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1 Einleitung
Die technische Petrographie ist in der Schweiz eng mit den Arbeiten und Veröffentlichungen von Francis de Quervain verbunden. F. de Quervain war zwischen 1949 und 1970 Professor für Technische Gesteinskunde an der ETH in Zürich und zwischen 1949 und 1974 Präsident der schweizerischen geotechnischen Kommission. 1967 hat er das Buch ,,Technische Gesteinskunde" veröffentlicht. In diesem Buch sind Konzepte der technischen Petrographie definiert, welche für die entsprechenden Aspekte der schweizerischen Normierung grundlegend waren.
Die technische Mineralogie und die technische Petrographie sind noch heute wesentliche Teile der Schweizer Normung. Zwei mineralogisch-petrographische Normen werden in der Schweiz angewendet:
– Die SN 670 115 ,,Qualitative und quantitative Mineralogie und Petrographie". Sie dient der Eignung von Gesteinen und Gesteinskörnungen hinsichtlich der Beurteilung konkreter Verwendungszwecke.
– Die SN 670 116 ,,Füller, Mineralogie, Petrographie und quellfähige Tonmineralien". Sie hilft bei der Beurteilung der Eignung von Füllern für spezifische Verwendungszwecke.
Die technische Petrographie und die technische Mineralogie sind mehr als reine Beschreibungen von Mineralen und Gesteinen, wie dies weiter unten dargelegt wird.
2 Ziele
Die Ziele bei der Untersuchung von Gesteinskörnungen anhand der technischen Petrographie sind u.a.:
1. Die Beschreibung der Gesteinssorten, um die Provenienz erkennen zu können.
2. Die Bestimmung des Anteils an petrographisch ungeeigneten Körnern, um ein Risikofaktor zu eliminieren.
3. Eine Theorie anzubieten, welche die phänomenologische Interpretation von Versuchen ermöglicht oder die Aussagekraft von Testmethoden zu hinterfragen erlaubt.
4. Eine Vergleichsbasis für weitere Untersuchungen zu liefern.
5. usw.
3 Prinzip
Die klassische Petrographie befasst sich mit der Genese respektive mit der Entstehung der Gesteine. Die petrographische Klassifizierung der Gesteine basiert dementsprechend auf einer genetischen Grundlage wie zum Beispiel derjenigen der Sedimentgesteine, der magmatischen oder der vulkanischen Gesteine.
Diese Art der Klassierung kann eine brauchbare Voraussetzung für die Untersuchung von Gesteinen darstellen. Sie spiegelt allerdings nicht zwangsläufig die physikalischen Eigenschaften der Gesteinskörnungen wider, welche für die Untersuchung von Gesteinskörnungen wirklich relevant sind.
Das folgende Zitat aus der ,,Description and Classification of Rocks Masses" der ,,International Society for Rock Mechanics", ist sehr explizit: ,,Classifications of rocks devised by geologists usually have a genetic basis. Unfortunately, however, such classifications may provide little information relating to the engineering behavior of the rocks concerned".
Die Korrelation zwischen der Klassifikation der Gesteine und der physikalischen Eigenschaften kann äusserst schwierig werden, weil viele Parameter eine Rolle spielen können wie zum Beispiel die Spaltbarkeit und die Härte der Mineralien, das Gefüge, die Struktur, die Textur der Lithologie, usw. Die Beurteilung der Eignung von Gesteinskörnungen und die Interpretation von Testmethoden aufgrund von Gesteinsnamen ist daher nicht immer sehr sinnvoll.
Die Klassifikation nach technischen Kriterien der Mineralogie-Petrographie ist für die Beurteilung der Festigkeit von Gesteinskörnungen viel besser geeignet.
4 Mineral- und Gesteinshärte
Die Härte ist eine grundlegende Eigenschaft der technischen Petrographie in der Schweizer Normierung für Gesteinskörnungen. Die Härte ist eine sehr komplexe Eigenschaft. Unter dem Begriff Mineralhärte wird die Widerstandsfähigkeit gegen Ritzen verstanden (Mohs' sche Härte). Als harte Mineralien (Mohs`sche Härte > 5) gelten solche, die Stahl ritzen. Die häufigsten sind Quarz und Feldspäte. Als mittelharte Mineralien gelten solche, die von Stahl geritzt werden (Mohs`sche Härte 5). Die häufigsten sind Kalkspat, Dolomitspat und Serpentinmineralien. Als weiche Mineralien oder Mineralien mit geringer Festigkeit gelten solche, die mit dem Fingernagel geritzt (Mohs`sche Härte 2½), gespalten oder zerdrückt werden können. Die häufigsten sind Talk, Chlorit und Glimmer.
Ein Grundkonzept der technischen Petrographie stellt die Gesteinshärte dar, welche folgendermassen von F. de Quervain (1967) definiert wurde: ,,Zu einer sinnvollen Härtedefinition, die auf die meisten nutzbaren Gesteine ohne grosse Untersuchung anwendbar ist, kommt man, wenn die Druckfestigkeit als Ausdruck der allgemeinen Verbandsfestigkeit mit dem Gehalt an Mineralien bestimmten Härtegrades kombiniert wird".
Die Definition der Gesteinshärte in der heutigen Schweizer Norm SN 670 115 ist eine Kombination aus Definitionen der ISRM (International Society for Rock Mechanics) und aus dem Anteil an Mineralien eines bestimmten Mohs'schen Härtegrades.
Für die Bewertung der Gesteinshärte müssen sowohl der Anteil an harten Mineralien als auch die mittlere einaxiale Druckfestigkeit des Gesteins berücksichtigt werden. Diese Definition entspricht einer Kombination von Abriebfestigkeit und Druckfestigkeit. Die Tabelle 1 stellt eine vereinfachte Klassifikation der Gesteinshärte dar, wie sie im Schweizer Normenwerk angewendet wird.
Vier Gesteinshärtetypen werden prinzipiell in der SN 670 115 unterschieden.
1. Die harten Gesteine wie zum Beispiel die Basalte, die Granite, usw.
2. Die mittelharten Gesteine wie zum Beispiel die festen Kalke
3. Die weichen Gesteine wie zum Beispiel die Molasse-Sandsteine
4. Die sehr weichen Gesteine wie zum Beispiel die Mergelkalke
Tabelle 1: Vereinfachte Klassifikation der Gesteinshärte mit einigen Beispielen. Problematische Gesteine für den Strassenbau sind mit roter und oranger Farbe gekennzeichnet.
5 Die ungeeigneten Komponenten
Der Begriff der petrographisch ungeeigneten Komponente stellt ein weiteres grundlegendes Konzept der technischen Petrographie für Gesteinskörnungen in der Schweizer Normierung dar. Diese Definition hängt auch zum Teil vom Verwendungszweck ab. Für den Strassenbau sind zum Beispiel die weichen, die sehr weichen und die brüchigen Körner petrographisch ungeeignet. Mineralien und Gesteine sind auch ungeeignet, wenn sie unbeständig sind oder die Eigenschaften eines Produkts negativ beeinflussen können (z. B. die Oberflächenbeschaffenheit oder die Dauerhaftigkeit des Betons wie durch Pyrrhotin). Bild 1: Ternäres Diagramm für Gesteinskörnungen im Straßenbau. Die Gesteinskörner werden in harte, mittelharte und ungeeignete Körner unterteilt. Gesteinskörnungen für stark belastete Deckschichten müssen einen Mindestanteil von 60 M.-% an harten Körnern aufweisen. Die zulässige Höchstmenge an petrographisch ungeeigneten Körnern für Deckschichten darf ausserdem 6 M.-% nicht überschreiten. Nur die Gesteinskörnungen im grünen Bereich dürfen für stark belastete Deckschichten verwendet werden. Vortrag zur
6 Vorteile für die Untersuchung von Gesteinskörnungen
Die petrographische Untersuchung ermöglicht eine viel bessere Differenzierung gegenüber herkömmlichen Methoden. Dies kann am Beispiel des Los-Angeles-Versuchs erläutert werden. Prinzipiell ist es absolut nicht gleich und es hat auch nicht die gleichen Konsequenzen im Belagsbau, wenn ein Los-Angeles-Versuch, z. B. mit einem Resultat von 25 %, durch das Auftreten von weichen und ungeeigneten Körnern (wie in dem Bild 2 dargestellt) in der Messprobe beeinflusst wird oder ob das Resultat der Prüfung der homogenen Abnützung der Messprobe effektiv entspricht. Die homogene Abnützung von Gesteinskörnungen während der Los-Angeles-Prüfung kann durchaus die Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Abnützung widerspiegeln (z. B. der Verschleiss der Deckschicht). Der Anteil an weichen Körnern hingegen ist oft mit einer signifikanten Herabsetzung der Gebrauchsdauer von Asphalten verbunden, weil das Gerüst (Bild 3) insbesondere bei Belägen des Typs MR oder SMA das tragende Gerüstkorn geschwächt oder dieses sogar zerstört werden kann (Bild 3). Bild 2: Fotografische Aufnahme eines weichen und frostanfälligen Korns in einem Belag. Bild 3: Fotografische Aufnahme eines frischen Schnitts in einem Raubelag des Typs MR 11. Die weichen und frostanfälligen Körner sind mit roten Punkten angedeutet. Die Frostanfälligkeit dieser Körner unter Verkehrsbelastung ist sehr hoch. Nach ein bis maximal zwei Winter sind solche Körner völlig zerstört. Dies hat zur Konsequenz, dass das Gerüst instabil wird und dass sich Schlaglöcher im Belag bilden können. Bild 4: Fotografische Aufnahme eines Raubelags des Typs MR 11 mit weichen und frostanfälligen Körnern (Beispiele mit Pfeilen angedeutet). Die weichen und frostanfälligen Körner haben Löcher an der Oberfläche des Belags gebildet. Wegen zunehmender, mangelnder Griffigkeit musste dieser Belag nach knapp zwei Jahren Betriebszeit ersetzt werden. Länge = 26 cm.
7 Auswirkung von ungeeigneten Körnern
Der Anteil an ungeeigneten Körnern ist ein entscheidender Faktor für die Gebrauchssdauer der Asphalt-Beläge und des hydraulisch gebundenen Betons usw. Die Reduktion der Gebrauchsdauer weist eine Korrelation mit dem Anteil an petrographisch ungeeigneten Körnern auf (Bild 5). Bild 5: Grafische Darstellung des Einflusses des Anteils an petrographisch ungeeigneten Körnern auf die approximative Lebensdauer von Belägen. Es handelt sich hier um Schadenfälle. In diesem Bild sind Deckschichten mit unterschiedlichen Belagstypen, Bitumen und petrographischen Zusammensetzungen dargestellt. Die Verkehrsbelastung und die Witterungsbedingungen waren ausserdem unterschiedlich. Diese Beispiele sind daher auf wissenschaftlicher Basis nicht direkt vergleichbar. Die Reduktion der Lebensdauer scheint trotzdem mit dem zunehmenden Anteil an ungeeigneten Gesteinskörnern gut zu korrelieren. Die zulässigen Höchstmengen an petrographisch ungeeigneten Anteilen für Deckschichten betragen in der Schweizer Norm 6 M.-%.
8 Technische Petrographie für die Gesteinskörnungen im Mastix
Die petrographische Untersuchung ist Gegenstand einer Normierung seit mehr als 30 Jahren in der Schweiz. Der Grund liegt darin, dass die Tonmineralien, die Schichtsilikate und besonders die quellfähigen Tonmineralien und die Glimmer aus den gebrochenen kristallinen Gesteinen in Füllern ein erhöhtes Risiko für die Dauerhaftigkeit von bituminösen Mörteln darstellen können.
Die Schweizer Norm SN 670116a (2012) ,,Füller Mineralogie, Petrographie und quellfähige Tonmineralien" gilt für die qualitative und quantitative mineralogische und petrographische Untersuchung von Füllern im Hinblick auf spezifische Verwendungszwecke. Sie legt ausserdem die entsprechenden Anforderungen fest.
Mechanische Ermüdungsversuche im Rahmen einer Forschung in der Schweiz haben gezeigt (Bundesamt für Straßen 2008), dass die Schichtsilikate nur wenig, oder sogar keinen negativen Einfluss haben bzw. dass die angewandten Prüfverfahren nicht aussagekräftig genug sind. Die gleiche Forschungsarbeit hat aber darauf hingewiesen, dass die Problematik der Schichtsilikate in Asphalten mit der Haftfestigkeit der Schichtsilikate und des Bitumen zusammenhängt. Wenn die Asphalte der Witterung ausgesetzt sind, lösen sich die Schichtsilikate vom Bitumen ab, was zu einer frühzeitigen Alterung des Mastix führt.
Das Bild 6 zeigt einen Belag des Typs MR aus dem Zentralmassiv in Frankreich. Die Gesteinskörnung und der Füller dieses Belages wurden mit einem feinkörnigen, festen und beständigen Granit aufbereitet. Der Granit ist glimmerreich. Die Schäden treten langsam im Bereich des Mastix in Form von Verwitterung auf. Einzelne Körner haben sich schon vom Mastix gelöst. Die Gesteinskörner sind frei von Verwitterungserscheinungen. Die Verkehrsbelastung in diesem Abschnitt der Straße ist außerdem sehr schwach.
Die frühzeitige Alterung von Belägen tritt flächendeckend auf, wo kristalline, glimmerreiche Materialien in den Füllern für den Strassenbau verwendet werden und wenn das Problem mit einer effizienten Methode nicht untersucht wird (Bild 7).
Die einzige effiziente Methode, um die Schichtsilikate identifizieren zu können, ist die Röntgen-Interferenz-Analyse. Es ist die Methode, welche in der Norm SN 670 116a angewendet wird. Diese Methodik ist in der Norm DIN 52100-2 (2007) auch vorgesehen. Bild 6: Fotografische Aufnahme eines Raubelags aus dem Zentralmassiv in Frankreich. Der Mastix weist starke frühzeitige Zersetzungserscheinungen auf. Der Füller dieses Belages ist reich an petrographisch ungeeigneten Mineralen, welche nur mit petrographischen Untersuchungsmethoden wie der Röntgeninterferenzanalyse identifiziert werden können. Bild 7: Fotografische Aufnahme einer Straße im Burgund. Die Problematik der frühzeitigen Alterung von Belägen tritt flächendeckend und nahezu endemisch auf, wo kristalline glimmerreiche Materialien in den Füllern für den Straßenbau verwendet werden. In diesem Beispiel ist ein erster Belag mit gelblich-brauner Farbe erkennbar, welcher Reparaturen mit einem rötlichen Belag aufweist. Die rötlichen schon reparierten Partien zeigen Reparaturen mit einem schwarzen Belag. Die petrographische Zusammensetzung dieser Gesteinskörnungen besteht aus drei unterschiedlichen glimmerreichen kristallinen Gesteinen. Die gleichen frühzeitigen Alterungserscheinungen treten bei den drei Belägen auf. Der Versuch wurde gemacht, die Gesteinskörnung zu ändern, um die Schäden zu vermeiden. Die Ursache kann nur mit einer petrographischen Untersuchung mit modernen Methoden erkannt werden. Die geeignete Methode für die Untersuchung dieser Materialien ist die Röntgen-Interferenz-Analyse oder Röntgen-Diffraktometrie. Diese Art von Schadenfällen tritt auch in der Schweiz auf, dies insbesondere bei importierten Gesteinskörnungen.
9 Technische Petrographie und Phänomenologie
Die technische Petrographie und die technische Mineralogie ermöglichen die Resultate von Prüfungen zu interpretieren und Rückschlüsse zu ziehen sowie die Prüfmethoden zu hinterfragen. Die technische Mineralogie-Petrographie ermöglicht grundsätzlich die Prüfungen auf phänomenologischer Basis zu interpretieren und besser zu verstehen. Sie kann helfen, sinnvolle und realistische Grenzwerte festzulegen.
10 Phänomenologie der Los-Angeles-Prüfung
Untersuchungen mit der Los Angeles-Prüfung an Gleisschotter haben gezeigt, dass der Los-Angeles-Koeffizient von Gleisschotter gegen Grenzwerte tendiert (ETR 2005). Der Los-Angeles-Koeffizient tendiert bei Schottersteinen aus härteren Mineralien als Stahl (wie Granite, Basalte, usw.) gegen einen Grenzwert. Mit zunehmender Gesteinshärte lassen sich die Unterschiede in den Schottersorten mit der Los-Angeles-Prüfung zu wenig differenzieren. Die Festigkeit eines festen Dolomits kann zum Beispiel aufgrund der Los-Angeles-Prüfung nicht signifikant von der Festigkeit eines Granits unterschieden werden. Die Festigkeit von harten Gesteinen kann anhand der Los-Angeles-Prüfung alleine nicht aussagekräftig ermittelt werden. Der Los-Angeles-Versuch ist vor allem bei den mittelharten Gesteinen wie Kalkstein aussagekräftig. Dies ist auf der y-Ordinatenachse deutlich erkennbar. Bild 8: Darstellung der Beziehung zwischen der approximativ gemittelten Mohs'sche Härte bei festen Gesteinssorten und den Los-Angeles-Koeffizienten. Diese Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit dem Geotechnik-Labor der Schweizerischen Bundesbahnen realisiert. Die Daten wurden nach der alten Norm für Gleisschotter ermittelt (5 kg Schotter und 5 kg Kugelladung). Die roten Vierecke entsprechen harten Gesteinssorten, die blauen Dreiecke entsprechen mittelharten Kalken, die Rosa-Dreiecke Dolomiten und der grüne Pentagon entspricht einem weichen Gestein. Es wurden nur kubische und petrographisch homogene Körner verwendet, um die Parameter zu reduzieren. Bild 9: Wahrscheinlicher Verlauf des Los-Angeles-Koeffizienten bei Gesteinskörnungen für Gleisschotter. Die Daten basieren nicht auf der aktuellen DIN EN-13450, sondern auf der ASTM-Norm C-535. Weiche Kalksteine und Specksteine weisen LA-Koeffizienten von ca. 60 auf. Es ist daher anzunehmen, dass noch weichere Gesteine wie Glimmer-, Chlorit- und Talkgesteine Los-Angeles-Koeffizienten von ca. 100 aufweisen würden. Dies weist darauf hin, dass vor allem die mittelharten Karbonat-Gesteine und die weichen Gesteinssorten mit dem Los-Angeles-Verfahren aussagekräftig geprüft werden können. Im Prinzip kann der Los-Angeles-Versuch wahrscheinlich nur die harten von den mittelharten Gleisschottern aussagekräftig unterscheiden. Aus diesem Grund haben die SBB nur zwei Schotterklassen aufgrund der Los-Angeles-Prüfung definiert (Bilder 8 und 9).
11 Phänomenologie bei der Micro-Deval-Prüfung
Die Anwendung der Micro-Deval-Prüfung in der schweizerischen Normierung hätte dazu geführt, dass ein wesentlicher Teil der besten Gesteinssorten in der Schweiz eliminiert worden wäre. Untersuchungen aufgrund von petrographischen Methoden haben gezeigt, dass die Micro-Deval-Prüfung scheinbare Effekte aufweist, welche nicht die Festigkeitseigenschaften der Gesteinskörnung widerspiegeln.
Die Resultate der Untersuchungen in der Schweiz weisen darauf hin, dass die Micro-DevalPrüfung ähnlich wie die Deval-Prüfung mit der Korngrösse der Kristalle im Gestein korreliert (Bild 10). Die sehr feinkristallinen aber weichen mikritischen Kalke aus dem Jura-Gebirge (Bilder 13 und 14) weisen bessere MDE-Werte auf als die grobkristallinen, festen, quarzreichen Sandsteine der schweizerischen Alpen (Bilder 11 und 12). Die Theorie der Micro-Deval-Prüfung besagt, dass die Reibung zwischen den Gesteinskörnungen und einer Reibmittelladung in einer rotierenden Trommel ein Mass für die Widerstandsfähigkeit gegen Verschleiss darstellt (DIN EN 1097-1, 1997).
Diese Theorie steht im Widerspruch zur Mohs'sche Härteskala, weil Mineralen wie Quarz, Feldspäte, Amphibole, Granate usw. kaum oder gar nicht mit Stahlkugeln abgenützt werden können. Diese Mineralen sind grundsätzlich härter als Stahl. Der Verschleiss im Micro-Deval-Versuch wird vorwiegend durch die ausgerissenen harten Mineralkörner wie z. B. Quarz verursacht. Die Gesteinskörnungen aus grobkörnigen Mineralen (Bild 12) weisen eine raue Oberfläche auf und sind nach der Prüfung besser gerundet (Bild 11). Die Gesteinskörner aus feinkörnigen Mineralen (Bild 14) erscheinen glatt und weniger gerundet nach der Prüfung (Bild 13), obwohl die Gesteinskörnung aus weichen Gesteinen besteht. Dies steht in Widerspruch zum Ziel der Prüfung.
Aus diesen Gründen wird die Micro-Deval-Prüfung in der Schweiz nicht angewendet. Bild 10: Grafische Darstellung des Zusammenhangs zwischen der Kristallgrösse im Gestein und der MDE. Bild 11: Fotografische Aufnahme eines harten, relativ grobkristallinen Korns nach der Micro-Deval-Prüfung. Die Oberfläche erscheint rau, weil die harten Mineralen ausgerissen wurden. Die grobkörnigen harten Mineralen haben eine relativ starke Abrasivcharge gebildet. Bild 12: Mikroskopische Aufnahme der gleichen Gesteinssorten wie im Bild 11 (Vergrößerung 40x). Das Gestein besteht aus relativ grobkörnigen, harten Körnern. Bild 13: Fotografische Aufnahme eines weichen, feinkristallinen Gesteinskorns nach der Micro-DevalPrüfung. Die Oberfläche des Korns erscheint glatt, weil das Gestein feinkristallin ist und kleine Mineralen ausgerissen werden konnten. Bild 14: Mikroskopische Aufnahme der gleichen Gesteinssorten wie im Bild 14 (Vergrößerung 40x). Sehr feine Kristalle treten im Gestein auf.
12 Literaturverzeichnis
ASTM C535 (2011): Standard Test Method for Resistance to Degradation of Large-Size Coarse Aggregate by Abrasion an Impact in the Los Angeles Machine
Bundesamt für Straßen (2008): Füller Einfluss von Schichtsilikaten für die Verwendung im Straßenbau. Bericht Nr. 1224
D e Q u e r v a i n, F.: Professor für Technische Petrographie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, (1967): Technische Gesteinskunde. Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart
DIN 52100-2 (2007): Naturstein Gesteinskundliche Untersuchungen Allgemeines und Übersicht.
DIN EN 1097-1 (1996): Bestimmung des Widerstandes gegen Verschleiss Micro-Deval)
DIN EN 13450 (2002): Gesteinskörnungen für Gleisschotter
International Society for Rock Mechanics. Description and classification of rock masses
R ö t h l i s b e r g e r, F.; D ä p p e n, J.; K u r z e n, E.; W ü r s c h, E. (2005): Eisenbahntechnische Rundschau Juni 2005. Los-Angeles-Prüfung für Gleisschotter Aussagekraft und Folgerung
Schweizerischer Verband der Straßen- und Verkehrsfachleute (2005). SN 670 353a. Versuche an Fels. Einaxiale Druckfestigkeit, Verformungsmoduli und Poissonzahl von zylindrischen Probekörpern
Schweizerischer Verband der Straßen- und Verkehrsfachleute (2005). SN 670 115. Qualitative und quantitative Mineralogie und Petrographie von Gesteinskörnungen
Schweizerischer Verband der Straßen- und Verkehrsfachleute (2012). SN 670 116a. Füller. Mineralogie, Petrographie und quellfähige Tonmineralien |