FGSV-Nr. | FGSV 001/28 |
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Ort | Dortmund |
Datum | 05.10.2022 |
Titel | Pflasterbauweise: Regelwerk, das den Herausforderungen unserer Zeit gerecht wird |
Autoren | Prof. Dr.-Ing. Carsten Koch |
Kategorien | Kongress |
Einleitung |
Das Regelwerk der FGSV für Pflasterdecken, Plattenbeläge, Beläge aus Großformaten sowie Randeinfassungen und Rinnen ist entsprechend der unterschiedlichen Anwendungsgebiete vielfältig. Es umfasst die ungebundene und die gebundene Bauweise und damit zwei grundsätzlich unterschiedliche Arten der Lastabtragung und der eingesetzten Baustoffe. Bei der ungebundenen Bauweise besteht u. a. die Herausforderung, Bettungs- und Fugenmaterialien mit einem ausreichenden Widerstand gegenüber mechanischer Beanspruchung durch den Kfz-Verkehr auszustatten. Weiterhin muss die Befestigung dauerhaft hinreichend wasserdurchlässig sein. In diesen Bereichen besteht noch Entwicklungsbedarf. Bei der gebundenen Bauweise enthält die ATV DIN 18318 Anforderungen an die Eigenschaften von Bettungs- und Fugenmörtel, ohne dass die Prüfbedingungen genau genug festgelegt sind. Mit den zukünftigen Technischen Prüfbedingungen für Pflasterdecken und Plattenbeläge sowie Randeinfassungen und Rinnen der FGSV wird diese Lücke gefüllt. Ergänzend wurde die gebundene Ausführung in das Merkblatt für die Bauliche Erhaltung und das Merkblatt für Großformatbeläge aufgenommen. Zudem wurde ein Merkblatt für Randeinfassungen und Rinnen im Entwurf erstellt, mit dem Details zu den Baustoffen und der Ausführung der Bauweisen erstmals baustoffübergreifend und detailliert dargestellt werden. Die vorgestellten Ansätze mussten mangels Förderung weitgehend ohne Unterstützung durch öffentliche Forschungsgelder entwickelt werden. Das Regelwerk basiert daher auf baupraktischen Erfahrungen. Da auch in Zukunft keine regelmäßige systematische öffentliche Forschungsunterstützung zu erwarten ist, muss das Pflastergewerk bei der Erarbeitung von Regelwerken den Sonderweg weitergehen, dass auch das R-Regelwerk der FGSV den Input für folgende Erfahrungen liefert und nicht umgekehrt, wie dies ansonsten üblich ist. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 AllgemeinesDie Pflasterbauweise, wie sie im Folgenden zusammenfassend für die Bauweisen zur Herstellung von Befestigungen mit Pflasterdecken oder Plattenbelägen genannt wird, kann auf grundlegend unterschiedliche Arten hergestellt werden. Die Regelbauweise ist weiterhin die ungebundene Bauweise mit Pflastersteinen und Platten in einem Brechsand-Splittgemisch als Bettungs- und Fugenmaterial auf einer ungebundenen oder gebundenen wasserdurchlässigen Tragschicht. Neben dieser Standardbauweise besteht die Möglichkeit, größere Formate, sogenannte Großformate, zu verlegen. Immer wichtiger wird neben der ungebundenen Bauweise auch die gebundene Bauweise. Bei dieser gebundenen Bauweise werden die Pflastersteine oder Platten zumeist in hydraulisch gebundenem oder ggf. kunstharzmodifizierten hydraulisch gebundenem Mörtel von Hand auf eine gebundene wasserdurchlässige Tragschicht gesetzt. Diese Bauweise unterscheidet sich grundlegend von der ungebundenen Bauweise, da hier neben den Spannungen aus der Verkehrsbelastung sowie Frost-Taubeanspruchungen auch die weiteren Temperaturbeanspruchungen die Befestigung maßgeblich fordern (= starre Bauweise). In der Regel werden auch Entwässerungsrinnen und Randeinfassungen mit entsprechenden Elementen aus Beton, Naturstein oder Klinker gebunden befestigt. Die große Bandbreite der Themen wird im Arbeitsausschuss 6.6 „Pflasterdecken und Plattenbeläge“ der FGSV in den verschiedenen Arbeitskreisen bearbeitet. Zur Erarbeitung eines FGSV-Regelwerkes werden zumeist Erkenntnisse aus Forschungs- und Entwicklungsprojekten in Probestrecken und anschließend in Pilotprojekten umgesetzt, um auf diese Weise einen Erfahrungs- und Bewertungshintergrund zu erlangen. Die erforderlichen Forschungsaufgaben werden dabei in einem maßgebenden Umfang durch öffentliche Förderungen finanziert. Aufgrund des Haupteinsatzgebietes von Pflasterdecken und Plattenbelägen innerhalb von Kommunen stehen zur Forschung dieser Bauweise jedoch nur sehr begrenzte Mittel zur Verfügung. Forschungserkenntnisse ergeben sich sehr häufig nur aus kleinen Projekten, wie z. B. Bachelor- und Masterarbeiten. Probestrecken werden nicht gebaut; Pilotprojekte basieren, wenn dann nur auf der Basis der kommerziellen Entwicklungen der Bauprodukthersteller. Trotzdem hat das Regelwerk der FGSV den Anspruch, eine Bauweise abzubilden, welche den Herausforderungen der Gegenwart genügt. Hierzu zählt ein Verkehr mit zunehmendem Schwerverkehrsanteil, ein sich änderndes Klima, gesteigerte Ansprüche an Fahrbahnbeläge z. B. hinsichtlich Barrierefreiheit für die verschiedenen Nutzergruppen oder hinsichtlich der Lärmentwicklung und nicht zu vergessen, sich modischen Entwicklungen anpassende optische Ansprüche an repräsentative urbane Verkehrsflächen. Es ist absehbar, dass weitere Anforderungen aus gesteigertem Nachhaltigkeitsbewusstsein und aus den Betrachtungen zur Klimafolgenreduktion entstehen werden. Die eigentlich sehr traditionelle Pflasterbauweise zeigt hier schon jetzt ein großes Potenzial, wenn es um versickerungsfähige Beläge nach dem Schwammstadtprinzip geht oder Bauprodukte nicht nur recycelt, sondern ohne Aufbereitung direkt wiederverwendet werden sollen, welches seit Jahren schon oberstes Prinzip der Kreislaufwirtschaft ist, ohne dass die Möglichkeiten bisher vollständig ausgenutzt wurden. Die Pflasterbauweise erfährt von Jahr zu Jahr größeren Zuspruch. Im kommunalen Bereich werden rund 50 % der Flächen in der Pflasterbauweise ausgeführt. Im Bild 1 ist die Entwicklung des reinen Handelsvolumens der Pflastersteine, Platten usw. dargestellt. Es ist zu erkennen, dass eine relativ stabile Zunahme von rund 3,5 % pro Jahr vorliegt, welche um die im Betrachtungszeitraum relativ geringe Inflationsrate noch zu korrigieren wäre. Bild 1: Wert der zum Absatz bestimmten Produktion von Pflastersteinen, Bordsteinen, Rinnsteinen u. a. in Deutschland (statista) Die optischen Vorteile von Pflasterbefestigungen, durch welche Urbanität gestaltet werden kann (Bild 2), sowie die Möglichkeit, Aufgrabungen z. B. für Leitungen mit geringem Aufwand und ohne optische oder funktionale Nachteile herzustellen, bedingen die Beliebtheit im städtischen Raum (Bild 3). Bild 2: Gebundene Pflasterbefestigung für Fahrbahnen und zur Platzgestaltung Bild 3: Ungebundene Pflasterbefestigung für Fahrbahn und Nebenflächen (Klinker) Ein hoher Verformungswiderstand auch bei hohen Temperaturen und ruhendem Verkehr wird an Flächen mit hohen Punktlasten und spurgeführtem Schwerverkehr genutzt, im Bild 4 beispielsweise an hoch frequentierten Busbahnhöfen, bei denen eine Asphaltbauweise zu verformungsgefährdet ist. Bild 4: Busbahnhof mit Naturstein-Großpflaster und einem Bitumen-Fugenverguss – die Abriebbeanspruchung durch Abbremsen und Anfahren der Busse auf der rechten Seite ist gut zu erkennen Das Pflastern ist eine sehr handwerkliche Leistung, welche auf umfangreichem Erfahrungswissen der Beteiligten beruht bzw. zwangsläufig beruhen muss. Hierdurch entscheidet sich die Bauweise von den eher industriell geprägten Bauweisen der Asphalt- und Ortbetonbranche. Die handwerklichen Leistungen der Pflasterfirmen gipfelten in diesem Jahr in der Aufnahme des Pflastererhandwerks in die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland der UNESCO. Der Titel lautet: „Pflasterer- und Steinsetzer-Handwerk: Weitergabe, Bewahrung und Förderung von Wissen und Techniken“. Begründet wird die Aufnahme in das immaterielle Kulturerbe von der UNESCO wie folgt: „Das Pflastererhandwerk passt sich kontinuierlich an technische Entwicklungen an und prägt insbesondere den Städtebau in Deutschland: Das Pflasterer- und Steinsetzer Handwerk kann in Deutschland bis in das 11. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Es wurde historisch insbesondere für repräsentative Zwecke verwendet, für Straßen, Plätze, Schlosshöfe und Alleen. Dafür nutzen die Pflasternden behauene Steinplatten, aufgelesene Steine oder gebrannte Ziegel, auch Klinker genannt. Klinker spielte früher eine wichtige Rolle, wenn Naturstein nicht ausreichend zur Verfügung stand, beispielsweise im norddeutschen Flachland. In den letzten Jahren nimmt die Pflasterung aufgrund seiner ökologischen Vorteile gegenüber der Asphaltierung wieder zu. Die Qualität einer Pflasterung hängt dabei von der sach- und fachgerechten Durchführung ab, wobei das handwerkliche Wissen, die Erfahrungen und die Kreativität der Pflasternden von immenser Bedeutung sind. In Deutschland sind heute etwa 50 Prozent der kommunalen Verkehrsflächen gepflastert“ [Unesco]. Mit der Aufnahme des Pflastererhandwerks in die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland erfährt das Bauwesen und im Speziellen der Straßenbau eine Wertschätzung jenseits der üblichen technischen und funktionalen Betrachtungsweise. Das damit auch dokumentierte tradierte Erfahrungswissen findet natürlich in besonderem Umfang durch Beteiligung der entsprechenden Mitarbeitenden in den Arbeitskreisen und Ausschüssen Eingang in das Regelwerk der FGSV. Mit diesem Wissen, welches direkt in der Praxis generiert wurde, muss das weitgehende Fehlen von Forschungserkenntnissen kompensiert werden. Das Pflasterregelwerk ist daher in besonderer Weise praxisüberprüft. Trotzdem ergeben sich aus diesen Rahmenbedingungen aktuelle Herausforderungen, welche im Folgenden beispielsweise vorgestellt werden. 2 Ungebundene Bauweise2.1 RegelwerkDas Kernregelwerk der ungebundenen Bauweise sind die TL Pflaster-StB in Kombination mit den ZTV Pflaster-StB. Durch Vereinbarung der ZTV Pflaster-StB sind die Baustoffanforderungen der TL Pflaster-StB automatisch vereinbart. Weiterhin ist damit die ATV DIN 18318, welche als Vergabenorm die Randbedingungen zur Ausschreibung eines VOB-Vertrages umfasst, enthalten. Die nationalen allgemeinen Anforderungen der Europäischen Produktnormen für Pflastersteine, Platten und Einfassungselemente der DIN EN 1338 – 1344, DIN 18503, DIN 482 – 483 werden mit den TL Pflaster-StB national umgesetzt. Gleiches gilt für die Anforderungen an Baustoffgemische für Bettungs- und Fugenmaterialien, bei denen jedoch die Anforderungen der TL Gestein-StB an die Gesteinskörnungen zusätzlich eingehalten werden müssen. Auch dies umfasst die TL Pflaster-StB. Das Regelwerk wird ergänzt durch die folgenden Merkblätter:
Dabei sind mit dem M BEP und M FG zwei Merkblätter überarbeitet worden, so dass sie in diesem Jahr veröffentlicht werden konnten. Hinsichtlich des M LP konnte schon 2018 eine Bauweise definiert werden, mit welcher eine deutliche Lärmminderung, vergleichbar einem Asphaltbelag, erreicht werden kann. Messwerte, die zu einem Korrekturwert DSD,SDT(V) von –1,2 dB(A) gemäß den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS) der FGSV führen, wurden ermittelt. Mit den technischen Vorgaben des Merkblattes können nun lärmarme Pflasterflächen definiert ausgeschrieben werden. Eine Berücksichtigung dieser besonderen Bauweise innerhalb der RLS fehlt jedoch noch. Hier ist es das Ziel, zu einem Korrekturwert DSD,SDT(V) von ±0 dB(A) zu kommen. Um dies zu erreichen, müssen allerdings noch Messungen von der Bundesanstalt für Straßenwesen an mehreren länger beanspruchten Fahrbahnen durchgeführt werden. Diese sind noch ausstehend. 2.2 Widerstand gegen mechanische BeanspruchungenZur Sicherstellung einer hohen Belastbarkeit auch bei Schwerverkehr müssen die Bettung und die Fugen bei der ungebundenen Pflasterbauweise in die Lage versetzt werden, die auftretenden Kräfte im elastischen Bereich auf die Nachbarsteine und die Unterlagen übertragen zu können (siehe Bild 5). Bei Überlastung des Baustoffgemisches von Bettung und/oder Fugen entstehen bleibende Verschiebungen des Pflastersteins. Dies ist zu vermeiden. Hieraus resultieren die verschiedenen Anforderungen an die Zusammensetzung von Bettungs- und Fugenmaterial. Eine zentrale Anforderung ist naturgemäß die ausreichende Kornfestigkeit der eingesetzten Gesteinskörnungen. Wenn diese Kornfestigkeit zu gering gegenüber den auftretenden Beanspruchungen ist, kann es zu Brüchen innerhalb oder an den Kanten der Gesteinskörner kommen. Durch diese Brüche entsteht zusätzliches Feinkorn. Bei umfangreicher Feinkornneubildung kann dies allein schon zu einer Verringerung der Wasserdurchlässigkeit der Bettung kommen. Gleiches gilt für die darunter liegende Tragschicht. Wenn jedoch die Tragschicht oder die Bettung so undurchlässig ist, dass während der Verkehrsbelastung eine vollständige Wassersättigung der Bettung und der Fugen vorliegt, wirkt Auftrieb, gegebenenfalls in einem gewissen Umfang ein Porenwasserüberdruck und der Verformungswiderstand der Befestigung nimmt ab. Ein klassisches Schadensbild, welches auf diesen Ursachen beruht, ist im Bild 6 dargestellt. Gut zu erkennen ist der weißliche Belag auf der Decke, welcher aus Feinkorn resultiert, das aus der Befestigung nach oben durch den Kfz-Verkehr gepumpt wurde. Die Fugen leeren sich und die Pflastersteine können sich verschieben und verdrehen. Die Folge ist sehr häufig ein Totalausfall der Befestigung. Bild 5: Krafteintrag an einer ungebundenen Pflasterdecke, Betrachtung eines Einzelsteines (Koch, 1999) Um diesen Schadensmechanismus zu unterdrücken, müssen die Bettungs- und Fugenmaterialien aus Gesteinskörnungen mit ausreichender Festigkeit bestehen. In Deutschland ist die Beschreibung der Kornfestigkeit indirekt mittels des Schlagzertrümmerungsversuches oder des Versuches zur Bestimmung des Los-Angeles-Koeffizienten üblich. An diese werden Anforderungen gestellt, welche von güteüberwachten Gesteinskörnungen gemäß den TL Gestein-StB eingehalten werden müssen. Die Prüfkörnung für den Schlagzertrümmerungswert ist die Körnung 8/12 mm und die für den Los-Angeles-Versuch die Körnung 10/14 mm. Anhand dieser Splittkörnungen soll ein charakteristischer Widerstand gegen mechanische Beanspruchung bestimmt werden, der auch für die feineren Körnungen gelten soll. Bei den gröberen Körnungen im Schotterbereich wurde allerdings schon festgestellt, dass die Prüfkörnungen nicht ausreichend aussagekräftig sind, so dass die Schotterschlagprüfung an gröberer Körnung 35,5/45 mm eingeführt wurde. An diese werden separate Anforderungen gemäß TL Gestein-StB gestellt. Bild 6: Feinkornneubildung und unzureichende Wasserdurchlässigkeit einer beanspruchten Pflasterfläche Es stellte sich die Frage, ob die Prüfung an der Splittkörnung eine ausreichende Aussagekraft für Bettungs- und Fugenmaterialien aufweist. In diesem Zusammenhang muss noch ausgedrückt werden, dass die vorgenannten Prüfungen den mechanischen Widerstand mittels Schlagbeanspruchung bzw. mittels Schlag- und Abriebbeanspruchung testen. Bei Bettungen und Fugenfüllungen ist dagegen eher eine dominierend abreibende Beanspruchung im Gemisch und zu den Pflastersteinen zu erwarten. Daher wurde der europäisch genormte Micro-Deval-Versuch, der an Splittkörnungen durchgeführt wird und eine ausschließlich reibende Beanspruchung aufweist, dahingehend modifiziert, dass die Sandfraktion geprüft werden kann. Dieser Versuch nennt sich nun Modifizierter Micro-Deval-Versuch und ist seit Jahren mit dem Teil 5.5.3 Bestandteil der TP Gestein-StB. Die Beanspruchung dieses Versuches ist im Bild 7 dargestellt. Bild 7: Beanspruchung des Modifizierten Micro-Deval-Versuches [Radenberg, Koch, 2007] Nun wurde schon 2007 in einem AiF-Forschungsprojekt festgestellt, dass es keinen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Schlagversuch oder dem Los-Angeles-Versuch am Splitt der Körnung 8/12 und dem Modifizierten Micro-Devalversuch (MMDE) der Körnung 0,25/5 gibt. Gut erkennbar ist dies im Diagramm des Bildes 8. Gleiches wurde für den Los-Angeles-Koeffizienten festgestellt. Bild 8: Zusammenhang zwischen SZ-Wert und MMDE-Koeffizient an verschiedenen Gesteinskörnungen [Radenberg, Koch, 2007] Damit muss festgestellt werden, dass diese Versuche keine ausreichende Aussagekraft hinsichtlich des Einsatzes der Gesteinskörnungen in Bettungen und Fugen von Pflasterbefestigungen aufweisen. Dies korreliert auch mit den Beobachtungen in der Praxis, dass häufig Gesteinskörnungen mit einem SZ-Wert von SZ18, also der höchsten Qualität, zu Abrieb und Feinkornneubildung geführt haben, die zu vielfältigen Schäden beigetragen haben. Es stellt sich daher die Frage, wie eine erforderliche Festigkeit der Gesteinskörnungen für Bettungen und Fugen sichergestellt werden kann, da die aktuelle Qualität der güteüberwachten Gesteinskörnungen gemäß TL Gestein-StB häufig (und regional unterschiedlich) unzureichend ist. Aus heutiger Sicht kann die Antwort nur darin liegen, eine zusätzliche Anforderung an die Gesteinskörnungen über den Modifizierten Micro-Deval-Koeffizienten zu formulieren. Um eine Anforderung sicher aufzustellen, fehlt jedoch noch ein umfangreicherer Bewertungshintergrund. Während die Spannweite der in Deutschland güteüberwachten Gesteine recht genau bekannt ist, ist noch nicht zweifelsfrei bewiesen, welcher Abriebwiderstand bei welcher Beanspruchung und Bauweise zu welchen Schäden führt. Die aktuelle Diskussion liegt im Bereich von einer Begrenzung des MMDE-Koeffizienten in der Größenordnung von 25 bis 30 [-]. Geplant ist hier, den Bewertungshintergrund mittels einer Versuchsstrecke zu ermitteln. Dies müsste durch die betroffenen Verbände und ggf. mit Unterstützung der FGSV finanziert werden. Wenn die Festlegung eines Anforderungswertes nicht gelingt, müsste bei belasteten Verkehrsflächen vermehrt auf die gebundene Bauweise ausgewichen werden, welche diese Probleme nicht hat, jedoch deutlich teurer ist und bei der die Vorteile der ungebundenen Bauweise bezüglich der Aufgrabungen nicht vorhanden sind. 2.3 Dauerhafte WasserdurchlässigkeitDa die Verringerung der Wasserdurchlässigkeit infolge Verdichtung und Verkehrsbeanspruchung ein deutliches Problem der ungebundenen Pflasterbauweise darstellt, muss auch die Tragschicht ohne Bindemittel als Unterlage der Bettung in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die häufig eingesetzte Schottertragschicht ist nach ZTV SoB-StB 20 herzustellen. Die Schicht muss damit u. a. konkrete in Werte gefasste Anforderungen an die Tragfähigkeit, die Verdichtung und die Ebenheit erfüllen. Hinsichtlich der auch aus Frostschutzgründen erforderlichen Wasserdurchlässigkeit der Schicht existiert jedoch derzeit noch keine quantitative Anforderung im Rahmen der ZTV SoB-StB. Es wird allein qualitativ gefordert, dass die Schicht ohne Bindemittel ausreichend wasserdurchlässig sein muss. Da für Pflasterbefestigungen die ausreichende Wasserdurchlässigkeit der Tragschicht existenziell ist, wird das Thema in den ZTV Pflaster-StB aufgegriffen. Da jedoch dort nur die Decke bauvertraglich geregelt ist, kann an deren Unterlage nur eine Empfehlung in Form eines Richtlinientextes hinsichtlich der erforderlichen Wasserdurchlässigkeit ausgesprochen werden. Nach bisherigen Erfahrungen sollte die Unterlage u. a. einen Infiltrationsbeiwert, gemessen mit dem Standrohrinfiltrometer nach TP Gestein-StB, von mindestens ki = 1 x 10-5 m/s aufweisen. Der Wert beruht auf Erfahrungen kombiniert mit einer Abschätzung der anfallenden Niederschlagsmenge, basierend auf der Bemessungsregenspende. Mit der Aufnahme einer solchen Anforderung in den einzelnen Bauvertrag kann die derzeit noch fehlende Anforderung der ZTV SoB-StB ausgeglichen werden. Doch ist es dringend erforderlich und wünschenswert, dass zukünftig eine entsprechende quantitative Anforderung auch Bestandteil der ZTV SoB-StB wird. Das Thema der Sicherstellung einer ausreichenden Wasserdurchlässigkeit der Schichten ohne Bindemittel (SoB) und der Bettung sollte zukünftig, wie dargelegt, genauer im Regelwerk abgebildet werden. Hierzu sind ggf. die Anforderungswerte an die Schichten zu konkretisieren und auf die eindringende Niederschlagsmenge abzustimmen. Dabei kann es erforderlich werden, die Grenzen der zulässigen Korngrößenverteilung des Baustoffgemisches zu ändern. Dies könnte kombiniert werden mit einer Reduzierung des maximalen Feinkorngehaltes, beispielsweise von 5,0 auf 3,0 M.-% bei Anlieferung und 5,0 statt 7,0 M.-% im eingebauten Zustand der SoB. Flankiert werden müssen diese Änderungen der Granulometrie durch die zuvor beschriebenen Anforderungsfestlegung an die Abriebwiderstand der Gesteinskörnungen. Bei Gesteinskörnungen, welche langsam ablaufende Reaktionserscheinungen aufweisen, wie dies z. B. bei RC-Baustoffen oder künstlichen Gesteinskörnungen der Fall sein kann, muss ergänzend auch die Dauerhaftigkeit der Wasserdurchlässigkeit stärker in den Focus rücken. Betrachtet werden sollte das Nacherhärtungspotenzial der Gesteinskörnungen, da sich durch die Nacherhärtung infolge zumeist hydraulischer Reaktionsprozesse das Korngefüge und damit die Permeabilität ändert. Untersuchungen der Ruhr-Universität Bochum [Radenberg, 2018] haben gezeigt, dass bei langjährig liegenden Tragschichten mit RC-Baustoffen die Wasserdurchlässigkeit zumeist deutlich reduziert ist. Eine Überprüfung der Infiltrationsrate der Schicht direkt nach dem Einbau ist daher keinesfalls immer ausreichend. Nacherhärtungsprozesse müssen vorab einkalkuliert werden. Dies wird bei den sogenannten Selbsterhärtenden Tragschichten (SET) gemäß TL SoB-StB und ZTV SoB-StB schon gemacht. Hinsichtlich der Entwicklung der Festigkeit existiert ein Prüfverfahren auf Basis des CBR-Versuches, bei dem der Versuch nach einer definierten Lagerungsdauer von einem Monat wiederholt wird (Bild 9). Über diese Prüfung werden die SET in zwei Klassen, Typ SET-A und Typ SET-B, eingestuft. Es ist zu überlegen, ob nicht das gleiche Prinzip auch für die Entwicklung der Wasserdurchlässigkeit an entsprechenden Laborproben im Rahmen eines Eignungsnachweises angewendet werden kann. Hierzu müsste das Prüfverfahren auf Basis von Laboruntersuchungen festgelegt und ein Anforderungshorizont geschaffen werden. Solange dies noch nicht der Fall ist, muss davon ausgegangen werden, dass Gemische mit hydraulisch reagierenden Anteilen, wie dies bei RC-Baustoffen und einigen industriellen Nebenprodukten der Fall ist, als Tragschichtmaterial unter Pflasterdecken und Plattenbelägen oder als Bettungsmaterial ungeeignet sind. Sie sind daher von der Verwendung in der ungebundenen Pflasterbauweise auszuschließen, solange nicht die Eignung im Einzelfall nachgewiesen ist. Bild 9: CBR-Versuche zur Einstufung von SET (Entwurf M SET, Stand 2022) Eine Alternative zum Einsatz von Schottertragschichten ist die Verwendung von wasserdurchlässigen Asphalttragschichten (Bild 10) oder von Dränbetontragschichten unter Pflasterdecken. Zusammensetzung und Herstellung sind derzeit in dem Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ (M VV) der FGSV zusammengefasst. Die Inhalte dieses „Merkblattes werden regelmäßig bei der ungebundenen und der gebundenen Pflasterbauweise für gebundene Tragschichten zum Vertragsbestandteil gemacht. Neben der geringeren Problematik der Aufrechterhaltung einer dauerhaften Wasserdurchlässigkeit bieten diese Tragschichten bei ordnungsgemäßem Einsatz den Vorteil einer geringeren Verformungsanfälligkeit. Besonders bei Verkehrsflächen der Belastungsklasse Bk3,2 sind sie daher eine vorteilhafte Alternative. Um die Details der Bauweise vertraglich besser abzusichern, sollten die Inhalte des Merkblattes, welches originär für (vollständig) versickerungsfähige Verkehrsflächen erstellt wurde, jedoch auch bei der konventionellen, nicht als „versickerungsfähig“ eingestuften Pflasterbauweise nach ZTV Pflaster-StB regelmäßig genutzt werden, vertraglich festgelegt werden. Es ist abgestimmt, dass dies in die derzeitige Überarbeitung der TL und ZTV Asphalt-StB einfließt, so dass zukünftig wasserdurchlässige Asphalttragschichten Bestandteil des R 1-Regelwerkes der Asphaltbauweise sein werden. Bei der Betonbauweise steht dies noch aus. Bild 10: Einsatz einer Wasserdurchlässigen Asphalttragschicht unter Pflaster 3 Gebundene BauweiseDas Regelwerk der FGSV zur gebundenen Pflasterbauweise umfasst zentral das „Merkblatt für Flächenbefestigungen mit Pflasterdecken und Plattenbelägen in gebundener Ausführung“ (M FPgeb), in der Ausgabe 2018. Ergänzt wird es durch die „Arbeitsanleitung zur Durchführung von Prüfungen für Pflasterdecken und Plattenbeläge in gebundener Ausführung“ (ALP Pgeb), Ausgabe 2018. Neben Pflasterdecken und Plattenbelägen können auch Großformatbeläge in gebundener Ausführung hergestellt werden. Mit der Überarbeitung und Herausgabe des „Merkblattes für Flächenbefestigungen mit Großformaten“ (M FG) in diesem Jahr konnte die gebundene Ausführung nun berücksichtigt werden. Gleiches gilt für das „Merkblatt für die bauliche Erhaltung von Verkehrsflächen mit Pflasterdecken und Großformatbelägen“, welches ebenfalls um die gebundene Bauweise ergänzt wurde. Damit änderte sich der Titel in: „Merkblatt für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächen mit Pflasterdecken, Platten- und Großformatbelägen sowie von Einfassungen“ (M BEP), Ausgabe 2022. Parallel zum Merkblatt M FPgeb enthält die ATV DIN 18318 seit der Ausgabe 2019 ebenfalls Anforderungen an die gebundene Pflasterbauweise. Diese verweist hinsichtlich der Prüfbedingungen auf die Arbeitsanleitung zur Durchführung von Prüfungen für Pflasterdecken und Plattenbelägen in gebundener Ausführung (ALP Pgeb) der FGSV, da für verschiedene Kennwerte keine spezifischen Normen zur Prüfung von Fugen- und Bettungsmörtel für Pflasterdecken bis dato vorliegen. Die ALP Pgeb war der erste Schritt zur Festlegung von Prüfbedingungen insbesondere der Bettungs- und Fugenmörtel. Ein offener Punkt dieser Arbeitsanleitung ist jedoch die Festlegung der Probekörperherstellung der Mörtel gewesen. Dies und die Festlegung weiterer Prüfrandbedingungen konnten in den letzten Jahren im Arbeitskreis 6.6.6 konkretisiert werden. Die Arbeiten sind nun so weit fortgeschritten, dass die „Technische Prüfvorschriften für Pflasterdecken, Plattenbeläge und Großformatbeläge sowie für Rinnen und Einfassungen im Straßenbau“ (TP Pflaster-StB) – im Entwurf erarbeitet werden konnten. Diese sollen in Kürze veröffentlicht werden. Beispielsweise ist im Bild 11 das Verdichtungsgerät für den Bettungsmörtel dargestellt. Im Bild 12 sind weitere Fotos zur Prüfung von Bettungsmörtel zusammengefasst. Bild 11: Verdichtungsgerät für Bettungsmörtel Bild 12: Prüfung von Bettungsmörtel nach den TP Pflaster-StB (Entwurfsfassung) Mit einer Änderung der Probenherstellung und der Prüfbedingungen ist in einem nächsten Schritt nun zu prüfen, ob die bestehenden Anforderungen und Empfehlungen an die Kennwerte der Bettungs- und Fugenmörtel so bestehen bleiben können oder abzuändern sind. Dies wird im Rahmen einer Überarbeitung des M FPgeb erfolgen, welche in Kürze starten wird. Da die gebundene Bauweise seit 2019 Bestandteil der VOB ATV DIN 18318 ist, und auch die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau e.V. seit 2013 mit der ZTV Wegebau die gebundene Pflasterbauweise bauvertraglich für den Garten- und Landschaftsbau geregelt hat, sowie seitens der FGSV die Bauweise seit 2007, anfangs mit einem Arbeitspapier, beschrieben ist, soll zukünftig in einem weiteren Schritt auch innerhalb der FGSV ein R 1-Regelwerk geschaffen werden. Parallel bzw. zeitversetzt zur Überarbeitung des M FPgeb soll daher mit der Erstellung Technischer Lieferbedingungen und Zusätzlicher Technischer Vertragsbedingungen für Pflasterdecken und Plattenbeläge in gebundener Ausführung im Straßenbau begonnen werden. 4 Randeinfassungen und RinnenRandeinfassungen und Rinnen sind seit Jahren Bestandteil in den ATV DIN 18318, den TL Pflaster-StB und den ZTV Pflaster-StB. Auch in den untergeordneten Merkblättern sind sie beschrieben. Da viele Details trotzdem nicht ausreichend genau festgelegt sind und weiterer Erläuterungen bedürfen, wurde mit der Erstellung eines zentralen Merkblattes für Randeinfassungen und Rinnen (M RR) begonnen. Mit diesem Merkblatt sollen alle Bauweisen erfasst werden, auch solche aus Asphalt oder Ortbeton. Es werden Details zu den Baustoffen und zur Ausführung dargelegt. Schon bei der Planung sind maßgebende Aspekte zu berücksichtigen. Nur ein Detail davon ist im Bild 13 abgebildet. Hier wird die Thematik der Sicherstellung einer ausreichenden Tragfähigkeit der Unterlage einer mit Kfz-Verkehr regelmäßig überfahrenen Rinne behandelt. Da die Rinne durch das Betonfundament tiefgegründet ist, werden in Abhängigkeit von der Dickendimensionierung der Schichten die Verkehrslasten ggf. direkt in die Tiefe der unteren Tragschicht übertragen. Um eine ausreichende Tragfähigkeit dieser Schicht dann noch sicherzustellen, ist es erforderlich, diese auch in ausreichender Dicke herzustellen. Hierzu muss das Planum abgesenkt werden, wodurch ggf. auch Frostproblematiken reduziert werden. Konstruktiv muss eine solche Lösung den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Bei starkem Wasserandrang und undurchlässigem Planum kann es beispielsweise erforderlich werden, eine zusätzliche Dränage in diesem Bereich vorzusehen. Die Arbeiten am M RR sind abgeschlossen, und eine Veröffentlichung erfolgt in Kürze. Bild 13: Ausbildung einer überfahrenen Rinne gemäß Entwurfsfassung des M RR der FGSV 5 FazitDie Pflasterbauweise erfordert einiges an Spezialwissen und basiert zu einem guten Teil auf handwerklichen baupraktischen Erfahrungen. Mit diesen Kenntnissen ist es gelungen, ein differenziertes Regelwerk für die verschiedenen Anwendungsbereich zu schaffen, auch ohne auf umfangreiche Forschungsförderungen zurückzugreifen. Allerdings konnten einige technische Fragestellungen definiert werden, zu denen noch keine befriedigende Lösung vorliegt. Dabei liegt ein immenses Potenzial in der Pflasterbauweise hinsichtlich der Reduzierung der Klimafolgen und weiterer Nachhaltigkeitsaspekte. Forschungsvorhaben zu diesen Themengebieten sind in einem größeren Umfang erforderlich. Dies sieht auch der Vorstand der FGSV so, der die Absicht erklärt hat, bei der Lösung der dringendsten technischen Probleme der ungebundenen Bauweise mittels der Finanzierung eines FE-Projektes zu helfen. Allerdings wird dies nicht alle Probleme lösen können. Eine systematisch Forschungsunterstützung ist dringend erforderlich, um Schäden in Millionenhöhe in den Kommunen zu reduzieren. Da das Bundesministerium für Digitales und Verkehr sich mit der Begründung, dass dies eine kommunale Aufgabe sei, größtenteils bei der Förderung zurückhält und eine systematische Förderung durch andere öffentliche Fördergeber, wie z. B. die Zusammenschlüsse der Kommunen, aufgrund klammer Finanzmittel anscheinend unmöglich ist, muss die Regelwerkserarbeitung der FGSV auch in Zukunft primär empirisch auf Basis von Erfahrungswerten erfolgen. Diese Erfahrungen können durch positive und negative Anwendungen gesammelt werden. Wichtig ist allerdings, dass es zu einer entsprechenden Anwendung kommt. Um dies zu ermöglichen, muss das Regelwerk den Input liefern. Daher muss die Erfahrungssammlung zukünftig auch auf der Basis des R 1- und R 2-Regelwerkes der FGSV erfolgen und nicht nur umgekehrt. 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