüstungen an Bestandsgeräten durch die BG BAU, dass diese technische Lösung zur Expositionsminderung rasch von Straßenbauunternehmen angenommen wurde. Insofern konnten in der Folge eine große Zahl Arbeitsplatzmessungen unter Einsatz derartiger Geräte vorgenommen werden. Hinsichtlich des Einsatzes von TA-Asphalt konnten Arbeitsplatzmessungen nur dann durchgeführt werden, wenn die Auftraggeber aktiv mitwirkten und Bereitschaft zeigten, TA-Asphalt einbauen zu lassen. Im Jahr 2020 kamen dabei nur sehr wenige Baumaßnahmen zusammen, die es ermöglichten, Messungen unter Verwendung der neuen Fertigertechnik und TA-Asphalt durchzuführen. Der Großteil der Arbeitsplatzmessungen erfolgte daher 2020 noch auf Baumaßnahmen, auf denen Asphalt mit konventionellen Einbautemperaturen verarbeitet wurde und unter Einsatz abgesaugter Straßenfertiger.
Mit Veröffentlichung des ARS 09/2021 durch das (damals BMVI) BMDV konnten sich Auftraggeber von Bundesfernstraßen auf eine einheitliche Vorgehensweise zur Erprobung von TA-Asphalt beziehen und erfreulicherweise wurde diese Vorgehensweise auch von einer Reihe von Bundesländern auf Landesstraßenebene und im kommunalen Straßenbau angewandt. Dies hat deutlich gezeigt, dass die Bereitschaft zur Erprobung neuer Baumethoden grundsätzlich auf Seite der Bauverwaltung gegeben ist, wenn nur eindeutige und überregional gültige Rahmenbedingungen vorgegeben werden. Die Zahl der Baumaßnahmen, auf denen TA-Asphalt eingebaut wurde, konnte durch das ARS und die einhergehende Bereitschaft der Anwendung, erheblich gesteigert werden.
2 Messkampagne
In den Jahren 2020 und 2021 wurden von der BG BAU und von Eurofins auf insgesamt 29 Baustellen Arbeitsplatzmessungen an Walzen-, Beschicker- und Fertigerfahrern sowie an Bohlengängern durchgeführt, deren Ergebnisse dem KoA-Bit vorliegen und die sich insofern clustern lassen, als dass von diesen, 22 Messungen mittels Absaugtechnik am Fertiger untersucht und weitere 17 Messungen als Kombinationsmaßnahme unter zusätzlicher Verwendung von TA-Asphalt untersucht werden konnten. Als TA-Asphalt versteht der KoA-Bit Walzasphalt, der nach den Temperaturvorgaben des ARS 09/2021 hergestellt und eingebaut wurde. In diesem Sinne wurden die Baumaßnahmen in Cluster unterteilt, in denen dann die entsprechenden Auswertungen erfolgten.
Grundsätzlich kann man sagen, dass das Expositionsniveau bei den in den Jahren 2020/2021 gemessenen Maßnahmen im Vergleich zu denen, die die BG BAU in ihren Expositionsbeschreibungen von 2019 veröffentlicht hat, erheblich gesenkt werden konnte. Dies gilt sowohl für die Einzelmaßnahme der Absaugung und erst recht in der Kombination mit TA-Asphalt. Grundsätzlich gilt aber auch, dass der AGW vor allem auf den Arbeitsplätzen am Straßenfertiger (Fahrer + 2 Bohlengänger) noch nicht in den geforderten 95% der Fälle eingehalten werden konnte. Anders stellt sich die Situation an den Arbeitsplätzen der Walzen- und Beschickerfahrer dar. Hier scheint die Mischguttemperatur praktisch keine wesentliche Einflussgröße auf die Einhaltung des AGW zu haben. Im Fall des Beschickerfahrers konnte der AGW in 28 Fällen bei Einbautemperaturen von 124 °C bis 161 °C eingehalten werden. Nur in 7 Fällen bei Einbautemperaturen von 125 °C bis 178 °C wurde der AGW überschritten, wobei anzumerken ist, dass die Maximalwerte mit 2,9 mg/m³ bei knapp unterhalb des doppelten Wertes des AGW liegen. Die Situation gestaltet sich beim Walzenfahrer noch deutlicher zu Gunsten der Einhaltung. Der AGW wurde bei insgesamt 47 Messungen und Einbautemperaturen, gemessen an der Bohle, von 122 °C bis 178 °C eingehalten. Nur in 3 Fällen lag er oberhalb des AGW.
Hier ist allerdings fraglich, ob die Höhe der überschrittenen Werte (3,5 mg/m³ bzw. 4,6 mg/m³) plausibel ist. Welche ggf. fremden Einflussfaktoren hier möglicherweise negativen Einfluss auf die Expositionshöhe hatten, muss noch eruiert werden. Wenn aber 47 Messungen unterhalb des AGW liegen, gilt es aufzuklären, woran es liegen könnte, wenn Werte mit dem Faktor 2,9 darüber liegen.
Die Ergebnisse der Messungen an den drei Arbeitsplätzen des Straßenfertigers tendieren in eine bessere Richtung, als noch in den Expositionsbeschreibungen der BG BAU 2019 veröffentlicht und zeigen somit, dass sowohl die Absaugung allein als auch die Kombination mit TA-Asphalt einen wesentlichen Beitrag zur Expositionsverringerung leisten. An diesen Arbeitsplätzen sind aber noch weitere Verbesserungen erforderlich, um das Expositionsniveau sicher bis zur Einhaltung des AGW abzusenken. Im Bild 1 und in der Tabelle 1 sind die Messwerte für die Arbeitsplätze Fertigerfahrer und Bohlengänger bezogen auf die Cluster TA-Asphalt und konventionell mit Absauganlage dargestellt.
Bild 1: Messwerte für die Arbeitsplätze Fertigerfahrer und Bohlengänger
Es ist erkennbar, dass das Missverhältnis zwischen Einhaltung des Grenzwerts (wobei der Autor 1,7 mg/m³ unter Berücksichtigung einer Toleranz noch zum Grenzwert zählt) und Überschreitung stark davon abhängig ist, ob lediglich mit Absauganlage oder in Kombination mit TA-Asphalt gearbeitet wurde.
In der Zukunft muss erreicht werden, dass die Absenkung der Dampf- und Aerosolkonzentration auf allen Baustellen duplizierbar wird und nicht von Einflüssen wie Windstärke- und -richtung abhängig wird. Da jedoch die Misch- und Einbautemperaturen durch das BMDV vorgegeben sind, und diese abhängig vom verwendeten Mischgut bereits bei 120 °C liegen, ist eine weitere Reduzierung der Einbautemperatur unter Beibehaltung der Verarbeitbarkeit auf der Baustelle kaum vorstellbar. Letztlich sind die Parameter Hohlraumgehalt, Verdichtungsgrad und Schichtenverbund als vertragsrelevante Vorgaben des Auftraggebers einzuhalten und maßgeblich von der Verarbeitbarkeit abhängig.
3 Fazit
Die Erprobung von Absauganlagen und TA-Asphalt, vor allem die Kombination von beidem hat gezeigt, dass das Expositionsniveau an den Arbeitsplätzen am Fertiger deutlich verringert werden konnte, gleichzeitig aber der AGW noch nicht in allen Fällen eingehalten werden konnte.
Tabelle 1: Messwerte für die Arbeitsplätze Fertigerfahrer und Bohlengänger bezogen auf die Cluster TA-Asphalt und konventionell mit Absauganlage
Die Messkampagne konnte zudem aufzeigen, dass der AGW an den Arbeitsplätzen der Walzen- und Beschickerfahrer in beinahe allen Fällen eingehalten wurde, was ein sehr gutes Signal für die Bauweise darstellt. Die Auswertung der Daten, die neben den Arbeitsplatzmessungen erhoben wurden, hat zudem gezeigt, dass die Liefertemperaturen des Asphaltmischguts teilweise stark schwanken und nicht immer in einem gewissen Korridor konstant blieben. Aus heutiger Sicht ist daher gegebenenfalls eine Prozessanpassung in den Asphaltmischanlagen auch ein Punkt, der angegangen werden muss, bevor weitere Temperaturabsenkungen, unter die der Vorgaben des ARS 9/2021 gefordert werden. Weitere Messungen müssen dann zeigen, ob hier noch Potential zur Verbesserung an den Arbeitsplätzen auf und um den Straßenfertiger herum besteht. Weiterhin sind die Maschinenhersteller gefragt, ihre prinzipiell gut funktionierenden Ansätze der Absauganlagen zu verbessern, damit die AGW in Zukunft mit technischen und organisatorischen Schutzmaßnehmen eingehalten werden können. Es wäre fatal, wenn Asphalt künftig nur noch mit persönlicher Schutzausrüstung eingebaut werden dürfte. |