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1 Einleitung
Bei der Planung, dem Bau und der Erhaltung von Straßen wird zunehmend der Nachhaltigkeitsgedanke verfolgt. Die drei bekannten Säulen (Bild 1) stehen in einem erweiterten Modell auf dem Fundament der technischen Qualität und der Prozessqualität, die gewissermaßen entscheidend sind, um nachhaltigere Straßen zu bekommen.
Bild 1: Erweitertes Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit
Unter Ökonomie wird im Allgemeinen die Wirtschaft bzw. das Wirtschaften verstanden. Die Wissenschaft von der Wirtschaft wird als Ökonomik bezeichnet, die sich bei Betrachtung eines einzelnen Unternehmens in die Betriebswirtschaftslehre (BWL) und bei Betrachtung der Ebene der Gesellschaft in die Volkswirtschaftslehre (VWL) aufspaltet (Bild 2).
Bild 2: Ökonomie und Ökonomik
Der Begriff Wirtschaftlichkeit beschreibt dabei, inwieweit eine Tätigkeit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip genügt. Hierbei soll entweder mit den gegebenen Mitteln der größtmögliche Ertrag erwirtschaftet werden oder für einen bestimmten Ertrag die geringstmöglichen Mittel eingesetzt werden.
In diesem Beitrag soll die Wirtschaftlichkeit im volkswirtschaftlichen Sinn diskutiert werden. Dabei geht es im Sinne des Straßenbaus um hohe Verfügbarkeit (Vermeidung erhöhter Stau- und Unfallkosten), lange Lebensdauern (Ressourcenschonung), gute Funktionalität (Nutzereigenschaften) und geringe jährliche Kosten. Dieser Beitrag befasst sich mit einer vergleichenden Betrachtung von Betondecken mit dem Fokus auf Langlebigkeit und gute Funktionalität bei geringen jährlichen Kosten.
2 Prinzipielle Vorgehensweise – Substanzbewertung
Am Anfang der Überlegungen steht die Frage nach der Nutzungsdauer eines Streckenabschnitts bzw. Bauloses.
Die Substanzeigenschaften einer Straße geben Aufschluss darüber, wie gut die Straßenkonstruktion den Belastungen aus Verkehr und Witterung widerstehen kann. Anhand der quantifizierbaren Substanzzustandsgrößen können im Kontext der Belastungen aus Verkehr und Witterung Substanzkenngrößen gewonnen werden. Diese Substanzkenngrößen beeinflussen den zeitlichen Verlauf der Performance-Kenngrößen (Bild 3). Von entscheidender Bedeutung für den Nutzer ist die Performance der Fahrbahn.
Bild 3: Kenngrößen der Substanz- und Gebrauchseigenschaften
Die Quantifizierung des Einflusses der Substanzkenngrößen auf den zeitlichen Verlauf der Performance-Kenngrößen ermöglicht perspektivisch die Bewertung unterschiedlicher Substanzeigenschaften hinsichtlich ihres Einflusses auf die Gebrauchseigenschaften. Die Substanzeigenschaften werden mit Substanzzustandsgrößen erfasst bzw. gemessen und unter Beachtung der zu erwartenden Verkehrs- und Witterungsbelastungen auf Substanzkenngrößen projiziert. Diese sind selbst keine Performance-Kenngrößen. Sie beeinflussen aber in starkem Maße die Größe von Performance-Kenngrößen und vor allem deren zeitliche Entwicklung.
Mithilfe des Verfahrens der Substanzbewertung lässt sich die Nutzungsdauer eines Bauloses unter Berücksichtigung der kumulativen Schwerverkehrsbelastung prognostizieren. Es beinhaltet eine Methodik zur Prognose der Entwicklung der Ausfallrate für einen zu bewertenden Fahrbahnabschnitt. Die Ausfallrate wird dabei als Anteil gerissener Platten an der Gesamtzahl der Platten des Abschnittes definiert. Die prinzipielle Vorgehensweise ist im Bild 4 dargestellt.
Bild 4: Prinzipieller Ablauf der Substanzbewertung
Basis der Prognoserechnung ist ein detailliertes mechanisches Modell, welches viele relevante Einflussgrößen berücksichtigt. Ausgewählte Parameter werden in ihrer zeitlichen Entwicklung beschrieben. Es ist somit möglich, die Spezifik unterschiedlicher Fahrbahnabschnitte detailliert zu berücksichtigen und die Sensitivität einzelner Parameter zu bestimmen.
3 Prognose der Nutzungsdauer
Im Bild 5 sind exemplarisch verschiedene Entwicklungsszenarien für die Ausfallrate an Betonfahrbahndecken angeführt. Die äußere rechte Kurve stellt dabei einen sehr günstigen und die äußere linke einen sehr ungünstigen Verlauf dar. Das heißt, bei einem günstigeren Verlauf sind die Ausfallraten über den betrachteten Zeitraum geringer als bei ungünstigem Verlauf.
Bild 5: Substanzentwicklung – mögliche Verläufe der Ausfallrate
Übersteigen die Erhaltungsaufwendungen nach einer gewissen Zeit die Kosten einer grundhaften Erneuerung, wird der wirtschaftliche Wendepunkt (negativer break-even-point) erreicht (Bild 6). Eine exakte Bestimmung dieses Punktes ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich, da der Verlauf der Kurven von unterschiedlichen unbekannten Aspekten (z. B. Zinsentwicklung) beeinflusst wird. Um dennoch Betrachtungen vornehmen zu können, wurde die Annahme getroffen, dass dieser Punkt bei einer Ausfallrate von 10 % erreicht wird.
Bild 6: Wirtschaftlicher Wendepunkt
Der nachfolgende Vergleich wurde für acht Baulose durchgeführt. Dabei wurde von der prognostizierten Lebensdauer, das heißt der Nutzungsdauer bis zum wirtschaftlichen Nutzungsausfallzeitpunkt (10 % Ausfallrate), ausgegangen.
Im Rahmen des (FE 04.0317) wurden acht in letzter Zeit gebaute Baulose untersucht und letztlich wirtschaftlich bewertet. Die Eingangsgrößen und das Ergebnis der Substanzbewertung können der Tabelle 1 entnommen werden. Zu beachten ist, dass die Betonfestigkeit – als Spaltzugfestigkeit – mit dem Mittelwert und der ermittelten Standardabweichung eingeht. Ebenso geht die Deckendicke mit Mittelwert und Standardabweichung ein.
Tabelle 1: Baulose – Eingangsgrößen und Ergebnis der Substanzbewertung
Es ist gut zu erkennen, dass die Lebenserwartung der Baulose überwiegend ≥ 30 Jahre ist, jedoch starken Streuungen unterworfen ist. Die grafischen Darstellungen der zugehörigen Sigmoidfunktionen verdeutlichen das Bild. Das Bild 7 zeigt das berechnete Spektrum für einen Betrachtungszeitraum von 60 Jahren bei Darstellung der Ausfallrate bis 100 %.
Bild 7: Prognosefunktionen der Ausfallrate (bis 100 %) der 8 Baulose
Wie zuvor beschrieben liegt der für die Praxis relevante Bereich der Ausfallrate bei 10 % bis 20 %. Ab 10 % ist es unwirtschaftlich, weiter Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen, ab 20 % Ausfallrate gibt es spürbare Einschränkungen der Funktionalität einer Autobahn. Zudem gibt es erfahrungsgemäß spätestens ab einer Ausfallrate von 10 % einen progressiven Anstieg der jeweiligen Funktion, was die Zeitspanne zum Handeln enorm verkürzt. Das Bild 8 verdeutlicht die unterschiedlichen Eingreifzeitpunkte.
Bild 8: Prognosefunktionen der Ausfallrate (bis 20 %) der 8 Baulose
4 Prognose der Performance-Kenngrößen im Nutzungszeitraum
Um den Turnus der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen sinnvoll abschätzen zu können, ist es erforderlich, den Verlauf wesentlicher – sich verändernder – Performance-Kenngrößen zu prognostizieren. Die Performance-Kenngrößen können an verfügbare physikalische oder empirische Kenngrößen geknüpft werden. In der vorliegenden Untersuchung für Betonstraßen sind dies die in nachfolgender Aufstellung in Klammern angegebenen Größen:
- Längsebenheit (International Roughness Index IRI, m/km),
- Griffigkeit (Seitenreibungsbeiwert μSKM),
- Reifen-Fahrbahn-Geräusch (Deckschichtkorrekturwert DSD, dB(A)),
- Kraftstoffverbrauch (Fuel Consumption FC, l/100 km, als Kenngröße für den Fahrwiderstand, in den auch der Rollwiderstand eingeht).
Für die Performance-Kenngrößen liegen belastbare Modelle vor, die eine Prognose des Verlaufs zulassen. Bezüglich der Längsebenheit wurde dabei auf den IRI zurückgegriffen, der seit Jahrzehnten international erfasst und ausgewertet wird. Diese Kenngröße ist aussagekräftig hinsichtlich der benötigten Eigenschaften und geht auch in die Berechnung des Rollwiderstands bzw. Kraftstoffverbrauchs ein. Das in Zukunft in Deutschland verwendete Bewerte Längsprofil kann diese Kenngröße ersetzen. Für die Ermittlung des von der Fahrbahnbeschaffenheit abhängigen Kraftstoffverbrauchs wurde das im internationalen Projekt MIRIAM (Models for rolling resistance in Road Infrastructure Asset Management Systems) erarbeitete Rollwiderstandsmodell zugrunde gelegt. Da derzeit jedoch keine Grenz- oder Schwellenwerte existieren, war eine weitere Berücksichtigung im Bewertungsverfahren nicht zielführend.
Das Bild 9 zeigt exemplarisch eines der acht Baulose bei einem Nutzungsausfallzeitpunkt von 32 Jahren. Ausgehend von den jeweiligen Anfangsmessungen und prognostizierten Verlaufsfunktionen für das Reifen-Fahrbahn-Geräusch und die Griffigkeit wird das Baulos nach 9 Jahren einer Griffigkeitsmaßnahme bedürfen. Das Reifen-Fahrbahn-Geräusch erreicht den Grenzwert für Pkw nach 5 Jahren, der Grenzwert für Lkw ist nach 10 Jahren erreicht.
Bild 9: Eingreifzeitpunkte bei einer 32-jährigen Nutzungsdauer
Das Bild 10 zeigt das gleiche Baulos, bei dem nach 9 Jahren eine Erhaltungsmaßnahme (Grinding der Oberfläche) durchgeführt wird. Der Nutzungsausfallzeitpunkt steigt durch die Verbesserung der Längsebenheit (Verringerung des Stoßfaktors) auf 40 Jahre an. Die Maßnahme verbessert gleichermaßen die Griffigkeit und vermindert das Reifen-Fahrbahn-Geräusch. Alle Grenzwerte werden nun innerhalb der Nutzungszeit eingehalten.
Bild 10: Eingreifzeitpunkte bei einer 40-jährigen Nutzungsdauer
5 Ermittlung der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen im Nutzungszeitraum
Für die vergleichende Betrachtung der acht Baulose mussten die entsprechenden Erhaltungsmaßnahmen innerhalb des Betrachtungszeitraums festgelegt werden. Dabei wurde von der prognostizierten Lebensdauer, das heißt der Nutzungsdauer bis zum wirtschaftlichen Nutzungsausfallzeitpunkt (10 % Ausfallrate), ausgegangen. Zur Ermittlung des jeweils notwendigen Plattenersatzes im Querschnitt wurde der Verlauf der Ausfallrate herangezogen. Da sich die ermittelte Ausfallrate nur auf den Hauptfahrstreifen mit dem zugehörigen Schwerverkehrsanteil bezieht, wurde für den 2. Fahrstreifen eine Abminderung von 50 % vorgenommen. Für den 3. Fahrstreifen und den Seitenstreifen wurde eine Abminderung von 75 % angesetzt. Diese Annahmen beruhen auf der gängigen Praxiserfahrung.
Im nächsten Schritt wurde der Turnus der Fugensanierung für alle Baulose auf acht Jahre normiert, wobei die Fugensanierung zum Ende der Lebensdauer nicht mehr angesetzt wurde, wenn der Zeitraum bis zur grundhaften Erneuerung diese Maßnahme nicht mehr rechtfertigt. Zeitgleich mit der Fugensanierung erfolgt auch eine Kantensanierung. Da beide Maßnahmen innerhalb einer Verkehrssicherung erfolgen, fallen dementsprechend die Kosten nur einmal an.
Die Sanierung/Erneuerung ausgefallener Platten wurde jeweils auf den Zeitpunkt der turnusmäßigen Fugensanierung gelegt, sodass zu diesem Zeitpunkt die kumulierte Zahl der ausgefallenen Platten als Erhaltungsmaßnahme anfällt. Zusätzlich wurde zum Ende der Nutzungsdauer ein weiterer Plattenaustausch vorgesehen, wenn der Zeitraum zwischen letzter Maßnahme und dem wirtschaftlichen Nutzungsausfallzeitpunkt größer als fünf Jahre war. Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sind Maßnahmen auch kurz vor Ende der Nutzungszeit noch gerechtfertigt, während erneute Fugensanierungen nicht mehr sinnvoll sind.
Weitere Erhaltungsmaßnahmen mussten angesetzt werden, wenn diese aufgrund der Entwicklung der Performance-Kenngrößen notwendig wurden. Der Eingreifzeitpunkt richtete sich hier nach dem Zeitpunkt, bei dem der entsprechende Grenzwert erreicht wurde.
6 Monetarisierung und Vergleich der Bau- und Erhaltungskosten
Innerhalb der Nutzungszeit ergeben sich für eine Betonfahrbahn unterschiedliche Kosten, die für Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen herangezogen werden können. Für einen Vergleich der Baulose sind jedoch nur die reinen Bau- und Erhaltungskosten inklusive der ingenieurtechnischen Aufwendungen relevant. Umweltkosten und soziokulturelle Kosten, die sich zum Beispiel aufgrund der Lärmbelastung ergeben können, werden hier nicht weiter betrachtet.
Aufgrund der Normierung, das heißt der Ansatz gleicher Einheitspreise und gleicher Flächen, unterscheiden sich die reinen Baukosten der einzelnen Baulose nicht voneinander. Die Kosten unterscheiden sich jedoch geringfügig entsprechend der Oberflächenausbildung. So wurden für Baulose, die von Anfang an mit einer Grindingtextur versehen wurden, etwas höhere Kosten angesetzt als für Abschnitte mit einer Waschbetontextur.
Auch die Kosten für die Fugenpflege sind weitgehend identisch und eher von der Qualität der Ausführung und des eingesetzten Materials abhängig. Die Kosten für einzelne Erhaltungsmaßnahmen unterscheiden sich ebenfalls nicht. Hier ist jedoch von Bedeutung, wie oft diese Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Die während der Nutzungsdauer anfallenden Kosten für Erhaltungsmaßnahmen sind dabei abhängig vom Zustand der Oberfläche (Gebrauchseigenschaften) und vom Zustand der strukturellen Substanz (Substanzeigenschaften) und können somit für verschiedene Streckenabschnitte in unterschiedlich großem Maß anfallen.
In der Tabelle 2 sind zu den acht untersuchten Baulosen mit ihren prognostizierten Lebensdauern die jeweils im Laufe der Nutzungszeit anfallenden Erhaltungsmaßnahmen abgetragen. Je länger eine Strecke genutzt wird, desto häufiger fällt auch eine Fugen- und Kantensanierung an. Bei den ersten vier Abschnitten musste zudem eine Grindingmaßnahme im angegebenen Jahr vorgesehen werden, da die Grenzwerte für das Reifen-Fahrbahn-Geräusch und/oder für die Griffigkeit erreicht wurden. Monetär wurde hierbei unterschieden, ob bereits eine Grindingtextur oder eine andere Textur vorhanden war. Bei vorhandener Grindingtextur kann auf ein Ebenheitsgrinding verzichtet werden, da dieses bereits bei Herstellung der Ersttextur erfolgt ist. Dementsprechend war das wiederholte Grinding mit geringeren Kosten anzusetzen als das Grinding bei Herstellung.
Für einen Vergleich wurden für jedes Baulos die Gesamtkosten aus Bau- und Erhaltungskosten ermittelt und im Anschluss durch die prognostizierte Lebensdauer geteilt. Daraus ergeben sich die Kosten für einen 1 km langen Abschnitt entsprechend der letzten Zeile in der Tabelle 2.
Tabelle 2: Jährliche Gesamtkosten bezogen auf die jeweilige prognostizierte Lebensdauer
Es zeigt sich, dass die jährlichen Kosten für die untersuchten Baulose teilweise sehr unterschiedlich sind. Das Baulos 6 erreicht aufgrund der nur kurzen Lebensdauer den höchsten Wert. Die geringsten Werte ergeben sich erwartungsgemäß für die Baulose mit langen Nutzungsdauern.
Das Bild 11 zeigt die Entwicklung der Gesamtkosten bezogen auf die jeweilige Nutzungszeit für ein ausgewähltes Baulos. Hierbei wurden die Kosten für den Plattenersatz und die zugehörige Verkehrsführung jährlich angesetzt.
Bild 11: Baulos 1 – Entwicklung der Gesamtkosten bezogen auf die Nutzungszeit und Entwicklung der Ausfallrate mit grundhafter Erneuerung nach 37 Jahren
Gut zu erkennen ist die anfängliche Abnahme der Gesamtkosten, wenn das Baulos viele Jahre ohne kostenintensive Erhaltungsmaßnahmen genutzt werden kann. Abgeleitet aus den Verlaufsfunktionen der Performance-Kenngrößen wurde im 12. Jahr eine Grindingmaßnahme zum Ansatz gebracht (Anstieg der Kosten im Jahr 12). Diese stellt nicht nur die erforderlichen Gebrauchseigenschaften wieder her, sondern verbessert auch signifikant die Längsebenheit der Fahrbahn und senkt damit die Verlaufsfunktion des Stoßfaktors ab. Letzteres hat Einfluss auf die Entwicklung der Substanz. Im Jahr 37 erreicht die Ausfallrate den Wert von 10 %, sodass eine grundhafte Erneuerung wirtschaftlich vorteilhaft wird. Die hellblauen Balken zeigen zunächst die Erhöhung der Gesamtkosten, wobei die rote Kurve der Ausfallrate wieder bei null beginnt. Für den neuen Verlauf der Ausfallrate wurde dabei der bereits bekannte Verlauf angesetzt. Der tatsächliche Verlauf kann und wird sich jedoch von diesem in Abhängigkeit von der Qualität der eingesetzten Materialien und der Herstellung der Betondecke unterscheiden. Am Ende des Betrachtungszeitraums von 60 Jahren ist deutlich zu erkennen, dass die Gesamtkosten ohne die rechtzeitige grundhafte Erneuerung (dunkelblaue Balken) deutlich über denen mit einer grundhaften Erneuerung nach 37 Jahren liegen.
Zum Vergleich zeigt das Bild 12 die Entwicklung der Gesamtkosten bezogen auf die Nutzungszeit aller acht Baulose innerhalb eines Betrachtungszeitraums von 60 Jahren, wenn keine grundhaften Erneuerungen während dieser Zeit angesetzt werden.
Bild 12: Vergleichende Darstellung der Gesamtkosten bezogen auf die Nutzungszeit ohne Ansatz von grundhaften Erneuerungen für einen Betrachtungszeitraum von 60 Jahren
Am Ende des Betrachtungszeitraums ergeben sich auch hier teilweise enorme Unterschiede in den Kosten. Das Baulos 6 zeigt einen besonders großen Erhaltungsaufwand, der am Ende des Betrachtungszeitraums wieder abnimmt, da bereits alle Platten zuvor erneuert wurden.
7 Zusammenfassung und Ausblick
Die im Projekt prognostizierten Lebensdauern bei Ansatz einer 10 %-igen Ausfallrate lagen bis auf ein Baulos teilweise deutlich über 30 Jahren. Es hat sich gezeigt, dass sich lange Nutzungsdauern im wirtschaftlichen Vergleich günstig darstellen, da diese zu geringeren durchschnittlichen jährlichen Kosten führen.
Es ist ebenso erkennbar, dass die Kosten der RStO-Baulose mehr streuen und im Niveau über denen der RDO-Baulose liegen. Gründe für die wirtschaftlichen Vorteile der RDO-Baulose sind vor allem die besseren bautechnischen Anforderungskriterien, die bereits in der Planungsphase aufgestellt wurden und in der Ausschreibung Berücksichtigung fanden.
Zu bemerken ist jedoch, dass es sich bei den acht Baulosen um eine kleine Stichprobe handelt. Zur Absicherung des Verfahrens wäre es daher sinnvoll, dieses möglichst auf viele weitere Bauabschnitte anzuwenden.
Die Auswertungen zeigen, dass es wirtschaftlich sinnvoll ist, eine grundhafte Erneuerung bereits relativ früh, noch vor einem progressiven Anstieg der Ausfallratenkurve, vorzusehen, um somit nur geringe Erhaltungskosten zu erzeugen. Hierbei bleiben jedoch der Ansatz der Ressourcenschonung und der Ansatz von Verfügbarkeitskosten, insbesondere durch Stau und Unfälle, unberücksichtigt. Um einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, sollten diese weiteren Nachhaltigkeitsaspekte ebenfalls betrachtet werden.
Es wird ein Verfahren beschrieben, mit dem in Zukunft Baulose aus Sicht der Wirtschaftlichkeit quantifizierbar verglichen werden können. Die variablen Größen bei der Bewertung der strukturellen Substanz führen zu einer einzigen entscheidenden Verlaufsfunktion, die der Ausfallrate.
Die Performance-Kenngrößen, die die Lebensdauer der Oberfläche beeinflussen, müssen derzeit noch getrennt betrachtet und beurteilt werden. Deren zeitlicher Verlauf und Grenzwerte, die ein Eingreifen erfordern, sind teilweise noch nicht ausreichend verifiziert, um eine Vereinheitlichung vorzuschlagen.
Eine einheitliche Bewertung künftiger Neubauabschnitte könnte eine Aussage darüber liefern, welche Bauweise mit welcher Texturierung der Oberfläche am wirtschaftlichsten ist und damit gegebenenfalls besonders nachhaltig.
Es ist sinnvoll und aufgrund der Fortschritte in der Messtechnik mittlerweile auch aussichtsreich, alle Performance-Kenngrößen der Fahrbahnoberfläche allein durch Messung der Fahrbahnoberflächentextur zu erheben. Eine getrennte Messung der Oberflächeneigenschaften mit unterschiedlichen Messverfahren wäre dann nicht mehr notwendig. Für die Bestimmung der Performance-Kenngrößen aus der Fahrbahnoberflächentextur sind einerseits fortschrittliche Verfahren der dreidimensionalen Messung der Textur und andererseits empirische oder vorzugsweise physikalische Rechenmodelle notwendig, mit denen anhand der 3D-Texturen Werte für die Griffigkeit, Längsebenheit, das Reifen-Fahrbahn-Geräusch und den Rollwiderstand angegeben werden können. Es bestehen bereits wissenschaftlich erarbeitete Modelle, die noch weiterzuentwickeln sind, in der aktuellen Version aber bereits valide belegen, dass 3D-Texturmessungen einen weiten Wellenlängenbereich von wenigen Mikrometern bis etwa 100 Meter abdecken müssen, um alle Performance-Kenngrößen mit ausreichender Genauigkeit vorhersagen zu können. Gerade im sehr kurzwelligen Texturbereich zwischen 10–6 mm und 10–3 mm Wellenlänge besteht noch Entwicklungsbedarf für praktikable Texturmessungen, besonders für schnellfahrende Systeme.
Um diesem Ansatz Vorschub zu leisten, sollte die Entwicklung schnellfahrender 3D-Texturmesssysteme für den Einsatz auf Straßen durch entsprechende Gremien der FGSV fachlich unterstützt werden. Dadurch kann der Praxisbezug hergestellt, der Stand der auf Straßen anwendbaren Technik formuliert und weiterer Forschungsbedarf abgeleitet und zielgerichtet konkretisiert werden. Außerdem kann über die FGSV-Gremien der erweiterte Texturbegriff (Mikro- -> Makro- -> Mega- -> Gigatextur) formuliert und kommuniziert werden.
Die bestehenden Rechenmodelle für die Ableitung des Rollwiderstands aus Texturmessungen sind noch nicht ausreichend validiert. Auch der Einfluss der Steifigkeit der Fahrbahndecke auf den Rollwiderstand ist noch nicht umfassend geklärt. Das vorliegende Vorhaben konnte trotz dieser Einschränkungen aber ansatzweise zeigen, dass die Fahrbahnoberfläche ein großes Potenzial zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs von Verbrennungsmotoren und damit auch zur Verminderung des CO2-Ausstoßes aufweist. Gleiches trifft auch auf den Energiebedarf von Elektrofahrzeugen zu. Mit vermindertem Rollwiderstand würde sich demzufolge die Reichweite von Elektrofahrzeugen erhöhen. Ob Fahrbahndecken aus Beton aufgrund der höheren Steifigkeit im Reifen-Fahrbahn-Kontakt hinsichtlich des Rollwiderstandes einen Vorteil gegenüber Asphaltbauweisen haben, ist noch nachzuweisen. Es ist jedoch zu erwarten, dass Betonbauweisen gerade auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den zunehmenden Oberflächentemperaturen in den warmen Monaten eines Jahres beim Rollwiderstand tatsächlich vorteilhaft sind. FGSV-Gremien, die diese Zusammenhänge fachlich aufgreifen und Projekte zur Schaffung eines Bewertungshintergrundes unterstützen, sollten bauweisenübergreifend tätig werden.
Literaturverzeichnis
- Villaret, S.; Tschernack, T.; Riwe, A.; Beckenbauer, T. (2023): Prognose der Wirtschaftlichkeit von Betonfahrbahndecken – Bauweisen RStO/RDO, FE 04.0317/2018/MRB, unveröffentlichter Schlussbericht, BASt
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2009): Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung von Betondecken im Oberbau von Verkehrsflächen (RDO Beton 09), Ausgabe 2009, Köln (FGSV 497)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2012): Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12), Ausgabe 2012, Köln (FGSV 499)
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