FGSV-Nr. FGSV B 34
Ort Aschaffenburg
Datum 26.09.2020
Titel Arbeitsraum und Fugenanordnung – Anpassung an die ASR A5.2
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Stephan Freudenstein, M.Eng. Martin Eger
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Aus verkehrlichen Gründen sind Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen nur unter Aufrechterhaltung des Individualverkehrs möglich. Dabei müssen Belange der Verkehrssicherheit sowie der Arbeitssicherheit berücksichtigt werden. Gesetzliche Vorgaben, Regelwerke und Richtlinien sorgen dafür, dass Baustellen für Verkehrsteilnehmer und Arbeiter ausreichend sicher sind. Mit Veröffentlichung der Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr – Straßenbaustellen (ASR A5.2) ergaben sich für die Planung und Durchführung von Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen auf vierstreifigen Querschnitten von Betonfahrbahnen aufgrund der durch die Plattengeometrien vorgegebenen Platzverhältnisse bezüglich der Umsetzbarkeit von Baumaßnahmen einige Probleme, da zum Teil nur unter Vollsperrung der betroffenen Richtungsfahrbahn gearbeitet werden kann.

Im Zuge der Überarbeitung der ZTV Beton-StB werden neue Fugenanordnungen in den Regelquerschnitten der Betonfahrbahnen festgelegt, die bei Durchführung erforderlicher Arbeiten eine 2+1-Verkehrsführung bei Umsetzung der ASR A5.2 ermöglichen. Zukünftig ist anstelle von zwei Längsfugen nur eine Längsfuge in der Mitte des Lastfahrstreifens anzuordnen. Hierdurch entstehen Plattenbreiten von bis zu 6,50 m was durch eine Mehrdicke der Betondecke von bis zu 3 cm kompensiert werden kann. Unter Berücksichtigung der geringeren Fugenlängen und reduzierten ungebundenen Tragschichtdicken (frostsicherer Oberbau) ist diese Mehrdicke im Kostenvergleich annähernd kostenneutral.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Aus verkehrlichen Gründen sind Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen nur unter Aufrechterhaltung des Individualverkehrs möglich. Dabei müssen Belange der Verkehrssicherheit sowie der Arbeitssicherheit berücksichtigt werden. Gesetzliche Vorgaben, Regelwerke und Richtlinien sorgen dafür, dass Baustellen für Verkehrsteilnehmer und Arbeiter ausreichend sicher sind.

Zu diesen Regelwerken gehören die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 95) (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1995) sowie die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen (ZTV-SA 97) (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 1997) inklusive der zugehörigen Technischen Lieferbedingungen. Des Weiteren sind die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Markierungen auf Straßen (ZTV-M) (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 2013) und das Merkblatt über Rahmenbedingungen für erforderliche Fachkenntnisse zur Verkehrssicherung von Arbeitsstellen an Straßen (MVAS 99) (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 1999) zu beachten.

Mit Veröffentlichung der Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr - Straßenbaustellen (ASR A5.2) (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) ergaben sich für die Planung und Durchführung von Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen an Betonfahrbahnen bezüglich der Umsetzbarkeit von Baumaßnahmen einige Probleme, die im Nachfolgenden angesprochen und Lösungsansätze dargestellt werden.

2 Gesetzliche Vorgaben, Regelwerke und Richtlinien

2.1 Die RSA 95

Die RSA 95 (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1995) regeln die verkehrliche Sicherung von Arbeitsstellen und entsprechende verkehrsrechtliche Maßnahmen auf Grundlage der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Darin enthalten sind Angaben zu Sicherheitsabständen zum Verkehrs- und Arbeitsbereich.

Eine Konkretisierung von Arbeitsschutzregelungen war in den RSA 95 juristisch nicht möglich, daher wurden die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A5.2 „Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr - Straßenbaustellen“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) erarbeitet, um die Arbeitsschutzverordnungen umzusetzen.

2.2 Die ASR A5.2

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) werden vom Ausschuss für Arbeitsstätten (AStA) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bekannt gemacht. Die Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr – Straßenbaustellen (ASR A5.2) dienen dem Schutz von Beschäftigten auf Baustellen vor Gefährdungen durch den fließenden Verkehr im Grenzbereich zum Straßenverkehr. Sie konkretisiert die Anforderungen der RSA 95 an das Einrichten und Betreiben von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf Baustellen. (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018)

Die ASR A5.2 wurden im Dezember 2013 vom Ausschuss für Arbeitsstätten (AStA) beschlossen und sind seit April 2014 als Entwurf auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz veröffentlicht. Im Dezember 2018 wurden die ASR A5.2 durch das Gemeinsame Ministerialblatt Nr. 58/59 eingeführt.

Im Bundesland Bayern wurde ein Einführungserlass mit Entscheidungsunterlagen im Februar 2019 durch das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StmB) erlassen.

Die ASR A5.2 gelten für das Einrichten, Betreiben und den Abbau von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr, bei denen durch den fließenden Verkehr Gefährdungen für die Beschäftigten entstehen können. (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018)

3 Umsetzung der ASR A5.2

Für Arbeitsplätze im Grenzbereich zum Straßenverkehr ist zur Umsetzung der ASR A5.2 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) ein erhöhter Platzbedarf durch die einzuhaltenden Sicherheitsabstände erforderlich. Als Folge ist bei Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen durch den gesteigerten seitlichen Platzbedarf zur Baustelle zum Teil keine 2+1-Verkehrsführung innerhalb des zur Verfügung stehenden Fahrbahnquerschnitts möglich. Arbeiten sind somit unter Umständen nur noch unter Vollsperrung möglich. Besonders der RQ 31 gemäß RAA (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 2008) ist von den Änderungen durch die ASR A5.2 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) betroffen.

Das Bild 1 zeigt die momentane Fugenanordnung bei Betonfahrbahnen im Regelquerschnitt RQ 31 gemäß RAA bei EKL 1.

Bild 1: Fugenanordnung im Regelquerschnitt RQ 31 gemäß RAA bei EKL 1

Das Bild 2 zeigt, dass beispielsweise eine Plattenerneuerung oder streifenweise Erneuerung im 1. Fahrstreifen mit einem Gleitschalungsfertiger mit Mitgängerbetrieb und manueller Nachbearbeitung der Kanten im RQ 31 unter Einhaltung der ASR A5.2 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018), selbst bei einer Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h, nicht möglich ist. Ohne eine Vollsperrung der Richtungsfahrbahn sind derartige Arbeiten nicht möglich, da die verbleibende Restfahrbahn nur eine Breite von 2,40 m hat. Nach Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) darf ein Fahrzeug eine zulässige Gesamtbreite von 2,55 m nicht überschreiten.

Bild 2: Anwendung der ASR A5.2 im RQ 31 (Gleitschalungsfertiger mit Mitgängerbetrieb und manueller Nachbearbeitung der Kanten)

Ein Einzelplattenersatz ist im RQ 31 bei Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h gerade noch möglich, da eine Restfahrbahnbreite von 2,75 m neben der Baustelle für den Verkehr zur Verfügung steht (siehe Bild 3).

Bild 3: Einzelplattenersatz im RQ 31

4 Neue Fugenanordnung

Der Individualverkehr muss bei Durchführung von Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen aufrechterhalten bleiben. Mit der momentanen Anordnung der Fugen im Regelquerschnitt gemäß RAA (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 2008) ist dies nicht immer möglich. Daher wurde im Zuge der Überarbeitung der ZTV Beton-StB über eine neue Fugenanordnung nachgedacht, die eine 2+1-Verkehrsführung bei Durchführung erforderlicher Arbeiten unter Berücksichtigung der ASR A5.2 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) ermöglichen.

Das Bild 4 zeigt, dass zukünftig anstatt bisher zwei Längsfugen nur noch eine Längsfuge in der Mitte des 1. Fahrstreifens des RQ 31 anzuordnen ist. Hierdurch entstehen Plattenbreiten von bis zu 6,50 m.

Bild 4: Neue Fugenanordnung im Regelquerschnitt RQ 31 gemäß RAA bei EKL 1

Den Bildern 5 und 6 ist zu entnehmen, dass aufgrund der neuen Fugenanordnung eine Erneuerungsmaßnahme mit einem Gleitschalungsfertiger mit Mitgängerbetrieb und manueller Nachbearbeitung der Kanten im RQ 31 unter Einhaltung der ASR A5.2 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) mit gleichzeitiger 2+1-Verkehrsführung möglich ist, da eine Restfahrbahnbreite von ca. 3 m neben der Baustelle für den Verkehr zur Verfügung steht.

Bild 5: Anwendung der ASR A5.2 im RQ 31 mit neuer Fugenteilung (Gleitschalungsfertiger mit Mitgängerbetrieb)

Bild 6: Anwendung der ASR A5.2 im RQ 31 mit neuer Fugenteilung (Gleitschalungsfertiger mit manueller Nachbearbeitung der Kanten)

Selbst im „Sparquerschnitt“ RQ 28 sind aufgrund der neuen Fugenanordnung, bei Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h, Arbeiten mit gleichzeitiger 2+1-Verkehrsführung unter Einhaltung der Vorgaben nach ASR A5.2 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018) möglich (siehe Bild 7).

Bild 7: Anwendung der ASR A5.2 im RQ 28 mit neuer Fugenteilung (Gleitschalungsfertiger mit Mitgängerbetrieb)

5 Folgen der neuen Fugenteilung für die Praxis

5.1 Neue Betonplattenformate

Aufgrund der Änderung der Längsfugenanordnung im Fahrbahnquerschnitt ergeben sich neue Betonplattenbreiten. Die Plattenbreiten steigen von in der Regel 4,25 m auf Breiten von bis zu 6,5 m an. Diese Zunahme der Plattenbreite hat Auswirkungen auf die Dimensionierung der erforderlichen Betonplattendicken.

5.2 Dimensionierung der Betonplatten

Die Folgen der neuen Fugenanordnung für die Dimensionierung der Betonplatten soll anhand eines kurzen Beispiels verdeutlicht werden.

Unter Annahme einer Plattenlänge von 5,00 m und einer Plattenbreite von 4,25 m ergeben sich für eine Plattendicke von 26 cm eine Wölbspannung von 1,15 N/mm² sowie aufgrund der einwirkenden Verkehrslast eine Biegezugspannung an der Fuge von 0,92 N/mm². Die zulässige Biegezugspannung errechnet sich zu 2,09 N/mm².

Eine Änderung der Plattenbreite auf 6,50 m ergibt eine Wölbspannung von 2,65 N/mm² sowie eine Biegezugspannung an der Fuge aufgrund der einwirkenden Verkehrslast von 0,92 N/mm². Die zulässige Biegezugspannung errechnet sich hierbei zu 0,60 N/mm². Durch die größere Betonplattenbreite reduziert sich die zulässige Biegezugspannung.

Durch eine Mehrdicke der Betondecke von + 3 cm werden die zulässigen Verkehrslastspannungen erhöht sowie statistische Sicherheiten geschaffen und materialtypische Schwankungen berücksichtigt. Es ergeben sich somit für eine Plattenbreite von 6,50 m eine Wölbspannung von 2,37 N/mm² sowie eine Biegezugspannung am Plattenrand von 0,77 N/mm² aufgrund der einwirkenden Verkehrslast. Die zulässige Biegezugspannung errechnet sich zu 0,88 N/mm².

5.3 Kosten

Eine Mehrdicke der Betondecke von + 3 cm bewirkt eine Zunahme der Investitionsmehrkosten von ca. 0,8 bis 1,0 €/m² in Abhängigkeit der Art der Fugenfüllung (Kaltverguss/Heißverguss/Profil). Dabei ist eine Mehrdicke des Betons von 3 cm, das Entfallen einer Längsscheinfuge inklusive der Anker und der Fugenfüllung sowie eine Reduzierung der Dicke der Frostschutzschicht um 3 cm berücksichtigt.

Diese höheren Investitionskosten werden durch den reduzierten Aufwand bei der Pflege der Längsscheinfugen kompensiert. Des Weiteren können die Abstände der Querscheinfugen auf z.B. 5,50 m angepasst werden, um die Investitionskosten weiter zu reduzieren.

5.4 Berücksichtigung der ASR A5.2 in den neuen ZTV Beton-StB

Der Arbeitsausschuss 8.3 „Konstruktion“ der Arbeitsgruppe „Betonbauweisen“ der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV e.V.) hat eine Textfassung zur Anpassung der Längsfugenanordnung an die ASR A5.2 für die Überarbeitung der ZTV Beton-StB verfasst. Dieser lautet wie folgt:

Nach Umsetzung der Arbeitsstättenregel ASR A5.2 ist auf vierstreifigen Querschnitten aufgrund der durch die Plattengeometrien vorgegebenen Platzverhältnisse ein Plattenersatz im Hauptfahrstreifen unter 2+1-Verkehrsführung nur bedingt möglich. Soll ein Plattenersatz unter 2+1-Verkehrsführung auch nach Umsetzung der ASR A5.2 möglich bleiben, so ist die Längsfugenanordnung neu zu konzipieren.

Anstatt zwei Längsfugen ist nur eine Längsfuge in der Mitte des Lastfahrstreifens anzuordnen. Hierdurch entstehen Plattenbreiten von bis zu 6,50 m. Daraus ergibt sich für die Betondecke eine Mehrdicke von 2-3 cm. Unter Berücksichtigung der geringeren Fugenlängen und ungebundenen Tragschichtdicken (frostsicherer Oberbau) ist diese Mehrdicke im Kostenvergleich annähernd kostenneutral.

Literverzeichnis

Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr – Straßenbaustellen, Ausgabe 2018 (ASR A5.2). GMBl 2018, S. 1160

Bundesministerium für Verkehr: Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen, Ausgabe 1995 (RSA 95) (FGSV 370)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2008): Richtlinien für die Anlage von Autobahnen, Ausgabe 2008 (RAA), Köln (FGSV 202)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (1997): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen, Ausgabe 1997 (ZTV-SA 97), Köln (FGSV 369)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2013): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Markierungen auf Straßen, Ausgabe 2013 (ZTV-M), Köln (FGSV 341)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (1999): Merkblatt über Rahmenbedingungen für erforderliche Fachkenntnisse zur Verkehrssicherung von Arbeitsstellen an Straßen, Ausgabe 1999 (MVAS 99), Köln (FGSV 371)