FGSV-Nr. FGSV 002/136
Ort Kassel
Datum 23.02.2023
Titel BIM im kommunalen Erhaltungsmanagement
Autoren Prof. Dr.-Ing. Markus Stöckner
Kategorien Kommunal
Einleitung

Sowohl in der Entwicklung des Erhaltungsmanagements hin zu einem Asset Management als auch in der Entwicklung von digitalen Zwillingen der Infrastruktur sind derzeit rapide Entwicklungen zu verzeichnen. Dies wird vor allem durch die digitale Transformation beschleunigt, die es erlaubt, neue Datenquellen und Informationen für das Asset Management zu integrieren. Dazu kann die BIM-Methode einen nennenswerten Beitrag leisten, weil dadurch verschiedene Daten und Datenquellen auf ein einheitliches System bezogen werden können und eine verlustfreie Weitergabe digitaler Modelle möglich wird. Allerdings ist diese Perspektive erst mittelfristig als realistisch zu sehen. In der Zwischenzeit sind mit der Umsetzung der BIM-Methode in Kommunen auch für das Erhaltungsmanagement noch viele Aufgaben zu erledigen. Die Grundlagen des Erhaltungsmanagements bzw. des Asset Managements sind bekannt, ebenso die dazu benötigten Datengrundlagen. Ebenso liegen viele Grundlagen und Unterlagen zur Einführung der BIM-Methode vor, sodass prinzipiell eine Einführung der BIM-Methode für die kommunale Verkehrsinfrastruktur möglich ist und die Anwendung von Asset Management Systemen unterstützen kann. Daher werden zunächst die Grundlagen des Erhaltungsmanagements sowie der BIM-Methode beschrieben und aufgezeigt, wie Erhaltungsmanagement und BIM zusammenwirken können. Dann wird auf die Vorgehensweise zur Einführung der BIM-Methode im Allgemeinen und anhand von Beispielen eingegangen. Entscheidend dabei ist eine saubere Definition aller relevanten Prozesse einschließlich der relevanten Datenübergabepunkte als auch die Definition eines Objektkataloges. Damit kann ein einheitliches Geometriemodell aufgebaut werden, dem dann eine entsprechende Semantik mit Merkmalsgruppen und Merkmalen zugeordnet werden kann. Dies muss an bestehende Standards anknüpfen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren Vorlagen, ein einheitliches Modell erfordert aber noch Entwicklungsbedarf. Dazu muss klar sein, welche strategischen und operativen Ziele mit der BIM-Methode verfolgt werden und vor allem auch welche Anlagenbestandteile mit der BIM-Methode künftig behandelt werden sollen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Einführung der BIM-Methode im kommunalen Bereich über den Lebenszyklus eine komplexe Aufgabe darstellt. In einem ersten Schritt wären daher vor allem eine Zieldefinition zur Anwendung der BIM-Methode sowie eine Bestandsaufnahme vorhandener Vorgehensweisen und verfügbarer technischer Infrastruktur zu erstellen. Ausgehend von diesen Aussagen wären dann die Prozessanalysen, Datenübergabepunkte und Datenbedarf korrespondierend zu den definierten Anwendungsfällen festzulegen. Davon können dann BIM-Unterlagen wie eine BIM-Strategie, Beschreibung der Anwendungsfälle, Muster für Auftraggeber-Informationsanforderungen und den BIM-Abwicklungsplan abgeleitet werden. Parallel dazu ist ein einheitlicher Objektkatalog in Übereinstimmung mit übergeordneten Regelwerken sowie zugehörige Merkmalsgruppen und Merkmale zu definieren. Für den Einführungsprozess selbst sollte eine Roadmap konzipiert werden, indem die verschiedenen Handlungsfelder sowie die zugehörige Zeitschiene realistisch definiert werden. Die praktische Umsetzung kann anhand zunächst überschaubarer Pilotprojekte realisiert werden, um zunächst Erfahrungen zu sammeln und Verbesserungsbedarf ableiten zu können.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln. 

1 Einleitung

Die digitale Transformation wird den Umgang mit kommunalen Infrastrukturen in den nächsten Jahren rapide verändern. Dabei wird oft das Bild eines digitalen Zwillings der Stadt formuliert, also ein räumliches Abbild, in dem sich unterschiedlichste Daten für vielfältige Anwendungsfälle integrieren lassen. Dieses Szenario wird vor allem durch heute unterschiedliche und ubiquitär verfügbare Datenquellen gestützt, insofern besteht die Aufgabe unterschiedlichste geometrische, alphanumerische Daten oder auch Dokumente in einem einheitlichen Modell zu verknüpfen und unterschiedlichen Anwendungen zugänglich zu machen. Dabei kann die BIM-Methode eine wertvolle Unterstützung leisten. Bezogen auf das Erhaltungsmanagement oder besser das Asset Management über den Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur können unterschiedliche Datenquellen in einem Modell zusammengefasst und für die Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfindung zugänglich gemacht werden. Auch wenn dies zunächst nicht der Vorstellung eines digitalen Zwillings entspricht, lassen sich daraus erhebliche Nutzenpotenziale erschließen. Die damit verbundene Digitalisierung des Planens, Bauens, Erhaltens und Betreiben im Bundesfernstraßenbau und auch in nachgeordneten Straßennetzen nach der Methode Building Information Modeling (BIM) stellt damit einen aktuell notwendigen Innovationsprozess im Lebenszyklus von Infrastrukturen dar. Aktuelle Anstrengungen zur Umsetzung finden vor allem im Masterplan im Masterplan BIM (BMVI, 2021) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) ihren Niederschlag. Im BIM-Portal des Bundes werden die aktuellen Ergebnisse und Unterlagen als Hilfestellung für die Anwendung in der Praxis frei verfügbar veröffentlicht. Dabei beziehen sich die Unterlagen des Bundes auf vorlaufende Projekte, beispielsweise BIM4INFRA (BIM4INFRA, 2017) oder der DEGES (DEGES, 2019). Dort finden sich bereits Bausteine zur Entwicklung eines erreichbaren Leistungsniveaus, Leitfäden zur Anwendung und Anforderungen an einheitliche Datenstrukturen. Eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung des BIM Masterplan Bundesfernstraßen stellen dabei die von BIM Hamburg vorgelegten Arbeitsergebnisse dar, die praxisorientierte Hilfestellungen wie beispielsweise eigene Objektkatalogen oder der Beschreibung einzelner Anwendungsfälle enthalten (BIM Hamburg, 2022). Dazu wurden ergänzend eine Reihe von BIM-Pilotprojekten durchgeführt und dokumentiert. Der Masterplan BIM-Bundesfernstraßen knüpft an diese Ergebnisse an und konkretisiert die Implementierungsstrategie für die Autobahn GmbH und für die Auftragsverwaltungen der Länder (BMVI, 2021). In verschiedenen Gremien, Arbeitsgruppen und auch in konkreten Anwendungsfällen werden die vorhandenen Grundlagen weiterentwickelt, so über den Planung- und Bauprozess hinaus auch für die Betriebs- und Erhaltungsphase der Verkehrsinfrastruktur. Damit lässt sich mittelfristig der komplette Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur mit Unterstützung durch die BIM-Methode abbilden. Dies wirft für die Umsetzung gerade auch im kommunalen Bereich einige Fragen auf. Wie ist zum Beispiel mit bestehenden Datenstandards und Datenbanken umzugehen? Wie kann die BIM-Methode überhaupt einen Beitrag zur Unterstützung des kommunalen Erhaltungsmanagements leisten? Oder auch vor allem, sind die Ergebnisse aus dem Außerortsstraßenbereich direkt für den kommunalen Bereich übertragbar? Eine eindeutige Antwort darauf ist nicht einfach, allerdings zeigen verschiedene Projekterfahrungen, dass dieser Weg auch für den kommunalen Bereich der Verkehrsinfrastruktur angezeigt und nützlich ist. Insofern wird nachfolgend der derzeitige Kenntnisstand umrissen, eine Struktur für einen Einführungsprozess aufgezeigt sowie anhand verschiedener Beispiele aus Forschung und Anwendung die Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt. Der Beitrag konzentriert sich im Wesentlichen auf die Aufgaben in der Betriebs- und Erhaltungsphase mit Schwerpunkt auf dem klassischen Erhaltungsmanagement.

Von besonderem Interesse ist dabei die Datenübergabe vom Bau- in die Betriebsphase und damit verbunden die notwendigen Prozesse mit den im Asset Management benötigten Datengrundlagen (Stöckner et al., 2022). In verschiedenen Forschungsprojekten wurden die Grundlagen der Modellierung des Lebenszyklus, wie es in einem Erhaltungsmanagement erforderlich ist, erarbeitet. In einem ersten Projekt „BIM-basiertes Erhaltungsmanagement im Straßenbau“ (König u. a., 2020) wurde ein Datenmodell für die Fahrbahn entwickelt, das sich an den grundlegenden Anforderungen des in Deutschland angewandten Pavement Management Systems orientiert. In zwei darauffolgenden Forschungsprojekten wurde dann der Lebenszyklus von Fahrbahnen und Bauwerken detailliert und in einem Fall im europäischen Vergleich und im anderen Fall im Kontext Deutschland-Österreich-Schweiz betrachtet. Die Herausforderungen bei diesen Forschungsprojekten sind die Berücksichtigung der jeweils landesspezifischen unterschiedlichen technischen Anforderungen sowie die unterschiedlichen Datenbanksysteme. Dies sind das CEDR-geförderte EU-Projekt AMSFree (Stöckner et al., 2022) sowie parallel das D-A-CH-geförderte Projekt BIM4AMS (Hajdin, 2022). In weiteren kommunalen Projekten konnte die Struktur eines kommunalen Asset Managements als auch die Unterstützung durch die BIM-Methode gezeigt werden (Stöckner et al., 2022a), (Buttgereit et al., 2022).

2 Grundlagen

2.1 Kommunales Erhaltungsmanagement

Die Grundlagen des kommunalen Erhaltungsmanagements sind derzeit in den „Empfehlungen für das Erhaltungsmanagement von Innerortsstraßen“ (EEMI) in der Ausgabe von 2012 beschrieben (FGSV, 2012). Detaillierungen finden sich in zugehörigen Arbeitspapieren der Reihe AP 9 K (FGSV, 2016). Die dort enthaltenen Aussagen beschreiben den Rahmen eines Erhaltungsmanagements, sind aber zum einen nicht vollständig und decken zum anderen auch den aktuellen technischen Entwicklungsstand nicht mehr ab. Aus diesem Grunde befinden sich die EEMI in einem Überarbeitungsprozess, mit dem die bestehenden Lücken gefüllt werden sollen. Dabei sollen die Arbeitspapiere als selbständige Teile in EEMI integriert werden (Best, 2022). Die Grundstruktur des Erhaltungsmanagements bleibt zunächst gleich, sie ist im wesentlichen datengetrieben bestehend aus einem Bestandsmodell, dass die Netztopologie beschreibt sowie Bestandsdaten wie Alter, Querschnitt, Aufbau oder auch Verkehrsbelastung. Das Modell wird durch regelmäßig durchgeführte Zustandserfassungen und -bewertungen (ZEB) so ergänzt, dass innerhalb gewisser Zeiträume ein jeweils aktueller Zustand der Verkehrsflächen abgebildet werden kann. Gängige Datenstandards und Netzmodelle lehnen sich an die Vorgaben der Anweisung Straßendatenbank ASB sowie des OKSTRA an. Zum Teil werden auch flächenbasierte Modelle zur Beschreibung der Infrastruktur verwendet, die jedoch den entscheidenden Nachteil haben, keine abschnittsbezogenen Auswertungen zu ermöglichen. Zur Fortschreibung der EEMI ist ein Prozessmodell in Diskussion, indem Netzmodellierung, ZEB und der weitere Auswerteprozess in den verschiedenen Betrachtungsebenen beschrieben wird.

Aufgrund der bisherigen Lücken der EEMI haben verschiedene Kommunen eigene Weiterentwicklungen zum Vorgehen beim Erhaltungsmanagement von kommunalen Verkehrsflächen entwickelt und umgesetzt. In Berlin wurde in den letzten Jahren ein komplexes System basierend auf den Vorgaben der EEMI und eigenen Entwicklungen umgesetzt, dass sich aktuell gerade in der Einführung befindet. Andere Entwicklungen basieren auf dem Prinzip des Asset Managements. Asset Management (AM) steht für die systematische und koordinierte Planung, Verwaltung und Erhaltung der Assets, das heißt der materiellen und immateriellen Werte einer Organisation mit dem Ziel der Wertschöpfung. Die Grundlagen sind in der Norm DIN EN ISO 55000 gelegt. Im Hinblick auf den Straßenbau ist zu beachten, dass der zentrale Gegenstand des AM die Organisation mit ihren Prozessen und Abläufen zur Verwaltung der Straßeninfrastruktur ist (Heller et al., 2018). Für ein AM-System (IAMS) werden zuverlässige Daten benötigt, um u. a. Informationen über den aktuellen Zustand der Verkehrsinfrastruktur zu erhalten und darauf aufbauend ihren zukünftigen Zustand zu prognostizieren. Diese Daten dienen dann als Grundlage für den Entscheidungsprozess über Zeitpunkt, Umfang und Kosten von Instandhaltungsmaßnahmen (Hajdin u. a., 2019). Das Asset Management besteht aus einer strategischen, taktischen und einer operativen Ebene und wird durch eine Ergebnisbewertung ergänzt. Damit lässt sich das Asset Management in ein klassisches Prozessmodell überführen (Bild 1).

Bild 1: Struktur eines AMS für die Betriebs- und Erhaltungsphase (Stöckner et al., 2022b)

Ein Entwicklungs- und Umsetzungsbeispiel kann mit dem oben angesprochenen Tiefbauinfrastruktur Management (TIMM) der Stadt Münster gezeigt werden (Bild 2). Das TIMM der Verkehrsinfrastruktur umfasst den gesamten Lebenszyklus mit allen relevanten Anlagenbestandteilen. Das System benötigt eine vollständige und reliable Datenbasis über die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus. Genau hier besteht die Herausforderung in der Praxis: Oftmals ist die Datenübergabe beispielsweise von der Bauphase in die Betriebs- und Erhaltungsphase nicht geregelt, wesentliche Informationen fehlen dann zu einem späteren Zeitpunkt im Lebenszyklus. Dann werden die Daten in unterschiedlichen Systemen vorgehalten, die eine unterschiedliche Topologie und auch eine unterschiedliche Semantik aufweisen. Oft werden auch Daten redundant vorgehalten. Somit liegen die Daten zwar oftmals vor, allerdings in einer Form, in der das Zusammenführen der Daten in einem einheitlichen Modell erhebliche Probleme und Aufwand mit sich führt.

Bild 2: Zusammenhang der TIMM-Ebenen (Buttgereit et al, 2022)

2.2 Building Information Modeling

Building Information Modeling (BIM) steht für eine kooperative Bearbeitung von verschiedenen Aufgaben bzw. Fragestellungen unter Verwendung von digitalen Bauwerksmodellen. BIM soll dabei die rein ingenieurtechnischen Aufgabenstellungen unterstützen. Idealerweise bleiben damit die Arbeitsabläufe beispielsweise für den Entwurf wie bisher, werden aber durch eine einheitliche Organisation der verlustfreien Weitergabe von Daten und Bauwerksmodellen maßgeblich unterstützt. In der Entwurfspraxis werden verschiedene Fachplanungen erstellt, die dann in einem digitalen Bauwerksmodell mit einem Kollaborationsformat bearbeitet werden können. Das bedeutet, dass die verschiedenen Fachplanungen auf ein einheitliches Modell für ihre Planungen zurückgreifen können und ihre Planungsergebnisse dann wiederum in das gemeinsame Modell einspielen können. Die Vorteile gerade bei komplexen Maßnahmen mit unterschiedlichen Gewerken liegen auf der Hand. Kern der BIM-Methode ist damit ein abgestimmter Datenaustausch, um die digitalen Informationen in konsistenter und möglichst redundanzfreier Weise verarbeiten zu können. Die digitalen Informationen zum Bauwerk werden in Form von digitalen Bauwerksmodellen mit Hilfe von speziellen BIM-Modellierungssystemen durch verantwortliche Akteure erstellt. Die digitalen Bauwerksmodelle bestehen dabei im Allgemeinen aus Objekten mit geometrischen, semantischen und topologischen Informationen. Eine große Herausforderung bei der Umsetzung ist es, dass die Informationen in verschiedenen IT-Systemen erstellt und genutzt werden, die nicht immer kompatibel sind. Daher müssen die Datenaustauschprozesse im Detail und anwendungsspezifisch beschrieben werden. Hierzu wurde die Normenreihe EN ISO 19650 entwickelt, um einen strukturierten und effizienten Datenaustausch und somit eine einfache Nutzung der Bauwerksmodelle zu ermöglichen. Die DIN EN ISO 19650 ist eine Normenreihe, die die Anforderungen an das Informationsmanagement in der Bauwirtschaft festlegt. Die Normenreihe besteht aus den Teilen 1 und 2 und setzt sich aus den folgenden Abschnitten zusammen:

  • Teil 1: Dieser Teil beschreibt die Anforderungen an das Informationsmodell und das Er legt fest, wie das Informationsmodell strukturiert sein sollte und welche Informationen enthalten sein sollten. Der Teil 1 gibt auch Empfehlungen für die Erstellung und Verwaltung von Informationsmodellen und für die Integration von Informationsmodellen in andere Systeme und Prozesse.
  • Teil 2: Dieser Teil beschreibt die Anforderungen an das Informationsmanagement während des gesamten Projektlebenszyklus. Er legt fest, wie die Informationen im Laufe des Projekts ausgetauscht und verwaltet werden sollen und welche Verantwortlichkeiten und Rollen die verschiedenen Beteiligten bei der Nutzung von Informationsmodellen haben.

Die DIN EN ISO 19650 legt somit die Anforderungen an das Informationsmodell und das Informationsmodellmanagement fest und gibt Empfehlungen für die Erstellung, Verwaltung und Nutzung von Informationsmodellen im Laufe des Projektlebenszyklus. Es werden insbesondere die Inhalte der Anforderungen und der Umsetzung definiert und in Bausteinen strukturiert. Die Anforderungen für die jeweiligen Projekte werden in sogenannten Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) definiert und somit verbindlich vorgeschrieben. Werden bestimmte Anforderungen relevant, werden diese in BIM-Zielen dargestellt und in Form von BIM-Anwendungsfällen für das Projekt definiert. Diese BIM-Anwendungsfälle stellen derart eine klare Abgrenzung von Aufgaben in der Bearbeitung von BIM-Projekten dar. Damit die Anwendungsfälle vollständig und allgemeingültig definiert werden können, werden sogenannte Informationslieferungshandbücher (engl.: Information Delivery Manuals (IDM)) ausgearbeitet. IDM bestehen aus verschiedenen Bestandteilen, welche je nach Anwendungsziel zum Einsatz kommen. Die grundlegenden Bestandteile sind die folgenden:

  • Prozessdiagramm: Mit Hilfe der BPM-Notation (BPMN) werden symbolisch Prozesse dokumentiert und Ziel ist es, dass alle notwendigen Rollen, mit den dazugehörigen Verantwortlichkeiten und Schnittstellen zwischen diesen erkannt und somit für das jeweilige Projekt standardisiert werden.
  • Datenaustauschanforderungen: Innerhalb der identifizierten Schnittstellen werden die Anforderungen an den Datenaustausch zunächst allgemeingültig definiert, damit festgehalten werden kann, was, in welcher Detailierung und von Wem an Wen kommuniziert werden muss.
  • Datenaustauschanforderungsmodell: Die in den Datenaustauschanforderungen definierten Anforderungen werden für das Projekt objektspezifisch Parametern zugeordnet, so dass der Austausch interoperabel im Projektverlauf stattfindet.

Ein wesentlicher Kernpunkt in der Anwendung der BIM-Methode ist, dass damit keine generelle Änderung des Ablaufs eines Bauprojektes oder der weiteren Prozesse im Rahmen der Betriebsphase eines Anlagenteils verbunden ist. Die geforderten Informationsinhalte werden nach wie vor durch das Technische Regelwerk, die damit verbundenen ingenieurtechnischen Methoden als auch die projektspezifischen vertraglichen Anforderungen bestimmt. Allerdings erfordert die Methode ein gezieltes Zusammenspiel zwischen ingenieurtechnischen Anforderungen und IT-technischer Umsetzung (Bild 3).

Bild 3: Zusammenhang zwischen ingenieurtechnischen Anforderungen und IT-technischer Umsetzung (Stöckner et al. 2022b; Überarbeitet nach: buildingSMART 2012, An Integrated Process for Delivering IFC Based Data Exchange)

Grundlage für die Anwendung von BIM ist die Nutzung offener und herstellerneutraler Schnittstellen, wie sie mit den Industry Foundation Classes (IFC) der internationalen Organisation buildingSMART International (bSI) seit 2005 als ISO EN Standard 16739 vorliegt. Der IFC erlaubt damit in konkreten Projekten die Definition eines einheitlichen geometrischen Modells mit Objektklassen und dann die Parametrisierung mit Merkmalsgruppen und Merkmalen.

Mit dem Masterplan BIM Bundesfernstraßen wird die Umsetzung dieser Methode vorangetrieben. Mit den Bundesfernstraßen liegt ein einheitlicher Infrastrukturbestand vor, der eine einheitliche BIM-Struktur zulässt. Auch wenn es hier zunächst um Außerortsstraßen geht, werden darin Infrastrukturbestandteile – auch als Modelle bezeichnet – behandelt, die über die reine Fahrbahn hinausgehen. Nach derzeitigem Stand werden dort insgesamt neun Fachmodelle benannt, dies sind Umgebung, Vermessung, Umwelt, Geotechnik/Baugrund, Verkehrsanlage/ Strecke, Ingenieurbau/Bauwerk, technische Ausrüstung, Landschaftsbau und Leitungsbau. Dazu definiert der Masterplan strategische Ziele der BIM-Implementierung, ebenso strategische Handlungsfelder und operative Maßnahmen sowie ein Implementierungskonzept. Von der grundlegenden Struktur des Masterplan können durchaus Anleihen für die kommunale Anwendung entnommen werden. Ebenso können die Muster-Dokumente auch mit als Vorlage für die Entwicklung kommunal-spezifischer Dokumente verwendet werden. Ein hier in der Entwicklung auch entscheidender Aspekt ist das gemeinsame Verständnis aller Beteiligter, einen einheitlich definierten Objektkatalog für alle Anlagenbestandteile zu formulieren. Bisherige Arbeitsergebnisse werden im BIM-Portal (BMDV, 2022) des BMDV sukzessive veröffentlicht.

Es ist davon auszugehen, dass der Bund diesen Objektkatalog als verbindliche Grundlage einsetzen wird, deswegen sollten diese Entwicklungen auch im kommunalen Bereich mit betrachtet werden. Das BIM-Portal soll vor allem öffentliche Auftraggeber mit entsprechenden Unterlagen und Vorlagen unterstützen, aktuell sind die nachfolgend benannten Module adressiert:

  • Modul Merkmale: Verwaltung, Pflege und Bereitstellung von einheitlichen Merkmalen und Merkmalsgruppen für öffentliche Ausschreibungen.
  • Modul AIA: Definition und Generierung von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) unter Verwendung von standardisierten Vorlagen.
  • Modul Objektvorlagen: Bereitstellung von AIA-konformen semantischen Objektvorlagen für die Integration in BIM-Autorenwerkzeuge.
  • Modul Prüfwerkzeuge: AIA-konforme Prüfwerkzeuge für öffentliche Auftraggeber zur Qualitätssicherung.

2.3  BIM im Erhaltungsmanagement

Für die Anwendung von BIM im Erhaltungsmanagements ist die Beziehung zwischen einem Projekt-Informationsmodell (PIM) und einem Asset-Informationsmodell (AIM) von Bedeutung. Dies wird dem Grunde nach in EN ISO 19650-1 beschrieben. Damit ist gemeint, dass die Projektinformationsanforderungen so formuliert werden müssen, dass einerseits die für das konkrete Projekt erforderliche Information bereitstehen und andererseits aber auch für das gesamte Asset-Management, also auch die für den weiteren Betrieb der Anlage erforderlichen Informationen vorliegen. Nur wenn die notwendigen Informationen während der Planungs- und Bauphase gesammelt werden und in die Betriebsphase übergeben werden, können diese Informationen effizient und problemlos weiterverarbeitet werden. Die benötigten objektbezogenen Informationen werden in Form von Merkmalen und Merkmalsgruppe organisiert. Dazu sollten die gleiche Terminologie, Definitionen, Strukturen und Klassifikationen verwendet werden. Dies ist in der Praxis jedoch eine große Herausforderung, da es oft eine bestehende IT-Umgebung gibt und die verschiedenen Systeme nicht immer interoperabel sind.

Eine erste Grundlage lieferte das Forschungsprojekt BIM4ROAD, in dem die Konzepte zur Anforderung und Nutzung von Informationen aus der Bauphase sowie die Ergänzung durch Zustandsdaten für das Erhaltungsmanagement untersucht wurde. Der Fokus lag hierbei auf der Strukturierung von BIM-Modellen und Integration von baustofftechnischen Eigenschaften. Das im Rahmen des Projekts definierte Datenmodell orientiert sich am internationalen Datenaustauschstandard Industry Foundation Classes (IFC) und den vorhandenen Möglichkeiten des deutschen Objektkatalogs für das Straßen- und Verkehrswesen (OKSTRA). Auf der Basis des internationalen Datenmodells wurden nationale (deutsche) Merkmale definiert. Diese umfassen zum einen Merkmale, die detailliert die einzelnen Aufbauschichten beschreiben und im Rahmen eines sogenannten As-built-Modells beim Abschluss einer Baumaßnahme übergeben werden sollten. Zum anderen werden Merkmale definiert, die die Ermittlung von Zustandsgrößen und die daraus berechneten Zustandswerte wiedergeben. Zudem werden Hinweise gegeben, wie die räumliche Struktur des IFC-Modells eingesetzt werden kann, um die Lage und Ausdehnung von Erfassungsabschnitten zu beschreiben. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Methodik prinzipiell funktioniert, gleichzeitig aber die erforderlichen Daten heute noch nicht in vollem Umfang verfügbar sind. Die größte Herausforderung liegt im verbindlichen Einfordern von As-built-Modellen einschließlich der definierten Merkmale beim Abschluss der Bau- bzw. Instandhaltungsmaßnahme.

In weiteren Forschungsprojekten wurden ergänzende Grundlagen für die Anwendung der BIM-Methode geschaffen. In den Projekten AMSfree (Stöckner et al., 2022) sowie BIM4AMS (Hajdin et al., 2022) wurde für den Bereich der Straßen- und Bauwerksinfrastruktur der Frage nachgegangen, wie bestehende Datenbanken mit unterschiedlichen Strukturen in die BIM-Arbeitsmethodik integriert werden können. In beiden Projekten wurde der komplette Lebenszyklus der Infrastruktur betrachtet, Schwerpunkt war dabei die Datenübergabe von der Bau- in die Betriebsphase. Dabei wurden die realen Datenbanken und Prozesse im Asset Management verschiedener europäischer Straßenbauverwaltungen analysiert und in entsprechende Datenübergabe-Protokolle umgesetzt. Im Ergebnis wurde ein Prototyp entwickelt, mit dem es möglich ist, aus bestehenden Datenbanken BIM-konforme Datencontainer für die projektbezogene Verwendung in einem BIM-Projekt zu erzeugen und Arbeitsergebnisse nach Abschluss des Projektes wieder in die bestehenden Datenbanken zurückzuspielen. Weitere relevante Projekte beschäftigen sich mit der BIM-Konformität des technischen Regelwerks. Hintergrund dabei ist die Notwendigkeit eines einheitlichen Objektkataloges verbunden mit einer Definition von Merkmalsgruppen und Merkmalen, die eine Anwendbarkeit des technischen Regelwerks ermöglichen (Radenberg et al., 2022). Ein Überblick über weitere Forschungsprojekte ist auf dem Portal von BIM Deutschland gegeben (BMVD, 2022).

3 Vorgehen zur Einführung der BIM-Methode in Kommunen

Die Einführung und Anwendung der BIM-Methode für den Lebenszyklus der kommunalen Verkehrsinfrastruktur stellt aktuell noch eine große Herausforderung dar. Die derzeitigen Aktivitäten zur Einführung und Umsetzung der BIM-Methode konzentrieren sich noch im Wesentlichen auf den Bereich der Außerortsstraßen, wie es auch mit dem Masterplan Bundesfernstraßen gezeigt wurde. Gleichwohl beschäftigen sich größere Kommunen mit der Entwicklung von Strategien zur Einführung der BIM-Methode. Ein Beispiel hierzu ist das ebenfalls bereits erwähnte Projekt BIM Hamburg. Daher soll der Frage nachgegangen werden, welche Schritte und welche Voraussetzungen für die Umsetzung der BIM-Methode im kommunalen Anwendungsfall notwendig sind. Dazu können allgemeine Grundsätze formuliert werden.

Ein erster wesentlicher Punkt ist Definition der Zielsetzung des Einsatzes der BIM-Methode im kommunalen Bereich. Grundsätzlich wird die BIM-Methode nur dann die komplette Leistungsfähigkeit entwickeln können, wenn sie über den kompletten Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur eingesetzt wird. Zielsetzungen können dabei auf strategischer als auch auf operativer Ebene entwickelt werden. Unter strategischen Zielen werden im allgemeinen Aspekte wie eine effektive Kommunikation, eine fundierte Entscheidungsfindung, durchgehende Informationsqualität als auch eine hohe Transparenz verstanden. Operative Ziele betreffen Einzelmaßnahmen und sollen dort zu einer erhöhten Planungsqualität Terminsicherheit oder auch ein verbessertes Risikomanagement führen. Die Ziele sind damit eher allgemeiner Natur, sie müssen im Rahmen der Umsetzung sinnvoll operationalisiert werden.

Daher ist in einem nächsten Schritt festzulegen, welche Infrastrukturbestandteile der Verkehrsinfrastruktur überhaupt mit der BIM-Methode bearbeitet werden sollen. Dies zu definieren ist eigentlich keine BIM-spezifische Fragestellung, sondern eine allgemeine Anforderung für die Etablierung eines wie auch immer gearteten Lebenszyklusmanagements. Es sind Anlagenklassen zu formulieren und diese in Anlagenbestandteile zu gliedern (Bild 4). Eine solche Aufgabe wird mit der Festlegung und Definition von Datenbankstrukturen vorgenommen, wie es beispielsweise im OKSTRA und auch anderen kommunalen Anwendungsfällen umgesetzt ist. Die besondere Bedeutung bei der Anwendung der BIM-Methode liegt aber darin, dass genau diese Definitionen im Abgleich mit dem technischen Regelwerk vereinheitlicht werden müssen, damit eine erfolgreiche Umsetzung überhaupt möglich ist. In der Konsequenz bedeutet dies nichts anderes, wie die Etablierung eines einheitlichen und anlagenübergreifenden Objektkataloges. Dieser Objektkatalog muss in der Lage sein, sowohl an den IFC-Standard, als auch an die Definitionen des technischen Regelwerks angedockt zu sein. Dies ist aktuell auch eine Aufgabe, die im Bereich des Masterplans Bundesfernstraßen als entscheidend für den Erfolg angesehen wird. Insofern wird es als sinnvoll erachtet, sich im kommunalen Bereich so weit als möglich sich diesen Standards anzunähern. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die beim IFC entwickelten Vorgaben als auch der in Entwicklung befindliche Objektkatalog des Bundes so weit skalierbar ist, damit eine Anwendung im kommunalen Bereich möglich ist. Letztlich liefert der Objektkatalog eine Strukturierungsvorlage für das geometrische Modell innerhalb der BIM-Anwendung, die dann nach den Anforderungen der nutzenden Kommune mit passenden Merkmalsgruppen und Merkmalen versehen werden kann. Ein Beispiel ist im Bild 5 enthalten, wobei die Strukturierung von der vorherigen Festlegung eines Objektkataloges abhängt.

Bild 4: Asset Klassen Entwässerungsanlagen

Bild 5: Merkmalsgruppen und Merkmale für ein Objekt Straßenaufbau

Ein weiterer wichtiger Punkt ist dann die Definition der Verwaltungsprozesse für Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Die Ableitung von Prozessen ist auch nichts grundsätzlich Neues, es geht aber hier um eine Strukturierung nach Prozessbeteiligten und vor allem auch der Abbildung des benötigten Austausches von Daten und Informationen. Die Prozessanalyse hat damit die Aufgabe, die Zuständigkeiten in der Verwaltung und vor allem die Übergabepunkte von Daten und Informationen darzustellen. Dies stellt eine wesentliche und unverzichtbare Erweiterung bisheriger Prozessbeschreibungen dar und ist damit auch eine wesentliche Grundlagenarbeit für die spätere Erstellung von BIM-relevanten Dokumenten wie beispielsweise der Auftraggeber-Informationsanforderungen. Es muss auch deutlich darauf hingewiesen werden, dass diese Aufgabe stets bei der Verwaltung liegt, die Anwendungsfälle, Umfang und vor allem Informationsbedarfstiefe eindeutig formuliert und den externen Dienstleistern vorgibt. Nur so kann eine einheitliche und erfolgreiche Einführung und Umsetzung mittelfristig gewährleistet werden. Ein einfaches Modell in Zusammenhang mit der BIM-Methode ist im Bild 6 dargestellt.

Bild 6: Lebenszyklus-Prozess und BIM-Modellierung (modifiziert nach Przybylo, 2020)

Ziel der Prozessanalyse ist damit auch die Festlegung der BIM-Anwendungsfälle, diese stellen eine klare Abgrenzung von Aufgaben in der Bearbeitung von BIM Projekten dar. Die Prozessanalyse und die Prozessdefinition erfolgen mit Hilfe der BPMN-Methode. An den dort relevanten Prozessschnittstellen werden die Anforderungen an den Datenaustausch zunächst allgemein formuliert und können dann im Weiteren in einem Modell objektspezifisch weiter definiert werden. Das Bild 7 zeigt ein Beispiel für ein BPMN-Prozessdiagramm. Vertikal sind die Prozessbeteiligten in Swimlanes zugeordnet, horizontal sind die jeweiligen Prozessschritte angetragen. Der Informationsaustausch wird dann vertikal zwischen den Swimlanes angetragen.

Bild 7: BPMN Diagramm für ein Asset Management (Hajdin et al., 2022)

Damit sind die für den Austausch notwendigen Datenmodelle mit der zugehörigen Semantik ableitbar. Dies dient auch als Grundlage zur Definition einer erforderlichen Software-Landschaft und zur Einbindung der unterschiedlichen Datenbanken sowie der Definition und Standardisierung von Schnittstellen zu externen Dienstleistern. In aller Regel wird hier die Aufgabe bestehen, die bereits vorhandenen Software-Produkte mit einzusetzen. Dabei muss die BIM-Methode als Werkzeug zur Kollaboration und zum verlustfreien Übertragen von Datenmodell und Informationen in der Abwicklung der ingenieurtechnischen Aufgaben verstanden werden. Es dient nicht als Ersatz von derzeit bestehenden Datenbanksystemen oder Anwendungsprogrammen beispielsweise für die Planung und Entwurf von Verkehrsflächen. Dabei zeigte sich bisher, dass bestehende Datenbanksysteme, soweit sie etablierten Standards entsprechend weiter genutzt werden können, ebenso wie die bisher verwendeten Arbeitsprogramme, in der BIM-Terminologie als Autorenprogramme bezeichnet. In der Regel sind bei etabliertem Programm entsprechende Schnittstellenfunktionen vorhanden.

Neu und damit wesentlicher Kernpunkt der Anwendung der BIM-Methode ist die Etablierung einer gemeinsamen Datenumgebung, auch als Common Data Environment (CDE) bezeichnet, in der das jeweilige Bearbeitungsmodell für alle Prozessbeteiligten nach den festgelegten Modellierungsrichtlinien zur Verfügung steht. Damit verbunden ist auch der Einsatz einer sogenannten Koordinationssoftware. In die Koordinationssoftware werden alle Teilplanungen übernommen. Die Koordinationssoftware hat dann die Aufgabe, die Modelle der unterschiedlichen Fachplanungen zu einem gemeinsamen Modell zusammenzuführen. Damit können dann sogenannte Kollisionen, also Abweichungen in den einzelnen Teilmodellen erkannt werden und Planungsfehler bereits in einem frühen Stadium eliminiert werden. Aus dem Gesamtmodell können dann Kosten- und Zeitpläne, in der BIM-Terminologie als 4D bzw. 5D bezeichnet, abgeleitet werden. Es liegt auf der Hand, dass der Einsatz einer gemeinsamen Datenumgebung gewissen organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen muss, auf die im vorliegenden Beitrag nicht weiter eingegangen wird.

Damit ist ein weiterer Punkt in der Einführung der BIM-Methode bereits angesprochen, es geht um die Integration der bestehenden Datensysteme sowie die Etablierung einer sachgerechten IT-Infrastruktur. Die Integration vorhandener Datenbanksysteme in den BIM-Prozessablauf stellt eine wesentliche Herausforderung dar. Zum einen muss es möglich sein, aus den bestehenden Datenbanken Modelle abzuleiten, die eine Weiterverarbeitung im BIM-Prozessablauf ermöglichen. Zum anderen muss es aber ebenfalls möglich sein, veränderte Bestandsdaten, die sich nach einem durchgeführten Projekt ergeben, wieder in die bestehenden Datenbanksysteme zurückzuspielen. Dies hat den Effekt, dass die bestehenden Datenbanksysteme und vor allem auch deren Struktur und Inhalte auf die Anwendung und Tauglichkeit im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur mit geprüft werden. Es mag durchaus zur Folge haben, dass sich die Notwendigkeit der Erweiterung von Datenbanken und deren Inhalten ergibt. Bei der Autorensoftware werden derzeit wenig Probleme mit der Anwendung der BIM-Methode gesehen, wenn wie bereits erwähnt eine einheitliche Definition des Objektkataloges sowie zugehöriger Merkmalsgruppen und Merkmale einheitlich definiert werden. Letztlich ist es auch nicht Aufgabe der BIM-Methode, in die rein ingenieurtechnische Arbeit einzugreifen, vielmehr soll die BIM-Methode diese unterstützen und damit die Arbeit effektiver und effizienter zu gestalten.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen der Einführung der BIM-Methode ist ein Schulungsbedarf auf der Personalseite. Mit der BIM-Methode bestehen neue Rollen, beispielsweise in der Koordination und dem Management. Zudem werden mit der gemeinsamen Datenumgebung und der Koordinationssoftware neue und komplexe Software-Anwendungen eingeführt. Dies erfordert zeitgleich die Ausarbeitung und Umsetzung eines fachbezogenen Schulungskonzeptes.

Die Umsetzung der BIM-Methode erfordert dann klare Vereinbarungen und Rahmenbedingungen für alle Prozessbeteiligten. Diese werden in entsprechenden Dokumentationen erstellt, dies kann eine BIM-Richtlinie sein, erforderlich sind weitere Dokumente wie die jeweils spezifischen Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA), das Muster eines BIM-Abwicklungsplans (BAP), die Definition und Beschreibung der Anwendungsfälle sowie eine spezifische Modellierungsrichtlinie. Dies mag sich zunächst als recht aufwändig darstellen, dient aber einer reibungsfreien und effizienten Umsetzung. Zudem existieren frei verfügbare Vorlagen von verschiedenen Projektträgern, die sich entsprechend adaptieren lassen. Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist die Formulierung entsprechend ergänzter vertraglicher Vereinbarungen. Dies können beispielsweise in besonderen Vertragsbedingungen formuliert werden, indem die jeweiligen Rechte und Pflichten in der Anwendung der BIM-Methode und insbesondere im Hinblick auf sogenannte digitale Liefergegenstände definiert werden.

Aus dieser Aufstellung heraus zeigt sich, dass die Einführung und Umsetzung der BIM-Methode auch im kommunalen Bereich komplexe und nur mittelfristig zu lösende Aufgaben sind. Insofern müssen ähnlich wie bei den Bundesfernstraßen eine Art Stufenplan oder Einführungsstrategie erarbeitet werden, die aber von Anfang an unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte wie eines einheitlichen Objektkataloges oder Prozessanalysen durchgeführt werden sollte. Es liegt auf der Hand, dass dies zunächst nicht vollumfänglich, sondern nur für bestimmte Teilaufgaben oder Teile des Anlagenbestandes realistisch umsetzbar ist. Wird dies beispielsweise in Pilotprojekten sinnvoll angegangen, kann damit die Arbeitsweise getestet und entsprechend Verbesserungsbedarf oder Entwicklungsbedarf abgeleitet werden. Dabei darf nicht erwartet werden, dass bereits einzelne Pilotprojekte zu großen Vorteilen gegenüber einer konventionellen Planungsmethode führen. Vielmehr sollten diese als Werkzeug zur Erfahrungssammlung gesehen werden, die Leistungsfähigkeit der BIM-Methode wird sich erst dann zeigen, wenn die oben beschriebenen Grundlagen und Definitionen sowie die Erstellung der jeweiligen Unterlagen erledigt sind.

4 Anwendungsbeispiele

Die derzeit umfassendste Umsetzung im kommunalen Bereich dürften die Arbeiten und Ergebnisse von BIM Hamburg sein, diese wurden bereits oben beschrieben. Eine weitere Strategie zur Einführung der BIM-Methode wurde von der Stadt Zürich vorgelegt (Zürich, 2022). Die Stadt Zürich beabsichtigt eine vollständige Umsetzung der BIM-Methode in der Stadtverwaltung im Rahmen der digitalen Transformation. Kernpunkte dabei sind die digitale Stadt mit einem Strategieschwerpunkt digitaler Zwilling. Die BIM-Methode soll dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Dabei werden vier Handlungsfelder definiert, dies sind Mensch, Prozesse, Standards und Technik. Innerhalb dieser Handlungsfelder werden Detailpunkte definiert, die den Schwerpunkt in der künftigen Umsetzung vorgeben. Handlungsfelder und Detailpunkte fassen dabei im Wesentlichen die unter Abschnitt 3 definierten Anforderungen zusammen, wobei hier auch ein weiterer Schwerpunkt auf das Change-Management in den Köpfen der Beteiligten gelegt wird. Wie bei allen Veränderungsprozessen ist auch bei der Einführung der BIM-Methode festzustellen, dass dies nicht auf ungeteilten Zuspruch oder Verständnis stößt. Daher ist sicherlich neben den rein fachlich-technischen und organisatorischen Aspekten die Vermittlung der Vorteile und der Notwendigkeit eines solchen Transformationsprozesses eine wichtige Aufgabe. Dies wird auch in anderen Analysen beschrieben (Kanlier, 2022). Der Umsetzungsprozess in der Stadt Zürich wird in drei Projektphasen unterteilt, in einer ersten jetzt abgeschlossenen Projektphase erfolgte Sensibilisierung und Annäherung an das Thema BIM, die zweite Phase behandelt die Befähigung, also der Aufbau der erforderlichen Kompetenzen und in der dritten Phase, der Transformationsphase soll eine schrittweise Umstellung auf die neue Arbeitsweise mit BIM erfolgen. Die Stadt Zürich rechnet mit einer Anwendung der BIM-Methode ab 2026.

Ein weiteres kommunales Anwendungsbeispiel, dass die Vorgehensweise und auch die Herausforderungen der BIM-Methode aufzeigt, kann mit den Pilotprojekten der Stadt Münster gezeigt werden. Die Stadt Münster hat in der Vergangenheit ein Tiefbauinfrastrukturmanagement, kurz TIMM genannt, aufgestellt. Zielsetzung dabei war, alle Prozesse über den Lebenszyklus der Infrastruktur effektiv und effizient zu gestalten und in ein Gesamtprozess überzuführen (Stöckner et al., 2021). TIMM basiert auf den Grundsätzen des Asset Management nach DIN ISO 55000. Ein Asset Management System ist grundsätzlich datenbasiert, um wesentliche Informationen passgenau an der richtigen Stelle im Prozess zur Verfügung stellen zu können. Ein Schwerpunkt der Entwicklung des TIMM war das Erhaltungsmanagement der Verkehrsflächen. Die Stadt Münster verfügt für ein solches Projekt über vergleichsweise sehr gute Voraussetzungen, da eine Netzstruktur verbunden mit Bestandsdaten vorhanden ist und langjährig Ergebnisse aus Zustandserfassungen und -bewertungen (ZEB) vorliegen.

Dazu wurden die entsprechenden Prozessabläufe aus organisatorischer und ingenieurtechnischer Sicht erarbeitet und der zugehörige Datenbedarf sowie die jeweiligen Datenübergabepunkte im Lebenszyklus identifiziert. Prozesseschreibungen und Datenübergabepunkte wurden gleichzeitig auf die Anwendung der BIM-Methode ausgerichtet. Dabei wurde auf fachlicher Ebene gezeigt, wie die Anforderungen des Werterhalts aus betriebswirtschaftlicher Sicht mit den ingenieurtechnischen Anforderungen aus Planungs- und Erhaltungssicht zu einem anlagenübergreifenden, gemeinsamen Steuerungssystem zusammengeführt werden können. Eine wesentliche Herausforderung ist dabei die digitale Abbildung der Verkehrswegeinfrastruktur wie Verkehrsflächen, Bauwerke, Kanal, Lichtsignalanlagen etc. in einer einheitlichen Ontologie, so dass Fachwendungen darauf zugreifen können. Im Projekt wurden bisherige Datenbestände geprüft und bewertet sowie der Ergänzungsbedarf aufgezeigt. Im Ergebnis waren die erforderlichen Daten grundsätzlich vom Umfang und auch der Genauigkeit vorhanden, um die wesentlichen Aufgaben des TIMM bearbeiten zu können. Damit werden dann entscheidungsrelevante Aussagen für die Steuerungsebenen eines Asset Management aus strategischer, taktischer und operativer Sicht bearbeitet. Allerdings zeigt die aktuelle Situationsbewertung auch, dass die benötigten Daten bzw. Fachmodelle aus verschiedenen Datenbanken und Systemen stammen und weder von der räumlichen Referenzierung noch von der Ontologie und der Semantik vergleichbar sind.

Diese Aufgabenstellung soll künftig durch die Anwendung der BIM-Methode unterstützt werden. Da aus den Vorarbeiten die Anforderungen an Dateninhalte und Datenflüsse im Lebenszyklus bereits erarbeitet wurden, wurde für eine erste Pilotanwendung ausgearbeitet, wie die benötigten Fachmodelle aus unterschiedlichen Datenbanken zu einem IFC-kompatiblen Modell zusammengeführt werden können, projektbezogen verwendet werden und wie die dann nach Projektabschluss im As-Built-Modell wieder in die bestehenden Datenbanken zurückgeführt werden müssen. Im Rahmen dieses BIM-Pilotprojektes wurden im Hinblick auf das Erhaltungsmanagement zwei primäre Zielsetzungen verfolgt:

  1. Die BIM-Methode soll für die Straßenerhaltung, also für das Bauen im Bestand etabliert werden. Das Pilotprojekt behandelt eine Erhaltungsmaßnahme unter Verwendung einer einheitlichen und softwareunabhängigen Startpunkt ist die Entwicklung eines Bestandsmodells, das aus dem vorhandenen Asset Modell entwickelt wird. Weiter müssen die Kommunikationswege und Datenschnittstellen im Projekt eindeutig definiert sein.
  2. Übergabe der Daten für den weiteren Lebenszyklus-Prozess: Mit Abschluss der Maßnahme entsteht das sogenannte As-Built-Modell, das den tatsächlich gebauten Zustand widerspiegelt. Hier muss sichergestellt sein, dass alle Daten enthalten sind, die für das Funktionieren aller im TIMM festgelegten Prozesse für die dazu erforderlichen Auswertungen notwendig sind.

Im Rahmen des Gesamtkonzeptes wurden die Anwendungsfälle in Anlehnung an (BIM4INFRA, 2020) spezifiziert. Für eine erste Pilotmaßnahme wurde der Umfang bewusst mit einer Erhaltungsmaßnahme recht einfach gehalten: Bedarfsanalyse, Planung und Ausführungsvorgaben liegen fest, sodass man sich auf den Anwendungsfalle Bauausführung konzentrieren und sowohl die Vorgehensweise bei der Erstellung des Modells zur Ausführung und dann eben zur Übernahme des Modells in die Nutzung für Betrieb und Erhaltung beschreiben kann. Damit wird auch der wesentliche Anspruch des Projektes, die Daten aus der Bauphase heraus in einem Erhaltungs- und Betriebsmodell für den TIMM-Ansatz darzustellen, umgesetzt. Die Besonderheit besteht darin, zu definieren, welche Fachmodelle für ein Ausführungsmodell kommunaler Verkehrsflächen erforderlich sind. Durch unterschiedliche Nutzungsansprüche kommunaler Verkehrsflächen ergibt sich hieraus eine höhere Komplexität als beispielsweise im Außerortsbereich. Für das Pilotprojekt wurde mit einer Fahrbahnerneuerung eine vergleichsweise einfache Maßnahme gewählt, um die strategische Handlungsweise für die Umsetzung der BIM-Methode exemplarisch aufzuzeigen und dann eine Übertragung auf komplexere Projekte vorzubereiten.

Dazu wurde ein geometrisches Modell der Straße erstellt und für die Bearbeitung der Aufgaben im Lebenszyklus-Management die Merkmalsgruppen und Merkmale definiert, die für die operative und strategische Erhaltung sowie für Straßenunterhaltung und -betrieb erforderlich sind. Die Modellbildung erfordert ein Geometriemodell, dem dann die notwendigen Eigenschaften, also Merkmalsgruppen und Merkmale zugeordnet. Dies ist für ein Erhaltungsmanagement bekannt, ausgehend von der Aufgabenstellung einer netzweiten Analyse des Erhaltungsbedarfs. Die damit verbundenen Aufgaben sind zum einen die Berechnung einer mittelfristigen Finanzbedarfsprognose sowie einer Priorisierung der anstehenden Erhaltungsmaßnahmen. Die notwendigen Merkmalsgruppen sind die Zustandsdaten des Oberflächenzustands und zum strukturellen Zustand, eine Altersverteilung, Verkehrsbelastung und Funktion, Aufbaudaten mit Materialeigenschaften und weiter noch zu definierende Kennwerte für eine Priorisierung. Für die Planung einer Erhaltungsmaßnahme muss dann ein Planungsmodell Erhaltung ableitbar sein. Das Planungsmodell zur Erhaltung liefert objektbezogen die notwendigen Grundlagen für die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen. Im Gegensatz zum EMS-Modell sind hier detailliertere Angaben zum vorhandenen Aufbau, zu den Materialeigenschaften und gegebenenfalls auch zu den Untergrundeigenschaften notwendig. Daraus konnten dann Musterunterlagen für die AIA und den BAP in Übereinstimmung den Anforderungen des TIMM-Projektes sowie Besondere Vertragsbedingungen für die vertragliche Abwicklung aufgestellt werden.

Als Zwischenfazit dieses Pilotprojekts zeigten sich die folgenden Punkte:

  • Es sind nicht für alle Anwendungen 3D-Modelle notwendig, beispielsweise können Leistungen der betrieblichen Erhaltung in der bisherigen Form weitergeführt werden. Dazu ist lediglich ein Bestandsmodell zur Planung der betrieblichen Leistung erforderlich.
  • Die Definition eines Objektkataloges und die Zuordnung von Merkmalsgruppen und Merkmale ist arbeitsintensiv und darf nicht unterschätzt werden. Allerdings ist dieser Aufwand auch eine wesentliche Grundlage für alle weiteren BIM-Anwendungen.
  • Die einzelnen Bestandsmodelle können in ihren bisherigen Systemen weitergeführt werden, wenn die Datenübergabe und die Datenrückgabe geregelt Die Organisation der Datenübergabe stellt einen wesentlichen Faktor für Effizienz und Effektivität der Anwendung der BIM-Methode dar. Dies muss später automatisiert erfolgen.
  • Es werden damit für Bestand und Neubau/Ersatzbau unterschiedliche Datenqualitäten vorliegen. Wesentlich dabei ist, dass die benötigten Eingangsdaten in ein BIM-Projekt zur Verfügung Nach Beendigung der Maßnahme kann dann eine verbesserte und „BIM-kompatible“ Datenlieferung erfolgen.
  • Es muss abgewogen werden, bei welchen Projekten im Rahmen des Asset-Managements die BIM-Methode zur Anwendung kommen Gerade bei kleinen Maßnahmen reicht ein Update des geänderten Bestandes völlig aus.
  • Dies hat auch Auswirkungen auf die Muster-AIA, die nur die tatsächlich notwendigen Datenlieferobjekte fordern Dies kann für verschiedene Maßnahmentypen weitgehend standardisiert werden.

Ergänzend dazu wird auch mit dem Anwendungsfall Münster (Bild 8) in einem weiteren Forschungsprojekt (https://www.h-ka.de/ivi/projekte/rekoti) gezeigt, wie die BIM-Methode im Rahmen der Erhaltungsplanung einen Beitrag zur ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft kommunaler Infrastruktur leisten kann, zu der auch die Verkehrsflächen zählen. Ziel hierbei ist eine möglichst nachhaltige Wiederverwertung der bei Erhaltungsmaßnahmen anfallenden Ausbaustoffe. Insofern ist ein weiterer Anspruch, die Merkmalsgruppen und Merkmale möglichst so zu beschreiben, dass auch ein optimale Wiederverwertung anfallender Ausbaustoffe geplant werden kann.

Bild 8: Datenmodell Pilotprojekt Münster (Buttgereit et al., 2022)

5 Zusammenfassung und Ausblick

Sowohl in der Entwicklung des Erhaltungsmanagements hin zu einem Asset Management als auch in der Entwicklung von digitalen Zwillingen der Infrastruktur sind derzeit rapide Entwicklungen zu verzeichnen. Dies wird vor allem durch die digitale Transformation beschleunigt, die es erforderlich macht, neue Datenquellen und Informationen für das Asset Management zu integrieren. Dazu kann die BIM-Methode einen nennenswerten Beitrag leisten, weil dadurch verschiedene Daten und Datenquellen auf ein einheitliches System bezogen und verlustfrei weitergegeben werden können. Daraus, so die Vorstellung, lassen sich derzeit bestehende digitale Stadtmodelle substanziell mit weiteren Informationen anreichern. Allerdings ist diese Perspektive erst mittelfristig als realistisch zu sehen, in der Zwischenzeit sind mit der Umsetzung der BIM-Methode in Kommunen noch viele Aufgaben zu erledigen. Die Grundlagen des Erhaltungsmanagements bzw. des Assetmanagements sind bekannt, ebenso die dazu benötigten Datengrundlagen. Ebenso liegen viele Grundlagen und Unterlagen zur Einführung der BIM-Methode vor, sodass prinzipiell eine Einführung der BIM-Methode für die kommunale Verkehrsinfrastruktur möglich ist. In verschiedenen Beispielen wurde aber dazu aufgezeigt, welche Definition und Festlegungen notwendig sind. Ein im Wesentlichen entscheidender Punkt ist dabei die Definition eines einheitlichen Objektkataloges, damit ein einheitliches Geometriemodell aufgebaut werden kann, dem dann eine entsprechende Semantik mit Merkmalsgruppen und Merkmalen zugeordnet werden kann. Dies muss an bestehende Standards anknüpfen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren Vorlagen, ein einheitliches Modell erfordert aber noch Entwicklungsbedarf. Weiter wurde aufgezeigt, dass die Prozessmodellierung, bestehend aus der Zuordnung der Aufgaben zu verschiedenen Prozessbeteiligten als auch der Identifikation der Datenübergabepunkte sowie damit verbunden der Dateninhalt ebenfalls ein wichtiger Teilaspekt des Einführungsprozesses ist. Übergeordnet muss dazu klar sein, welche strategischen und operativen Ziele mit der BIM-Methode verfolgt werden und vor allem auch als Voraussetzung für die Objektklassifizierung, welche Anlagenbestandteile mit der BIM-Methode künftig behandelt werden sollen. Es zeigt sich aus den bisherigen Erfahrungen auch, dass dies in einem mittelfristigen Projekt umgesetzt werden kann, wenn nicht nur einzelne Baumaßnahmen, sondern idealerweise der Lebenszyklus der einzelnen Anlagenbestandteile abgebildet werden soll.

Zur Beschreibung der Methoden existieren inzwischen umfangreiche Grundlagen für Planung, Bau und speziell auch für die Erhaltungs- und Betriebsphase von Verkehrsinfrastrukturen. Gleichwohl fehlen derzeit Anwendungsfälle für das kommunale Erhaltungsmanagement. Daher wurde am Beispiel der Stadt Münster sowie dem zugehörigen TIMM-System die Übertragung auf eine kommunale Erhaltungsmaßnahme getestet und der erforderliche organisatorische Rahmen sowie entsprechende Musterunterlagen für die Anwendung der BIM-Methode erstellt. Im Fall einer Verkehrsinfrastruktur kann dies weitestgehend formalisiert werden, da ein komplexes Regelwerk zu Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung sowie Rückbau umfangreiche Vorgaben macht, die sich in den einzelnen Projekten mit wenigen Anpassungen wiederholen.

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass die Einführung der BIM-Methode im kommunalen Bereich eine komplexe Aufgabe darstellt. Daher wurden basierend auf den bisherigen Erfahrungen nun abgeleitet, welche Schritte und Ergebnisse für die Einführung im kommunalen Bereich derzeit nützlich sein können.

In einem ersten Schritt wären daher vor allem eine Zieldefinition zur Anwendung der BIM-Methode sowie eine Bestandsaufnahme vorhandener Vorgehensweisen und verfügbarer technischer Infrastruktur zu erstellen. Ausgehend von diesen Aussagen wären dann die Prozessanalysen, Datenübergabepunkte und Datenbedarf korrespondierend zu den definierten Anwendungsfällen festzulegen. Davon können dann BIM-Unterlagen wie eine BIM-Strategie, Beschreibung der Anwendungsfälle, Muster für Auftraggeber-Informationsanforderungen und den BIM-Abwicklungsplan abgeleitet werden. Parallel dazu ist ein einheitlicher Objektkatalog in Übereinstimmung mit übergeordneten Regelwerken sowie zugehörige Merkmalsgruppen und Merkmale zu definieren. Für den Einführungsprozess selbst sollte eine Roadmap konzipiert werden, indem die verschiedenen Handlungsfelder sowie die zugehörige Zeitschiene realistisch definiert werden. Die praktische Umsetzung kann anhand zunächst überschaubarer Pilotprojekte realisiert werden, um einfach Erfahrungen zu sammeln und Verbesserungsbedarf ableiten zu können.

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