FGSV-Nr. FGSV A 44
Ort Münster
Datum 14.05.2019
Titel MAK-Wert für Bitumen - Eine Herausforderung für den Asphalt!
Autoren Dipl.-Ing. André Täube
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) ist die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes, die die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt. Für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen wurde nun ein MAK-Wert von 1 mg/m³ festgelegt. Dieser Wert stellt jedoch keinen Grenzwert dar, sondern vielmehr eine Empfehlung, die jedoch in der Zukunft zu einem verbindlich einzuhaltenden Arbeitsplatzgrenzwert führen könnte. Da jedoch ein solcher Grenzwert auf dem Niveau des MAK-Wertes derzeit beim Einbau von Asphaltmischgut nicht einzuhalten wäre, stellt diese Entwicklung für die Asphaltindustrie eine große Herausforderung dar, die die gemeinsamen Anstrengungen der ganzen Branche erfordert. Eine Branchenlösung zu etablieren, die sowohl den bestmöglichen Schutz von Beschäftigten und Umwelt anstrebt als auch alle bautechnischen Belange im Sinne einer nachhaltigen Konstruktion mit möglichst langer Nutzungsdauer berücksichtigt, sollte angestrebt werden. Darüber hinaus scheint die Förderung von Weiterentwicklungen in den Bereichen Asphalttechnologie, Maschinentechnik sowie Arbeits- und Organisationsstruktur geboten.

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1 Hintergrund

Die International Agency for Research on Cancer (IARC), eine Agentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO), prüft regelmäßig die Veröffentlichungen über krebserzeugende Wirkungen von Stoffen. Die Ergebnisse dieser Prüfungen wird in Monographien veröffentlicht, in denen alle für einen Stoff verfügbaren Informationen über eine mögliche krebserzeugende Wirkung bewertet werden. Die IARC unterscheidet hierbei vier Kategorien hinsichtlich einer möglichen krebserzeugenden Wirkung von Substanzen (Tabelle 1).

Tabelle 1: IARC-Kategorien zur krebserzeugenden Wirkung von Substanzen

In der IARC-Monographie 103 „Bitumens and bitumen emissions, and some N- and S-heterocyclic aromatic hydrocarbons“ (IARC 2013) sind sowohl berufsbedingte Expositionen gegenüber Emissionen aus Destillationsbitumen bei Straßenbauarbeiten als auch berufsbedingte Expositionen gegenüber Emissionen aus Hartbitumen bei Gussasphaltarbeiten in die Gruppe 2B‚ möglicherweise krebserzeugend für den Menschen‘ eingeordnet.

Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) unterscheidet fünf Kategorien für eine mögliche krebserzeugende Wirkung von Stoffen (Tabelle 2).

Tabelle 2: Kategorien der MAK-Kommission zur krebserzeugenden Wirkung

Sie veröffentlicht jährlich die MAK- und BAT-Werte-Liste (BAT-Wert steht hierbei für „biologischer Arbeitsstoff-Toleranzwert“) mit allen von ihr eingestuften Stoffen. In der im Sommer 2018 veröffentlichten 54. Ausgabe (DFG 2018) wurde eine Neubewertung von Bitumen vorgenommen. Demnach sind Dämpfe und Aerosole aus der Heißverarbeitung von Straßenbaubitumen und Air-rectified-Bitumen nun in Kategorie 3B (bisher 2) eingruppiert. Oxidationsbitumen, die im Straßenbau keine Anwendung finden, sind in die Kategorie 2 eingruppiert.

Die Ableitung eines MAK-Wertes für krebserzeugende Stoffe (Kategorie 1 oder 2) ist nicht vorgesehen, für sie gilt ein generelles Substitutions- und Minimierungsgebot. Erst durch die günstigere Einstufung von Straßenbaubitumen und Air-rectified-Bitumen in Kategorie 3B wurde nun die Ableitung eines MAK-Wertes ermöglicht. Dieser gilt als höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes, die nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei wiederholter und langfristiger Exposition die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt. Der abgeleitete MAK-Wert für Dämpfe und Aerosole aus der Heißverarbeitung von Straßenbaubitumen und Air-rectified-Bitumen beträgt 1,5 mg/m³. Um diesen Wert auf den Bitumenkondensat-Standard zu beziehen, ist dieser durch den Anpassungsfaktor von 1,47 zu dividieren, was zu einem bezogenen MAK-Wert von ca. 1 mg/m³ führt. Dieser Wert liegt damit noch deutlich unterhalb des DNEL (Derived No-Effect Level) aus der REACH-Verordnung, der einen Expositionsgrenzwert darstellt, unterhalb dessen ein Stoff nach dem Kenntnisstand der Wissenschaft zu keinerlei Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit führt und der von den Bitumenherstellern im Rahmen des REACH-Registrierungsprozesses mit 2 mg/m³ angegeben wurde. Dieser Wert kann aber bei Asphaltarbeiten bislang nicht eingehalten werden (Rühl; Kraume, 2012).

MAK-Werte stellen jedoch keine Grenzwerte dar, sondern haben lediglich Empfehlungscharakter. Sie definieren damit ein Ziel, das anzustreben ist, auch wenn es derzeit nicht erreicht werden kann.

Der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS), ein Beratungsgremium des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu Fragen der Gefahrstoffverordnung, in dem Experten aus allen Bereichen des Arbeitsschutzes an der Schaffung eines untergesetzlichen Regelwerks zusammenarbeiten, unterscheidet drei Kategorien für mögliche krebserzeugende Wirkungen von Stoffen (Tabelle 3).

Tabelle 3: Kategorien des AGS zur krebserzeugenden Wirkung von Stoffen

Der AGS stellt sogenannte Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) auf, die den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wiedergeben. Diese TRGS werden vom AGS der Entwicklung entsprechend angepasst und vom BMAS im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben. Die TRGS 905 (AGS, 2018) enthalten ein Verzeichnis krebserzeugender, keimzellmutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe. Darüber hinaus stuft der AGS in den TRGS 906 (AGS, 2007) bei bestimmten Stoffen die Tätigkeit mit diesen Stoffen als krebserzeugend ein. In diesem Fall wird nicht nach den Kategorien 3 (krebsverdächtig), 2 (krebserzeugend im Tierversuch) oder 1 (krebserzeugend beim Menschen) differenziert.

Weder Bitumen noch Dämpfe und Aerosole aus Bitumen sind bislang in den TRGS 905 enthalten und auch der Umgang mit Bitumen, beispielsweise bei der Herstellung oder Verarbeitung von Asphaltmischgut, ist nicht in den TRGS 906 erwähnt. Nichtsdestotrotz ist aufgrund des festgesetzten MAK-Wertes für Dämpfe und Aerosole aus der Heißverarbeitung von Straßenbaubitumen und Air-rectified-Bitumen die Empfehlung des AGS für einen durch das BMAS festzulegenden Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) zu erwarten. Sofern das BMAS dieser Empfehlung folgen würde – und dies ist der Regelfall – würde das die asphaltverarbeitende Industrie in Deutschland voraussichtlich vor eine große Herausforderung stellen. Denn ein solcher Grenzwert, sofern er in der Nähe des MAK-Wertes liegt, ist mit den derzeitigen Techniken nicht einzuhalten. Selbstverständlich sind durch den AGS bei seiner Empfehlung auch sozio-ökonomische Aspekte und die aktuellen Bestrebungen und Entwicklungen in einer Branche zu berücksichtigen, sodass auch eine befristete Aussetzung eines solchen Grenzwertes für bestimmte Tätigkeiten durchaus möglich, aber keinesfalls selbstverständlich ist. In jedem Fall sollten bereits jetzt sämtliche Anstrengungen zur Verringerung der Expositionen gegenüber Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen unternommen werden.

2 Historie

Bereits Ende der 1990er-Jahre waren die Verwender von Bitumen, und damit auch die Asphaltindustrie, mit der Situation konfrontiert, dass nach der Novellierung der Gefahrstoffverordnung Mitte der 1990er-Jahre die krebserzeugenden Arbeitsstoffe verstärkt in den Fokus der Arbeitsschützer rückten. Dies ließ auch die bereits ältere Diskussion zur Einstufung und zu Grenzwerten für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen erneut aufflammen (Klein, 2010). Die betroffenen Verbände und Institutionen gründeten hierauf auf Anregung des damaligen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung den Gesprächskreis BITUMEN, um mögliche Gefahren durch Dämpfe und Aerosole aus Bitumen abzuklären und alle notwendigen Schritte und Maßnahmen, einschließlich der Finanzierung eventuell notwendiger Studien, selbst zu initiieren.

In der Folge wurden umfangreiche Arbeitsplatzmessungen, insbesondere bei Gussasphaltarbeiten, durchgeführt, die belegten, dass beim Einbau von Gussasphalt Expositionen gegenüber Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen von bis zu 60 mg/m³ bestanden. Die hierfür seit 1996 festgelegten Luftgrenzwerte von 20 mg/m³ (für Arbeiten in Innenräumen) bzw. 15 mg/m³ (für alle sonstigen Arbeiten) konnten demnach nicht eingehalten werden. Daher wurde zunächst der Einsatz von technischen und auch persönlichen Schutzmaßnahmen getestet. Letztlich konnte mit technischen Maßnahmen keine Verbesserung erreicht werden und auch der Einsatz von Atemschutz bei Gussasphaltarbeiten hat sich als nicht praktikabel herausgestellt.

Anhand neuer Expositionsdaten legte der AGS auf Vorschlag des Gesprächskreises im Mai 2000 10 mg/m³ als neuen Grenzwert für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen bei der Heißverarbeitung fest. Dieser galt für alle Tätigkeiten mit heißem Bitumen, mit der Ausnahme von Gussasphaltarbeiten. Der AGS erkannte damit an, dass technische und persönliche Schutzmaßnahmen nicht anwendbar waren. Wesentliche Gründe für den AGS, die relativ hohen damaligen Expositionen für Gussasphaltarbeiter zu tolerieren, waren

die Zusage, diese Beschäftigten besonders intensiv arbeitsmedizinisch zu betreuen,

ein Projekt, an einer Gruppe von 50 Gussasphaltarbeitern anhand von Vor- und Nachschichtuntersuchungen die Belastungen zu ermitteln,

die Aussicht, in absehbarer Zeit deutliche Expositionsminderungen bei diesen Arbeiten erwarten zu können (Rühl; Baier; Lechtenberg-Auffarth, 2010).

Um die Expositionen der Beschäftigten beim Gussasphalteinbau deutlich zu reduzieren, wurde die Verarbeitungstemperatur von Gussasphalt zum 1. 1. 2008 auf maximal 230 °C begrenzt, bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Verwendung geeigneter viskositätsverändernder Zusätze oder viskositätsveränderter Bindemittel. Dadurch wurde das Ziel erreicht, die Expositionen beim Einbau von Gussasphalt im Perzentil P95 auf < 10 mg/m³ zu reduzieren (Bild 1).

Bild 1: Vergleich der Expositionen beim Einbau von Walzasphalt bei Einbautemperaturen bis 200 °C, viskositätsverändertem Gussasphalt bei Einbautemperaturen bis 230 °C und konventionellem Gussasphalt (Rühl, 2008)

3 Derzeitiger Stand

Heute arbeitet die Asphaltbranche sowohl bei Gussasphalt- als auch bei Walzasphaltarbeiten oberhalb des von den Bitumenherstellern angegebenen DNEL von 2 mg/m³. Um für das mögliche Szenario einer Grenzwertsetzung durch das BMAS gerüstet zu sein, sollten verschiedene Anstrengungen unternommen und Entwicklungen vorangetrieben werden.

3.1 Fortsetzung der Untersuchungen der Asphaltarbeiter

Regelmäßige, spezielle arbeitsmedizinische Untersuchung im 2-Jahres-Rhythmus können helfen, die möglichen gesundheitlichen Folgen bei Arbeiten mit Bitumen besser zu beurteilen. Die Untersuchung umfasst eine Befragung der Beschäftigten über ihre Tätigkeiten, eine körperliche Untersuchung sowie eine Lungenfunktionsprüfung. Die Untersuchungen sollen dienstags, mittwochs oder donnerstags während der Arbeitsperiode erfolgen, d. h. nicht in der Winterpause. Die Untersuchungsergebnisse werden erfasst und ausgewertet, um die möglichen gesundheitlichen Folgen bei Arbeiten mit Bitumen besser beurteilen zu können. Höhere Untersuchungsfrequenzen (etwa alle 12 Monate) erscheinen nicht sinnvoll. Bei einem möglichen negativen Einfluss von Dämpfen und Aerosolen im Sinne einer chronischen Atemwegsobstruktion ist eine signifikante Befundänderung bereits nach Jahresfrist aufgrund des üblicherweise langsamen Krankheitsverlaufs chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankungen nicht zu erwarten. Zudem gilt es, in der Beurteilung auch die mitarbeitsabhängige individuelle Schwankungsbreite der jeweiligen Lungenfunktionsdaten von einer tatsächlichen substanzbedingten negativen Entwicklung abzugrenzen. Asphaltbetrieben wird daher empfohlen, ihre exponierten Beschäftigten zu diesen Untersuchungen in den Arbeitsmedizinischen Dienst der BG BAU zu schicken und sich die Durchführung der Untersuchung bestätigen zu lassen (Rühl; Kraume, 2012). Seit 2012 führt die BG BAU diese Untersuchungen durch, aber bislang sind noch nicht genügend Datensätze vorhanden, um belastbare Schlüsse ziehen zu können. Bei einem genügend großen Langzeit-Datenkollektiv und entsprechend positiven Ergebnissen kann so der Nachweis geführt werden, dass Asphaltarbeiten über dem DNEL keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten haben, was wiederum dazu führen kann, dass der AGS dem BMAS einen höheren AGW vorschlägt.

3.2 Weiterentwicklung der Technik zur Temperaturabsenkung

Neben den bereits erprobten und im Technischen Regelwerk verankerten Möglichkeiten zur Temperaturabsenkung von Gussasphalt sowie Walzasphalt in besonderen Fällen, wie beispielsweise dem Einbau in Tunnel- und Trogbauwerken, ist die Erprobung weiterer, im Ausland zum Teil bereits gebräuchlicher Techniken dringend geboten. Hier sind beispielsweise die Verwendung von Schaumbitumen bei der Produktion von konventionellem Asphaltmischgut oder auch der Einsatz chemischer Additive zur Temperaturabsenkung zu nennen. Auch Kombinationen mehrerer Verfahren sollten untersucht werden. Die hierfür notwendige Maschinentechnik steht bereits zur Verfügung.

Ebenso sollten Kaltbauweisen erprobt und weiterentwickelt werden und auch in Deutschland zur Anwendung kommen. Das europäische Rahmenwerk liegt mit dem Teil 31 „Emulsionsgebundene Asphaltbetone“ der DIN EN 13108 „Asphaltmischgut – Mischgutanforderungen“ seit 2018 vor. Innerhalb der FGSV ist deshalb hierzu folgerichtig der Arbeitskreis 7.3.4 Kaltbauweisen gegründet worden. Die zeitnahe Veröffentlichung eines Wissensdokuments wäre zu begrüßen.

Bislang liegen mit den genannten Verfahren zur Temperaturreduktion bei der Produktion und Verarbeitung von Asphaltmischgut kaum Erfahrungen vor, weshalb bislang zum Teil, sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Auftragnehmerseite, noch Vorbehalte gegenüber diesen Bauweisen bestehen. Diese können nur abgebaut werden, wenn schnellstmöglich damit begonnen wird, Erfahrungen zu sammeln. Es sei angemerkt, dass nicht jedes Verfahren und jede Bauweise zwangsläufig für sämtliche Belastungsklassen geeignet sein muss. Ein möglichst breites Spektrum an Möglichkeiten würde die Erreichung der zukünftigen Vorgaben des Arbeitsschutzes erleichtern. Der Deutsche Asphaltverband e. V. widmet sich deshalb seit 2018 mit einer hierfür eingerichteten Bearbeitergruppe dieser Thematik.

3.3 Weiterentwicklung der Maschinentechnik

Auch durch Weiterentwicklungen auf Seite der Maschinentechnik kann verschärften Anforderungen des Arbeitsschutzes begegnet werden. So wären beispielsweise geschlossene und mit Filtern versehene Kabinen oder besondere Absaugvorrichtungen an den Arbeitsgeräten zum Schutz der Beschäftigten denkbar.

3.4 Organisatorische Maßnahmen

Ein weiterer Aspekt, der im Zusammenhang mit dem Ziel der Verringerung der Exposition der Beschäftigten betrachtet werden sollte, sind organisatorische Maßnahmen, die zu einer Veränderung der Schadstoffexposition führen. So kann unter Umständen eine Absenkung der persönlichen Exposition des einzelnen Mitarbeiters durch eine andere bzw. wechselnde Aufgabenverteilung innerhalb einer Asphalteinbaukolonne erreicht werden.

4 Ausblick

Das Beispiel der Expositionsminderung beim Gussasphalt zeigt, dass es ein vielversprechender Weg sein kann, Arbeitsschutzprobleme gemeinsam anzugehen. Wenn sich eine Branche einig ist, werden die zuständigen Gremien – im Gefahrstoffbereich ist dies insbesondere der AGS – diese Arbeiten zwar prüfen, ihnen aber grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Branchenlösungen ermöglichen es, sehr flexibel auf Probleme zu reagieren und auch unkonventionelle Wege zu gehen, was vielfach Lösungen überhaupt erst möglich macht. (Rühl; Baier; Lechtenberg-Auffarth, 2010). Der seinerzeitige Weg, allein durch eine Temperaturabsenkung die gestellten Herausforderungen zu bewältigen, wird heute nicht mehr zielführend sein können. Es sind vielmehr die Weiterentwicklung bestehender Verfahren, die Entwicklung neuer innovativer Techniken sowie die Kombination von asphalttechnologischen, maschinentechnischen und organisatorischen Maßnahmen nötig, um die Asphaltbauweise auch weiterhin wettbewerbs- und zukunftsfähig zu machen. Der Gesprächskreis BITUMEN als allgemein anerkannte Institution kann hierbei wieder als Gesprächsplattform zur Erarbeitung einer Branchenlösung dienen, sofern es gelingt, dass alle Beteiligten das gleiche Ziel verfolgen, kompromissbereit zusammenarbeiten und Partikularinteressen außen vor bleiben.

Flankierend hat der Lenkungsausschuss der Arbeitsgruppe 7 Asphaltbauweisen der FGSV in seiner Sitzung am 10. April 2019 in Dresden beschlossen, eine Ad-hoc-Gruppe einzusetzen, die sich ergänzend zu den bestehenden FGSV-Gremien (u. a. Arbeitskreise 7.3.4 Kaltbauweisen und 7.3.7 Temperaturabsenkung) und gremienübergreifend mit Fragen der Emissionsminderung beim Asphalteinbau beschäftigen und die Entwicklungen auf diesem Gebiet vorantreiben soll.

Literaturverzeichnis

AGS – Ausschuss für Gefahrstoffe (2007): Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 3, Abs. 2, Nr. 3 GefStoffV

AGS – Ausschuss für Gefahrstoffe (2018): Technische Regeln für Gefahrstoffe 905 (TRGS 905), Verzeichnis krebserzeugender, keimzellmutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe. GMBl 2018, S. 259 vom 2. 5. 2018

DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft (2018): MAK- und BAT-Werte-Liste 2018: Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Mitteilung 54. WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

IARC – International Agency for Research on Cancer (2013): ARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans, Volume 103, Bi-tumens and bitumen emissions, and some N- and S-heterocyclic aromatic hydrocarbons. WHO Press, Geneva, Switzerland

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R ü h l, R.; B a i e r, R.; L e c h t e n b e r g - A u f f a r t h, E. (2010): Eine Branche ist sich einig. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft, 7/8/2010, VDI Fachmedienverlag, Düsseldorf, S. 279–284

R ü h l, R.; K r a u m e, R. (2012): Asphaltieren nach der REACH-Registrierung von Bitumen – „Gesprächskreis Bitumen” und BG BAU machen den Weg frei. Zeitschrift „asphalt“, 03/2012, Giesel-Verlag, Hannover, S. 18–19