FGSV-Nr. | FGSV 002/140 |
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Ort | Stuttgart |
Datum | 13.03.2024 |
Titel | Räumliches Clustermodell zur Fahrtzweckschätzung von Quelle-Ziel-Matrizen aus Mobilfunkdaten |
Autoren | Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Fellendorf, Dipl.-Ing. Florian Lammer |
Kategorien | HEUREKA |
Einleitung |
KurzfassungMobilfunkbasierte Quell-Ziel (QZ)-Matrizen gewinnen in der Verkehrsplanung an Bedeutung. In diesem Artikel wird eine Methode vorgestellt, diese QZ-Matrizen mit der Zusatzinformation Fahrtzweck zu ergänzen. Anhand verkehrszellenbezogener Strukturdaten werden die QZ- Paare mit einem k-Means Verfahren geclustert. Dazu wird eine Erhebung zum Fahrtzweck mit geringer Stichprobengröße benötigt. Die Gewichtung der Stichprobe erfolgt anhand leicht verfügbarer Kordonzählungen. Die Methodik wurde im Rahmen einer Kordonerhebung in der Steiermark erfolgreich angewendet. Verbesserungen sind zu erwarten, wenn neben Einwohnerzahlen, Arbeits- und Ausbildungsplätzen weitere Strukturdaten für Freizeit- und Einkaufspotenziale in diese übertragbare Methode zur Fahrtzweckermittlung miteinfließen. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 Einleitung und MotivationQuell-Ziel (QZ)-Matrizen stellen eine planerisch hoch relevante Information dar. Die Erstellung solcher Matrizen über traditionelle Erhebungen ist aufwändig, teuer und schnell veraltet. Mehrere Studien beschäftigen sich daher damit, diese Prozesse zu automatisieren und auf kontinuierlich verfügbaren und überwiegend passiv gesammelten Daten zurück zugreifen um den manuellen Erhebungsaufwand und damit verbundene Kosten so gering wie möglich zu halten. So lassen sich bereits QZ bezogene Verkehrsmengen und der zugehörige Modal Split aus Mobilfunkdaten, automatischen Fahrgastzählungen (AFZ) und Kfz-Dauerzählstellen weitgehend automatisiert erheben (Lammer F. et al. 2022, [1]). Die Ermittlung von Fahrtzwecken stellt aber nach wie vor eine Herausforderung dar. Mehrere Studien befassen sich mit der Fahrtzweckschätzung umfangreicher und kontinuierlich verfügbarer QZ-Daten. Der Fokus dieser Studien liegt oft auf Daten aus automatisierten Fahrgeldmanagement System im öffentlichen Verkehr (Alsger et al. 2018, [2], Du Bo 2019, [3], Faroqi and Mesbah 2021, [4]). QZ-Matrizen aus Mobilfunkdaten könnten zu diesen Ansätzen eine Datenalternative darstellen. Eine wichtige Rolle für die Schätzung von Fahrtzwecken aus QZ-Matrizen stellen Strukturdaten dar, welche die Flächennutzung eines Zielgebiets beschreiben (Du Bo 2019, [3]). Strukturdaten wie Einwohneranzahl und Arbeitsplätze liefern Informationen über das Verkehrsproduktions- und -attraktionspotential einer Verkehrszelle (FGSV, [5]). Typischerweise werden in Verkehrsnachfragemodellen zumindest Strukturdaten für die Fahrtzwecke Arbeit, Wohnen, Ausbildung, Einkauf und Freizeit verwendet, wobei die letzten beiden auch in einer Kategorie zusammengefasst werden (Alsger et al. 2018, [2], Du Bo 2019, [3], Faroqi et al. 2021, [6]). Auf Schwierigkeiten der Abgrenzung von Fahrtzwecken durch Strukturdaten weist Faroqi et al. (2021, [6]) hin, da bei gewissen Flächennutzungen unterschiedliche Fahrtzwecke zutreffen können. So können die Flächennutzungen Bildung oder Einkauf ebenfalls einen Anziehungspunkt für Arbeitswege des jeweils tätigen Personals darstellen. Für Arbeitswege und Dienstleistungsbesorgungen konnte Elldér (2014, [7]) auch einen signifikanten Zusammenhang zwischen Flächennutzung am Wohnort, Fahrtzweck und Fahrtweite nachweisen. Mehrere Modelle zur Fahrtzweckschätzung stützen sich auf Clusteralgorithmen, die entweder Fahrgastbefragungsdaten nutzen, um Cluster von Fahrgästen mit ähnlichem Reiseverhalten zu identifizieren und darüber die QZ-Daten um Fahrtzwecke zu erweitern (Faroqi und Mesbah 2021, [4]), oder Flächennutzungen als Repräsentation der Fahrtzwecke in das Clustering miteinfließen lassen (Du Bo 2019, [3]). Auch auf der disaggregierten Ebene von agentenbasierten Verkehrsnachfragemodellen wird die Schätzung von Fahrtzwecken häufig über Strukturdaten vorgenommen. Die Schätzung erfolgt jedoch in vielen Fällen über Bayesianische Netzwerke (Joubert und Waal 2020, [8]). Einen anderen Ansatz wählte Felbermair et al. (2020, [9]), indem die Personen einer Haushaltsbefragung und die Agentenbevölkerung regelbasiert in gleiche soziodemographische Cluster eingeteilt wurden, um vollständige Wegeketten der Befragungsdaten auf die synthetische Bevölkerung zu übertragen. In diesem Artikel wird eine Methode vorgestellt mobilfunkbasierte QZ-Matrizen um die Zusatzinformation Fahrtzweck zu ergänzen. Durch gegebene Siedlungsstrukturen und ein vorhandenes Verkehrsangebot variiert die Fahrtzweckverteilung auf unterschiedlichen QZ-Beziehungen. Um ein schlüssiges Bild über Wegeanzahl und die Fahrtzwecke aller relevanten QZ-Beziehungen eines Untersuchungsgebiets zu erhalten, ist eine Befragung mit großer Stichprobenmenge erforderlich. Ist die Stichprobenmenge nicht ausreichend können keine Aussagen zur spezifischen Fahrtzweckverteilung einzelner QZ-Beziehungen eines Untersuchungsgebiets getroffen werden. In der Praxis zeigt sich, dass detaillierte Fahrtzweckbefragungen in großer Strichprobe selten durchgeführt werden, aber das Interesse an diesen Informationen groß ist. Daher versucht diese Studien einen Beitrag zu leisten, diese Lücke zu schließen. Unter der, durch die angeführte Literatur gestützten, Hypothese, dass die jeweiligen Fahrtzweckverteilungen einzelner QZ-Beziehungen explizit über die zugrundeliegenden Strukturdaten sowie Fahrtweiten beschrieben werden können, wurde eine Methode entwickelt, geografische Unterschiede der Fahrtzweckverteilung mittels lückenhafter Befragungsdaten vollständig zu beschreiben. Die Methode wurde im Rahmen einer Kordon Erhebung der österreichischen Stadt Graz erfolgreich getestet. 2 DatengrundlageDer Untersuchungsraum erstreckt sich auf das österreichische Bundesland Steiermark und den kordonquerenden Verkehr der Landeshauptstadt Graz. Zum Zeitpunkt der Studie betrug die Bevölkerung der Steiermark ohne Graz 960.296 Einwohner und der Stadt Graz 292.630 Einwohner (jeweils Jahresanfang 2022). In der Steiermark wurden 295 Verkehrszellen auf Basis der Gemeindegrenzen festgelegt und innerhalb von Graz 44 weitere Verkehrszellen. Für den betrachteten Individualverkehr auf der Straße wurden 19 Straßenzüge als Erhebungsquerschnitte an der Stadtgrenze definiert für die Fahrtzweckverteilungen berechnet werden sollten. An einigen dieser Querschnitte wurden Fahrtzweckbefragungen und Besetzungsgradzählungen durchgeführt. Die Stichprobenmenge der Befragungen sowie die Lagen der einzelnen Querschnitte sind in Bild 1 dargestellt. An sechs Querschnitten (n = 0) wurde keine Erlaubnis für eine Verkehrsunterbrechung durch eine Befragung erteilt. Bild 1: Kordon Stadtgrenze mit Erhebungsquerschnitten und Stichprobengröße n 2.1 Räumliche DatenJeder Verkehrszelle wurde die Einwohneranzahl sowie die Anzahl an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen als Strukturdaten zugewiesen. Die entsprechenden Daten wurden aus Verkehrsmodellen der Region und der amtlichen Statistik gewonnen. Eine Distanz- und Reisezeitmatrix wurde aus einem Routing am Straßennetz zwischen allen Verkehrszellen mittels der Open Source Routing Machine1) berechnet. Als Ausgangspunkt wurde für jede Verkehrszelle jeweils die Lage des Gemeindeamts gewählt, damit auch in flächenmäßig großen aber schwach besiedelten Gemeinden ein Ortskern repräsentiert wird. Da innerhalb von Graz mehrere Verkehrszellen gewählt wurden aber anders als in den steirischen Gemeinden eine hohe Bevölkerungsdichte vorliegt, wurde hier jeweils der Flächenschwerpunkt als Ausgangsposition für das Routing gewählt. Für Fahrtweite und Reisezeit wurde die jeweils kürzeste Route im Straßennetz berechnet. 1) https://project-osrm.org/ 2.2 QuerschnittsdatenAn allen Querschnitten wurden durchgehende Kfz-Zählungen, in 1-Stunden Intervallen, mittels Seitenradargeräten durchgeführt oder auf verfügbare Dauerzählstellen zurückgegriffen. Die erfassten Kfz wurden gemäß RVS 02.01.12 (FSV, [10]) in Pkw-ähnliche und Lkw-ähnliche Fahrzeugtypen unterschieden. Zusätzlich wurden im Rahmen der Fahrtzweckbefragung auch manuelle Besetzungsgradzählungen durchgeführt. Für den Linienbusverkehr standen Fahrpläne aller kordonquerenden Linien zur Verfügung. Die Fahrpläne enthielten Informationen über den Zeitpunkt und zugehörigen Erhebungsquerschnitt, an dem den ein Fahrzeug die Stadtgrenze passiert. Zusätzlich wurden durchschnittliche Belegungsgrade über den Tagesgang vom Linienbusbetreiber zur Verfügung gestellt. 2.3 MobilitätsdatenAn unterschiedlichen Querschnitten wurden manuelle Fahrtzweckbefragungen für den stadteinwärts kordonquerenden Verkehr auf der Straße durchgeführt. Die verwendeten Befragungsdaten waren geocodiert und verfügten alle über eine Quelle und Ziel in der Steiermark. Die Daten umfassten Befragungen im motorisierten Individualverkehr (n=1977) und im öffentlichen Linienbusverkehr (n=400) an 13 Straßenquerschnitten. Da im Mobilfunk auf dem Verkehrsträger Straße bisher keine Verkehrsmittel unterschieden werden, wurden die Befragungsdaten zusammengefasst. Die in Bild 1 dargestellte Stichprobengröße an einzelnen Querschnitten variiert sehr stark. 98,9% der Befragungen wurden im Zeitraum von 06:00 bis 18:00 Uhr durchgeführt. Die Befragung enthielt Erhebungsort, Zeitstempel, Quelle, Ziel und Fahrtzweck sowie die soziodemographischen Merkmale Geschlecht und Altersklasse in 10- Jahres Intervallen. Zur Beschreibung der QZ-Beziehungen wurden auf das Straßennetz gemappte QZ-Matrizen aus Mobilfunkdaten für alle 19 Erhebungsquerschnitte von einem Datenlieferanten zur Verfügung gestellt. Die Mobilfunkdaten beschreiben die Anzahl der stadteinwärts fahrenden Personen je QZ-Beziehung und Erhebungsquerschnitt, ohne Unterscheidung des Verkehrsmittels. Die QZ-Matrizen bilden einen Mittelwert aus drei durchschnittlichen Werktagen in einstündigen Intervallen ab. Weiteres verfügen die Matrizen über eine Unterscheidung nach denselben soziodemographischen Merkmalen wie die Fahrtzweckbefragung (Geschlecht und Altersklasse in 10-Jahres Intervallen). 3 MethodikDie entwickelte Methodik nutzt den k-Means Algorithmus für ein Clustering aller möglichen räumlichen QZ-Beziehungen im Untersuchungsgebiet. Das Clustering basierend auf den Strukturdaten für Einwohner, Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze an Quell- und Zielzelle sowie die Fahrtweite und -dauer zwischen diese Zellen. Das räumliche Clustering wurde als Bindeglied zwischen den geocodierten Befragungsdaten und den QZ-Matrizen aus Mobilfunkdaten (FPD – floating phone data) verwendet, um diese mit Fahrtzweckinformationen zu ergänzen und anschließend an den Querschnitten wieder zu aggregieren. Eine Übersicht über die Methodik ist in Bild 2 dargestellt. Bild 2: Systemskizze der Eingangsdaten und des methodischen Ablaufs nach drei Hauptschritten: (i) räumliches Clustering, (ii) Mobilitätsdaten Gewichtung, (iii) Fahrtzweckermittlung 3.1 Räumliches ClusteringFür das Clustering wurde aus den räumlichen Daten ein QZ-Datensatz aller theoretischen QZ- Beziehungen im Untersuchungsgebiet gebildet. Diese QZ-Beziehungen wurden durch die Verkehrszellen-IDs von Quelle und Ziel aufgespannt. Für jede dieser Beziehungen flossen die verfügbaren Strukturdaten der Quell und Ziel Verkehrszelle, sowie die Fahrtweite und -dauer zwischen den beiden Zellen in das Clustering ein. Die Datenstruktur des Clusterings ist in Bild 3 dargestellt. Bild 3: Datenstruktur des Clusterings räumlicher QZ-Daten und Zuweisung der resultierenden Cluster-IDs zu den Mobilitätsdaten über Schlüsselattribute Da die Strukturdaten sowie Fahrtweite und -dauer für das Clustering mit unterschiedlichen Skalen erhoben wurden, kann in den Rohdaten von einer weiteren impliziten Gewichtung ausgegangen werden, welche die Ergebnisse eines Clusterings verfälschen würde. Daher wurden die Eingangsdaten vorab standardisiert, wodurch alle Attribute des Datensatzes einen Mittelwert von Null und eine Varianz von Eins aufweisen (Backhaus et al. 2016, [11]). Die Clusteranzahl für den k-Means Algorithmus musste als Eingangsgröße festgelegt werden und wurde über die Berechnung des mittleren Silhouettenkoeffizienten, der die Qualität des Clusterings beschreibt, bestimmt. Dieser kann Werte von -1 bis +1 annehmen und quantifiziert die Trennungsgüte zwischen den einzelnen Clustern bei der gewählten Clusteranzahl k (Malik 2019, [12]). Die in Bild 4 visualisierten Berechnungen zeigen einen Hochpunkt bei zwei Clustern und einen weiteren signifikanten Abfall des Silhouettenkoeffizienten bei über neun Clustern. Die gewählte Clusteranzahl k dieser Hochpunkte wird als Eingangsparameter für das nachfolgende k-Means-Clusterverfahren in Betracht gezogen. Unter der Annahme, dass zwei Cluster nicht die benötigte räumliche Vielfalt abbilden können und die Qualität des Clusterings zwischen drei und neun Clustern annähernd konstant zu bewerten ist, wurden neun Cluster als Eingangsgröße für den k-Means Algorithmus festgelegt. Bild 4: Mittlerer Silhouettenkoeffizient der räumlichen QZ-Daten bei verschiedener Clusteranzahl k Durch das Clustering wurde jede theoretisch mögliche QZ-Beziehung einem Cluster zugeordnet. Aus dem geclusterten Datensatz wurde je Cluster eine Liste der zugehörigen QZ- Beziehungen extrahiert. Diese Liste umfasste jeweils die Paarung aus Verkehrszellen ID der Quell- und Zielzelle. 3.2 Gewichtung der MobilitätsdatenAus den Kfz- und Besetzungsgradzähldaten wurde die Anzahl der durchfahrenden Personen je Querschnitt berechnet. Hierzu wurde die Anzahl der Pkw-ähnlichen Fahrzeuge mit den durchschnittlichen Besetzungsgraden auf Personen hochgerechnet. Für Lkw-ähnliche Fahrzeugtypen wurde ein Besetzungsgrad von eins angenommen. Um die Personen in Linienbussen abzubilden, wurde aus den Fahrplandaten die Anzahl der Busse je Querschnitt ermittelt. Mittels der durchschnittlichen Belegungsgrade wurde eine Personenanzahl im Busverkehr berechnet. Aus der Summe der so ermittelten Personen aus Pkw, Lkw und Bussen lässt sich die Gesamtpersonenanzahl je Querschnitt berechnen. Durch Aggregation der aufs Straßennetz gemappten Mobilfunkdaten an den Stützstellen der Erhebungsquerschnitte wurden ebenfalls je eine Gesamtpersonenanzahl aus Mobilfunkdaten ermittelt. Aus dem Verhältnis der Gesamtpersonenanzahl aus Mobilfunk und Zähldaten wurden Gewichtungsfaktoren für die QZ-Beziehungen der Mobilfunkdaten berechnet. Um Verzerrungen in den Fahrtzweckbefragungsdaten auszugleichen, wurde die Fahrtzweckbefragung mittels der soziodemographischen Verteilung in den Mobilfunkdaten zusätzlich gewichtet. Jeder befragten Person wurde auf Basis des zugehörigen Querschnitts und Zeitstempels über die Altersklasse und Geschlecht eine Gewichtung nach derselben Verteilung in den Mobilfunkdaten an diesem Querschnitt und diesem Stundenintervall zugewiesen. 3.3 Ermitteln der FahrtzweckeDie Clusterzuordnungen wurden auf die tatsächlich existenten QZ-Beziehungen in der geocodierten Fahrtzweckbefragung und QZ-Matrizen aus Mobilfunkdaten übertragen. Die Clusterzuordnung erfolgt über die Verkehrszellen IDs von Quell- und Ziel-Verkehrszellen, die das Bindeglied zwischen der Fahrtzweckbefragung, den QZ-Matrizen und dem Ergebnisdatensatz des Clustermodells darstellen. Aus der Fahrtzweckbefragung wurde für jeden QZ-Cluster eine Fahrtzweckverteilung berechnet (siehe Bild 5). Auf die beiden Cluster 1 (n=7) und 7 (n=1) fielen nur wenige Befragungsdaten, daher bilden diese beiden Cluster keine repräsentative Fahrtzweckverteilung ab. Bild 5: Fahrtzweckverteilung der geocodierten Befragungsdaten innerhalb der räumlichen QZ-Cluster Nach demselben Muster wurden alle tatsächlich existenten QZ-Beziehungen der Mobilfunkdaten den jeweiligen Clustern zugewiesen. Eine Gegenüberstellung der relativen Anteile an den einzelnen Clustern zwischen den Mobilfunk-QZ-Beziehungen und den QZ- Beziehungen der Fahrtzweckbefragungsdaten ließ eine Bewertung der Relevanz der einzelnen Fahrtzweckverteilungscluster zu (siehe Bild 6). Den beiden Cluster 1 und 7 kam keine besondere Bedeutung zu, da die Anzahl an Mobilfunkdaten dieser QZ-Relationen verschwindend gering sind. Der größte Einfluss kam Cluster 3 zu, dem die meisten Mobilfunk QZ-Beziehungen zuzurechnen waren. Bild 6: Relative Verteilung der verwendeten Daten auf die Cluster (stadtein) Über die Clustereinteilung wurde jeder QZ-Beziehung aus Mobilfunkdaten eine relative Fahrtzweckverteilung aus demselben Cluster in der Fahrtzweckbefragung zugeordnet. Die einzelnen QZ-Beziehungen der gemappten Mobilfunkdaten wurden schließlich je Erhebungsquerschnitt aggregiert, um eine gesamte Fahrtzweckverteilung eines Erhebungsquerschnittes zu erhalten. 4 ErgebnisseAls Ergebnis des Clustermodells wurden aus einer lückenhaften Fahrtzweckbefragung, Fahrtzweckverteilungen an allen kordonrelevanten Straßenquerschnitten (siehe Bild 7) berechnet. Die Fahrtzweckverteilung der einzelnen Querschnitte weisen eine große Schwankungsbreite auf. Die Interpretation der einzelnen Querschnittsergebnisse benötigt hohes verkehrsplanerisches Detailwissen der vor-Ort-Situation und wird aus Plausibilisierungsgründen für die beiden Extremfälle IV_3 und IV_5 beispielhaft durchgeführt. IV_3 ist der Querschnitt mit dem kleinsten Anteil an Arbeitswegen (26%) aber einem hohen Anteil an Einkaufswegen (9%). Es handelt sich hierbei um eine niederrangige Straße die kleinere Ortschaften in der Grazer Umgebung erschließt und gleichzeitig eine Zufahrtsstraße zu einem Einkaufszentrum im Norden von Graz ist. IV_5 hingegen liegt an einer höherrangigen Bundesstraße und weist von allen Querschnitten den höchsten Anteil an Arbeitswegen (38%) sowie Ausbildungswegen (9%) auf. Die Straße dient als Einfahrt für bevölkerungsreiche Zentren und erschließt für diese die Universität Graz, die Medizinische Universität, das Landeskrankenhaus sowie eine Schule. Die Fahrtzweckverteilungen beider Querschnitte erscheinen durch eine qualitative Bewertung der räumlichen Struktur plausibel und zeigen, dass das Clustermodell räumliche Unterschiede abbilden kann. Bild 7: FPD Fahrtzweckverteilung aus dem Clustermodell an allen Straßenquerschnitten In Tabelle 1 sind die Gesamtergebnisse des Clustermodells an der Stadtgrenze und die Schwankungsbreite zwischen den einzelnen Querschnitten sowie die Gesamtergebnisse der Fahrtzweckbefragung einem Auszug vergleichbarer Verkehre für Graz aus der nationalen Haushaltsbefragung „Österreich Unterwegs (ÖU) 2013/2014“ gegenübergestellt. Die Fahrtzweckverteilung der Befragungsdaten liegt für alle Fahrtzwecke, ausgenommen Bringen/Holen, innerhalb des Intervalls, das von den einzelnen Querschnittsergebnissen aus dem Clusteringmodell aufgespannt wird. Die Abweichung des Gesamtergebnisses des Clusteringmodells von den Befragungsdaten ist für die Fahrtzwecke Arbeit und Wohnen am Höchsten, wobei der Fahrtzweck Arbeit mit 28.7% drei Prozentpunkte unter dem Befragungsergebnis liegt und der Fahrtzweck Wohnen mit 29.6% rund drei Prozentpunkte über dem Befragungsergebnis liegt. Da für diese beiden Fahrtzwecke direkt repräsentative Strukturdaten (Arbeitsplätze, Einwohneranzahl) in das Modell eingeflossen sind und in den Befragungsdaten die Tagesrandzeiten nicht ausreichend berücksichtigt sind; d.h. keine späten Rückkehrfahrten von Auspendlern, erscheinen diese Abweichungen erklärbar. Die Spalte ÖU 2013/14 (Graz) beschreibt die Fahrtzweckverteilungen der stadteinwärts fahrenden Zielverkehre und relevanten Durchzugsverkehre auf der Straße für die Stadt Graz aus der 2013 bis 2014 durchgeführten Mobilitätserhebung „Österreich Unterwegs“ für einen Werktag im Herbst. Die relevanten Verkehre wurden aus den QZ-Informationen des Datensatz und der in diesem Artikel beschriebenen Routing-Methode ermittelt. Da eine Kordonbetrachtung in diesem Datensatz ursprünglich nicht vorgesehen ist und Graz in „Österreich Unterwegs“ nur mit einer Verkehrszelle erfasst ist, führt dies zwangsläufig zu Verzerrungen. Die Ergebnisse der Fahrtzweckverteilungen bleiben aber in ihrer Größenordnung in einem vergleichbaren Rahmen. Größte Abweichungen treten beim Fahrtzweck Wohnen auf. Tabelle 1: Plausibilisierung der Ergebnisse 5 Zusammenfassung und AusblickDas entwickelte Clustermodell ermöglicht Fahrtzweckverteilungen auf vorhandene QZ- Matrizen zu schätzen. Dieser Artikel liefert einen Beitrag zur Schließung der häufigen Informationslücke durch geringe Befragungsstichprobenmengen. Damit wird eine vollständige Fahrtzweckanalyse von QZ-Daten ermöglicht sowie der manuelle Erhebungsaufwand und damit verbundene Kosten geringgehalten. Die Methode wurde im Rahmen einer Kordonerhebung erfolgreich getestet. Die entwickelte Methodik stützt sich auf QZ-Informationen passiv gesammelter Mobilfunkdaten, Strukturdaten des Untersuchungsgebiets wie Einwohner, Arbeits- und Ausbildungsplätze, sowie einer Fahrtzweckbefragung an ausgewählten Straßenquerschnitten. Zusätzlich flossen Querschnittsinformationen über das Kfz-Aufkommen, Besetzungsgrade und Fahrgäste im Linienbusverkehr in die Datenaufbereitung ein. Die in dieser Methodik verwendeten Querschnittsdaten ermöglichen eine Verbesserung in der Datenqualität der Mobilfunkdaten, sind jedoch für das Clustermodell nicht essenziell. Die erzielten Modellergebnisse zeigen in der Gesamtbetrachtung nur geringe Abweichungen von den Befragungsdaten. Detailergebnisse an den einzelnen Straßenquerschnitten weisen jedoch teilweise große Unterschiede in den Fahrtzweckverteilungen auf. Diese sind durch die unterschiedlichen räumlichen Strukturen der verschiedenen Einfahrtstraßen erwartbar und mit regionalem verkehrsplanerischem Wissen qualitativ erklärbar. Zusammenfassend konnten mit dem Modell plausible Ergebnisse berechnet werden. Für eine weitere Verbesserung des Modells sollten auch Strukturgrößen für Freizeit- und Einkaufsgelegenheiten in das Clustering einfließen. Diese Strukturgrößen konnten für diese Studie nicht belastbar ermittelt werden, stellen jedoch ein Verbesserungspotential der Methodik dar. Eine automatisierte Ermittlung von Freizeit- und Einkaufspotenzialen aus frei verfügbaren Datenquellen wie der OpenStreetMap wäre eine vielversprechende Ergänzung zu dieser Methodik. Für eine weitere quantitative Validierung der Ergebnisse wäre es empfehlenswert an einzelnen Straßenquerschnitten umfassende und ganztägige Kontrollerhebungen durchzuführen. 6 Literatur
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