FGSV-Nr. FGSV C 14
Ort Potsdam
Datum 12.09.2019
Titel Ortsumgehung B 48 Imsweiler – Erkenntnisse aus den Baugrunderkundungen und ihre Folgen
Autoren Dipl.-Ing. Volker Priebe
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Der Landesbetrieb Mobilität plant und baut die Ortsumgehung Imsweiler mit einer Gesamtstrecke von rund 1,8 km. In der morphologisch bewegten Mittelgebirgslandschaft werden hierfür bis rund 25 m tiefe Einschnitte, ein knapp 400 m langer Tunnel sowie der Bau einer 222 m langen Talbrücke erforderlich. Die Einschnitte sowie der Tunnel kommen in Sedimentgesteinen des Rotliegenden zu liegen, während die Gründung der Talbrücke und ihres Anschlussdammes von quartären Aueablagerungen geprägt ist. Im Zuge mehrerer Erkundungskampagnen wurden geotechnische Erkenntnisse gewonnen, die einen bedeutenden Einfluss auf die Baukosten haben. Hierzu zählen umfangreiche Böschungssicherungen in den rutschgefährdeten Felsschichten, hohe Grundwasserstände im Tunnelbereich sowie Gründungen in den verformungswilligen Aueablagerungen. Völlig unerwartet wurden in dem anthropogen wenig genutzten Gelände Schadstoffbelastungen im Fels und Grundwasser festgestellt, die Auswirkungen auf die Bauwasserhaltung und die Verwertung des Ausbruchmaterials des Tunnels haben.

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1 Einleitung

Imsweiler ist eine Ortsgemeinde im Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz. Sie gehört der Verbandsgemeinde Rockenhausen an. Der Ort liegt im Nordpfälzer Bergland westlich des Donnersbergs zwischen Kaiserslautern und Bad Kreuznach.

Bild 1: Lage von Imsweiler

Die Mittelgebirgslandschaft ist von bis über 600 m hohen Bergen und Talebenen auf einem Niveau von rund 200 m geprägt. Die Bebauung des Ortes Imsweiler hat sich teils in der Niederung des Flusses Alsenz entwickelt, teils an den Talhängen.

Verkehrlich liegt Imsweiler an der Bundesstraße B 48, die eine überregionale Verbindungsfunktion einnimmt. Sie stellt in ihrer Nordsüdachse eine bedeutende Verkehrsverknüpfung innerhalb der Westpfalz zwischen dem Raum Bingen und Bad Bergzabern her.

Die derzeitige Streckenführung der B 48 ist in der Ortschaft Imsweiler unübersichtlich und kurvenreich. Mit dem Bau der Ortsumgehung Imsweiler soll die Streckencharakteristik den heutigen und zukünftigen Verkehrsanforderungen gerecht werden. Vorrangiges Ziel ist hierbei, die Verkehrsqualität durch verbesserte Linienführung zu steigern und gleichzeitig die vom Verkehr hochbelastete Ortslage von Imsweiler zu entlasten.

Erste konkrete Lösungsansätze wurden zwischen 1999 und 2002 für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens entwickelt. Ende 2008 konnte aus den bis dato konkret entwickelten Linien eine Vorzugsvariante festgelegt werden. Das Baurecht mit Planfeststellungsbeschluss besteht seit dem 7.1.2016, wobei die Zusage der Finanzierung am 21.9.2016 erteilt wurde.

Zur Umsetzung der Maßnahme ist der Bau eines knapp 400 m langen Tunnels, einer 222 m langen Talbrücke samt Anschlussdamm sowie das Anlegen eines Einschnittes im Süden des Tunnels erforderlich (s. Bild 2).

Bild 2: Bestandteile der Gesamtmaßnahme

2 Baugrunderkundungen

Im Zuge des Raumordnungsverfahrens erfolgte 2008 eine erste orientierende Baugrunderkundung, die im Anschluss an die Planfeststellung durch vier weitere Erkundungskampagnen in den Jahren 2016 bis 2018 konkretisiert wurde. Die Gesamtkosten der Baugrunderkundungen beläuft sich auf knapp 700.000 €.

3 Geologie und Baugrund

Das Bauvorhaben liegt im Verbreitungsgebiet des Rotliegenden (gelbe Umrandung im Bild 2), das hier stratigrafisch der Meisenheim-Formation und Disibodenberg-Formation zugeordnet wird.

Bild 3: Auszug aus der geologischen Übersichtskarte

Der Baugrund wird von Tonsteinen dominiert, nachgeordnet finden sich Sandsteine und Schluffsteine. Das Bild 4 zeigt das Foto einer Anschnittsböschung mit der typischen Wechsellagerung von Ton-, Schluff- und Sandsteinen.

Bild 4: Foto einer Wechsellagerung von Ton-, Schluff- und Sandsteinen

In der Talniederung wird der Baugrund von quartären Ablagerungen der Alsenz geprägt: Auelehm, Auesand und Terrassenkies.

Die anstehende Geologie ist auch erdgeschichtlich von großem Interesse, so dass von der erdgeschichtlichen Abteilung der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz (Generaldirektion kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz) sowohl Vorfeld-Grabungen als auch den Aushub begleitende Sichtungen auf Fossilien erfolgten. Nach Landesdenkmalschutzgesetz ist der Bauherr Kostenträger für diese Tätigkeiten, die sich auf rund 0,3 Mio. € summierten.

4 Bautechnische Konsequenzen

4.1 Grundwasser Tunnel

Die ersten Baugrunderkundungen im Jahre 2008 erbrachten Grundwasserstände, die sich im Sohlbereich des Tunnels bewegen. Infolge Umplanungen in den darauffolgenden Jahren verschob sich die Tunnelachse um mehrere Zehnermeter. Die für diese neue Lage durchgeführten Erkundungen ergaben gänzlich andere Grundwasserstände. Das Bild 5 gibt Aufschluss über den für die statische Bearbeitung festgelegten Bemessungswasserstand, der nunmehr 35 m über der Tunnelsohle liegt.

Bild 5: Bemessungswasserstand entlang der Tunnelachse

Als Konsequenz änderte sich der ursprünglich geplante offene Querschnitt in einen druckwasserhaltenden, geschlossenen Querschnitt (s. Bild 6). Hieraus ergeben sich Zusatzkosten von rund 2 Mio. €.

Bild 6: Tunnelquerschnitte alt (ohne Grundwasser) und neu (mit Grundwasser)

4.2 Sicherung der Einschnittsböschungen

Die bis zu 25 m tiefen Einschnittsböschungen kommen nahezu vollständig im Festgestein zu liegen. Die vornehmlich anstehenden Tonsteine besitzen Schichtflächenabstände von grob laminiert bis mittel. Die Schichtflächen fallen großteils mit 10° bis 30° ungünstig aus der Böschung heraus. In Kombination mit der für hiesigen Tonstein charakteristischen geringen Scherfestigkeit auf den Schichtflächen (j = 15°, c = 0) ist die Standsicherheit nicht mehr gegeben. Diese ungünstige Konstellation ist für den in der näheren und weiteren Umgebung von Imsweiler anstehenden Rotliegendfels typisch und er ist seit langem als rutschgefährdet bekannt. Das Bild 7 verdeutlicht in einem vereinfachten Baugrundmodell die Problematik.

Bild 7: Vereinfachtes Baugrundmodell der Einschnittsböschungen

Zur Sicherung der Einschnittsböschungen wurde eine Vernagelung gewählt, wobei die Oberfläche teils mit Spritzbeton, teils mit Netzen gesichert wird. Im Zuge der erdstatischen Bearbeitung ergaben sich Nagellängen bis 28 m Länge (s. Bild 8). Es sind rund 70 km Nägel mit Bohrdurchmessern von 100 mm und 150 mm herzustellen. Die Bauzeit für die Vernagelung wird rund ein Jahr betragen, die Kosten belaufen sich auf 10 Mio. €.

Bild 8: Vernagelung der Einschnittsböschungen

4.3 Gründung der Dämme

Der Baugrund unter den neu zu schüttenden Dämmen baut sich aus Auelehmen, Auesanden und Terrassenkiesen auf. Für die Standsicherheit der Dämme und insbesondere ihr Setzungsverhalten sind die verformungswilligen Auelehme entscheidend (s. Bild 9). Die Setzungen wurden mit 30 cm abgeschätzt und die Konsolidierungszeit mit 6 Monaten. Da weder ausreichend Zeit zur Verfügung stand, noch die Setzungen toleriert werden konnten, sind Zusatzmaßnahmen für die Dammgründung erforderlich.

Bild 9: Baugrund unter den Dämmen

Zur Reduzierung der Setzungen und zur Verkürzung der Konsolidierungszeit werden Rüttelstopfsäulen in den Baugrund eingebracht. Die Kosten für die rund 5500 Säulen mit einer Gesamtlänge von 31 km belaufen sich auf 2 Mio. €. Das Bild 10 zeigt den Säulenplan für den Anschlussdamm der Talbrücke.

Bild 10: Säulenplan Rüttelstopfverdichtung, Anschlussdamm Talbrücke

4.4 Schadstoffbelastung im Tunnel

Der Tunnel kommt in einem Gelände zu liegen, das nahezu ungenutzt ist und vornehmlich mit Wald bestanden ist. Umso erstaunlicher wurden bei den Baugrunderkundungen deutliche Schadstoffbelastungen sowohl im Festgestein (LAGA > Z2) als auch im Grundwasser festgestellt. Das Schadstoffspektrum wird von BTEX, LHKW und MKW dominiert. Auch nach längeren Recherchen ist die Schadstoffquelle bisher unbekannt.

Für die Baudurchführung bedeuten diese Schadstoffe, dass das Grundwasser aus der Bauwasserhaltung vor Einleitung in den Vorfluter einer Reinigung unterzogen werden muss.

Derzeit laufen noch Untersuchungen und Überlegungen, wie mit dem Ausbruchmaterial abfalltechnisch umgegangen werden kann.

Sollte es erforderlich werden, das Ausbruchmaterial zu deponieren (anstatt wie geplant für Aufschüttungen zu nutzen), so belaufen sich die Zusatzkosten mitsamt der Grundwasserreinigung auf rund 7,5 Mio. €. 

5 Fazit

Aus einer Maßnahme, die mit Kosten von 28 Mio. € geschätzt war, wurde in Summe eine Maßnahme, die 66 Mio. € kosten wird. Ein Großteil der Zusatzkosten (rund 22 Mio. €) ist Folge geotechnischer Notwendigkeiten.